Dave Stockton, Neue Internationale 247, Juni 2020
Die Proteste in der Stadt Minneapolis entwickeln sich zu einer Rebellion, die mittlerweile eine Reihe von Städten in den USA ergriffen hat. Die Massendemonstrationen, die ursprünglich die Verhaftung und Verurteilung der Mörder von George Floyd forderten, gipfelten bald in der nächsten Brandstiftung eins Polizeireviers, dem die dafür verantwortlichen Beamten angehörten. Nach tagelangen Protesten wurde der weiße Polizist Chauvin schließlich wegen Mordes dritten Grades und Totschlags angeklagt. Die Familie hat dies zu Recht abgelehnt und eine Anklage wegen Mordes ersten Grades gefordert.
Aus Solidarität mit den DemonstrantInnen unterzeichneten gewerkschaftlich organisierte BusfahrerInnen in Minneapolis eine Petition und weigerten sich, PolizeibeamtInnen zu transportieren und verhaftete DemonstrantInnen ins Gefängnis zu verbringen. VertreterInnen der Verkehrsgewerkschaft Amalgamated Transit Union Local 1005, die 2.500 Beschäftigte des öffentlichen Nahverkehrs in den Partnerstädten Minneapolis und Saint Paul vertritt, erklärten:
„ATU-Mitglieder leben täglich mit ähnlichen Ängsten. ATU-Mitglieder sind täglich mit Rassismus konfrontiert. Unsere Mitglieder leben und arbeiten in Stadtvierteln, in denen solche Aktionen stattfinden, und wo dies geschah, wird es nun weltweit mit Schrecken beobachtet“, heißt es in einer Pressemitteilung des Local (Ortskartell).
„Übergriffe auf FahrerInnen haben in einigen Fällen dazu geführt, dass ATU-Mitglieder bei der Ausübung ihrer Arbeit ermordet wurden“, sagte die Gewerkschaft. „Bei der ATU haben wir deshalb eine Losung: ‚NICHT MEHR‘. Wir sagen: ‚NICHT MEHR‘ zur Auslöschung eines schwarzen Lebens durch die Hände der Polizei. NICHT EINS MEHR! GERECHTIGKEIT FÜR GEORGE FLOYD!“.
Mehr als 400 Gewerkschaftsmitglieder, darunter Postangestellte, KrankenpflegerInnen, LehrerInnen und Hotelangestellte aus Minneapolis, haben unterschrieben und in der Facebook-Gruppe „Union Members for #JusticeForGeorgeFloyd“ gepostet. Dort stieß der Aufruf auf ein breites, positives Echo anderer Gewerkschaftsmitglieder.
Minneapolis ist eine Stadt mit einer starken organisierten Gewerkschaftsbewegung, und andere GewerkschafterInnen haben Floyds Ermordung verurteilt und sich den Protesten angeschlossen. LehrerInnen und LagerarbeiterInnen bei Amazon in der Gegend haben ebenfalls Erklärungen herausgegeben, in denen sie die Tötung als einen Akt des Rassismus verurteilen.
Obwohl Minneapolis einen demokratischen Bürgermeister, Jacob Frey, hat, der die Tötung sofort verurteilt und verlangt hat, dass der Mörder angeklagt wird, agieren die Polizei von Minneapolis und die Minneapolis-Polizei„gewerkschaft“ nach ihren eigenen Gesetzen, wobei der Polizeichef als ein weißer Rassist und Trump-Anhänger angesehen wird. Sie verdeutlichen wie tief offener Rassismus in das Funktionieren des US-amerikanischen Repressionsapparats eingebettet ist.
Die Antwort der Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter ist ein gutes Beispiel für die notwendige Solidarität zwischen der organisierten ArbeiterInnenklasse und der schwarzen Gemeinde, die regelmäßig von rassistischen Bullen verfolgt wird, in einer Atmosphäre, die von Trump und seinen AnhängerInnen mit weißem Rassismus überladen ist.
Die organisierte ArbeiterInnenklasse im Allgemeinen wie auch die afrikanisch-, lateinamerikanisch- und asiatisch-stämmigen AmerikanerInnen, ja alle anderen unterdrückten Minderheiten werden in ihrer Schusslinie stehen. Sie dürfen aber auch keine der Parteien und FührerInnen des „Antitrump“-Establishments der Demokratischen Partei unterstützen.
Die aktuelle Situation macht vielmehr deutlich, wie wichtig es ist, die Losung „Selbstverteidigung ist kein Verbrechen“ in die praktische Realität umzusetzen, solange RassistInnen in Uniform oder in Zivil glauben, dass sie damit durchkommen werden, wenn sie unschuldige Opfer wie George Floyd ungestraft ermorden. Es liegt auf der Hand, dass sich GewerkschafterInnen und People of Colour dringend organisieren und ihr verfassungsmäßiges Recht, Waffen zu tragen, nutzen müssen, um dies nicht den RassistInnen und den faschistischen „Milizen“ und den Killer-Cops zu überlassen. Der Aufbau organisierter Selbstverteidigungsstrukturen muss Hand in Hand mit dem einer antirassistischen und antikapitalistischen Massenbewegung gehen, die den Kampf auf der Straße, in den Betrieben, in den Stadtteilen mit dem für eine sozialistische Revolution verbindet.
Bei ihrem Kampf brauchen die rassistisch Unterdrückten auch dringend internationale Solidarität, wie sie sich schon bei vielen Solidaritätskundgebungen zeigte. Wir müssen deutlich machen, dass ihnen die ArbeiterInnenklasse, ja alle fortschrittlichen Kräfte der Welt hinter ihren kämpfenden Schwestern und Brüdern in den USA steht.