Arbeiter:innenmacht

UK und Irland: Stoppt Rassismus und Bigotterie!

Dave Stockton, Infomail 1215, 1. März 2023

Rechtspopulistische und faschistische Gruppen starten im gesamten Vereinigten Königreich und in der Republik Irland eine breit angelegte Offensive, bei der sie Rassismus gegen Migrant:innen und Bigotterie gegen Transsexuelle als ihre Visitenkarte abgeben. Die Entscheidung der Regierungen, ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen und gleichzeitig – zumindest im Falle Großbritanniens – diejenigen zu verteufeln, die den Ärmelkanal in wackeligen Booten überqueren, bietet einen fruchtbaren Boden für die Hassprediger:innen.

In Zeiten zunehmender wirtschaftlicher Not in strukturschwachen Gebieten, die sowohl von den regierenden Torys als auch von der Labour-Partei lange Zeit vernachlässigt wurden, bringen die Regierungen diejenigen, die es hierher geschafft haben, in heruntergekommenen Hotels unter, oft in Badeorten, wo sie unter erbärmlichen Bedingungen eingepfercht sind, weit weg von Freund:innen oder Unterstützungsnetzen der eigenen Community.

Dort hetzen die rassistischen Gruppen die Einheimischen auf, diese vermeintlichen Zufluchtsorte für Demonstrationen und Schlimmeres anzusteuern, und finden ein Publikum, das zwar noch nicht groß ist, aber wächst und gefährlich ist. Die antirassistische Kampagne „Hope not Hate“ weist in ihrem Bericht 2023 darauf hin:

„Die Proteste und Aktionen gegen Migrant:innen vor deren Unterkünften und Hotels haben sich im vergangenen Jahr verdoppelt. In der Zwischenzeit gab es eine Reihe von Aktionen zur Störung oder Absage von Buchveranstaltungen der Drag Queen Story Hour, die sich gegen Transrechte und die LGBTIA+-Community richteten.“

Die Tory-Boulevardblätter wie die Daily Mail mit ihrer Propaganda über eine Invasion von Bootsflüchtlingen oder Lehrer:innen, die versuchen, das Geschlecht „unserer“ Kinder zu ändern, haben den Boden bereitet, um diese Verbreitung reaktionärer Aktivitäten zu schüren. Daher rühren auch die Slogans auf diesen Demonstrationen, die Boote zu stoppen oder die „Pädos“ zu bekämpfen.

Die einwanderungsfeindliche Innenministerin Suella Braverman, die zunächst vorschlug, die Marine zu veranlassen, die Boote zurück in französische Gewässer zu „schieben“ und dann diejenigen, die die Überfahrt überleben, auf alten Kreuzfahrtschiffen festzuhalten, versucht immer noch, die Gerichte dazu zu bringen, die Menschen nach Ruanda abschieben zu lassen.

Warnung aus Merseyside

Das bedrohlichste Ereignis war der große Aufruhr am 11. Februar vor dem Suites Hotel in Knowsley, Merseyside, wo sich eine große Menschenmenge, darunter viele Einheimische, versammelte und rassistische Parolen rief. Die Aufregung wurde durch Behauptungen im Internet angeheizt, eine fünfzehnjährige Schülerin sei von einem Mann aus dem Hotel belästigt worden. Diese Behauptungen haben sich inzwischen als unbegründet erwiesen. Jemand aus dem Mob hatte eine Benzinbombe mitgebracht, offensichtlich in der Absicht, ein Pogrom zu veranstalten. Ein Polizeiauto geriet zur Zielscheibe.

Weitere Angriffe auf Hotels, in denen Migrant:innen untergebracht sind, fanden in Long Eaton (Derbyshire) bei Nottingham und Newquay in Cornwall statt. Hunderte nahmen an einer Demonstration in Skegness (Lincolnshire) teil. Rechtsextreme Gruppen wie Patriotic Alternative und Britain First haben in diesen Gebieten Flugblätter über „Luxushotels für Migrant:innen“ verteilt, während „unsere Leute“ obdachlos sind.

Das gemeinsame Muster ist die bewusste Entscheidung der Regierung für unwirtliche Orte für Menschen, die in ihren Heimatländern unter Kriegstraumata leiden, was durch lange Verzögerungen bei der Bearbeitung ihrer Asylanträge noch verstärkt wird. Dies geht auf Theresa Mays Politik der „feindlichen Umgebung“ zurück, als sie Innenministerin war (2010 – 2016).

