USAAF Photographer, Public domain, via Wikimedia Commons
Dave Stockton, Infomail 1288, 7. August 2025
Vor achtzig Jahren, am 6. August 1945 um 8:15 Uhr, haben die USA mit dem Abwurf einer 12,5-Kilotonnen-Uranbombe auf die japanische Stadt Hiroshima das Atomzeitalter eingeläutet und dabei etwa 150.000 Menschen getötet.
Nachdem die Angst vor einem Atomkrieg in den letzten Jahrzehnten in der öffentlichen Wahrnehmung nachgelassen hatte, rüsten die Großmächte der Welt wieder auf und drohen offen mit Atomwaffen. Drei Tage nach Hiroshima wurde eine Plutoniumbombe namens „Fat Boy” auf Nagasaki abgeworfen, die 74.000 Menschen tötete. Beide Städte wurden sofort dem Erdboden gleichgemacht.
Diejenigen, die nicht sofort verbrannten, starben in den folgenden Stunden und Tagen qualvoll. In den folgenden Monaten und Jahren fielen Zehntausende den Folgen der Strahlenvergiftung zum Opfer. Überlebende und ihre Kinder, die Missbildungen und Krebserkrankungen erlitten, wurden über Generationen stigmatisiert. Die offizielle Begründung, die von imperialistischen Propagandist:innen jahrzehntelang wiederholt wurde, lautete, dass dieser Massenmord an Zivilist:innen notwendig gewesen wäre, um Japan zur Kapitulation zu zwingen und das Leben der alliierten Soldat:innen zu retten. Diese Ausrede ist längst als zynische Lüge entlarvt worden. Tatsächlich hatte Japan über die Sowjetunion um Frieden gebeten: Hiroshima und Nagasaki wurden als Live-Demonstration der neuen Waffe der USA benutzt, um die Vorherrschaft der USA bei der Nachkriegsaufteilung Asiens und Europas durchzusetzen.
Die Abwürfe der Atombomben leiteten acht Jahrzehnte US-Hegemonie ein. Aber sie zeigten auch, dass nicht nur die faschistischen Mächte sich unaussprechlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht hatten. Die imperialistischen Demokratien waren zu gleicher Brutalität fähig. Der Abwurf der Atombombe auf Hiroshima demonstrierte das ungeheure Zerstörungspotenzial der Atomkraft, aber er war qualitativ nicht tödlicher als die vielen konventionellen Brandbombenangriffe auf Dresden, Hamburg und Tokio.
Heute wird zum ersten Mal seit den 1980er Jahren wieder offen über die Möglichkeit eines Atomkrieges diskutiert. Die USA und Russland rüsten ihre nuklearen Streitkräfte auf, und Rüstungskontrollverträge sind ausgelaufen. Atomwaffenstaaten wie Israel, Pakistan und Indien gehen immer aggressiver gegen ihre Nachbarn vor.
Die Manöver der Weltmächte sind keine leeren Drohungen. Die USA und Russland besitzen zusammen 90 Prozent der weltweit über 12.000 Atomwaffensprengköpfe. Die Zerstörungskraft moderner Waffen ist ungleich größer als die der über Japan abgeworfenen Bomben. Selbst die angeblich „taktischen” Waffen, die in immer größeren Stückzahlen vorgehalten werden, würden weite Teile der Umwelt verwüsten.
Der Wettstreit der Großmächte um Märkte, Ressourcen und politischen Einfluss treibt eine neue Runde des Militarismus und der Aufrüstung voran, wobei Atomwaffen eine bedeutende, aber keineswegs die einzige und womöglich einmal die größte Gefahr darstellen, wie zahlreiche Kriege von der Ukraine bis zum Gazastreifen zeigen. Riesige Ressourcen werden von der Bekämpfung von Hungersnöten, Krankheiten und dem Klimawandel in Militärausgaben umgeleitet, die uns nicht „sicherer“ machen, sondern vielmehr die militärischen Spannungen verschärfen, den Eskalationszyklus vorantreiben und die Welt noch mehr in Gefahr bringen.
In der ersten Phase der nuklearen Aufrüstung während der heißesten Jahre des ersten Kalten Krieges in den 1950er und 1960er Jahren entstand eine große Bewegung gegen Atomwaffen, angeführt von der Campaign for Nuclear Disarmament (CND; Kampagne für nukleare Abrüstung). Diese Phase gipfelte in der Kubakrise von 1962, die damit endete, dass die USA und die Sowjetunion vereinbarten, ihre Atomwaffen aus der Türkei bzw. Kuba abzuziehen.
