Arbeiter:innenmacht

Afghanistan: 20 Jahre Krieg, Intervention, Besatzung

Martin Suchanek, Infomail 1157, 30. Juli 2021

Am 29. Juni zogen die letzten Kommandos der Bundeswehr nach fast 20 Jahren aus Afghanistan ab. Nachdem die USA den Rückzug ihrer Besatzungstruppen verkündet und vorverlegt hatten, hielt auch die deutsche Armee und die anderen NATO-Truppen nichts mehr im Land. Nach 20 Jahren Krieg und Besatzung hinterlassen sie – nicht als erste Invasionsmacht – ein ausgeblutetes Land.

Verbittert beklagen die Verbündeten des Westens den überhasteten Rückzug der NATO-Staaten. Sie fürchten, von den Taliban überrollt zu werden – und das, obwohl deren „endgültige“ Vertreibung und Vernichtung in den letzten 20 Jahren immer wieder versprochen worden war. Diese Ankündigungen der westlichen imperialistischen Mächte erwiesen sich wie zahlreiche andere vollmundige Reden über den Aufbau eines „demokratischen“ Afghanistan als leere Worte. Ernst gemeint waren sie ohnedies nie.

Vorwand

Als die USA und ihrer Verbündeten im Oktober 2001 Afghanistan angriffen, erfolgte diese Mission unter dem ideologischen Vorwand des „Krieges gegen den Terror“. Nach dem Angriff auf die Twin Towers (World Trade Center) in New York am 11. September 2001, bei dem rund 6.000 Menschen ums Leben kamen, machten die USA rasch Osama bin Laden und sein islamistisch-terroristisches al-Qaida-Netzwerk als Schuldige aus.

Da sich bin Laden zu diesem Zeitpunkt in Afghanistan aufhielt, wurde die Taliban-Regierung selbst für den Angriff mitverantwortlich gemacht und das Land zu einem Rückzugsraum für den Terrorismus erklärt.

Diese – nebenbei bemerkt sogar völkerrechtswidrige – Rechtfertigung sollte dafür herhalten, dass die USA nicht nur von al-Qaida, sondern auch von den Taliban angriffen worden wäre, was sie zu einem legitimen Ziel für einen Angriff der USA und ihrer Verbündeten machen würde.

Innerhalb weniger Tage und Wochen nutzten die US-Regierung unter Bush Jr. und seine neokonservativen BeraterInnen und StrategInnen das Entsetzen der amerikanischen Massen wie auch der internationalen Öffentlichkeit, um einen Angriff auf Afghanistan zu legitimieren, eine breite internationale Koalition zu bilden, der sich auch die rot-grüne deutsche Regierung ohne Zögern anschloss. Es gelang den USA damals, die Unterstützung fast aller Länder der Welt offen oder stillschweigend zu organisieren. Der Angriff der USA und ihrer Verbündeten wurde selbst von Ländern wie Russland und China akzeptiert. An Afghanistan angrenzende Länder (außer dem Iran) stellten Luftraum und Militärbasen zur Verfügung.

Die Kriegsziele beschränkten sich nicht auf die Vernichtung der Basen des „Terrorismus“. Der Sturz des Taliban-Regimes sollte auch eine neue Ära der Demokratie, der Menschenrechte, der Zivilgesellschaft, der Befreiung der Frauen … einläuten. Afghanistan sollte einen Regimewechsel erleben, der den Menschen auch materielle Verbesserungen und Demokratie bringen sollte.

Bis auf einige Ansätze demokratischer Verbesserungen trat nichts davon ein – und es war auch nie wirklich zu erwarten, dass diese Versprechungen erfüllt würden. Warum auch? Schließlich waren die USA und ihre westlichen Verbündeten selbst bereit gewesen, die ultrareaktionären Gotteskrieger der Mudschahedin im Kampf gegen die Regierung der Afghanischen Volkspartei und gegen die Sowjetunion zu unterstützen. Auch damals galten Demokratie und Frauenbefreiung nichts. Warum also sollte es unter US/NATO-Besatzung und einem mehr oder minder willfährigen „demokratischen“ Marionettenregime anders sein? Auf welche anderen Kräfte denn auf reaktionäre Taliban-GegnerInnen und Warlords, die selbst für Jahrzehnte von Bürgerkrieg und Verwüstung des Landes verantwortlich waren, sollte sich die westliche Besatzung im Inneren stützen?

