Arbeiter:innenmacht

Arbeiter:innen und Queers in Solidarität gegen Thatcher – das Kapital wird vereint geschlagen!

David Jones from Isle of Wight, United Kingdom, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons

Leonie Schmidt, Neue Internationale 284, Juli / August 2024

Während der Bergarbeiterstreiks 1984 – 1985 kämpften Bergarbeiter, ihre Familien sowie Lesben und Schwule gemeinsam gegen Thatchers Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse, später auch gegen ihre auf Lesben und Schwule. Im folgenden Artikel soll aufgezeigt werden, warum diese Allianz auch heute noch einen Bezugspunkt für uns als Marxist:innen darstellt und welche Lehren wir daraus ziehen können.

Der gemeinsame innere Feind

Aufgrund von Ende des Nachkriegsbooms, Inflation, Weiterentwicklung der Produktionsprozesse zur Gewinnung von Strom und der allgemeinen Umstrukturierung des Arbeitsmarkts hin zu mehr Dienstleistungen in den westlichen imperialistischen Staaten beschloss Thatcher im Rahmen ihrer neoliberalen Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse in den 1980er Jahren, insgesamt 73 Steinkohlegruben zu schließen. Der daraufhin ausbrechende, erbitterte, von der National Union of Mineworkers (NUM) angeführte Streik gilt als der größte und längste im Vereinigten Königreich (UK). Er dauerte ein Jahr an. Während des Streiks kam es zu massiver staatlicher Repression gegen die Streikenden von Seiten der Polizei, wobei es auch zu Polizeigewalt, Festnahmen und Haftstrafen kam. Die Streikenden wurden außerdem medialer Hetze ausgesetzt, in welcher behauptet wurde, von ihnen würde die meiste Gewalt während der Streiks ausgehen und nicht von der Polizei. Die Angriffe von Thatcher bezogen sich auf die organisierte Arbeiter:innenklasse, welche sie bereits vor dem Streik mit Einschränkungen von Arbeits- und Gewerkschaftsrechten terrorisierte, da sie davon ausging, die Arbeiter:innen müssten Angst vor Arbeitslosigkeit haben, um gezügelt und in Schach gehalten zu werden. Ihre Politik sorgte für eine massive Verschlechterung des Lebensstandards für die Bevölkerung.

Auch Schwule und Lesben stellten in Thatchers Augen eine Bedrohung für ihre Vorstellung einer nationalen Gemeinschaft dar. Sie gehörten somit auch zum „Enemy Within“ (innerer Feind). Da sie nicht dem konservativen Familienbild entsprachen und die AIDS-/HIV-Epidemie in den 1980er Jahren noch als „Gay-Related Immune Deficiency“ (GRID) stigmatisiert wurde, führte dies dazu, dass sie in der Gesellschaft massiv unterdrückt und ausgegrenzt wurden. Hinzu kam die erst kurz zuvor erfolgte Entkriminalisierung von homosexuellen Beziehungen unter Männern, welche in England und Wales 1967, in Schottland 1981 und in Nordirland 1982 umgesetzt wurde. Doch die gesellschaftliche Haltung gegenüber Homosexualität hatte sich nicht stark verändert. Homosexuelle wurden immer noch als psychisch krank und verdorben angesehen und waren Gewalt und Belästigungen ausgesetzt. Besondere Sorge empfand man vor der Indoktrinierung von Kindern. So ließ Thatcher 1986 verlauten: „Kindern, denen die Achtung traditioneller moralischer Werte beigebracht werden müsste, wird beigebracht, dass sie ein unabdingbares Recht hätten, schwul zu sein.“ Die Aufrechterhaltung des Ideals der bürgerlichen Familie muss in Zeiten des Neoliberalismus so verstanden werden, dass aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage und der Massenarbeitslosigkeit immer mehr Frauen arbeiten gehen mussten, was die Vorstellung der geschlechtlichen Arbeitsteilung der bürgerlichen Familie angriff. Diese besagt, dass der Mann gemeinhin als Ernährer der Familie gilt, während die Frau sich um die Reproduktionsarbeit kümmert, also dafür sorgt, dass der Arbeiter am nächsten Tag wieder seine Ware Arbeitskraft verkaufen kann und neue Arbeiter aufgezogen werden können. Natürlich konnte es sich auch vor den Zeiten des Neoliberalismus eher die Arbeiter:innenaristokratie leisten, eine nicht-lohnabhängige Ehefrau zu haben. Dennoch rüttelte das Strömen der Frauen in die Arbeitswelt an den konservativen Vorstellungen. Hinzu kam eine Frauenbewegung, in den 1980er Jahren geprägt vom Radikalfeminismus, die zwar kleinbürgerlich blieb, aber die „das Private ist politisch“ rief, womit sie sich auf die Verteilung von Reproduktionsarbeit bezog. Gleichzeitig kam es unter Bezugnahme auf die Stonewall Riots 1969 sowie die 1968er Revolten auch zu gesellschaftlichen Bewegungen, die sich für die Rechte von Lesben und Schwulen einsetzten. Im UK war hier vor allem die Gay Liberation Front (GLF) aktiv, die zwar viele Aktivist:innen um sich sammeln konnten, sich aber schon nach 3 Jahren in kleinere Gruppen aufsplitterte. Demnach war es aus Perspektive von Thatcher und der Bourgeoisie nur logisch, dass sie auf konservative Werte pochten, um jeglichen gesellschaftlichen Kämpfen, die der heiligen bürgerlichen Familie gefährlich werden könnten, einen Riegel vorzuschieben. Für uns als Marxist:innen stellt dieses Idealbild der bürgerlichen Familie mitsamt ihrer Geschlechterrollen auch die Grundlage für die Unterdrückung queerer Personen dar, da sie diesem niemals gerecht werden können. Wirklich aufgelöst werden kann es erst in der Übergangsgesellschaft durch Kollektivierung von Haus- und Sorgearbeit sowie Umstrukturierung von Wohnverhältnissen, weg vom Einfamilienhaus zu kollektiveren Möglichkeiten.

