Arbeiter:innenmacht

Antimilitarismus: Für die Enteignung der Kriegsindustrie unter Arbeiter:innenkontrolle

Für eine antimilitaristische Antwort, die über den Pazifismus hinausgeht

Partito Comunista dei Lavoratori, Infomail 1292, 16. September 2025

„Der Krieg ist ein gigantisches kommerzielles Unternehmen, vor allem für die Kriegsindustrie. Deshalb sind die „200 Familien“ die ersten Patrioten und die hauptsächlichen Kriegstreiber. Die Arbeiterkontrolle über die Kriegsindustrie ist der erste Schritt im Kampf gegen die Fabrikanten des Krieges.

Der Losung der Reformisten nach Besteuerung der Kriegsgewinne setzten wir die Losung entgegen: Beschlagnahme der Kriegsgewinne und Enteignung der für den Krieg arbeitenden Betriebe.

Wo – wie in Frankreich die Kriegsindustrie bereits „nationalisiert“ ist, behält die Losung der Arbeiterkontrolle ihre volle Geltung: das Proletariat vertraut dem Staat der Bourgeoisie ebensowenig wie dem einzelnen Bourgeois.

  • Keinen Mann, keinen Groschen für die bürgerliche Regierung!
  • Kein Aufrüstungsprogramm, sondern ein Programm öffentlicher gemeinnütziger Arbeiten!

Das Wettrüsten erstreckt sich über alle imperialistischen Länder. Der Krieg in der Ukraine hat es sicherlich beschleunigt. Aber das Wettrüsten hat eine globale Reichweite, die weit über die Ukraine hinausgeht.

Der russische Imperialismus setzt jetzt auf eine vollwertige Kriegswirtschaft und steckt 6 % seines BIP in sein Militär. Der chinesische Imperialismus baut seine militärischen Fähigkeiten auf ein noch nie dagewesenes Niveau zu Land, zu Wasser und in der Luft aus; sein Verteidigungsbudget liegt jetzt bei über 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr, und seine Marine hat jetzt die der konkurrierenden amerikanischen Flotte überholt.

Der US-Imperialismus unter der zweiten Trump-Regierung (die manche als „pazifistisch“ bezeichnen würden) fördert massive neue Investitionen in Rüstung: Neben Steuersenkungen für Kapitalist:innen sind erhöhte Militärausgaben der wichtigste Investitionsbereich für die Einsparungen aus Sozialkürzungen im aktuellen Haushalt von Trump. Wenn das Pentagon im Gegensatz zum Außenministerium wiederholt Hilfsleistungen für die Ukraine zurückgehalten hat, dann deshalb, weil die amerikanischen Generäl:innen ihre Arsenale auffüllen und nicht erschöpfen wollen (zum Beispiel haben die USA 3.376 Patriot-Raketen und wollen diese Zahl auf 13.773 erhöhen).

Europa

Die europäischen Imperialismen haben gerade in der NATO vereinbart, ihre Investitionen in Waffen zu verdoppeln oder zu verdreifachen (auf bis zu 5 % des BIP), was bereits durch die Sicherheitsklauseln des neuen Stabilitätspakts erleichtert wird (die Möglichkeit, ihr Verteidigungsbudget um 1,5 % zu erhöhen).

Der Druck von Trump, vor allem aber die Drohung eines Rückzugs der USA aus Europa, hat alle imperialistischen Regierungen des Alten Kontinents dazu gebracht, ihre alten Ausgabenobergrenzen zu überschreiten. Alle.

Die „linke“ Regierung des spanischen Imperialismus, die von den europäischen linken Parteien als Vorbild gepriesen wird, hat es vermieden, ihr NATO-Veto einzulegen, hat wie die anderen das Abkommen über eine 5-prozentige Erhöhung der Militärausgaben unterzeichnet und die Erhöhung der Militärausgaben trotz ihrer „pazifistischen“ Haltung vor der Kamera bereits in ihren eigenen Haushalt aufgenommen.

Die Wahrheit ist, dass alle europäischen Imperialismen ohne Ausnahme einen militaristischen Kurs verfolgen. In einem internationalen kapitalistischen Rahmen, in dem militärische Macht schon immer ein Maßstab für imperialistische Ambitionen war, können die europäischen Regierungen gar nicht anders. Nur durch den Wiederaufbau ihrer eigenen Militärmacht können sie hoffen, bei der zukünftigen Aufteilung der Welt mitreden zu können, ohne wie heute im Würgegriff der USA, Chinas und Russlands zu stehen.

Gleichzeitig ist die Union der europäischen Imperialismen mehr denn je von starken nationalen Rivalitäten geprägt, auch auf militärischer Ebene.

Deutschland hat dank eines finanziellen Spielraums, der von keinem anderen europäischen Land erreicht wird, einen in der Nachkriegszeit beispiellosen und in Europa einzigartigen Aufrüstungsplan umgesetzt. Der Anspruch auf deutsche militärische Vorherrschaft in Europa steht bereits auf der Tagesordnung der kontinentalen Machtverhältnisse. Auf dieser Grundlage beruht auch die Projektion Deutschlands nach Nordeuropa als potenzieller Schutzschild – angesichts der Gefahr eines Rückzugs unter Trump.

