Susanne Kühn, Neue Internationale 235, Februar 2019
Bundesregierung und EU schlossen sich rasch der Unterstützung der pro-imperialistischen, rechten Opposition in Venezuela an. Die USA und ihre engsten Verbündeten erkannten den selbsternannten „Interimspräsidenten“ Guaidó innerhalb kürzester Zeit an und machten deutlich, dass sie sich mit nichts weniger als dem Sturz von Maduro und seinem Regime zufriedengeben wollen. In Washington und bei der „demokratischen“ Opposition wird offen ein militärisches Eingreifen erwogen.
Das Kabinett Merkel und die EU schlugen – wie so oft – einen scheinbar mehr vermittelnden Weg ein. Maduro wurde ursprünglich eine „Frist“ von einer Woche eingeräumt. Sollte er bis dahin unter dem Druck von Diplomatie, Sanktionen und kriegerischen Drohungen keine „freien Wahlen“ ausgerufen haben, so würden auch sie den „Demokraten“ Guaidó anerkennen.
Der Unterschied zwischen den beiden Mächten besteht in den Mitteln. Während die einen auf die sofortige Kapitulation und den Rücktritt Maduros setzen, schlagen die anderen „schrittweise“ durch Neuwahlen vor. Nachdem sich Venezuela weigerte, der Erpressung durch die EU folge zu leisten, erkannte sie auch Guaidó an.
Beide imperialistische Mächte eint schließlich das Ziel: Aufräumen mit den „Roten“, mag sich ihr „Sozialismus“, ihre Wirtschaftspolitik, ihr Regime auch noch so weit von einer realen sozialen Umwälzung entfernt haben. Die USA erhoffen sich von einer Zuspitzung und direkten Konfrontation, ihre traditionelle Dominanz wiederherzustellen zu können. Deutschland und die EU setzen auf „Verhandlungen“, um so bei der Neuaufteilung des Landes auch ein bisschen mitzureden.
Die Sorgen um „Demokratie“, „Menschenrechte“ und die Zivilbevölkerung sind nicht nur vorgeschoben, sie sind auch unglaubwürdig wie selten: kaum ein/e rechte/r, populistische/r PolitikerIn aus der „westlichen Wertegemeinschaft“, der/die Guaidó nicht als Vertreter seiner/ihrer „Demokratie“ auszumachen weiß. Die SachwalterInnen der „Demokratie“ – ob nun rechts-populistisch, liberal, grün oder sozialdemokratisch – verschließen ihre Augen vor der Gefolgschaft eines Guaidó, vor seinen Zielen, vor den Klasseninteressen, die er vertritt. Sie verkommen zu mehr oder weniger enthusiastischen Gefolgsleuten von Trump, Pence und Pompeo, zu nützlichen IdiotInnen des US-Imperialismus oder zynischen Gefolgsleuten der schwächelnden EU.
Wie rasch sich die Lage weiter zuspitzt, ob es den westlichen Mächten gelingt, bedeutende Teile des Militärs auf ihre Seite zu ziehen, werden die kommenden Tage und Wochen zeigen. Die Linke, die Gewerkschaften, alle ArbeiterInnenorganisationen müssen sich in dieser entscheidenden Phase ohne Zögern gegen jede imperialistische Einmischung und Intervention, ob durch Diplomatie, Sanktionen oder Waffengewalt, stellen. Sie dürfen zugleich dem Regime Maduro keinen politischen Blankoscheck ausstellen oder Kritik an seiner Politik verheimlichen. Aber ein Sieg der Rechten und der imperialistischen Mächte würde für die ArbeiterInnenklasse und die Masse der Bevölkerung eine Niederlage mit enorm reaktionären Auswirkungen auf ganz Lateinamerika bedeuten. Daher: Nein zur „demokratischen“ Heuchelei! Hände weg von Venezuela!