Lesben und Schwule hatten zusätzlich insbesondere in Kombination mit der AIDS-Epidemie mit medialer Hetze zu kämpfen und waren staatlicher Repression ausgesetzt. Aufgrund dieser Ausgrenzung entwickelte sich eine Subkultur der Lesben- und-Schwulenszene, wo sie sich in eigens für sie eröffneten Clubs trafen. Jedoch waren viele dieser Clubbesitzer:innen selbst nicht homosexuell und witterten lediglich die Möglichkeit, aus gesellschaftlicher Ausgrenzung Profit zu schlagen, denn Lesben und Schwule hatten nicht die Möglichkeit, in normale Pubs zu gehen, um einen unbeschwerten Abend zu verbringen. Des Weiteren war die Klientel in diesen Gay Clubs eher von der Mittelschicht geprägt als von der Arbeiter:innenklasse. Es gab wenige Ausnahmen wie zum Beispiel The Bell, wo eher Linke sowie Lesben und Schwule der Arbeiter:innenklasse angesprochen werden sollten.

Tony Benn (Labour MP) zog als einer der ersten einen Vergleich zwischen der Situation der Bergarbeiter und der Lage von Lesben und Schwulen, wobei er sich vor allem auf die polizeiliche Schikane gegen Lesben und Schwule sowie gegen die Kohlekumpel bei den Streikpostenketten (engl.: Picket Lines), die im Falle eines Streiks verhindern sollen, dass Streikbrecher:innen arbeiten können, indem sie von den Produktionsstätten ferngehalten werden, oder dass bereits fertige Waren wegtransportiert werden können, bezog. In den zwölf Monaten des Streiks wurden 11.312 Bergarbeiter vorläufig festgenommen, über 200 inhaftiert und 966 entlassen, weil sie sich am Streik beteiligt hatten. Mehr als 3.000 wurden verletzt und zwei starben an der Streikpostenkette: David Jones und Joe Green. Lesben und Schwule kannten diese Gewalt durch die Polizei schon lange. Ständig wurden ihre Clubs, Pubs und weitere Treffpunkte wie zum Beispiel der queere Buchladen „Gays of the world“ in London von der Polizei gewaltvoll gestürmt. Diese Verbindung basierend auf dem Erleben von Polizeirepression, die klarer nicht aufzeigen könnte, dass man zum/r Staatsfeind:in degradiert wurde, stellte eine besonders wichtige Brücke zwischen den Streikenden sowie Lesben und Schwulen dar, die die Annäherung und Besinnung auf Klassenzugehörigkeit erst ermöglichte.