Es gehört zu den Lebenslügen praktisch aller imperialistischen Interventionen – zumal der von westlichen Demokratien – den reaktionären und kollaborationsbereiten politischen und sozialen Kräften im Land die ausschließliche Verantwortung dafür in die Schuhe zu schieben, dass der demokratische und rechtsstaatliche Aufbau nicht so recht vorankommen will.

Grundsätzlich ging es beim Krieg den Terror auch nie darum. Die Formel diente vor allem zur Rechtfertigung von Interventionen der USA und ihrer Verbündeten, um einem umfassenderen Ziel näher zu kommen.

Nach dem Ende des Kalten Krieges und der Restauration des Kapitalismus in der ehemaligen Sowjetunion, in Osteuropa und China schien ein neues Zeitalter der USA-Hegemonie in Reichweite. US-StrategInnen wie Zbigniew Brzeziński formulierten das Ziel des US-Imperialismus, eine anhaltende „neue Weltordnung“ zu etablieren, in der dauerhaft das Auftauchen neuer RivalInnen um die globale Vorherrschaft verhindert werden sollte.

Diese Strategie ist, wie wir heute wissen, mit dem Aufstieg Chinas gescheitert. In den 1990er Jahren und am Beginn des 21. Jahrhunderts schien sie jedoch greifbar nahe. Die US-StrategInnen hatten in ihren Erwägungen die Kontrolle des eurasischen Raums als einen Schlüssel zur dauerhaften Vorherrschaft auf dem Globus ausgemacht. Diesem Ziel dienten der Angriff und die Invasion in Afghanistan (wie später auch Krieg und Besatzung des Irak).

Die USA und ihre Verbündeten verfolgten also in erster Linie geostrategische Ziele, die aus der Lage Afghanistans erwuchsen – nahe an den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion und an China. Hinzu kamen auch wirtschaftliche Interessen im Land (Rohstoffe wie seltene Erden) und die Kontrolle über damals geplante Pipelines, die Öl aus den ehemaligen Sowjetrepubliken durch Afghanistan transportieren sollten.

Der Angriff war also Teil der US-Strategie zur Errichtung einer neuen Weltordnung. Die militärischen Angriffe wurden dabei pseudodemokratisch (Kampf für Menschenrechte) und rassistisch legitimiert als ultrareaktionärer, neokonservativer „Kampf der Kulturen“.

Damit war auch der Boden für eine staatlich forcierte Zunahme antimuslimischen und antiislamischen Rassismus bereitet, die nicht nur zur nationalistischen Mobilisierung im Inneren, sondern auch zur Rechtfertigung imperialistischer Angriffskriege und Besatzung beitragen sollte und beitrug.

Was westliche Verbünde der USA wie die Bundesrepublik betrifft, so beteiligte sie sich am Krieg und an der Besatzung natürlich auch nicht aus humanitären oder selbstlosen Gründen. Vielmehr wollten sie und die sich formierende EU bei der Neuordnung und Neuaufteilung der Welt auch ein Wörtchen mitreden – und das erforderte auch militärische Präsenz, den Aufbau und das Training einer kampfkräftigen Armee. Deutsche Interessen sollten, so der SPD-Verteidigungsminister Struck, auch am Hindukusch behauptet werden – und er verwies damit, wenn auch ungewollt, auf die neue, weltweite Ausrichtung des BRD-Imperialismus.

Rasche Eroberung – zähe Befriedung

Die USA und ihre Verbündeten konnten Afghanistan rasch erobern und teilten das Land faktisch in Besatzungszonen im Rahmen der Mission „Enduring Freedom“, die von 2001 bis 2014 dauerte. Die Die ISAF (International Security Assistance Force fungierte) als Besatzungstruppe. 2015 wurden „Enduring Freedom“ und ISAF unter dem Namen „Resolute Support Mission“ weitergeführt, deren offizielles Ziel darin bestand, die afghanischen Streitkräfte aufzubauen, zu schulen und zu befähigen, das Land ohne Besatzungstruppen zu kontrollieren.

Bestand das ursprüngliche Ziel darin, die Taliban vollständig zu vernichten, so erwies sich dies bald als unmöglich – nicht zuletzt, weil sie auch einen Rückzugsraum in Pakistan fanden und dort von Teilen des Staatsapparates gestützt wurden, der darin ein Mittel sah, selbst zu einem wesentlichen Faktor in Afghanistan zu werden.

