Dilara Lorin, Infomail 1288, 30. Juli 2025
In der vergangenen Woche haben die jüngsten Gewaltexzesse im Süden Syriens die Debatte um das Land erneut entfacht. Die Eskalation der Gewalt führte zum Tod von weit über tausend Menschen aus der Region, darunter zahlreiche Zivilist:innen aus der drusischen Gemeinschaft und beduinischen Stämmen, Angehörige der syrischen Sicherheitskräfte sowie Kämpfer:innen lokaler Milizen und bewaffneter Gruppen. Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (Syrian Observatory for Human Rights; SOHR) geht (Stand 25. Juli) von insgesamt 1.386 getöteten Menschen aus, die Stadtverwaltung von Al-Suweida von bis zu 1.500 toten Zivilist:innen.
Auch wenn die exakten Zahlen erst in Zukunft ermittelt werden können, so macht diese Entwicklung deutlich: Nach dem Sturz Assads und der Machtübernahme durch die Übergangsregierung al-Scharaas rückt ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen zunehmend in weite Ferne.
Dabei muss klar benannt werden: Gewaltausbrüche, die einhergehen mit Hass und Hetze gegen religiöse und/oder ethnische Minderheiten, gegen säkulare Kräfte usw., sind in keiner Weise zu rechtfertigen, und die Übergangsregierung trägt eine Mitverantwortung dafür. Doch sicher nicht nur sie. Imperialistische Mächte wie auch die beiden Regionalmächte Israel und Türkei gießen immer wieder Öl ins Feuer. Während die USA und EU in Syrien ein pro-westliches, neoliberales, wirtschaftlich und letztlich auch politisch abhängiges islamistisches Marionetten-Regime errichten wollen, wollen Israel und die Türkei außerdem auch ihre Einflusssphären in einem zerfallenden Syrien sichern, einschließlich der offenen Besetzung oder gar Annexion von Teilen des Landes.
Das Gouvernement as-Suwaida (Suweida) liegt etwa 100 Kilometer von Damaskus entfernt und wird größtenteils von syrischen Drus:innen bewohnt. Der in der vergangenen Woche eskalierte Konflikt zwischen drusischen und lokalen beduinischen Stämmen ist kein neuer, er flammt immer wieder auf und wird auch noch durch innere Rivalitäten in den Gemeinschaften verstärkt. Auslöser der aktuellen Eskalation war ein Vorfall, bei dem ein drusischer Händler auf der Straße zwischen Suweida und Damaskus von maskierten Männern überfallen wurde. In der Folge machten drusische Milizen die Beduin:innen für den Überfall verantwortlich und entführten laut mehreren Berichten neun Menschen. Seit dem 13. Juli kam es daraufhin zu Vergeltungsaktionen auf beiden Seiten, die in eine Spirale der Gewalt mündeten. Es folgten ein bis zwei Tage, in denen die Lage in offenen militärischen Auseinandersetzungen eskalierte. Die wechselseitigen Racheakte ließen alte, historische Feindschaften zwischen den beiden Gruppen erneut aufflammen.
Die Regierung in Damaskus reagierte und entsandte bewaffnete Sicherheitskräfte aus dem Innen- und Verteidigungsministerium, um die Lage zu beruhigen. Doch nicht alle drusischen Stämme hießen deren Eintreffen willkommen. Diese Sicherheitskräfte begingen ihrerseits Übergriffe, töteten Menschen und trugen mit antidrusischer Hetze zur Erniedrigung der lokalen Bevölkerung bei. In sozialen Medien kursieren zahlreiche Videos, die zeigen, wie älteren drusischen Männern gewaltsam der Bart abrasiert wird, da religiöse Männer in der Regel einen Wangen- und Schnurrbart tragen. Diese Bilder verstärkten in den Reihen der lokalen drusischen Kämpfer:innen die Überzeugung, dass die Regierungstruppen nicht zur Deeskalation, sondern als Konfliktpartei auftraten und nicht als unabhängige staatliche Akteurinnenfür alle Menschen in Syrien.
