Jaqueline Katherina Singh, Infomail 1295, 11. Oktober 2025
Am 11. Oktober verhandelte das Bundesschiedsgericht der LINKEN über den Einspruch von Ramsis Kilani gegen seinen Parteiausschluss. Während drinnen juristische Formalien gewälzt wurden, stand draußen vor dem Karl-Liebknecht-Haus: Solidarität. Dutzende Genoss:innen beteiligten sich an der Kundgebung gegen die Kriminalisierung palästinasolidarischer Stimmen!
Doch statt eines finalen Ergebnisses gab es eine Vertagung. Die Gegenseite legte „neue Belege“ vor – die Kommission verschob die Entscheidung auf den 22. November. Das zeigt: Die Parteiführung will den inneren Konflikt über Krieg, Imperialismus und Palästina mit Paragraphen lösen – doch das klappt nicht. Während die Folgen des Genozids immer deutlicher werden, ist die Palästina-Solidaritätsbewegung entgegen der deutschen Staatsräson gewachsen – und das ist innerhalb der Partei deutlich spürbar.
Ramsis, LINKEN-Mitglied aus Neukölln und Mitglied von Sozialismus von unten, war im November 2024 vom Berliner Landesschiedsgericht ausgeschlossen worden. Begründung: Er habe „den Terror der Hamas relativiert“ und „Israels Existenzrecht infrage gestellt“ und sich gegen die „Zweistaatenlösung“ gestellt. Der Ausschlussantrag kam von Ex-Parteichef Martin Schirdewan und der damaligen Berliner Landesvorsitzenden Katina Schubert. Ramsis wies die Vorwürfe zurück – sie seien Verdrehungen und politische Repression gegen Palästinasolidarität.
Richtigerweise hat die LAG Palästina in ihrer Solidaritätsrede klargemacht, dass, wenn die Partei bei jedem Shitstorm einknickt, sie nie eine Kraft wird, die Deutsche Wohnen & Co enteignet oder Angriffe wie aktuell auf das Bürgergeld abwehren kann. Eine Partei, die Widerstand ernst meint, muss Rückgrat zeigen – gerade dann, wenn Druck kommt. Nur so kann sie beweisen, dass sie mehr ist als eine Wahlkampforganisation.
Denn klar ist: Selbst das internationale Völkerrecht gewährt Völkern unter Besatzung das Recht auf bewaffneten Widerstand. Auch wenn das für Revolutionär:innen nicht der Maßstab ist, muss sich die Linkspartei fragen, warum sie hinter diese Positionen zurückfällt. Eine sozialistische Ein-Staaten-Lösung mit gleichen Rechten für alle, die dort leben, kann nicht als Antisemitismus diffamiert werden – sie ist die notwendige Antwort auf Besatzung und Entrechtung der Palästinenser:innen. Antizionismus ist kein Antisemitismus – was international längst normaler Debattenstand in der breiten Linken ist.
Für die revolutionäre Linke in und außerhalb der Partei ist klar: Jetzt darf kein Schweigen herrschen. Der Fall Kilani ist ein Angriff auf alle, die Internationalismus ernst meinen. Bis zum 22. November braucht es öffentliche Solidarität, ob durch Statements oder Intervention auf kommenden Landesparteitagen – und den Druck von unten. Klar ist, dass Ramsis mit seiner Position nicht alleine ist!
Gleichzeitig muss deutlich werden: Wenn sich das Bundesschiedsgericht der Staatsräson beugt, brauchen wir kollektive Antworten. Vereinzelte Austritte helfen nicht – unsere Aufgabe ist es, eine klare palästinasolidarische Kraft zu formieren, eine gemeinsame Antwort auf die Entscheidung zu finden und eine Perspektive für die Bewegung aufzuzeigen. Bis dahin ist klar: Wir machen weiter und bauen die Solidaritätsbewegung gegen Genozid und Besatzung auf – dort, wo wir uns befinden. Sei es innerhalb der Partei, in unseren Gewerkschaften oder außerhalb an unseren Schulen, Betrieben und Universitäten, etwa durch den Aufbau der Kampagne für den akademischen Boykott. Denn auch wenn aktuell eine fragile Waffenruhe herrscht, ist unser Ziel nicht erreicht: Ein Palästina, frei von Besatzung und imperialistischer Gewalt!