Arbeiter:innenmacht

Friedensnobelpreis 2025 – wieder kein Grund zum Feiern

Neptuul, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons

Jonathan Frühling, Infomail 1294, 13. Oktober 2025

Die einzig gute Nachricht: Der Friedensnobelpreis 2025 geht nicht an Donald Trump. Die schlechte Nachricht: Er geht an die rechte venezolanische Oppositionspolitikerin María Corina Machado. In der Begründung des Komitees heißt es wörtlich, dass sie den Preis bekommen habe: „… für ihren Kampf um einen gerechten und friedlichen Übergang von der Diktatur zur Demokratie“. Eine Begründung, die falscher kaum sein könnte.

Machados Politik

Machados Politik reicht ca. 25 Jahre zurück. Tatsächlich wurde sie durch ihren Kampf gegen den linken Präsidenten Hugo Chávez bekannt. Dieser kam 1998 durch Wahlen an die Macht und wurde durch seine umfassenden Sozialreformen äußerst populär. Dies veranlasste die rechte Opposition und die hinter ihr stehende Kapitalist:innenschicht sowie den US-Imperialismus 2002 zu einem Putschversuch. Machado war darin verwickelt, indem sie als Vizepräsidentin der Organisation Súmate das sogenannte Carmona-Dekret unterzeichnete. Dessen Inhalt war es, das Parlament aufzulösen, die Verfassung außer Kraft zu setzen und die Obersten Richter:innen sowie die Regierung abzusetzen. Obwohl sie das heute bestreitet, macht diese Episode deutlich, dass sie immer an der Seite der herrschenden Klasse und nie an der des Volkes gestanden hat.

Auch heute noch ist ihre Politik und Taktik mitnichten vom Wunsch nach einem „gerechten und friedlichen Übergang zur Demokratie“ geprägt. Wir erinnern uns: 2015 hat Obama Venezuela schon zu einer feindlichen Nation erklärt, ab 2017 wurden dann von der US-Regierung unter Trump umfassende Sanktionen verhängt, die das Land zu großen Teilen kollabieren ließen. Das BIP schrumpfte zwischen 2014 und 2020 um 65 %! Hyperinflation, Treibstoffknappheit, Stromausfälle und Massenelend waren die Folge. Eingefrorene Auslandsvermögen wurden genutzt, um Putschversuche wie den 2019 von Juan Guaidó zu finanzieren. Unter Biden wurde die Politik, Venezuela zu Grunde zu richten und auszuhungern, unverändert fortgesetzt. Besonders perfide sind Sanktionen, die das staatliche Ernährungsprogramm zum Ziel haben und zu einer Hungerkrise geführt haben. Fast 8 Millionen Menschen sind deshalb bis 2023 vor dem Elend in Venezuela geflohen.

Machado hat diese Politik von Anfang an unterstützt und tritt sogar für eine Verschärfung der Sanktionen ein. Auch stimmt sie in die Lügenmärchen Trumps ein, dass die Maduro-Regierung Teil eines Drogenkartells sei, und unterstützt die außergerichtlichen Hinrichtungen der Mannschaften von nicht identifizierbaren Booten in der Karibik durch die USA. Sie fordert darüber hinaus sogar, dass imperialistische Mächte Venezuela selbst angreifen, und die US-Piraterie mit dem Ruf „We’re asking for law enforcement“ („Wir verlangen Durchsetzung des Gesetzes“) forciert. Darüber hinaus fordert sie auch den Sicherheitsapparat Venezuelas zum Putsch auf. Dass sie 2024 tatsächlich versuchte, an den Präsidentschaftswahlen teilzunehmen (wo sie unter fadenscheinigen Gründen von der Wahl ausgeschlossen wurde), muss in diesem Kontext gesehen werden. Einen friedlichen Weg an die Macht hat sie entweder längst aufgegeben oder nie verfolgt. Ihre Politik ist also, dass der US-Imperialismus die Völker Venezuelas massiv unter Druck setzt, damit diese aus Elend und Verzweiflung die bürgerliche, pro-US-amerikanische Opposition unterstützen, damit sie die Macht übernehmen kann. Dabei wollen wir keineswegs die Verantwortung des autoritären und bonapartistischen Maduro-Regimes für die katastrophale Lage in Venezuela ausblenden. Doch das Ziel der rechten Opposition und von Machado besteht erstens darin, die Korruption und Bereicherung der Günstlinge des Maduro-Regimes auf Kosten der Massen durch die Wiederherstellung der Privilegien der traditionellen Eliten – natürlich auch auf Kosten des Volkes – zu ersetzen. Statt Anlehnung an China und Russland soll Venezuela wieder zu einer Halbkolonie der USA werden. Folgerichtig hat sie ihren Friedensnobelpreis auch Trump und seiner „Unterstützung“ Venezuelas gewidmet.