Lesbians and Gays Support the Miners

Da der wöchentliche Bezug des „Streikgeldes“ um 15 – 16 Pfund gekürzt wurde, gründeten sich schnell die ersten Unterstützungsgruppen für die Streikenden, z. B. im Juni 1984 die Lesbians and Gays Support the Miners (LGSM). Gegründet wurde sie von Mike Jackson und Mark Ashton, der Mitglied der Young Communist League (YCL; Jugendorganisation der Communist Party) war. Bei der Gründung waren laut Asthons Angaben nur Mitglieder der Communist Party und der YCL anwesend, die Basis war dann jedoch breiter aufgestellt. Die meisten waren jedoch Teil der Arbeiter:innenklasse. Ashton und Jackson hatten bereits auf dem Londoner Lesbian and Gay Pride March im Sommer 1984 einige Spenden für die Streikenden gesammelt und wollten ihr Engagement nun intensivieren. Ihre Aktivitäten umfassten also gezieltes Spendensammeln, das Besuchen von Demonstrationen und Konferenzen, um auf den Streik aufmerksam zu machen, die Publikation von Artikel und Flugblättern sowie den Besuch der Streikenden in Dulais Valley (Südwales). Denn nach einigen Monaten des Streiks wurde die staatliche Unterstützung für die Streikenden ganz eingefroren, weswegen sich ein größeres Solidaritätsnetzwerk für verschiedene Bergbaugemeinden gründete. LGSM war Teil des Netzwerks für Dulais Valley, und um die Spenden zu übergeben, fuhren sie auch in die Gemeinde, da der Gewerkschafter und Bergarbeiter Dai Donovan in Onllwyn, mit dem sie in Kontakt standen, sie für einen Besuch nach Südwales eingeladen hatte. Im Oktober 1984 wollten sie mit 30 Mitgliedern anreisen. 5 Tage vor dem Aufeinandertreffen zwischen Kohlekumpeln, ihren Familien und den Lesben und Schwulen traf sich das Streikkomitee von Dulais Valley, um zu diskutieren, welche Vorkehrungen getroffen werden müssten. Es waren schließlich immer noch die 1980er Jahre und gerade die Bergbaugemeinden galten als besonders konservativ. Wenn die Lesben und Schwulen schon in London mit Diskriminierung zu kämpfen hätten, wie würde es dann dort aussehen? Lediglich die Intervention von Dai Donovan sorgte dafür, dass die Bergbaugemeinde die LGSM empfangen konnte und wollte, da er im Streikkomitee argumentierte, dass die Lesben und Schwulen ebenso ein Teil der Arbeiter:innenklasse sind und auch als solche behandelt werden müssten. Tatsächlich waren es dann vor allem die Frauen, die älteren sowie jüngere Bergarbeiter, die in der NUM oder im Rahmen linker Politik aktiv waren, die die LGSM aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Arbeiter:innenklasse willkommen hießen. Doch wenngleich es vorher auf beiden Seiten Bedenken gab, war der Besuch ein voller Erfolg. So erinnert sich einer der Mitbegründer der LGSM, Mike Jackson: „Es wäre unehrlich zu sagen, dass es keinen Dissens gab. Jahre später fanden wir heraus, dass auf meinen Brief hin ein Treffen stattgefunden hatte, in dem erklärt wurde, dass eine Gruppe von Queers sie unterstützen wollte. Das hatte zu einer sehr hitzigen Diskussion geführt. Aber der Konsens war: Wir sind von der Presse verteufelt worden, vielleicht sollten wir uns mit den Schwulen treffen, denn auch sie sind verteufelt worden. Denjenigen, die damit ein Problem hatten, wurde gesagt, sie sollten sich fernhalten. Wir sind also nie auf irgendwelche Anfeindungen gestoßen.“ Ein anderes LGSM-Mitglied, Jonathan Blake, erklärt im Bezug auf den Besuch in Dulais Valley: „Es waren vor allem die Frauen und die älteren Bergleute, die uns wirklich willkommen hießen, die Jüngeren waren etwas misstrauisch und vielleicht sogar eingeschüchtert. Und natürlich gab es nach dem Streik eine Menge schwulenfeindlicher Ansichten, aber die wurden von der Mehrheit der Bergleute einfach ignoriert.“ Ein weiteres Mitglied der LGSM fuhr fort, dass die Bergleute die Hetze der Medien, insbesondere der „Sun“ kannten und daher genau wussten, dass die Presse oftmals nicht die Wahrheit sagen würde, so auch nicht in Bezug auf die Hetze gegen Schwule im Rahmen der AIDS-Pandemie. Tatsächlich stellte sich beim Besuch heraus, dass die Mitglieder der LGSM hier viel eher einfacher sie selbst sein konnten, als sie es vielleicht in London hätten sein können. Hier waren sie einfach ein Teil der Gemeinschaft der Arbeiter:innenklasse, während sie in London einen Teil einer exklusiven Subkultur, die auch noch entlang von Klassenlinien gespalten war, bildeten. So tanzten in der Gemeinschaftshalle von Dulais queere und heteroexuelle Pärchen ganz selbstverständlich nebeneinander, während das in London undenkbar gewesen wäre. Auch nach dem Besuch unterhielten sich die Familien in den Bergbaugemeinden auf einmal offen über Homosexualität und Schwulenrechte. Es war also ein Besuch mit Signalwirkung!