Frankreich reagiert auf die deutsche Konkurrenz, indem es sein Militärbudget für den Zeitraum 2017–2027 verdoppelt und einen Pakt mit Großbritannien schließt, der auf gemeinsamen Atomwaffen und einer gemeinsamen Präsenz im UN-Sicherheitsrat basiert. Das französisch-britische Angebot eines von London und Paris kontrollierten atomaren Schutzschildes über Europa ist eine Antwort auf die Ambitionen Berlins.

Auf diese Weise mischt sich Großbritannien in die internen Widersprüche der EU ein und bringt seine umfangreiche militärische Erfahrung als Mitgift mit. Der italienische Imperialismus ist voll in dieses große Spiel involviert. Er hat den US-Imperialismus und seine Politik im Nahen Osten und in Afrika unterstützt, um vom Zerfall des französischen Kolonialreichs in der Sahelzone zu profitieren, und hat im Gegenzug die Anerkennung der Vorrangstellung Italiens im Mittelmeerraum durch die USA gefordert.

Die Ankunft von Donald Trump hat die Operation kompliziert, aber nicht zunichtegemacht. Die deutliche Erhöhung der italienischen Militärausgaben, beginnend mit der angekündigten Aufstockung um 4 Milliarden Euro im nächsten Haushaltsgesetz, ist ein wesentlicher Bestandteil. Ebenso wie das Spiel der geheimen Absprachen mit dem deutschen Imperialismus, der offen antifranzösisch ist.

Die italienische Rüstungsindustrie ist die Hauptnutznießerin dieses allgemeinen Kontextes. Leonardo, Fincantieri, Oto Melara (2016 in Leonardo aufgegangen), Iveco – die großen Rüstungskapitalist:innen – sehen ihre Aktien an der Börse steigen und ihre Geschäfte expandieren: beim Bau des leistungsstärksten Kampfflugzeugs der Welt in einem Konsortium mit Großbritannien und Japan, bei der Herstellung neuer Panzer in Zusammenarbeit mit Deutschland, beim Bau der Militärflotte der Golfstaaten und beim globalen Militärschiffbau.

Auch die USA sind dabei: Der italienische Außenminister hat kürzlich dem US-Außenminister Marco Rubio die besten Werke von Fincantieri in Wisconsin und Florida sowie die Fabriken von Leonardo in Virginia, Ohio, North Carolina, Kalifornien, New York, Alabama und Arizona gezeigt, als Beweis und Maßstab für Italiens Beitrag zum amerikanischen Militär und damit als (erhofften) Grund für Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme gegenüber Italien, vielleicht in Bezug auf Zölle.

Aber das ist noch nicht alles. In Italien schreiten Pläne voran, Teile der Automobil- und Zulieferindustrie für Kriegszwecke umzuwidmen, ganz ähnlich wie in Deutschland und Frankreich. Der durch das neue globale Klima erzwungene Sprung bei den Militärausgaben wird als Gegenmittel gegen wirtschaftliche Stagnation und Rezessionsdruck genutzt. Ein neues Stärkungsmittel für den italienischen Kapitalismus. Natürlich, wie überall auf der Welt, auf Kosten der eigenen Arbeiter:innen.

Pazifistische Ohnmacht

Vor diesem allgemeinen Hintergrund wird die völlige Ohnmacht pazifistischer Illusionen immer deutlicher. Selbst wenn sie aufrichtig sind. Selbst wenn sie nicht nur als rhetorische Tarnung für eine neue imperialistische Macht und ihre „Friedenslösungen“ dienen.

Aus historischer Perspektive steuert die Weltpolitik auf einen Krieg zu. Imperialistische Kriege, von der russischen Invasion in der Ukraine bis zu den US-Bombardements im Iran, markieren wie ein Seismograf die Erdbeben, die den Planeten erschüttern. Die kriminelle und kriegstreiberische Politik des zionistischen Staates passt, abgesehen von ihren Besonderheiten, perfekt zur Machtpolitik, die die Welt erfasst hat, und es ist kein Zufall, dass sie die Unterstützung oder Komplizenschaft aller imperialistischen Mächte, alter und neuer, ohne Ausnahme genießt.

Die Vorstellung, dass das Recht auf nationale Selbstbestimmung unterdrückter Völker irgendwelchen Phantom-„Friedenskonferenzen“ anvertraut werden kann, die von der UNO einberufen und vom Papst gesegnet werden, spiegelt nur das Erbe alter, trügerischer Illusionen über die imperialistische Diplomatie wider, und zwar genau zu einer Zeit, in der diese Illusionen durch den neuen Rahmen der Weltbeziehungen täglich zerschlagen und gedemütigt werden. Die Vorstellung, dass eine pazifistische Empfehlung an die eigene imperialistische Regierung den militaristischen Kurs stoppen kann, ist nicht weniger weit hergeholt. Nur der revolutionäre Sturz des Kapitalismus und Imperialismus kann eine Zukunft des wahren und gerechten Friedens für die Menschheit und für alle unterdrückten Völker einläuten.

