Alejandro Bodart, Infomail 1299, 19. Dezember 2025
Der dritte Weltkongress der Internationalen Sozialistischen Liga (ISL) ist gerade zu Ende gegangen. Das Ergebnis hat alle Erwartungen übertroffen und war ein großer Erfolg. Seit ihrer Gründung im Jahr 2019 ist die ISL stetig gewachsen und hat sich in den fünf Jahren ihres Bestehens auf alle Kontinente ausgebreitet. Auf diesem Kongress hat die ISL einen großen Sprung nach vorne gemacht und ihre Präsenz in den meisten zentralen Ländern gefestigt. Im Vergleich zum letzten Kongress in Barcelona hat sich die Zahl der Länder, in denen die ISL vertreten ist, fast verdoppelt, wobei die Entwicklung unterschiedlich verläuft. An dem Kongress nahmen 72 Delegierte aus 38 Ländern und 5 eingeladene Organisationen teil. Wir haben Debatten geführt und Resolutionen verabschiedet, die wir bald mit der internationalistischen Aktivist:innengemeinschaft teilen werden.
Mehr als 70 Genossinnen und Genossen aus verschiedenen Regionen der Welt versammelten sich auf der europäischen Seite Istanbuls, der einzigen Stadt der Welt, die auf zwei Kontinenten erbaut wurde und die alte Hauptstadt dreier Reiche ist, reich an Kultur und jahrtausendealter Geschichte.
Anfang Dezember trafen die ersten Delegationen am Veranstaltungsort ein, der speziell für den Kongress vorbereitet worden war. Die Weigerung der türkischen Behörden, unseren afrikanischen Genoss:innen Visa zu erteilen, machte es mehreren Delegierten aus Kenia und anderen Ländern der Region unmöglich, teilzunehmen, obwohl sie online einen großen Beitrag leisteten. Die Wahl dieses Ortes ermöglichte es jedoch Delegationen aus einigen südasiatischen und anderen Ländern des Nahen Ostens, persönlich teilzunehmen, was anderswo auf der Welt fast unmöglich gewesen wäre.
Aufgrund der repressiven Regime von Putin und Lukaschenka, die die Linke zur Untergrundarbeit zwingen, konnten auch Delegationen aus Russland und Weißrussland nicht teilnehmen. Der Krieg zwang auch unsere ukrainischen Genoss:innen zur Online-Teilnahme, da sie aufgrund der aktuellen Gesetzgebung das Land nicht verlassen konnten. Die Delegationen aus Südamerika und Mittelamerika, dem indischen Subkontinent, dem Nahen Osten, Ost- und Mitteleuropa sowie Gäste aus Ozeanien und anderen Regionen kamen mit neuen Mitgliedern unserer Strömung aus den USA, Italien, Deutschland, Großbritannien, Portugal, Österreich, der Schweiz, Schweden, Dänemark, Panama und Teilnehmer:innen aus Kuba, Palästina und Ecuador und vielen anderen Ländern zusammen.
Alle Debatten während der sechstägigen Kongresssitzungen, die von früh morgens bis spät abends gingen, waren der politischen Vorbereitung unserer Organisationen gewidmet, um in den Kämpfen gegen die Offensive, die der Imperialismus und die extreme Rechte gegen die Arbeiter:innen und Völker auf der ganzen Welt führen, einzugreifen. Von Palästina bis zur Ukraine, über die Aufstände in mehreren Ländern Lateinamerikas, Ostasiens und Afrikas bis hin zu den großen Mobilisierungen in den USA und Europa – all das war Teil unseres Kongresses, mit Delegationen von Parteien und Gruppen, die sich aktiv an den meisten dieser Prozesse beteiligt haben.
„Seit 2008 haben sich die Krise des Kapitalismus und ihre verheerenden Folgen für Mensch und Natur verschärft. Die ständige Verschlechterung des Lebensstandards der Arbeiter:innen und der Angriff auf die sozialen und demokratischen Rechte der Völker gehen einher mit einer beispiellosen Zerstörung der Umwelt. Rassismus, Sexismus, Homophobie und Angriffe auf Migrant:innen nehmen zu. Kriege, Pandemien, Völkermorde und konfessionelle Konflikte sind wieder auf dem Vormarsch. Die extreme Rechte, Repression und die Militarisierung der Nationen werden von den Machtkreisen in mehreren Ländern gefördert. Dies sind die einzigen Lösungen, die uns die Bourgeoisie und der Imperialismus anbieten. Wenn wir sie nicht so schnell wie möglich stoppen, werden sie uns in die Barbarei und dann in die Auslöschung führen. Nur die Arbeiter:innen an der Spitze einer nationalen, regionalen und globalen Revolution gegen dieses verfaulte System und ein Programm, das uns zum Sozialismus führt, können dieses Ergebnis verhindern. ,Sozialismus oder Barbarei und die Neuformierung der Revolutionär:innen sind unsere Banner des Kampfes und der Organisation …“ So beginnt das verabschiedete Dokument zur Weltlage.
Angesichts der neuen globalen Situation einer zunehmenden, zugleich aber auch asymmetrischen Polarisierung zwischen der aufstrebenden extremen Rechten und dem Widerstand einer Massenbewegung, die aufgrund der historischen Krise der revolutionären Führung mit gebundenen Händen kämpft, war der Kongress eine Schule der revolutionären Theorie, Politik und Praxis.