Neue Verbündete

Die Verbindung zwischen den Bergleuten, ihren Familien und der LGSM war jedoch keine Eintagsfliege. Immerhin, so schätzte Mark Ashton, habe die LGSM ein Viertel der Kosten für den Lebensunterhalt der Bergarbeitergemeinschaft in Dulais gestemmt. So erklärte Dai Donovan beim Pits and Perverts Konzert (einem Solikonzert für diese Gemeinden, bei welchem 5.000 Pfund Spenden gesammelt werden konnten) im Dezember 1984: „Ihr habt unser Abzeichen ,Coal not Dole’ (dt.: Kohle, nicht Arbeitslosenunterstützung) getragen, und wie auch wir wisst ihr, was Schikane bedeutet. Jetzt werden wir uns euer Abzeichen anstecken, wir werden euch unterstützen. Es wird sich nicht über Nacht ändern, aber jetzt wissen 140.000 Bergleute, dass es andere Sorgen und andere Probleme gibt. Wir wissen von den Schwarzen, den Schwulen und der atomaren Abrüstung. Und wir werden nie wieder dieselben sein.“ Und so sollte es auch kommen, denn im Sommer 1985 kamen 80 Delegierte der NUM aus Südwales, um mit der LGSM auf dem Lesbian and Gay Pride March in London Stellung zu beziehen. Sie schwangen ihre Banner und traten stolz für die Rechte der Lesben und Schwulen ein. Daraufhin bedankte sich Mike Jackson wie folgt: „Eure Anwesenheit hat alles gefestigt, worauf die Genoss:innen in unserer Gruppe jemals gehofft haben. Denn wenn wir vor einem Jahr die Grundlagen gelegt haben, dann stach eure Anwesenheit am Samstag hervor wie Granitsäulen unseres gegenseitigen Vertrauens, unserer Solidarität und unserer Hoffnung für die Zukunft. Ihr wart eine Inspiration für uns.“

Auch für die Ausrichtung der reformistischen Labour Party war die LGSM und ihre tiefe Verbundenheit zu den Bergarbeitern von Bedeutung. So wurde bei einer Abstimmung 1985 auf dem Parteitag von Labour der Kampf der Gewerkschaft für Rechte von Lesben und Schwulen offiziell anerkannt. Zu diesem Ergebnis kam es unter anderem, weil die NUM geschlossen dafür gestimmt hatte.

