Svenja Spunck, Infomail 985, 1. Februar 2018
In der Nacht auf den 1. Februar wurden in Berlin Neukölln Brandanschläge auf den linken Aktivisten Ferat Kocak und den Buchhändler Heinz J. Ostermann verübt. Demnach ist davon auszugehen, dass es sich bei den TäterInnen um Nazis handelte, die auch schon in den letzten Monaten immer wieder Linke angegriffen, bedroht oder ihre Häuser „markiert“ hatten. Heinz J. Ostermann, Buchhändler in Rudow, wurde bereits vor einem Jahr Opfer eines Anschlags. Auch damals wurde sein Auto angezündet, kurz darauf der Laden angegriffen. Ostermann hatte sich mit seiner Buchhandlung „Leporello“ im Herbst 2016 der Initiative „Neuköllner Buchläden gegen Rechtspopulismus und Rassismus“ angeschlossen. Obwohl auch die Polizei von einer politisch motivierten Tat ausging, wurden die Verfahren eingestellt.
Ferat Kocak, Politiker der Linkspartei und der HDP Berlin, saß gerade mit seiner Familie zu Hause, als er durch Zufall den Brand seines Wagens bemerkte. Hätte er nicht so schnell reagiert, hätten die Flammen auf das Haus übergegriffen, Kocak und seine Familie vielleicht sogar verbrannt.
Die Angriffe von FaschistInnen in mehreren Berliner Bezirken halten seit Monaten an. Die Polizei interessiert sich mäßig für die TäterInnen, eher für den Migrationshintergrund der Betroffenen. Hierbei gibt es offensichtliche Parallelen zur Geschichte des NSU: Angriffe von Nazistrukturen, für die sich der Staat nicht interessiert, aber von denen er vielleicht schon lange weiß, denn das Innenministerium arbeitet permanent am Ausbau des Überwachungsstaates. Der Bezirk Neukölln stand von 2001 bis 2015 unter der Regierung des Bürgermeisters Heinz Buschkowsky vom rechten Flügel der SPD. Statt sich mit den entwickelten Nazistrukturen auseinanderzusetzen, hetzte er lieber gegen Geflüchtete und meinte, wer sich nicht integriere, dem helfe er gerne beim Koffer Packen.
Nicht erst seit dem NSU ist klar: Bei Antifaschismus ist kein Verlass auf die Polizei und den Staat – Antifaschismus bleibt Handarbeit.
Wir drücken unsere tiefe Solidarität mit den Betroffenen aus und hoffen, dass sie und ihre Familien sich bald von dem Schock erholen werden. Doch werden wir nicht untätig zusehen, wir wollen Antifaschismus praktisch und massenhaft organisieren. Wir rufen dazu auf, sich an Solidaritätsaktionen zu beteiligen und den Aufbau eines Bündnisses aller Linken, ArbeiterInnenorganisation, MigrantInnen und Geflüchteten gegen Rassismus und Faschismus in Angriff zu nehmen.