Antimilitaristische Übergangsforderungen

Genau aus diesem Grund ist es in imperialistischen Ländern, angefangen bei unserem eigenen Imperialismus, wichtig, uns mit Losungen und Forderungen auszustatten, die eine Brücke schlagen zwischen dem aufrichtigen Verlangen nach antimilitaristischem Frieden, der Weigerung, die Kosten des Krieges mit Sozialkürzungen zu bezahlen, und der notwendigen antikapitalistischen Perspektive.

Die Forderung nach der entschädigungslosen Enteignung der Kriegsindustrie unter Arbeiter:innenkontrolle kann und muss Teil jeder Mobilisierung gegen Krieg und Kriegswirtschaft sein, zusammen mit der Verteidigung des Rechts auf Widerstand jedes unterdrückten Volkes.

Die Forderung nach der Enteignung der Kriegsindustrie gehört zur besten Tradition der revolutionären Arbeiter:innenbewegung und ist heute besonders aktuell. Sie konzentriert sich auf die interne Front, gegen den Kern der derzeitigen vorherrschenden Politik. Der Umstellung der Industrie auf Kriegsproduktion muss die Umstellung eines Teils der Kriegsindustrie auf zivile Produktion entgegenwirken. Und keine Umstellung der Kriegsindustrie unter Wahrung der Arbeiter:innenrechte kann ohne die Enteignung ihrer Aktionär:innen – der „Kriegshersteller:innen“ – und ohne Arbeiter:innenkontrolle stattfinden. Aus all diesen Gründen stellt die Forderung nach der Enteignung der Kriegsindustrie die bürgerliche Gesellschaftsordnung in Frage. Daher macht sie die Notwendigkeit einer Arbeiter:innenregierung als einzige tragfähige Alternative deutlich.

Denjenigen, die „unsere“ Kriegsindustrie und vor allem ihr Eigentum im Namen der Verteidigung des Vaterlandes (sei es national oder EU) verteidigen – vielleicht sogar unter Berufung auf die Kriegsgefahr, die in der Welt herrscht –, antworten wir mit den Worten Trotzkis:

„’Verteidigung des Vaterlandes’? Aber unter dieser Abstraktion versteht die Bourgeoisie die Verteidigung ihrer Profite und Plünderungen. Wir sind dazu bereit, das Vaterland gegen die ausländischen Kapitalisten zu verteidigen, wenn wir zuvor unseren eigenen Kapitalisten die Hände gebunden haben und sie daran hindern, das Vaterland anderer anzugreifen; wenn die Arbeiter und Bauern unseres Landes seine wirklichen Herren werden; wenn die Reichtümer des Landes aus den Händen einer verschwindenden Minderheit in die Hände des Volkes übergehen; wenn die Armee aus dem Werkzeug der Ausbeuter zum Werkzeug der Ausgebeuteten wird.

Man muß diese Grundsätze in einzelne konkrete Gedanken zu übersetzen verstehen, die dem Verlauf der Ereignisse sowie der Orientierung und dem Bewußtseinsgrad der Massen entsprechen. Außerdem muß man streng unterscheiden zwischen dem Pazifismus des Diplomaten, des Professors, des Journalisten und dem Pazifismus des Zimmermanns, des Landarbeiters und der Wäscherin. Im ersten Fall ist der Pazifismus nichts anderes als der Deckmantel des Imperialismus; im zweiten der verworrene Ausdruck des Mißtrauens gegenüber dem Imperialismus.

Wenn ein Kleinbauer oder Arbeiter von der Verteidigung des Vaterlandes spricht, denkt er dabei an die Verteidigung seines Hauses, seiner Familie und der Familien anderer gegen Invasion, gegen Bomben, gegen Giftgase. Der Kapitalist und sein Journalist verstehen unter Verteidigung des Vaterlandes die Eroberung von Kolonien und Märkten, die Ausdehnung des „nationalen“ Anteils am Welteinkommen durch Plünderung. Der bürgerliche Pazifismus und Patriotismus sind reine Lüge. Im Pazifismus und selbst im Patriotismus der Unterdrückten sind Elemente enthalten, die einerseits den Haß gegen zerstörerischen Krieg und andererseits ihre Anhänglichkeit an das, was sie für ihre Habe halten, ausdrücken und die man erfassen muß, um daraus die notwendigen revolutionären Konsequenzen zu ziehen.“ (Trotzki, Übergangsprogramm, 1938)

Genau. Ein großer Teil der Linken macht paradoxerweise oft das Gegenteil: Sie passt sich dem bürgerlichen Pazifismus (ihres eigenen Imperialismus oder dem anderer) an und weigert sich, den Pazifismus der Arbeiter:innen und des Volkes in revolutionäre Begriffe zu übersetzen.

Die Forderung nach der Enteignung der Kriegsindustrie ist eine Möglichkeit, die Lehre des ehemaligen Führers der Roten Armee im allgemeineren Rahmen der revolutionären Politik zu übersetzen und zu aktualisieren.

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