Bernie McAdam, Infomail 1287, 14. Juli 2025
Die jüngsten rassistischen Ausschreitungen und Pogrome in Ballymena (Grafschaft Antrim, Nordirland) am 9. Juni lösten eine Welle von Zusammenstößen mit der Polizei und Angriffen auf Migrant:innen in vielen Gebieten aus, darunter Larne, Portadown (Grafschaft Armagh), Coleraine (Grafschaft Londonderry) sowie in und um Belfast (Hauptstadt und eigner Verwaltungsbezirk)). Auslöser war die mutmaßliche sexuelle Nötigung eines Mädchens durch zwei rumänische Teenager. Rechtsextreme Aktivist:innen nutzten die darauf folgenden Proteste für ihre Zwecke. Migrant:innenfamilien wurden aus ihren Häusern vertrieben, während Randalierer:innen wüteten.
Erst im vergangenen Sommer bedrohte ein rechtsextremer Mob das Islamische Zentrum in Belfast und randalierte in multiethnischen Vierteln, wobei Geschäfte und Unternehmen mit Brandbomben beworfen wurden. Auch in Ballymena stammten die Täter:innen aus loyalistischen/unionistischen Vierteln. Angesichts der bevorstehenden Oranier:innen-Marschsaison (radikaler protestantischer Orden) wird weitere Gewalt befürchtet. Loyalistische paramilitärische Gruppen wie die UDA (Ulster Defence Association; paramilitärische, 1971 gegründete protestantische Untergrunddachorganisation, 1991 als terroristisch verboten) werden zweifellos versuchen, ihren Einfluss auf die rechtsextremen Mobs zu verstärken.
Es wäre jedoch völlig naiv zu glauben, dass die katholische Gemeinschaft in irgendeiner Weise immun gegen Rassismus ist. Die wachsende Bedrohung durch die extreme Rechte im Süden war auch in Newry (Distrikt Newry, Mourne and Down) zu spüren, als Reaktion auf den Vorschlag des Stadtrats, ein Netzwerk von Zufluchtsstädten in ganz Großbritannien und Irland einzurichten, ein rechtsextremer Marsch mit Dutzenden von irischen Trikoloren stattfand.
Lokale Gewerkschaften wie SIPTU (Services, Industrial, Professional and Technical Union; größte allirische Gewerkschaft), UNITE (Unite the Union, gewöhnlich kurz Unite genannt, ist eine britische und irische Gewerkschaft, die am 1. Mai 2007 aus der Fusion der beiden Gewerkschaften Amicus und der Transport and General Workers Union (TGWU) hervorging) und NIPSA (Northern Ireland Public Service Alliance) haben zusammen mit vielen anderen Kampagnenorganisationen für den 6. Juli zu einem antirassistischen Marsch aufgerufen. Die zunehmenden rassistischen Angriffe in den sechs Grafschaften „Nordirlands” müssen vor dem Hintergrund des weltweiten Aufstiegs der extremen Rechten und der Wahl von Trump gesehen werden. Der besondere sektiererische Charakter und die Ursprünge des nordirischen Staates haben jedoch einen mühelosen Übergang von antiirischer/antikatholischer Bigotterie zu Fremdenhass ermöglicht. Dies ist weniger eine Ablösung des einen durch das andere als vielmehr eine Verschmelzung beider Strömungen, die nebeneinander existieren und sich gegenseitig verstärken, wie die jüngste Vertreibung katholischer Familien aus zwei gemischten Wohnsiedlungen in Belfast zeigt.
Tatsächlich ist die Gesellschaft im Norden nach wie vor zutiefst sektiererisch geprägt. Das Karfreitagsabkommen (Übereinkommen zwischen der Regierung der Republik Irland, der Regierung des Vereinigten Königreichs und den Parteien in Nordirland vom 10. April 1998) stellt diesen Charakter in keiner Weise in Frage, sondern verstärkt ihn sogar noch. Es hat die Teilung festgeschrieben und stützt sich auf eine Regierungsführung, die auf der Verteilung von Macht und Privilegien entlang konfessioneller Linien basiert. Das lächerliche Schauspiel einer Macht teilenden Exekutive, die versucht, mit den rassistischen Ausschreitungen fertig zu werden, ist Ausdruck dieser Spaltung.
Nehmen wir den Fall des DUP-Ministers für Gemeinschaften, Gordon Lyons, der in schändlicher Weise den Aufenthaltsort von Flüchtlingen aus Ballymena veröffentlichte, die Opfer von Pogromen geworden waren, woraufhin sie später am selben Tag im Larne (County Antrim) Leisure Centre erneut von Schläger:innen angegriffen wurden. Die Erste Ministerin der Sinn Féin, Michelle O’Neill, und andere forderten ihn zu Recht zum Rücktritt auf, bezeichneten die Vorfälle jedoch fälschlicherweise nicht als „Krise”. Daraufhin weigerte er sich, zurückzutreten.
Die einzige Möglichkeit, Sektierertum und Rassismus entgegenzuwirken, besteht darin, die gemeinsamen Klasseninteressen aller Arbeiter:innen zu erklären, seien sie katholisch, protestantisch oder Migrant:innen. Die Kapitalist:innenklasse ist Meisterin in der Kunst, zu spalten und zu herrschen. Die Exekutive ist Teil des Staates der Bosse, völlig unfähig, Fanatismus zu bekämpfen und die Interessen der Arbeiter:innenklasse zu vertreten, da der „Preis des Friedens“ offenbar in der Umsetzung der Sparpolitik von Westminster (britische Regierung) besteht. Sie ist Teil des Problems.
Das bedeutet, dass Organisationen der Arbeiter:innenschaft, wie die Gewerkschaften, eine führende Rolle bei der Bekämpfung von Rassismus und Sektierertum übernehmen müssen. Das können sie zwar verbal tun, aber es ist eine praktische Frage der Organisation der Solidarität mit migrantischen Arbeiter:innen und des Aufbaus von Verteidigungsorganisationen.
Gewerkschaftsführer:innen werden in dieser Hinsicht ein Hindernis sein. Es ist nicht so, als hätten sie sich in der Vergangenheit bewährt, Sektierertum zu bekämpfen! Die Basisgruppen in den Gewerkschaften sollten organisiert werden, um den Kampf gegen die extreme Rechte anzuführen.
Basis- und Gemeindeorganisationen können ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Verteidigung von Migrant:innen spielen, wie beispielsweise das Beechmount (Wahlkreis in Westbelfast) Residents Collective, das sich als Leuchtturm der Solidarität in Belfast profiliert hat. Auch im Norden gab es große und beeindruckende antirassistische Demonstrationen. Eine antirassistische Bewegung kann aufgebaut werden, aber sie muss zu einer militanten Arbeiter:innenbewegung werden, die in der Lage ist, unsere Gemeinden vor Angriffen zu schützen.