Ab 2005/6 vermehren sich wieder Angriffe und Operationen der Taliban. Aus diesem Grund verstärkte Barack Obama in den ersten Jahren seiner Amtszeit noch einmal die Truppen und Kriegsanstrengungen der USA.

In diesen Jahren waren bis zu 130.000 Mann reguläre US-Truppen plus noch einmal so viele Sicherheitsdienste im Land stationiert, flankiert von anderen NATO-Kontingenten, darunter über 5.000 der Bundeswehr.

Barbarische Kriegsführung

Dass die Taliban nicht besiegt werden konnten, lag zwar auch daran, dass sie Rückzugsraum im unwegsamen Gelände und in Pakistan fanden. Vor allem aber lag es an zwei anderen Faktoren: a) der verheerenden, barbarischen Kriegsführung der imperialistischen Mächte; b) der Unfähigkeit und Unwilligkeit, das Land wirtschaftlich zu stabilisieren und aufzubauen.

In den 20 Jahren Krieg und Besatzung starben rund 240.000 AfghanInnen im Land oder bei Bombardements und Operationen in Pakistan.

Während die NATO-Besatzungsmächte insgesamt rund 3.500 Tote zu beklagen hatten – davon rund 2.500 die USA und 59 die Bundeswehr – so kamen rund 70.000 afghanische Sicherheitskräfte, rund 70.000 ZivilistInnen und 100.000 wirkliche oder vermeintliche KämpferInnen der Taliban um.

Wie barbarisch der Krieg geführt wurde – und zwar keineswegs nur oder in erster Linie von den Taliban – bezeugen die regelmäßigen Flächenbombardements und Luftangriffe auf wirkliche und vermeintliche Stellungen von TerroristInnen. Letztere – Angriffe auf eigentlich ZivilistInnen – ziehen sich wie ein roter Faden durch den Krieg, natürlich auch mit Beteiligung der Bundeswehr.

Den traurigen Höhepunkt solcher Schlächtereien unter nachweislicher Beteiligung deutscher Armeeangehöriger bildete der Luftangriff auf einen Tanklaster bei Kundus im September 2009, dem 142 ZivilistInnen zum Opfer fielen, weil der deutsche Oberst Klein diese irrtümlich für TerroristInnen gehalten hatte. Für dieses Kriegsverbrechen wurde bis heute niemand zur Rechenschaft gezogen. Klein wurde im April 2013 zum Brigadegeneral befördert.

Diese Art der Kriegsführung, der Tausende und Abertausende AfghanInnen zum Opfer fielen, verdeutlicht mehr als tausend Erklärungen den imperialistischen, barbarischen Charakter der Besatzung – und warum das ganze Gerede von Menschenrechten unglaubwürdig war und sein musste.

Verwüstetes Land

Auch wirtschaftlich erwies sich die westliche Besatzung als unfähig, das Land voranzubringen oder auch nur ein ökonomisch einigermaßen stabiles Vasallenregime zu errichten. Die Besatzung hat vielmehr die Rückständigkeit des Landes perpetuiert und seine Abhängigkeit verschärft.

