Revolutionary Socialist Movement – Pakistan, Infomail 1202, 19. Oktober 2022
Wir betrauern den Tod von Jina Mahsa Amini. Mahsa war eine junge Kurdin, die im Gewahrsam der iranischen Sittenpolizei starb. Sie war nicht die erste, viele Frauen vor ihr starben im Stillen. Aber dieses Mal ist es anders. Mahsas Familie hat ihre Stimme erhoben. Wir kennen ihren Namen, wir sagen ihren Namen. Und viele Iraner:innen, junge und alte, schließen sich dieser Stimme an. Seit einem Monat erschüttern die Proteste den Iran. Die Menschen haben aufgehört, eine Entschuldigung zu fordern. Sie fordern den Sturz der fundamentalistischen Diktatur. „Frauen, Leben, Freiheit“ und „Nieder mit den Mullahs“ sind die Slogans, die von Tabriz bis Zahedan und in der iranischen Hauptstadt Teheran widerhallen. Selbst in den Städten, die früher als Bastionen der Kleriker und ihrer reaktionären Garde galten, fordern die Menschen den Sturz des Regimes.
Euer Leid ist unser Leid. Mahsa und die vielen Hunderte, die das Regime seither ermordet hat, sind für uns wie Schwestern und Brüder. Wir kennen euren Schmerz. Denn wir wissen, wie es ist, um unsere pakistanischen Schwestern zu trauern, die für Ehre, für Religion und für die Macht- und Profitgier einer patriarchalischen herrschenden Klasse getötet wurden. Wir wissen, wie es sich anfühlt, Angst zu haben, allein durch die Straßen zu gehen. Auch wir fühlen den Schmerz, in der Öffentlichkeit die Hand eines geliebten Menschen nicht halten zu dürfen. Viele weibliche pakistanische Arbeiterinnen und Angestellte werden Opfer von Missbrauch, Belästigung und Ausbeutung durch ihre Chefs. Auch wir wissen um den Griff des kapitalistischen Patriarchats, das uns erstickt.
Euer Aufstand ist unser Aufstand. Er ist eine Inspiration für uns. Viele pakistanische Mädchen und Jungen werden sich sicherlich von dem Mut jener iranischen Mädchen inspirieren lassen, die es wagen, sich in der Öffentlichkeit die Haare zu schneiden. Denn sie wissen, wie es sich anfühlt, einer Entscheidung beraubt zu werden. Das Patriarchat und seine fundamentalistischen Stoßtruppen verlangen von den Frauen nicht aus Gründen der Frömmigkeit oder Bescheidenheit, ein Kopftuch zu tragen. Sie tun dies, um uns klein zu machen, um Kontrolle über unseren Geist und Körper auszuüben. Eine freie Frau kann wählen, was sie trägt. Sie kann entscheiden, ob sie ein Kopftuch tragen will oder nicht. Das schmälert nicht ihren Glauben, sondern gibt ihrem Glauben eine echte Bedeutung.
Wir werden versuchen, den Weg zu gehen, den ihr uns gezeigt haben. Aber wir möchten ihn gemeinsam mit euch gehen. Viel zu lange hat die Konkurrenz unserer Herrscher, ihr Sektierertum und ihr Nationalismus, einen Keil zwischen die Frauen, die Jugend, die ausgebeutete Arbeiter:innenklasse und die armen Bauern unserer Länder getrieben.
Wenn wir die Freiheit erringen und verteidigen wollen, können wir das am besten gemeinsam tun. Lasst uns von unseren jeweiligen Bewegungen lernen, von den Erfahrungen unserer Frauenbewegungen, von unseren Kämpfen um den Aufbau von Gewerkschaften und unseren Bemühungen um die Bildung revolutionärer Studentengruppen.
Wenn es irgendeine Möglichkeit gibt, mit euch zusammenzuarbeiten, oder wenn es Wege gibt, wie wir euren aktuellen Kampf unterstützen können, lasst es uns wissen, und wir werden unser Bestes tun, um euch zu unterstützen.