Die Lage in Suweida selbst ist unübersichtlich, da verschiedenste Milizen involviert sind, was es schwierig macht, alle aufzuzählen, doch lässt sich ein grobes Bild über die wichtigsten zeichnen: Auf der einen Seite stehen beduinische Stämme, die unter anderem in der Provinz in einem Stadtteil von Suweida mehrheitlich präsent sind. Außerdem Truppen, die von der Übergangsregierung al-Scharaas entsandt wurden. Auf drusischer Seite lassen sich mehrere Strömungen unterscheiden:
Der durch den aktuellen Konflikt bekannter gewordene Scheich Hikmat al-Hidschri, ein geistliches Oberhaupt. Er beansprucht eine klare Führungsrolle, verbündete sich jahrelang mit Assad, überwarf sich aber 2021 mit dem Regime und trat ab 2023 als Redner bei Kundgebungen der Demokratie-Bewegung auf.
Der sogenannte Militärrat von Suweida, der in enger Verbindung zu al-Hidschri stehen soll. Mehrere Quellen berichten, dass diese Verbindung möglicherweise auch Kontakte zu den SDF und zu Israel umfasst. Der Militärrat und Hikmat al-Hidschri stellen den reaktionärsten Flügel der drusischen Community dar und kollaborieren auch offen mit dem Zionismus. Hikmat al-Hidschri betätigt sich faktisch als dessen lokaler Agent.
Eine dritte Gruppe sammelt sich um den jüngeren Scheich Latih al-Balous, der die Bewegung Männer der Würde (Ridschal al-Karama) anführt, die im Bürger:innenkrieg lange gegen die bewaffneten Verbände al-Hidschris kämpfte und durchweg Teil der Anti-Assad-Opposition war.
Die Männer in Würde stehen auch in Verbindung mit den drusischen Scheichs Jusuf al-Dscharbu und Hamoud al-Hanawi, die seit Jahren im Konflikt mit Hikmat al-Hidschri stehen und dessen Alleinvertretungsanspruch der religiösen Gemeinschaft bestreiten. Sowohl Dscharbu und al-Hanawi wie auch die Männer in Würde kooperierten mit der Übergangsregierung nach dem Sturz Assads, haben sich aber in den Kämpfen um Suweida und angesichts von massiven Übergriffen der Regierungstruppen von diesen später distanziert.
Der Einmarsch regierungsnaher Milizen soll durch eine Koordination mit der lokalen Bevölkerung, Scheich al-Balous und den Ridschal al-Karama erfolgt sein. Zwar konnten diese Milizen rasch bis ins Stadtzentrum von Suweida vordringen, doch kam es nicht zur Schlichtung. Stattdessen brachen bald weitere bewaffnete Auseinandersetzungen aus.
Im weiteren Verlauf kam es zu Versuchen, eine Waffenruhe auszuhandeln, insbesondere zwischen religiösen Oberhäuptern der drusischen Gemeinschaft und lokalen Würdenträgern. Scheich al-Hidschri erkannte diese Abkommen nicht an und lehnte weitere Verhandlungen in einem öffentlichen Video ab. Er forderte wiederholt nicht nur internationalen Schutz, sondern rief auch Israel, die USA und arabische Staaten wie Saudi-Arabien offen zum Eingreifen auf. Die israelischen Angriffe auf Suweida zwangen schließlich die regierungsnahen Kräfte, ihre schweren Waffen größtenteils abzuziehen. Das Verteidigungsministerium zog sich offiziell vollständig zurück.
Mit dem Rückzug der regierungsnahen Milizen befürchteten die beduinischen Stämme sowie SOHR und Syrian Network of Human Rights Racheakte. In den sozialen Medien verbreitete sich das Gerücht eines Ultimatums an die Beduin:innen, dass diese Suweida verlassen sollen. Die aufgeheizte mediale Stimmung führte dazu, dass sich dutzende beduinische Stämme aus Syrien zusammenschlossen und nach Suweida mobilisierten, um den Schutz der Beduin:innen zu gewährleisten. Dies hätte den Wendepunkt markieren können, an dem sich der lokale Konflikt zu einem offenen Bürgerkrieg ausweitete, insbesondere da die syrischen Sicherheitskräfte sich zurückgezogen hatten.
Am Montag, dem 21. Juli, kam es zu einer vorläufigen Waffenruhe, welche unter anderem initiiert und ausgehandelt wurde durch die USA: Die syrische Regierung stimmte auch angesichts der Kräfteverhältnisse zu, beduinische Kräfte verließen die Provinz, und es wurde ein Gefangenenaustausch vereinbart.