  • Das betrifft die neoliberale Öffnung der Ökonomie für Investitionen und Gewinntransfers für ausländisches Kapital, die Einführung eines 20 %igen Flatrate-Steuersatzes und die Verdrängung einheimischer Produktion durch die ausländische Konkurrenz.
  • Die zivile Zusammenarbeit wurde zudem eng an militärische Vorgaben geknüpft, was etliche NGOs kritisierten. Faktisch kontrollierten Militärs auch die zivile und wirtschaftliche Zusammenarbeit; damit war ziviler Aufbau auch in die Besatzung integriert und verhasst.
  • Die Ökonomie stagnierte faktisch (und war schon vorher nach Jahrzehnten von Bürgerkriegen am Boden). Die Importabhängigkeit führte außerdem zu einem massiven Handelsbilanzdefizit und einer Zunahme der Auslandsverschuldung.
  • Alles dies mündete in dauerhafter und extremer Armut: Von den 38 Millionen EinwohnerInnen sind 80 % arbeitslos oder gehen einer Arbeit nach, die nicht existenzsichernd ist. Rund 60 % der Kinder leiden unter Mangelernährung. Wie zur Zeit der Taliban-Herrschaft lebt heute etwas die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Nur rund ein Viertel der Bevölkerung hat Zugang zu sauberem Trinkwasser.
  • Krieg und Verfall der Agrarproduktion führten zu einer massiven Flucht- und Migrationsbewegung vom Land in die Städte. Das Wachstum der Städte ist v. a. eines der Slums, wo heute geschätzte 86 % der urbanen Bevölkerung leben.
  • Der Krieg machte rund 7 Millionen zu Geflüchteten, davon 4 Millionen Binnenflüchtlinge. Die 3 Millionen, die ins Ausland flohen, leben zur Zeit vor allem in Pakistan und im Iran. Die westlichen Demokratien verweigern den meisten Menschen den Zugang oder schieben sie gar weiter ab.
  • Die „Demokratie“ steht naturgemäß auf wackeligen Beinen. Sie ist wenig mehr als eine Form der Aufteilung der Pfründe zwischen nationalistischen, reaktionären Eliten und Warlords. Staatliche Institutionen, Armee, Sicherheitskräfte werden von diesen Kräften dominiert, kassieren deren Beute.
  • Seit 2014 stellt die Besatzungspolitik im Grunde die Verwaltung eines Desasters dar.

Abzug

Der Abzug unter Biden, dem sich auch alle anderen Besatzungstruppen anschlossen, kommt letztlich nicht überraschend. Überraschend war nur seine überhastete Art.

Finanziell erwies sich die gesamte Operation als kostspielig und Fass ohne Boden. Allein die USA kosteten die Besatzung, die militärischen Operationen und damit verbundene Ausgaben in den letzten 20 Jahren rund 2.261 Milliarden (=2,2 Billionen) US-Dollar. Deutschland hat nach offiziellen Zahlen 12,5 Milliarden Euro für den Bundeswehreinsatz verbraten. Die Gesamtkosten dürften aber deutlich höher liegen.

Für die NATO-Mächte geht es jedoch vor allem um die politische Bilanz des Krieges. Und die ist negativ. Der Abzug der USA und ihrer Verbündeten ist der gescheiterter imperialistischer Mächte. Er stellt eine Niederlage dar, auch wenn die US-Regierung unter Biden und ihre Verbündeten das gern beschönigen wollen. Für die Bundeswehr und die Bundesregierung bleibt unterm Strich immerhin das zweifelhafte Plus, dass die Streitkräfte fitter für imperialistische Interventionen, für Kampfeinsätze und für das Töten geworden sind – also vorbereitet für weiter Auslandseinsätze wie z. B. in Mali.

Insgesamt bedeutet der Rückzug eine Niederlage in mehrfacher Hinsicht:

  • Er verdeutlicht, dass die USA und ihre Verbündeten nicht in der Lage waren, Afghanistan in ihrem Interesse neu zu ordnen. Sie konnten die Marionettenregierung nicht stabilisieren und auch keine Machtteilung mit den Taliban organisieren. Natürlich werden vor allem die USA, ihre Marine, ihre Luftwaffe und Spezialkräfte weiter eine Rolle spielen – aber letztlich keine dominierende.
  • Ob die Taliban das gesamte Land einnehmen oder zu einem Kompromiss mit der Regierung kommen, hängt natürlich nicht nur vom militärischen Kräfteverhältnis ab, sondern auch davon, wie andere Mächte – vor allem China und Russland, aber auch wichtige regionale Player wie Pakistan oder Iran und die Türkei – agieren.
  • Für sie bietet der Abzug der USA eine Chance – andererseits fürchten auch sie eine weitere Destabilisierung des Landes und einen Zerfall. Vor allem China hat den „überhasteten“ Abzug der USA kritisiert, weil es die wirtschaftlichen und politischen Unwägbarkeiten der Lage fürchtet. Für sein Projekt der „Neuen Seidenstraße“ kann China keinen Bürgerkrieg brauchen und auch keine reine Tabilan-Herrschaft, zumal diese auch Verbindungen zu den national unterdrückten UigurInnen unterhalten. Pakistan kommt somit als vom chinesischen Imperialismus mehr und mehr dominierter Halbkolonie eine wichtige Rolle für eine etwaige Neuordnung des Landes zu – wobei jedoch verschiedene Kräfte im pakistanischen Staatsapparat unterschiedliche Ausrichtungen im Land verfolgen.
  • Auch wenn die Zukunft des Landes schwer genau vorhersehbar ist, so können wir von weiterer Instabilität ausgehen, die ihrerseits selbst eine Folge der reaktionären Besatzung sein wird, die keines der Probleme des Landes zu lösen vermochte.