Auch in der irischen Republik finden seit November landesweit antimigrantische Mobilisierungen unter dem Motto „Irland ist voll“ statt. Im Jahr 2022 gab es 307 solcher Proteste, 2023 waren es bereits 64. Bei der letzten Demonstration in Dublin gingen mehr als 2.000 Demonstrant:innen auf die Straße, wobei der Schwerpunkt auf einem Gebäude lag, das zu einem Wohnheim für Migrant:innen umgebaut worden war und in dem sich Woche für Woche Hunderte von Menschen versammelten. Im Dezember weiteten sich die Demonstrationen auf andere Gebiete aus: die Vororte Dublins Drimnagh, Finglas und Ballymun sowie Fermoy (Cork).

Auch in Schottland kam es in der dritten Woche in Folge zu Zusammenstößen zwischen Demonstrant:innen vor einem Hotel in Renfrewshire (bei Glasgow) wegen Plänen zur Unterbringung von Asylbewerber:innen. Mitglieder der Patriotic Alternative versammeln sich jeden Sonntag vor dem Muthu Glasgow River Hotel in Erskine (nahe Glasgow), um gegen die geplante Unterbringung von 200 Asylbewerber:innen zu protestieren.

Weitere Ziele der Rechten bilden die fortschrittlichen Vorschriften zur Geschlechtsanerkennung und transkulturelle Veranstaltungen. Transphobie war das Thema der jüngsten Veranstaltungen in London vor der Tate Modern-Kunstgalerie, und vor kurzem versuchten ein Dutzend Rechtsextremist:innen der Gruppe Turning Point, eine Drag Queen Storytelling-Veranstaltung im The Honor Oak Pub in Lewisham (London) zu verhindern, wurden aber von 200 Gegendemonstrant:innen empfangen.

Runter von unseren Straßen

Glücklicherweise haben sich in vielen dieser Fälle lokale Antirassist:innen, oft von der Organisation Stand Up to Racism, schnell mobilisiert und dazu beigetragen, mögliche gewalttätige Übergriffe zu verhindern. Obwohl die Polizei in Knowsley eingegriffen hat, können wir es nicht ihr überlassen, denn sie wird immer das „Recht auf friedlichen Protest“ der Faschist:innen verteidigen. Es ist klar, dass die neuen Antiprotestgesetze, die sich gegen diejenigen richten, die gegen die Umweltzerstörung durch den Kapitalismus protestieren, in erster Linie gegen Antirassist:innen und nicht gegen Faschist:innen eingesetzt werden.

Es ist die Pflicht der Arbeiter:innenbewegung, unsere Brüder und Schwestern zu verteidigen, die vor Umweltzerstörung, Armut, Verfolgung und Krieg fliehen. Wir müssen sagen: Öffnet die Grenzen für diejenigen, die vor Kriegen, Naturkatastrophen und wirtschaftlicher Not Zuflucht suchen!

Wir müssen uns auch dafür einsetzen, dass Asylbewerber:innen eine angemessene Unterkunft in Städten zur Verfügung gestellt wird, in denen es Gemeinschaften aus ihren Herkunftsländern gibt und in denen Gewerkschaften, Labourstadträte und sozialistische Gruppen sie willkommen heißen und ihnen bei der Verfolgung ihrer Ansprüche mit Rechtsberatung helfen können. Wir müssen die Beschränkungen bekämpfen, die ihnen das Recht auf Arbeit oder den Nachzug ihrer Familienangehörigen verwehren.

Sozialist:innen müssen dem rechtsextremen Hass in all seinen Formen, einschließlich der Transphobie, unbeirrt entgegentreten. Wo immer möglich, müssen wir diese rassistischen und transphoben Mobs von unseren Straßen vertreiben und sicherstellen, dass alle naiven Einheimischen, die sich ihnen anschließen, eine unangenehme Erfahrung machen, und die Faschist:innen, die sie wütend machen, in die Flucht schlagen.

Workers Power wird sich für eine große Beteiligung an den Demonstrationen am 18. März in London einsetzen. Auch in Glasgow und Cardiff wird es im Rahmen des weltweiten Tages der antirassistischen Proteste Demonstrationen geben. Angesichts der bösartigen Antimigrationspolitik vieler EU-Staaten, insbesondere der neuen extrem rechten italienischen Regierung unter Giorgia Meloni, und der Tragödie des Schiffsunglücks in Italien, bei dem 63 Flüchtlinge, darunter auch Kinder, ums Leben kamen, ist ein internationales Vorgehen dringend erforderlich.

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