Doch bei aller Analyse der aktuellen Gewalt darf der historische Hintergrund nicht verschwiegen werden: Das syrische Volk litt seit Jahrzehnten unter der Diktatur der Assad-Familie. Die sogenannte Weltgemeinschaft, mit all ihren angeblich demokratischen und humanitären Werten, hat dazu geschwiegen. Die staatliche Gewalt seit Beginn der Revolution traf alle Gegner:innen des Assad-Regimes. Doch sie traf besonders sunnitische Araber:innen, die dadurch kollektive Repression erfahren haben. Dass der westliche Imperialismus diese Gewalt jahrzehntelang ignorierte und heute scheinheilig empört reagiert, wenn religiöse Minderheiten betroffen sind, verstärkt unter vielen Sunnit:innen das Gefühl einer Doppelmoral.
Imperialistische Mächte haben im Nahen und Mittleren Osten seit jeher die Politik verfolgt, Regionen entlang willkürlich gezogener Grenzen zu unterteilen, ohne Rücksicht auf die betroffenen Bevölkerungen. Das Prinzip „Teile und herrsche“ wurde systematisch angewendet, um die ökonomische Abhängigkeit der Länder von den imperialistischen Mächten aufrechtzuerhalten. Der Ruf nach Menschenrechten und Demokratie seitens der Imperialist:innen dient dabei oft nur als Fassade zur Ausweitung geopolitischer Einflusszonen, zur Erschließung neuer Absatzmärkte und zur Kontrolle strategischer Ressourcen. Diese Logik zeigt sich in aller Deutlichkeit im andauernden Genozid in Gaza.
Israel versucht, sich in der aktuellen Auseinandersetzung als vermeintlicher Unterstützer und Retter der drusischen Gemeinschaft darzustellen. Tatsächlich aber verfolgt der israelische Staat das Ziel, seinen Einfluss im Süden Syriens, dabei insbesondere in der Region um die seit 1967 besetzten Golanhöhen, auszuweiten. Im Norden Israels (besetztes Palästina) leben drusische Minderheiten, die, obwohl sie in der israelischen Gesellschaft diskriminiert werden, im Militär dienen und vom Zionismus auch gern als „Vorzeigeminderheit“ missbraucht werden. Der gezielte Angriff Israels im Süden Syriens reiht sich ein in eine lange Liste militärischer Operationen gegen den Iran, die Hisbollah, den Jemen und weitere regionale Akteur:innen. Ziel dieser Angriffe ist es, feindlich gesinnte Staaten oder Akteur:innen dauerhaft militärisch zu schwächen, um Israels strategische Handlungsfreiheit bei Vertreibung, Besatzung und Genozid aufrechtzuerhalten. Die extreme Rechte in Israel geht dabei sogar noch weiter als Netanjahu und verfolgt die Annexion von Teilen Syriens als Teil eines zukünftigen „Großisrael“.
Die syrische Übergangsregierung ist ebenso wie zuvor das Assad-Regime militärisch nicht in der Lage, Israel etwas entgegenzusetzen. Bereits unter Assad gab es keine militärischen Reaktionen gegen israelische Angriffe, stattdessen fand ein Austausch von Geheimdienstinformationen statt. Auch al-Scharaa hat gegenüber den USA mehrfach signalisiert, Israel anzuerkennen, sofern dafür die Sanktionen aufgehoben würden. Trumps Äußerung über ihn – „He is a handsome guy“ – zeigt deutlich die geopolitischen Verschiebungen und Interessenlagen.
Sollten jedoch Verhandlungen nicht im Interesse Israels verlaufen, wäre die Bereitschaft, kurzen Prozess mit dem syrischen Präsidenten zu machen, durchaus gegeben. Eines der Ziele Israels ist es, den Süden Syriens zu „entmilitarisieren“, also faktisch unter eigene Kontrolle zu bringen, und Kontrolle über ein Gebiet bis zum Euphrat an der Grenze zum Irak zu errichten, um die Hisbollah vom Iran endgültig zu trennen. Dieser Korridor würde Suweida mit den von der PYD (Partiya Yekîtiya Demokrat; Partei der Demokratischen Union) kontrollierten kurdischen Gebieten in Nordsyrien verbinden. Dazwischen befindet sich das von den USA kontrollierte Al-Tanf. Israel nutzt gezielt konfessionelle Spannungen und gesellschaftliche Spaltungen aus, um die Region in religiös-konfessionelle Kleinstaaten zu zerschlagen und einem geeinten Syrien – auch und erst recht einem demokratischen – entgegenzuwirken.