Was tun?

Die Besatzung hat zu einer Situation geführt, die für die afghanischen Massen als hoffnungslos erscheint. Es droht eine Machtübernahme und brutale Diktatur für die ArbeiterInnen, die Bauern-/Bäuerinnenschaft, die Intelligenz, alle säkularen Kräfte, vor allem für Frauen, aber auch ethnische, nationale und religiöse Minderheiten.

Die Kriegsführung, die räuberische Plünderung des Landes wie auch die Form des Abzuges, das Fallenlassen der ehemaligen Beschäftigen der NATO-Kräfte wie der Bundeswehr zeigen, dass sich die afghanische Bevölkerung auf diese „westlichen FreundInnen“ nicht verlassen darf. Sie hat schon jetzt einen viel zu hohen Preis für falsche Hoffnungen in diese bezahlt.

Ebenso wenig sollte sie freilich anderen Mächten wie China und Russland oder Pakistan vertrauen. Auch für diese geht es nur um ökonomische und geostrategische Interessen.

Schließlich sollten die Massen auch keine Hoffnungen in die Regierung oder in den Präsident Ghani hegen – auch ihnen dienen Demokratie oder Frauenrechte allenfalls als Verhandlungsmasse mit den Taliban.

Es gibt jedoch eine städtische ArbeiterInnenklasse – vor allem ein riesiges Subproletariat –, eine Bauern-/Bäuerinnenschaft, eine lohnabhängige Intelligenz, Ansätze von Gewerkschaften, Frauenorganisationen, die ihr Schicksal auch unter diesen Umständen in die eigenen Hände nehmen können und müssen.

Dazu müssen sie die Bewaffnung der Massen, vor allem der ArbeiterInnen, der Bauern und Bäuerinnen, der Frauen, der Minderheiten fordern; sie müssen von einfachen SoldatInnen fordern, Soldatenkomitees zu bilden, die dies unterstützen und mithelfen, das zu erzwingen.

In den Städten und auf dem Land müssen Aktionsräte gebildet und koordiniert werden, die die Verteidigung gegen Angriffe der Taliban, aber auch gegen andere reaktionäre Kräfte organisieren.

Auf diesem Weg können Organe der Selbstorganisation der Massen aufgebaut werden, die auch eine Alternative zum bestehenden korrupten, reaktionären und repressiven Staatsapparat und zur herrschenden Klasse des Landes darstellen. So wichtig dabei Fragen der Selbstverteidigung, der Sicherung und Ausweitung demokratischer Rechte sind, so müssen diese mit sozialen Fragen und der Kontrolle der Verteilung knapper Güter in Stadt und Land verbunden sein. Die Kontrolle über Hilfsgelder, über die Rohstoffe, die bestehende Produktion und die Umsetzung eines Notplans zur Versorgung der Bevölkerung sind unmöglich ohne die Enteignung aller kapitalistischen Großunternehmen, aller ausländischen InvestorInnen (ob aus den USA, Europa oder China), ohne Streichung der Auslandschulden.

Diese Forderungen müssen auch alle InternationalistInnen, alle linken, demokratischen und ArbeiterInnenorganisationen weltweit und vor allem in den Ländern erheben, die Afghanistan über Jahrzehnte ruiniert und verwüstet haben. Die USA, Deutschland und die anderen NATO-Staaten müssen gezwungen werden, die Kosten für den Wiederaufbau zu zahlen – und zwar ohne Bedingungen. Zugleich müssen die Lohnabhängigen, die Frauen, die Bauern-/Bäuerinnenschaft in Afghanistan kontrollieren, wofür diese Mittel verwendet werden. Diese Kontrolle kann letztlich nur dann von Dauer sein kann, wenn Selbstverteidigungsorgane und Räte selbst die Macht übernehmen und eine auf diese gestützte ArbeiterInnen- und Bauern-/Bäuerinnenregierung bilden. Nur so kann das Land aus dem Teufelskreis von Reaktion und imperialistischer Besatzung und Plünderung gerissen werden.

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