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Irfan Khan, Infomail 1291, 5. September 2025
Nach den Überschwemmungen in Asad Jammu und Kaschmir (teilautonomes Gebiet Pakistans), Gilgit-Baltistan (pakisatnisches Sonderterritorium im äußersten Norden) und Khyber Pakhtunkhwa (Chaibar Pachtunchwa; überwiegend von Paschtun:innen besiedeltes Gebiet im Nordwesten) hat jetzt auch Punjab (Pandschab, Pundschab) mit einer Katastrophe zu kämpfen.
Diese Überschwemmungen sind keine „Naturkatastrophen“, sondern eine direkte Folge des kapitalistischen Systems, in dem das Streben nach Profit zu rücksichtsloser Ausbeutung der Ressourcen und weitreichender Umweltzerstörung führt. Bisher sind mehr als 1.000 Menschen ums Leben gekommen, wobei die Arbeiter:innenklasse und die Armen, deren Dörfer und Häuser zerstört wurden, am stärksten betroffen sind.
Millionen Menschen in Punjab sind vertrieben worden, Tausende von Häusern, Schulen, Gesundheitszentren und Straßen wurden zerstört. Die arme Landbevölkerung und die Arbeiter:innenklasse, die ohnehin schon ums Überleben kämpfen, sind am stärksten von dieser Zerstörung betroffen. Die daraus resultierende Inflationswelle wird ihre ohnehin schon prekäre wirtschaftliche Lage weiter verschlechtern, und es wird ein Anstieg von Cholera- und Hepatitis-Erkrankungen befürchtet.
Am stärksten betroffen ist das ländliche Punjab, wo tausende Hektar Ackerland zerstört wurden und die Menschen keine andere Wahl haben, als unter freiem Himmel zu leben. Dies hat den landwirtschaftlichen Gemeinden, die aufgrund der Regierungspolitik bereits von Armut und Schulden belastet sind, den wirtschaftlichen Ruin gebracht.
Das kapitalistische System lässt Unternehmen in einem Wettlauf um maximale Gewinne und Marktbeherrschung gegeneinander antreten. Diese intensive Konkurrenz führt zu einer ungebremsten Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und beschleunigt die Umweltzerstörung. Die Palmölindustrie ist ein klares Beispiel dafür. Um die Nachfrage von globalen Gigant:innen wie Unilever, Nestlé und Procter & Gamble zu befriedigen, werden in Ländern wie Indonesien und Malaysia durch umfangreiche Abholzung Monokulturplantagen angelegt. Diese Praxis zerstört nicht nur die Tierwelt, sondern erhöht auch die Kohlendioxidemissionen.
Ähnlich verhält es sich mit Unternehmen aus dem Energie-, Öl- und Gassektor, die enorme Mengen an fossilen Brennstoffen verbrauchen und dabei große Mengen an Treibhausgasen freisetzen. Diese Emissionen führen zu einem Anstieg der globalen Temperaturen, was das natürliche Gleichgewicht der Jahreszeiten gestört hat. Die 100 größten Firmen sind für 70 % des weltweiten Schadstoffausstoßes verantwortlich. Ihre unkontrollierte Umweltverschmutzung hat zu einem raschen Abschmelzen der Gletscher im Himalaja, Hindukusch und Karakorum geführt, was eine gefährlichen Erhöhung des Flusswasserspiegels und häufigere und intensivere Überschwemmungen zur Folge hat.
Die jüngsten Überflutungen im pakistanischen Punjab waren so verheerend, weil die globale Erwärmung zu extremen Wetterereignissen geführt hat, die die üblichen Wetterverhältnisse verändert und starke, ungewöhnliche Regenfälle mit sich gebracht haben. Zerstörerische Niederschläge in Teilen Indiens haben den Wasserstand in den Staudämmen gefährlich erhöht und dort ebenfalls massive Überschwemmungsschäden verursacht. Um den Druck zu verringern, hat Indien die Schleusen von Staudämmen wie der Bhakra-Talsperre am Satluj-Fluss geöffnet. Dies führte zu einem gefährlichen Anstieg des Wasserpegels der Flüsse Satluj, Chanab und Ravi im pakistanischen Punjab, was weitere Überschwemmungen zur Folge hatte. Diese Situation zeigt, dass die Auswirkungen des Klimawandels die gesamte Region betreffen und dass der Nationalstaat nicht in der Lage ist, eine globale Katastrophe zu bewältigen.