Am Ende des Kongresses haben wir einen Aufruf zur Neuformierung der revolutionären Kräfte diskutiert und verfasst, die in einer zunehmend turbulenten Welt verstreut agieren. Diese Initiative wird eine Reihe von Interviews mit den Kräften umfassen, mit denen wir wichtige Übereinstimmungen in den wichtigsten Prozessen des Klassenkampfs hatten, sowie eine ähnliche Analyse der Konfrontation zwischen den Vereinigten Staaten, dem übrigen westlichen Imperialismus und den neuen Imperialismen, die um die Hegemonie streiten. Wir werden dies auch weiterhin mit denen tun, die bereit sind, sich auf eine loyale und konstruktive Debatte einzulassen, unabhängig von den Differenzen, die wir möglicherweise haben und die es wichtig wäre, offen und ohne Vorurteile zu diskutieren.
Wir unsererseits werden die Erfahrungen zur Verfügung stellen, die wir durch die verschiedenen Komponenten der ISL gesammelt haben, die mit Geduld und Entschlossenheit seit unserer Gründung bis heute nachhaltige Fortschritte erzielt haben. In nur wenigen Jahren haben wir unsere anfängliche Randstellung überwunden und sind zu einer Strömung geworden, die nicht nur in der halbkolonialen Welt, sondern auch in weiter entwickelten und imperialistischen Ländern verankert ist, während andere Strömungen des Trotzkismus leider implodiert, gespalten und zurückgefallen sind oder bestenfalls stagnieren.
Viele der Rückschläge, die wir beim Aufbau unserer Organisationen erleben, sind auf objektive Ursachen zurückzuführen, die wir nicht unterlaufen können, darunter vor allem die Rückständigkeit unseres Klassenbewusstseins und die strukturellen Veränderungen, die seit den 1990er Jahren stattgefunden haben. Sie sind aber auch auf die Kurzsichtigkeit zurückzuführen, die sich in der Weigerung äußert, Modelle hinter sich zu lassen, die zwar in der Vergangenheit nützlich gewesen sein mögen, sich aber für das Handeln in der Gegenwart als gescheitert erwiesen haben.
Der Aufbau einer neuen Internationale, die stark genug ist, um als Pol zum Aufbau solider nationaler Avantgardeparteien beizutragen, den Verlauf der sich entwickelnden Kämpfe zu beeinflussen und die reformistischen Kräfte erfolgreich um die Führung herauszufordern, ist eine dringende Notwendigkeit. Dies wird nur möglich sein, wenn wir sektiererische Selbsternennung, Dogmatismus und Skepsis hinter uns lassen, die viele Organisationen zum Opportunismus geführt haben.
Wenn wir Revolutionär:innen uns unserer Verantwortung bewusst werden und alles tun, um unsere Kräfte zu bündeln und neue Spaltungen zu vermeiden, können wir vorankommen. Wenn wir gemeinsam handeln, um die Chancen und die Krise zu nutzen, die die progressiven Kräfte, die Sozialdemokratie und die Überreste des Stalinismus zermürbt, und wenn wir lernen, mit denen von uns zusammenzuleben, die unterschiedliche Erfahrungen haben, mit dem Ziel, eine neue Tradition zu schaffen, einander zuzuhören und voneinander zu lernen, dann können wir es schaffen.
Wenn wir einen gesunden demokratischen Zentralismus wiederherstellen, bei dem Meinungsverschiedenheiten kein Grund für Spaltungen sind, sondern zur gemeinsamen Arbeit beitragen, können wir diese Zersplitterung umkehren. Auf diesem Kongress hat die ISL Organisationen aufgenommen, mit denen eine Einheit bis vor Kurzem noch undenkbar war. Wir machen Fortschritte mit den Kräften der Internationalen Trotzkistischen Opposition (ITO) und den verschiedenen Sektionen der Liga für die Fünfte Internationale (L5I).
Wir arbeiten mit der MAS in Portugal und Genoss:innen mit unterschiedlichem Hintergrund in den Vereinigten Staaten zusammen und stehen der MRT in Ecuador sehr nahe. Wir haben nicht nur Kontakt zu Organisationen und Aktivist:innen aufgenommen, die sich als Trotzkist:innen bezeichnen, sondern auch zu Kadern und Aktivist:innen, die aus der Krise der kommunistischen Parteien in Afrika hervorgegangen sind, wie wir es zuvor mit jungen Menschen im Libanon getan haben.
Wie von der gewählten Führung vorgeschlagen, stimmte der Kongress einstimmig für ein größeres Internationales Exekutivkomitee, das das Wachstum der ISL besser repräsentiert, und für eine Kommission von Genoss:innen, die sich mit Fällen befassen, die unsere proletarische und parteiische Moral bedrohen.
Der Kongress stimmte auch für eine Kommission zur Förderung des Aufbaus der Jugend in jedem unserer Länder, für Kommissionen zur Weiterentwicklung und Beteiligung an sozioökologischen und Gender-Kämpfen, für einen mutigen Plan für Ausbildung und Propaganda, einschließlich Jugendcamps auf verschiedenen Kontinenten, und für regelmäßige Treffen unserer Kräfte in Europa und anderen Regionen, um in kontinentalen Prozessen gemeinsam zu handeln.
Wir sind überzeugt, dass diese Beschlüsse und diese Organisationsstruktur zusammen mit Kampagnen und Initiativen, die angemessen auf den Klassenkampf reagieren, es uns ermöglichen werden, in der kommenden Zeit weiter voranzukommen.