Alex Zora, Infomail 1122, 22. Oktober 2020
Es kam, wie es kommen musste. Nach 6 Monaten staatlich subventionierter Kurzarbeit werden Beschäftigte, die in der Krise unter erschwerten Bedingungen gearbeitet haben oder auf einen Teil ihres Einkommens verzichten mussten, massenweise aufgekündigt. Die Kurzarbeit wurde zwar erst kürzlich bis Ende März 2021 verlängert, aber offenbar reicht das den UnternehmerInnen nicht und das, obwohl allzu oft gleichzeitig Boni für ManagerInnen und Gewinne an AktionärInnen ausgeschüttet werden. Die Frage für die ArbeiterInnenklasse ist deshalb, wie sie die direkten und indirekten Gefahren der Massenarbeitslosigkeit abwenden kann.
Die meisten Jobs stehen bei MAN auf dem Spiel. Der Konzern plant, den Standort Steyr, wo vor allem LKWs produziert werden, zu schließen. Damit wären auf einen Schlag 2.300 Arbeitsplätze weg. Kaum auszudenken, was das nicht nur für die Beschäftigten und ihre Familien, sondern auch für die gesamte Stadt bedeuten würde. Und das Ganze, obwohl von der Konzernmutter Traton (mehrheitlich im Besitz der Volkswagen AG) dieses Jahr 500 Millionen Euro an Dividenden ausgeschüttet werden!
Beim Flugzeugteilehersteller FACC werden schon ab November 630 Beschäftigte ihre Jobs los. Damit verliert dort fast jede/r Fünfte den Job.
Schon länger ist auch klar, dass ATB Morley (Spezialist für elektrische Großmotoren) sein Werk in der Steiermark schließen wird, wenn die ArbeiterInnen nicht doch noch ausreichend Druck aufbauen können und dazu die nötige Solidarität erhalten (dem Arbeitskampf dort haben wir einen eigenen Artikel gewidmet. 360 ArbeiterInnen verlieren dort ihre Jobs.
DOKA, ein Unternehmen für Schalungstechnik, streicht fast jede sechste der 2.000 Stellen in der Produktion – 600 Jobs werden hier abgebaut. Auch hier ist der Vorwand die fehlende internationale Nachfrage.
Ein weiteres wichtiges Unternehmen, bei dem 1.800 Beschäftigte ihre Arbeitsplätze verlieren, ist der Kristallglashersteller Swarovski. Im Produktionsstandort Wattens in Tirol verliert mehr als jede/r Dritte verliert den Job und das, obwohl Swarovski in den letzten Monaten viele Millionen Euro an Zuschuss aus der staatlichen Kurzarbeitsregelung bezogen hatte. Der letzte große Betrieb, in dem Massenentlassungen anstehen – ohne Zweifel werden in den kommenden Wochen viele folgen –, ist das Hotel Sacher. 140 Beschäftigte werden hier bald den Job los sein und auch das, obwohl viel Geld über die Kurzarbeitsregelung bezogen wurde. Was hier jedoch die größte Sauerei darstellt, ist die Tatsache, dass eigentlich so schnell nach Ende der Kurzarbeit keine Entlassungen stattfinden dürften – solange die Gewerkschaft nicht zustimmt. Wie die Tageszeitung „Der Standard“ berichtet, ist aber genau das passiert.
Die Gründe für die Massenentlassungen sind von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich. Bei der Mehrheit wird auf die „internationale Auftragslage“ oder die „schwere wirtschaftliche Situation“ verwiesen. Und das ist auch angesichts der wirtschaftlichen Ausgangssituation kaum verwunderlich. Das österreichische Bruttoinlandsprodukt ist im 2. Quartal um mehr als 10 % gegenüber dem 2. Quartal 2019 eingebrochen. Auch schon das 1. Quartal hatte ein Minus verzeichnet. Wie stark die Wirtschaft dieses Jahr einbrechen wird, hängt nicht nur vom Verlauf einer etwaigen 2. Welle von COVID-19 ab, sondern auch davon, wie sich die europäische und Weltwirtschaft entwickeln wird. Die Lage sieht alles andere als rosig aus.
Doch wir können uns nicht einfach den „objektiven“ Mächten des Marktes unterwerfen. Wir brauchen stattdessen eine Politik für unsere Klasse. Denn nur zu oft ist es so, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Beschäftigten als Erstes geopfert werden und in wirtschaftlich guten Zeiten nur die AktionärInnen und das Management profitieren. Wir müssen dieses Wirtschaftssystem, das grundlegend darauf aufgebaut ist, dass die arbeitenden Menschen, die den Reichtum in unserer Gesellschaft produzieren, die letzten sind, die auch einen relevanten Teil davon abbekommen, beenden. Stattdessen bekommen den Reichtum durch Gewinne oder Dividenden diejenigen, die nichts andere leisten, als Eigentum zu besitzen und andere Leute für sich arbeiten zu lassen. Falls sie überhaupt arbeiten, steht ihr Einkommen in keinem Verhältnis zur Leistung.
Was die Entlassungen aktuell so besonders macht, ist, dass sie in vielen Branchen und weit verteilt übers Land stattfinden. Das macht den Widerstand dagegen nicht unbedingt einfacher. Wenn zum Beispiel ein ganzes Werk abwandern soll oder geschlossen wird, dann ist ein Arbeitskampf, der sich auf die Beschäftigten im Betrieb beschränkt, nicht so einfach in der Lage, ausreichenden Druck aufzubauen, solange nicht zu sehr radikalen Maßnahmen wie Werksbesetzungen oder Ähnlichem gegriffen wird.
Von Seiten der Gewerkschaft braucht es deshalb eine branchenübergreifende Kampagne, verbunden mit Demonstrationen und Streiks, für ein generelles Kündigungsverbot aus „wirtschaftlichen Gründen“. Wenn ein Betrieb sich genötigt sieht, Entlassungen deshalb vorzunehmen, weil zu wenige Geld da ist, dann sollte die Konsequenz sein, dass der Betrieb unter Kontrolle der Beschäftigten entschädigungslos verstaatlicht wird.