Nach dieser Tuchfühlung mit dem Weltuntergang ging der Kalte Krieg barbarisch genug als „Stellvertreterkrieg“ weiter, in dem die USA und ihre Verbündeten Vietnam, Kambodscha, weite Teile Afrikas, Mittelamerikas und Afghanistans verwüsteten. In den 1980er Jahren löste ein neues Wettrüsten, das von den USA initiiert wurde, um die angeschlagene sowjetische Wirtschaft in den Bankrott zu treiben, ein Wiederaufleben der Friedensbewegung aus. Mit dem Zusammenbruch der UdSSR und einer Reihe von Rüstungskontrollverträgen schien die Gefahr eines Atomkrieges in weite Ferne gerückt zu sein.
Doch die Ära der unangefochtenen Vorherrschaft der USA neigt sich dem Ende zu. Der Aufstieg neuer Mächte und die Entschlossenheit der USA, ihre Hegemonie zu verteidigen und wiederherzustellen, haben die Aussicht auf einen imperialistischen Krieg und die damit verbundene Gefahr eines Atomkriegs wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Gegen diese Gefahr müssen wir uns über die Lehren aus der Vergangenheit im Klaren sein. Die Antiatomkraft- und Friedensbewegungen spielten eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung der Arbeiter:innenklasse gegen die Rüstungswettläufe des ersten Kalten Krieges.
Aber sie waren nicht die Ursache für die verschiedenen Phasen der Entspannung, die durch geostrategische Verschiebungen im Kräfteverhältnis ausgelöst wurden (die chinesisch-sowjetische Spaltung, die Annäherung zwischen China und den USA, der Zusammenbruch der UdSSR). Diese Bewegungen haben auch nicht verhindert, dass bspw. der britische Imperialismus seine eigenen Kolonialkriege (Malaya/malaiische Halbinsel, Kenia, Malvinas) geführt und die Abenteuer der USA in Afghanistan, im Irak und anderswo unterstützt hat.
Wir sollten auch nicht das Gegenteil denken und uns in Sicherheit wiegen, weil die Kapitalist:innen „vernünftige Akteur:innen“ sind, die die natürliche und menschliche Basis ihres eigenen Systems nicht in einem Atomkrieg zerstören würden. Diese naive Sichtweise ignoriert die inhärente Tendenz zu katastrophaler Zerstörung, die Rosa Luxemburg mit ihrer Warnung zusammenfasste, dass die Arbeiter:innenklasse unter dem Imperialismus vor der Wahl zwischen „Sozialismus oder Barbarei“ steht.
Imperialistische Kriege, ob nuklear oder nicht, sind heute nur eine von mehreren existenziellen Krisen, nur eine Möglichkeit im Kaleidoskop der Katastrophen, die durch den Zusammenbruch der internationalen kapitalistischen Ordnung vorbereitet werden. Weder der Klimawandel noch Pandemien, Völkermord oder die Zerstörung der Demokratie und der Menschenrechte sind natürliche oder unvermeidbare Produkte der menschlichen Natur.
An allen Fronten des Kampfes gegen diese Ausprägungen der tief verwurzelten Tendenz des Kapitalismus, seine eigene Umwelt und seine eigenen Grundlagen zu plündern und zu zerstören, muss sich die Arbeiter:innenklasse vereinen und die Armen in den Städten und auf dem Land hinter sich versammeln, um den Imperialismus zu stürzen und durch die Macht der Arbeiter:innenklasse und den Sozialismus zu ersetzen.
Nur durch die Zerschlagung der globalen Diktatur der rivalisierenden Milliardär:innen und Kriegstreiber:innen kann die Menschheit gerettet werden und sich eine Welt ohne Kriege, Ausbeutung und soziale Unterdrückung vorstellen. Alle, die bereits dazu aufgerufen sind, an diesen Fronten zurückzuschlagen, müssen sich zusammenschließen. Ihre führenden Kämpfer:innen müssen diese Entwicklung beschleunigen, indem sie eine Internationale der Arbeiter:innenklasse wiederaufbauen, die eine würdige Nachfolgerin der vier vorherigen ist.
Das ist der größte und nützlichste Tribut, den wir allen Opfern der imperialistischen Kriege, aller Kriege seit 1945 und den zukünftigen Generationen, die vor einem dritten Weltkrieg gerettet werden können, zollen können.