Eine weitere Regionalmacht, die ihre geopolitische Rolle in Syrien ausweitet, ist die Türkei. Obwohl al-Scharaa sich in jüngster Zeit bemühte, nicht als Erfüllungsgehilfe Erdogans zu erscheinen und sich unabhängig zu positionieren, etwa durch das Verhindern türkischer Übernahmen von Häfen oder des Flughafenmanagements in Damaskus, bleibt die Türkei eine zentrale Unterstützerin der Übergangsregierung. Auch Saudi-Arabien und Katar reihen sich unter den Unterstützer:innen ein und verfolgen ihre eigenen wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen.
Weder Israel noch die Türkei hegen ein Interesse an einem unabhängigen, demokratischen Syrien, an einer friedlichen Stabilisierung einer von ihrem Einfluss unabhängigen Entwicklung des Landes. Im Gegenteil: Sie versuchen, die inneren Widersprüche und Konflikte für ihre eigenen Interessen zu instrumentalisieren. Syrien ist ein Schauplatz für die geostrategischen Ziele Israels und der Türkei sowie des westlichen Imperialismus, allen voran der USA.
Einerseits können wir in keiner Weise unterstützen oder rechtfertigen, dass Teile der drusischen Geistlichkeit und der Militärrat in Suweida Hilferufe an Israel richten. Diese Form der Kollaboration mit dem Zionismus kommt einem Verrat nicht nur an den syrischen Massen, sondern auch an den Interessen der Masse drusischer Arbeiter:innen und Bäuer:innen gleich, einem Aufruf zur zionistischen Kontrolle über das Land – sei es durch direkte Truppen oder willfährige Hilfsverbände.
Andererseits hat sich in den Massakern an der alawitischen Gemeinschaft an der syrischen Küste im März 2025 und nun in der Eskalation gegen die drusische Gemeinschaft erneut bestätigt: Die Übergangsregierung steht nicht für ein demokratisches, auf der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Nationen und Minderheiten basierendes Syrien, sondern für ein zentralistisches, bonapartistisches Syrien.
Ob er die Gewalt durch Milizen öffentlich verurteilt oder nicht: al-Scharaa ist als Übergangspräsident unfähig, die verschiedenen Teile der syrischen Bevölkerung zu schützen oder Gewaltexzesse zu unterbinden. Schon seine Machtübernahme, ohne demokratische Wahlen oder die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung, zeigt, dass dieser Regierung nicht zu trauen ist. Gegenüber den imperialistischen Kräften und dem westlichen Kapital zeigt sie sich „moderat“ und versucht, sich als Sachwalterin der Profitinteressen syrischer wie ausländischer Unternehmen zu profilieren. Zugleich stellt der Staatsapparat und vor allem auch die syrische Armee eine heterogene Koalition dschihadistischer Kämpfer:innen und syrischer Nationalist:innen dar, die für al-Scharaa selbst nur schwer zu kontrollieren ist, die umgekehrt aber gegen nationale Minderheiten wie auch gegen möglichen Widerstand von Arbeiter:innen und Bäuer:innen gegen neoliberale Kürzungen und Ausbeutung gebraucht werden.
Weder imperialistische Mächte noch diese Übergangsregierung können Sicherheit für die verschiedenen Teile der syrischen Gesellschaft, Religionen und Ethnien gewährleisten. Die Arbeiter:innenklasse, die in den letzten 14 Jahren durch Armut und Krieg ausgeblutet und ausgebeutet wurde, ist trotz dieser massiven Entbehrungen die einzige Kraft, die solch einen Kampf führen kann, egal welcher Religion und Herkunft. Nur gemeinsam mit den Unterdrückten und Jugendlichen kann sie einen kollektiven, demokratischen Kampf führen, der den nationalen Minderheiten Selbstbestimmung (bis hin zum Recht auf Loslösung) garantiert, den Frauen Selbstbestimmung und diese Forderungen mit der um Arbeiter:innenkontrolle über die Produktion und den Wiederaufbau verbindet.
