Erklärung der GenossInnen der Liga Socialista, 26. Mai 2018, Neue Internationale 229, Juni 2018
Diese Bewegung begann als Aussperrung der Transportunternehmen, diese verloren aber schließlich die Kontrolle über die ArbeiterInnen. Es wird heftig diskutiert, um was für eine Art „Streik“ es sich hier handelt. Es gibt auch Ablehnung der Bewegung, da sie Elemente der Anti-Dilma-Putsch-Bewegung in ihren Reihen hat, die heute eine militärische Intervention unterstützen und mit dem extrem rechten Kandidaten verbunden sind. Aber wir können nicht leugnen, dass sich die Mehrheit der FahrerInnen um eine legitime Forderung organisiert, die alle erreicht: die Senkung der hohen Treibstoffpreise.
Der Bewegung ist es effektiv gelungen, viele Bereiche der brasilianischen Ökonomie und des öffentlichen Lebens lahmzulegen und gleichzeitig große Unterstützung zu bekommen. Die Frage der Treibstoffpreise ist mit der allgemeinen Verteuerung des Alltagslebens verbunden. Der Protest verbindet sich für viele BrasilianerInnen mit der allgemeinen Unzufriedenheit über die soziale Lage: die Arbeitsmarktreformen, die Rentenreform, die Schuldenbremse bei den öffentlichen Haushalten, die Misere an Schulen und Universitäten, die hohe Arbeitslosigkeit, das dramatische Sinken der Reallöhne, die Einsparungen im Gesundheitsbereich etc. Die objektiven Gründe für die Ausweitung dieser sektoralen Aktionen zu einem Generalstreik liegen auf der Hand!
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, was gerade passiert: Natürlich versuchen mehrere Sektoren der Rechten, die TransportarbeiterInnen-Bewegung zu nutzen, um ihre demagogischen Parolen gegen die „korrupten PolitikerInnen“ und für eine Militärdiktatur an die Streikenden zu bringen (bzw. das „Chaos“ zu nutzen, um das Militär zu rufen). Auf der anderen Seite hat sich der prekär beschäftigte Teil der LKW-FahrerInnen von den rechten Verbänden gelöst, akzeptierte das mit der Regierung ausgehandelte Abkommen nicht und hat begonnen, sich für die Fortsetzung der Blockaden selbst zu organisieren. Die Szenerie der Bewegung verändert sich beständig. Unternehmen und Regierung haben die Kontrolle über die Situation verloren. Die Regierung hat nun die Sicherheitskräfte zu gewaltsamen Aktionen autorisiert – Autobahnpolizei, Bundesarmee und Militärpolizei haben die Aufgabe, die Straßen zu räumen. Das heißt, jetzt beginnt die Bewegung, Repressionen zu erleiden – und kann für eine Radikalisierung in verschiedene Richtungen gewonnen werden.
Die Führung der ArbeiterInnenklasse muss jetzt dringend handeln.
Angesichts der Situation, in der wir uns befinden, muss sich die Bewegung der LKW-FahrerInnen in eine allgemeine Bewegung des Kampfes gegen die Krisenpolitik verwandeln. Auch wenn der Streik der ÖlarbeiterInnen am 30. Mai vorerst ausgesetzt wurde, ist die Vereinigung des Kampfes von LKW-FahrerInnen und Petrobras-Beschäftigten zentral für den Erfolg des Kampfes. Es ist dringend notwendig, eine Einheit aufzubauen. Der Generalstreik ist das Instrument, um Übergangsforderungen der ArbeiterInnenklasse in sich vereinigenden Kämpfen verankern zu können.
Es ist eine grundlegende Aufgabe der Führung der ArbeiterInnenklasse, insbesondere des CUT, der größten Gewerkschaft in Lateinamerika, alle Basisorganisationen aufzurufen, einen Generalstreik zu organisieren!
Wir dürfen uns nicht auf Fragen der Wahltaktik beschränken. Für uns ist es nicht genug, Temer zu stürzen und Lula zu wählen bzw. für dessen Freilassung einzutreten. Es ist notwendig, einen effektiven Kampf mit unseren Forderungen und unter unserer Flagge zu führen, um diese Angriffe abzuwehren und in die Offensive überzugehen.
Jede Bewegung der ArbeiterInnen muss als ein Funke verstanden werden, der den Kampf im ganzen Land verbreiten wird, um dieses System zu stürzen. Die Führungen der linken Parteien, der Gewerkschaftszentralen und der sozialen Bewegungen müssen die ArbeiterInnenklasse zum vereinten Kampf rufen.
Der CUT weigert sich jedoch, den Generalstreik auszurufen. Er unterstützt die Bewegung der Lkw-FahrerInnen, kritisiert die Politik von Temer/Parente bei Petrobras, fordert aber keinen Generalstreik. Ungeachtet des genauen Charakters der derzeitigen Bewegung ist sie ein Moment der Agitation und des sozialen Umbruchs, bei dem es auf das Eingreifen der großen ArbeiterInnenorganisationen ankommt.
Es ist von grundlegender Bedeutung, den durch den Streik der FernfahrerInnen eröffneten Raum zu besetzen, die Kämpfe der ArbeiterInnenklasse zu organisieren, mit allen Sektoren zu diskutieren, die Diskussionen der ArbeiterInnen auf die Tagesordnung der Linken zu setzen! Wir müssen die vielen Kämpfe zur Abwehr der Sparmaßnahmen vereinen und ausweiten. Wir müssen Klarheit und Ruhe haben, um zu verstehen, dass das, was heute auf dem Spiel steht, alle ArbeiterInnen betrifft. Wir können uns nicht in Eitelkeiten und Rache verlieren. Es ist Zeit für den Kampf. Entweder wir handeln jetzt oder wir werden den Zug der Geschichte verpassen und eine riesige Chance, diese Putschregierung zu besiegen, die Verluste, die uns auferlegt wurden, zu überwinden und den Weg für den Aufbau einer gerechten, egalitären und demokratischen Gesellschaft, einer sozialistischen Gesellschaft zu öffnen!
One thought on “Brasilien: Die Aufgaben der Linken”