Globale Faktoren sind für das Verständnis der Katastrophe von großer Bedeutung, aber auch die nationale herrschende Klasse Pakistans spielt eine wichtige Rolle. Projekte von Grundstückserschließungsfirmen wie der Ravi Urban Development Authority (RUDA), DHA (Defence Housing Authority) und Bahria Town vertreiben Bäuer:innen, beschlagnahmen Land rund um Flüsse und verändern deren natürlichen Lauf. Diese Entwicklungen behindern den natürlichen Verlauf von Hochwasser und führen dazu, dass es sich schnell in städtische und ländliche Gebiete ausbreitet, wie die jüngsten Überschwemmungen in Islamabad und Karatschi gezeigt haben. Jetzt werden unter dem Banner der SIFC (Special Investment Facility Council; Landerschließungsbehörde der Bundesregierung) und Initiativen wie der „Green Pakistan Initiative“ natürliche Ressourcen beschlagnahmt, was den Grundstein für weitere Zerstörung legt.
Eine weitere Hauptursache für die Flutkatastrophen in Khyber Pakhtunkhwa, Kaschmir und Gilgit-Baltistan ist die grassierende Abholzung. Mit Unterstützung staatlicher Institutionen hat die Holzmafia über Jahrzehnte hinweg ganze Berge ihrer Bäume beraubt. Bäume sind entscheidend für die Verlangsamung und Absorption von Hochwasser; ohne sie wird der Wasserfluss verheerend und führt zu Hunderten von Todesfällen und einem systemischen Zusammenbruch. Nach solchen Zerstörungen bezeichnet die herrschende Klasse das Ganze einfach als „Naturkatastrophe“, um sich der Verantwortung zu entziehen.
Um dieser Katastrophe entgegenzuwirken, ist ein koordinierter internationaler Kampf gegen das kapitalistische System unerlässlich. Wir müssen diese Ungerechtigkeit auf globaler Ebene bekämpfen und die Arbeiter:innen der Welt und die Unterdrückten über Grenzen hinweg vereinen. Die imperialistischen Konzerne und Regierungen im globalen Norden, die für den größten Teil der historischen Emissionen verantwortlich sind, müssen gezwungen werden, für die von ihnen verursachten Umweltzerstörungen Wiedergutmachung zu leisten. Das ist keine Hilfe, sondern eine geschuldete Entschädigung.
Auf nationaler Ebene müssen wir uns organisieren, um uns gegen jedes zerstörerische Projekt zu wehren, wie die Initiativen der RUDA und der SIFC, die im Namen des Profits und der sogenannten Entwicklung Land beschlagnahmen und Menschen vertreiben. Das bedeutet, militante Massenbewegungen aufzubauen, die Bauvorhaben physisch blockieren, Generalstreiks organisieren und die Kontrolle der Menschen über die Ressourcen durchsetzen können.
Solange die kapitalistische Produktionsweise existiert, die endlose Akkumulation und den privaten Profit über menschliche Bedürfnisse und ökologisches Gleichgewicht stellt, werden solche verheerenden Katastrophen nicht nur weitergehen, sondern sich noch verstärken. Die Kapitalist:innenklasse und ihr Staat können eine Krise, von der sie profitieren, nicht lösen. Deshalb können diese verhängnisvollen Vorkommnisse nur dauerhaft gestoppt werden, indem die Produktionsmittel beschlagnahmt, Energie, Industrie und Landwirtschaft unter demokratische Arbeiter:innenkontrolle gestellt und die Gesellschaft auf der Grundlage von Solidarität und Planung neu organisiert wird, um den menschlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Dies erfordert den Aufbau einer revolutionären Partei, die in der Lage ist, einen globalen Kampf für eine sozialistische Zukunft zu führen, das einzige System, das die Grundlage für ein nachhaltiges Verhältnis zu unserem Planeten bietet.