Arbeiter:innenmacht

Antirassismus ist Antikapitalismus!

Rede von Arbeiter:innenmacht Stuttgart beim internationalen Aktionstag gegen Rassismus in Stuttgart am 19. März, Infomail 1182, 21. März 2022

Es ist gerade 5 Wochen her, da wurde an der polnisch-belarussischen Grenze einigen hundert Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan, aus Ländern, die der freie, demokratische Westen mit Krieg überzogen und zerstört verlassen hat, der Zugang in die EU unter Missachtung der Genfer Flüchtlingskonvention gewaltsam verwehrt.

Familien mit schwangeren Frauen, mit Kindern wurden bei eisiger Kälte mit verbotenen „Push Backs“ in die Wälder von Belarus zurückgetrieben und einige dem Erfrierungstod überlassen, ohne dass eine/r der Vertreter:innen der „höheren demokratischen Werte“ in Politik und öffentlichen Medien ein schlechtes Gewissen bekam. Im Gegenteil! Erstmals waren sich alle Regierungsspitzen der EU einig: Es dürfen keine falsche Signale an Flüchtlinge gesendet werden.

Jetzt, nach der Okkupation der Ukraine durch die russische Armee sehen wir scheinbar das Gegenteil: eine Welle der Hilfsbereitschaft gegenüber den ukrainischen Flüchtlingen. Ukrainische Kriegsflüchtlinge sollten sich sogar frei, ohne Registrierung, Aufenthaltserlaubnis und Ärger mit Ausländerbehörden und BAMF in Deutschland und der EU für 6 Monate aufhalten können.

Doch mittlerweile melden sich die alten Reflexe des deutschen und europäischen Nationalismus (z. B. Friedrich Merz), der es für unerträglich hält, fremde Menschen ohne Erlaubnis, Kontrolle und Registrierung in seinem Staatsgebiet zu dulden.

Waren es 2015 die jungen, allein reisenden Männer mit Hormonstau, die als Gefahr für deutsche Frauen ausgemacht wurden, (wir erinnern uns an die Kölner Domplatte Silvester 2015), sind es heute die allein reisenden jungen ukrainischen Frauen, denen unterstellt wird, zwecks Unterhaltssicherung die Bordelle bevölkern zu wollen.

Der bürgerliche Staat, auch der noch so demokratische, ist nicht nur unfähig, Rassismus, Nationalismus, Rechtspopulismus und Faschismus zu bekämpfen, im Gegenteil, er  reproduziert permanent diese Geiseln der Gesellschaft.

Schon in ihren Verfassungen stellen die Staaten zwar alle Menschen rechtlich gleich, das gilt aber nur für die eigenen Staatsbürger:innen. Schon im zweiten Paragrafen unterscheiden sie zwischen In- und Ausländer:innen.

Ausländer:innen benötigen einen Aufenthaltstitel. Alleine davon gibt es mehr als ein Dutzend, von der Registrierung als Asylbewerber:in bis zur Niederlassungserlaubnis.

Ausländer:innen, wenn sie nicht aus der EU kommen, haben erst einmal kein Recht zu arbeiten und benötigen eine Arbeitserlaubnis, zu deren Erteilung penibel nachgewiesen werden muss, warum diese Tätigkeit nicht auch ein/e Inländer:in ausüben kann.

Sie haben kein Wahlrecht, sind also weitgehend vom sozialen Leben ausgeschlossen.

Das ist nur die formal-rechtliche Wurzel des Rassismus im bürgerlichen Staat.

Dieser muss sich permanent in der Konkurrenz gegen alle anderen Staaten bewähren. Daher muss er sich abgrenzen gegen sie. Dazu dienen das „ … Deutschland, Deutschland über alles“, das „Vive la France“ und das „God save the Queen“ genauso wie die Olympischen Spiele, Fußballweltmeisterschaften usw. Es feiert sich jeweils der Nationalstaat.

Daneben produziert die kapitalistische Gesellschaft, wie wir in den letzten 30 Jahren zunehmend sehen, eine ökonomische Weltkrise nach der anderen. Diese Krisen werden in einem scharfen Kampf um Preise und Weltmarktanteile geführt. Eine Rationalisierungswelle jagt die andere. Arbeitsplätze werden zu hunderttausenden abgebaut. Familienunternehmen sind der Konkurrenz nicht mehr gewachsen und machen Pleite. Kleine Konzerne werden von großen geschluckt.

Haben in den 1950er bis 1980er Jahren die Kaufhäuser schon einen Großteil der Klein- und Familiengeschäfte in den Ruin getrieben, so werden sie heute selber durch globale Giganten wie Amazon ruiniert.

Das heißt, die Mittelkassen stehen vor dem Bankrott und bilden die neue Basis für rechtspopulistische, antiglobalistische und  Anti-EU-Parteien und zersetzen die alten Volksparteien.

Damit löst sich auch das Fundament des demokratischen Parlamentarismus auf, da Parteien immer weniger in der Lage sind, die Interessen aller Schichten und Klassen der Gesellschaft zu vertreten.

Die kapitalistische Gesellschaft produziert zudem immer mehr Waren mit immer weniger menschlicher Arbeitskraft und ruiniert so durch schwindende Kaufkraft der Menschen den profitablen Verkauf ihrer Waren.

Innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft gibt es keine Lösung für diesen systemeigenen Widerspruch.

Nur eine Gesellschaft, die ohne nationalistische Konkurrenz und Profitwirtschaft, ohne Unterscheidung der Menschen nach Rassen, Nationalität, Kultur, Herkunft und Bildung die Probleme der Menschheit global angeht, ist in der Lage, die großen Fragen der Menschheit wie Krieg, Hunger, Massenelend, Zerstörung der Lebensgrundlagen und die Gleichstellung aller Menschen und Geschlechter zu lösen.

Das kann nur in einer freien, demokratischen, sozialistischen Gesellschaft unter der Verstaatlichung der großen Produktionsmittel erreicht werden.

Nur wenn es der Linken gelingt, diese Perspektive in die Bevölkerung und die abhängig Beschäftigten zu tragen, kann dem kleingeistigen Rassismus, Rechtspopulismus und Faschismus der Boden entzogen werden.

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