Der gemeinsame Kampf der Arbeiter:innen, Bäuer:innen und unterdrückten Massen aller Nationalitäten muss demokratische Forderungen beinhalten, zentral darunter: die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung. Über deren Delegierte muss die Bevölkerung in ihren Nachbarschaften, Betrieben, Universitäten und Schulen selbst entscheiden. Die Wahl zu dieser Versammlung soll nicht von der Übergangsregierung, sondern von Räten kontrolliert werden, die eine echte, basisdemokratische Vertretung ermöglichen. Ziel muss ein Staat sein, der die vielfältigen Bedürfnisse der syrischen Gesellschaft anerkennt, jenseits autoritärer Zentralmacht und ethnischer Bevorzugung.
Der Kampf um ein neues Syrien heißt auch, an die Errungenschaften der Bewegung gegen Assad anzuknüpfen und sie zu nutzen, bevor sie endgültig zerschlagen werden. Es ist Aufgabe von Arbeiter:innen, Frauen und Jugendlichen, sich zu organisieren, um die Macht der örtlichen Komitees wieder aufzubauen, Gewerkschaften kampffähig zu machen und eine revolutionäre Arbeiter:innenpartei aufzubauen.
International muss die Arbeiter:innenbewegung die sofortige und vollständige Aufhebung aller imperialistischen Sanktionen fordern – ebenso wie die bedingungslose Lieferung von Lebensmitteln, Medikamenten und Wiederaufbaumaterialien. Diese Hilfe muss jedoch unter Kontrolle der Stadtteilkomitees erfolgen, in denen Frauen und Jugendliche eine zentrale Rolle spielen – um zu verhindern, dass Stammesführer oder religiöse Eliten Hilfslieferungen monopolisieren.
Al-Scharaas Versuch, seine Herrschaft zu stabilisieren, durch Integration alter Feind:innen, Instrumentalisierung religiöser Konflikte und durch Einbindung externer Kräfte, dient letztlich einer kapitalistischen Neuordnung Syriens. Sein Ziel ist es, ausländische Investitionen zu ermöglichen, auf dem Rücken der Arbeiter:innenklasse und der unterdrückten ethnischen und religiösen Gruppen.
Doch diese Arbeiter:innenklasse darf sich nicht abwenden, sondern muss sich in jeden Teil dieses Prozesses einmischen. Im Zentrum dieses Aufbaus muss der Kampf für umfassende demokratische Rechte stehen, für Arbeiter:innen, ihre Organisationen sowie für ethnische und religiöse Gemeinschaften auf lokaler und regionaler Ebene.
Ein Teil der drusischen Milizen profitiert von der Unterdrückung der Bevölkerung und behauptet, nur durch internationale Unterstützung, unter anderem durch Israel, gerettet werden zu können. Doch wenn die Rechte der drusischen Gemeinschaften gestärkt werden, können revolutionäre Kräfte den Reaktionär:innen den Boden entziehen und gleichzeitig eine Kraft gegen das al-Scharaa-Regime aufbauen.
Auf keine imperialistische Macht ist Verlass, wenn es um die Rechte unterdrückter Nationen geht. Nur die klassenbewusste Arbeiter:innenklasse, die nach den Worten von Karl Marx und Rosa Luxemburg kein Vaterland außer der Internationalen kennt, kann ihre Rechte bis zum Ende verteidigen. Es liegt im Interesse aller syrischen Arbeiter:innen, sich heute für gleiche Rechte für alle einzusetzen, wie sie es 2011 zu Beginn der Revolution getan haben, und auch deren demokratische Errungenschaften zu schützen.
Für diesen Kampf braucht es eine klare Perspektive. Syrische Arbeiter:innen haben ihren Mut und ihre Entschlossenheit bereits bei der Gründung unabhängiger Gewerkschaften und Arbeiter:innenräte und im Widerstand gegen Entlassungen und Betriebsschließungen bewiesen. Jetzt müssen sie dieselbe Standhaftigkeit im Kampf um demokratische Rechte zeigen.
Revolutionär:innen müssen sich für die Verabschiedung eines sozialistischen Programms einsetzen, als Teil einer permanenten Revolution für Syrien und die gesamte Region. Syrien blickt auf eine reiche Geschichte sozialistischer und kommunistischer Organisationen zurück, die unter dem Stalinismus entstellt und durch das Assad-Regime zerschlagen wurden. Jetzt ist es an der Zeit, den Aufbau einer revolutionären Arbeiter:innenpartei voranzutreiben, die diesen Kampf anführt.