Zudem stellt sich die Frage, was aus Venezuela werden würde, wenn die Diktatur Maduros durch Machado beseitigt werden würde. Dazu machte sie auf dem „Council of the Americas“ am 6. Juni 2025 einige interessante Äußerungen. Dort versprach sie, das Land internationalen Investore:innn auszuliefern, die es auf die Erdölreserven und Mineralien des Landes abgesehen haben. Venezuela würde dann der wichtigste US-Verbündete der Region werden und die 8 Millionen Flüchtlinge könnten dann ja auch zurückkehren und dabei helfen, Milliardenprofite für die US-Konzerne zu erwirtschaften! Hier bietet sich eher ein Preis für Skrupellosigkeit als für Frieden an.

Der Friedensnobelpreis im Laufe der Geschichte

Nicht umsonst ist der Friedensnobelpreis der umstrittenste Nobelpreis. Dass Trump für seinen schändlichen Nahost-„Friedensplan“ den Friedensnobelpreis bekommt, ist deshalb tatsächlich gar nicht so abwegig. Und vielleicht wäre das auch gar nicht so schlecht gewesen, um die „Auszeichnung“ endgültig zu diskreditieren. Schon 1973 hat Henry Kissinger für sein Aushandeln des Ausstiegs der USA aus dem Vietnamkrieg den Preis erhalten. Allerdings war er einer der führenden Strategen bei der Eskalation des Krieges und ist Hauptverantwortlicher für die bis zu 2 Millionen Toten des Krieges. Auch in den letzten Jahren schafften es einige gruselige Figuren und Organisationen auf die Liste der Friedensnobelpreisträger:innen: 1994 erhielten PLO-Chef Arafat und der israelische Außenminister Peres den Preis für das Oslo-Abkommen. Peres war ab 1947 in der Hagana(h) aktiv, beteiligte sich an der Nakba, am Aufbau der zionistischen Streitkräfte und betätigte sich als führender Politiker des zionistischen Staates an der Unterdrückung des palästinensischen Volkes. Andere Beispiele: Barack Obama, der für seine blutigen Drohnenkriege bekannt ist, 2012 die Europäische Union, welche ein tödliches Grenzregime errichtet hat, 2016 der kolumbianische Präsident Santos, dessen Friedensvertrag mit der FARC (Bewaffnete Revolutionäre Kräfte Kolumbiens) niemals umgesetzt wurde, und 2019 Abiy Ahmed (äthiopischer Ministerpräsident), der 2020 einen Bürgerkrieg führte, bei dem ethnische Säuberungen und Massaker an Zivilist:innen an der Tagesordnung waren.

Es zeigt sich also, dass der Friedensnobelpreis selbst teilweise ein Mittel der Politik war und (bewusst oder unbewusst) das Ziel hatte und hat, die Leistungen für westliche, imperialistische Interessen zu würdigen. Es darf bezweifelt werden, dass der Friedensnobelpreis 2026 an die Sumud-Friedens-Flottille gehen wird, die versucht hat, die Blockade Gazas zu durchbrechen und so den israelischen Genozid anzuprangern. 2024 ging er schließlich auch nicht an die Massen Bangladeschs, die trotz tödlicher Repression die diktatorische Regierung gestürzt haben. Natürlich gibt es auch Personen und Organisationen, die wegen ihres demokratischen und humanitären Engagements den Preis tragen. Diese stellen letztlich jedoch nur das dekorative Beiwerk dar. Es finden sich auf der langen Liste keine Revolutionär:innen. Und anstatt z. B. Lenin, Trotzki und die Bolschewiki 1918 für das Friedensabkommen von Brest-Litowsk auszuzeichnen, ging der Preis ein Jahr später an den Imperialisten und Rassisten Woodrow Wilson, der die USA in den Ersten Weltkrieg geführt hatte.

Es soll also klar gemacht werden, dass die Auswahl nicht objektiv oder wertfrei erfolgt, sondern von einer tief mit dem bürgerlichen und imperialistischen System verwurzelten Institution. Beim Friedensnobelpreis gilt, dass mit Frieden der der Herrschenden gemeint ist. Menschen und Organisationen, die sich im Kampf um Gerechtigkeit und Emanzipation, gegen Ausbeutung und Unterdrückung verdient gemacht haben, haben vom Nobelpreiskomitee nichts zu erwarten. Denn unser Friede ist nicht jener der Friedhofsruhe der Herrschenden, sondern der einer zukünftigen sozialistischen Gesellschaft, die überhaupt erst ein wirklich friedliches Zusammenleben der Menschheit ermöglichen kann.

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