Arbeiter:innenmacht

Kongo blutet im Kampf um seltene Erden

Jeremy Dewar, Infomail 1277, 5. März 2025

In weniger als drei Wochen fegte die von Ruanda unterstützte M23-Miliz durch die an Bodenschätzen reichen Provinzen Nord- und Süd-Kivu im Osten des Kongo und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Die Bewegung 23. März (französisch: Mouvement du 23-Mars, M23) ist eine größtenteils aus Tutsi bestehende Rebellengruppierung in Nord-Kivu in der Demokratischen Republik Kongo. Eine Viertelmillion Menschen musste aus Angst fliehen, viele nicht zum ersten Mal.

Ende Januar umzingelten die „Rebell:innen“ der M23 Goma, die Hauptstadt von Nord-Kivu und Heimat von zwei Millionen Menschen. Die Armee der Demokratischen Republik Kongo zog sich auf den Flughafen von Goma zurück, wo sie sich ergab, während die M23, unterstützt von etwa Tausenden Soldat:innen der ruandischen Streitkräfte, die Geschäfte der Stadt plünderten und die Zivilbevölkerung aufforderten, sie zu verlassen.

Eine der schlimmsten Gräueltaten ereignete sich, nachdem Milizionär:innen männliche Insassen des Munzenze-Gefängnisses befreit hatten, von denen viele M23-Soldaten waren, die wegen Kriegsverbrechen verurteilt worden waren. Nach Angaben der UN vergewaltigten die Gefangenen und M23-Soldaten anschließend 167 weibliche Gefangene, bevor sie diese bei lebendigem Leib verbrannten. Wie in anderen Konflikten wird Vergewaltigung als Kriegswaffe eingesetzt.

Die M23 rückte dann am 15. Februar nach Süden vor, um die zweitgrößte Stadt in der Region Kivu, Bukavu, einzunehmen. Obwohl Burundi die bröckelnde Armee der Demokratischen Republik Kongo verstärkt hatte, war sie den kampferprobten ruandischen und M23-Truppen nicht gewachsen.

Tausende wurden bei den Kämpfen getötet. Schätzungsweise 250.000 Flüchtlinge wurden aus ihren Häusern vertrieben. Sie vergrößern damit die Masse der 7 Millionen kongolesischen Binnenvertriebenen, die immer wiederkehrende Kriege der letzten 30 Jahre gefordert haben. Mit zerstörten Krankenhäusern und Nahrungsmittelknappheit bahnt sich eine weitere humanitäre Katastrophe in Afrika an.

Dritter Kongokrieg

Ruandas Präsident Paul Kagame behauptet, seine Truppen seien nur in der Demokratischen Republik Kongo, um die Hutu-Rebell:innen auszurotten, die nach dem Völkermord an den Tutsi im Jahr 1994 dorthin geflohen sind (dessen Ende Kagame ursprünglich an die Macht brachte), und um Razzien über die Grenze durchzuführen. Dies ist dieselbe Ausrede, die er während der ersten beiden Kongokriege zwischen 1997 und 2003 verwendete, in denen 5 Millionen Menschen getötet wurden.

Auch wenn an dieser Geschichte etwas Wahres dran sein mag und die Ursprünge der M23-Miliz in einer Meuterei von Tutsi innerhalb der kongolesischen Armee liegen, ist dies sicherlich nicht der Grund dafür, dass Ruanda und sein Verbündeter Uganda das begonnen haben, was manche bereits den Dritten Kongokrieg nennen. Tatsächlich hat die M23 erklärt, dass ihr Ziel darin besteht, in die Hauptstadt Kinshasa zu marschieren und die Regierung von Félix Tshisekedi zu stürzen.

Die Demokratische Republik Kongo und die Region Kivu sind besonders reich an (Halb-)Metallen, die für die digitale Revolution und den ökologischen Wandel von entscheidender Bedeutung sind: Kobalt (Lithiumbatterien für Elektrofahrzeuge), Tantal (Mobiltelefone, medizinische Instrumente) und Germanium (Halbleiter). Die USA wollen die Kontrolle Chinas über die wichtigsten globalen Bestände umgehen. Der Kongo verfügt über riesige Vorkommen dieser Rohstoffe sowie über Kupfer, Gold, Diamanten und Uran, Mineralien im Wert von schätzungsweise 24 Billionen US-Dollar unter seiner Erde.

Droht ein Stellvertreterkrieg?

Ruanda hat Beziehungen zu großen und kleinen Schlüsselmächten aufgebaut, von China (Gastgeber des China-Afrika-Forums 2024) bis zu den USA (dem größten Geber von Hilfsgeldern), Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten (größter Handelspartner und Metallkäufer) und seit kurzem auch eine Partnerschaft mit der EU für 2024, um Seltene Erden im Austausch für Investitionen in Höhe von 900 Millionen Euro in die Mineralversorgungsketten und die Infrastruktur Ruandas bereitzustellen. Es bietet auch andere Dienstleistungen an, z. B. einen „sicheren Hafen“ der Tories für unerwünschte Flüchtlinge aus Großbritannien (und davor aus Israel), aber seine strategische Lage im Herzen Afrikas und sein Mineralreichtum, einschließlich des seines unglücklichen Nachbarn, sind sein Alleinstellungsmerkmal.

Nach wochenlangem Zögern verabschiedete der UN-Sicherheitsrat am 21. Februar eine französische Resolution, in der Ruanda zum Abzug seiner Truppen aufgefordert wurde, was die USA dazu veranlasste, Sanktionen nicht gegen Ruanda, sondern nur gegen General a. D. James Kabarebe zu verhängen, den Minister, der den Schmuggel seltener Metalle aus Kivu über die Grenze nach Ruanda beaufsichtigt! Das ist ein aber eine schwache Geste, und die ruandische Regierung hat ihre Solidarität mit ihm erklärt.

Tshisekedi hat sich bereichert, indem er Verträge über dieselben Mineralien mit China abgeschlossen hat. Aus Verzweiflung hat er nun den USA und Europa strategischen Zugang im Gegenzug für Sicherheit angeboten, was möglicherweise einen neuen Wettlauf um Afrika auslöst, der für den Kontinent genauso blutig und tragisch werden könnte wie der erste vor 150 Jahren.

Revolutionär:innen und Gewerkschafter:innen in den imperialistischen Zentren müssen sich entschieden gegen die Plünderung der Ressourcen Afrikas und die Unterstützung der korrupten Regime, die dies ermöglichen, stellen. Die Menschen in der Demokratischen Republik Kongo müssen die Kontrolle über ihre eigenen Bodenschätze haben, anstatt dass diese zur Bereicherung anderer ausgebeutet werden, während sie selbst arm bleiben.

Dies mag den Menschen in Goma und Bukavu heute wie eine große Aufgabe erscheinen. Aber nur durch die Vereinigung der Arbeiter:innen und der armen Land- und Stadtbevölkerung über die Grenzen hinweg und den Kampf für eine Föderation sozialistischer Staaten in ganz Zentralafrika kann das endlose Einnehmen und Zurückerobern von Städten durch Bandit:innen beendet werden.

Related Posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Aktuelle Veranstaltungen

Okt.
16
Do.
16:00 KSB-Diskussionsveranstaltung: Un... @ Berlin, Freie Universität, Café Galilea
KSB-Diskussionsveranstaltung: Un... @ Berlin, Freie Universität, Café Galilea
Okt. 16 um 16:00
KSB-Diskussionsveranstaltung: Universität im Kapitalismus @ Berlin, Freie Universität, Café Galilea
KSB-Diskussionsveranstaltung: Universität im Kapitalismus   Was es bedeutet an der Uni zu sein und was ist ihre Rolle im Kapitalismus? Warum werden Unis im Moment die Mittel immer weiter gekürzt? Wie hängt die Uni mit[...]
18:00 KSB-Diskussionsveranstaltung: Un... @ MLU Halle, Hörsaal F
KSB-Diskussionsveranstaltung: Un... @ MLU Halle, Hörsaal F
Okt. 16 um 18:00 – 20:00
KSB-Diskussionsveranstaltung: Universität im Kapitalismus @ MLU Halle, Hörsaal F
KSB-Diskussionsveranstaltung: Universität im Kapitalismus   Was es bedeutet an der Uni zu sein und was ist ihre Rolle im Kapitalismus? Warum werden Unis im Moment die Mittel immer weiter gekürzt? Wie hängt die Uni mit[...]
Okt.
29
Mi.
19:00 KSB-Diskussionsveranstaltung: Un... @ Leipzig Korner56
KSB-Diskussionsveranstaltung: Un... @ Leipzig Korner56
Okt. 29 um 19:00
KSB-Diskussionsveranstaltung: Universität im Kapitalismus @ Leipzig Korner56
KSB-Diskussionsveranstaltung: Universität im Kapitalismus   Was es bedeutet an der Uni zu sein und was ist ihre Rolle im Kapitalismus? Warum werden Unis im Moment die Mittel immer weiter gekürzt? Wie hängt die Uni mit[...]
Nov.
14
Fr.
18:00 KSB-Diskussionsveranstaltung: Un... @ JGU Mainz, TBA
KSB-Diskussionsveranstaltung: Un... @ JGU Mainz, TBA
Nov. 14 um 18:00
KSB-Diskussionsveranstaltung: Universität im Kapitalismus @ JGU Mainz, TBA
KSB-Diskussionsveranstaltung: Universität im Kapitalismus   Was es bedeutet an der Uni zu sein und was ist ihre Rolle im Kapitalismus? Warum werden Unis im Moment die Mittel immer weiter gekürzt? Wie hängt die Uni mit[...]

Vom Widerstand zur Befreiung

Für ein freies, demokratisches, sozialistisches Palästina!

Broschüre, A4, 48 Seiten, 3,- Euro

Lage der Klasse – Podcast der Gruppe Arbeiter:innenmacht

Internationalismus. Revolutionäres Sommercamp 2025