Lehren

Diese historischen Entwicklungen zeigen für uns als Marxist:innen ganz klar auf, dass unsere Positionen zur Queerbefreiung richtig sind. Es zeigt sich, dass es zur Überwindung von Chauvinismus jeglicher Art einen gemeinsamen Kampf von Unterdrückten und Ausgebeuteten braucht. Das Weiteren ist eine Besinnung darauf notwendig, dass es eine/n gemeinsame/n Feind:in gibt, gegen den/die man vereint kämpfen muss, anstatt sich spalten zu lassen: das Kapital und die herrschende Klasse. Es ist davon auszugehen, dass besonders die materielle Hilfe durch die Spenden der LGSM dazu beigetragen hat, dass sie als Verbündete wahrgenommen wurden, da sie die Lebensbedingungen während des Streiks aktiv verbessern konnten. Das heißt für uns, dass wir ebenso für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen kämpfen müssen: niedrigere Mieten durch Enteignung von leerstehendem Wohnraum und Sozialwohnungsbau, höhere Löhne, Renten und Sozialhilfen, angepasst an die Inflation durch eine gleitende Skala, sowie massive Investitionen in Soziales, Bildung und Gesundheit. Hinzu kommt, dass die Kämpfe während der Bergarbeiterstreiks auch einen Aspekt der Frauenbefreiung innehatten. Denn auch die Frauen der Kumpel hatten angefangen, sich politisch zu organisieren, um den Streik zu unterstützen, was bei vorherigen Ausständen nicht der Fall war. Sie beteiligten sich an Streikpostenketten, organisierten Spendensammlungen und Demonstrationen, und es fand eine Art Kollektivierung von Hausarbeit statt, um die Gemeinden besser versorgen zu können (wobei die Arbeit dennoch in den Händen der Frauen blieb, jedoch nicht mehr in jedem einzelnen Haushalt). Ohne ihr Zutun hätte der Streik niemals derart lange anhalten können. Wie bereits erwähnt, standen sie von Anfang an besonders freundlich zu den Aktivist:innen der LGSM, da auch sie die gemeinsame Grundlage der Unterdrückung erkannten: die patriarchalen Strukturen.  Das zeigt uns, dass die Befreiung der Frau auch ganz entscheidend Hand in Hand mit der von Queers gehen muss.

Anhang Zur Bedeutung des britischen Bergarbeiterstreiks 1984 – 1985

Auch wenn in puncto Verbindung von Arbeits- und queeren Kämpfen der Streik einen Erfolg darstellte, schadete der Ausgang des längsten Streiks der britischen Geschichte, nämlich die Niederlage der Kohlekumpel gegen Thatcher, maßgeblich dem britischen Klassenkampf und den Gewerkschaften. Obwohl 170.000 Streikende über ein Jahr gegen Thatcher, die Polizei und die hetzenden Medien ankämpften, vermochten sie es nicht, Thatchers Vorhaben der Grubenschließungen zu verhindern.

Die Politik der Führung der National Union of Mineworkers (NUM), einschließlich ihres kämpferischsten und linkesten Mitglieds, des Präsidenten Arthur Scargill, war vom linken Reformismus geprägt – entweder in einer labouristischen oder stalinistischen Form. Diese Politik spielte bei dem Streik eine entscheidende Rolle.

Seine Politik und Strategie gingen nie über die beiden Grenzen von militantem Gewerkschaftswesen und linkem Reformismus hinaus. Wo objektiv ein revolutionärer kommunistischer Ansatz erforderlich war, verfolgte Scargill eine Politik, die auf Manövern innerhalb des linken Flügels der Gewerkschaftsbürokratie und dem syndikalistischen Glauben beruhte, dass militante Streikposten der NUM die Macht des Staates besiegen könnten. Kurz gesagt, er wandte die Taktik an, die den Bergarbeitern in den 1970er Jahren den Sieg in zwei großen Schlachten bescherte, und ignorierte die Tatsache, dass sich die Dinge sowohl in der Arbeiter:innenbewegung als auch in der Vorbereitung und Führung der herrschenden Klasse geändert hatten.

Das führte letztendlich dazu, dass den späteren Klassenverräter:innen des Trade Union Congress (TUC) die Argumente auf dem Silbertablett präsentiert werden konnten. So bezeichneten sie Streiks als ausgedient und altmodisch, Gewerkschaften sollten sich nun lieber um individuelle Anliegen der Mitglieder kümmern statt um massenhafte Aktionen. Die Niederlage der Bergarbeiter bedeutete einen strategischen Rückschlag für die gesamte Klasse. In den folgenden Jahren wurde ein Teil der Arbeiter:innen nach dem anderen besiegt, darunter auch die stärksten verbliebenen Teile der Bewegung wie die Drucker:innen (1986) und die Hafenarbeiter:innen (1989). Die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften sanken drastisch. In der Labour Party triumphierte der rechte Flügel. Die Linke wurde unter Kinnock systematisch gesäubert, ein Prozess, der mit der Ernennung von Tony Blair zum Vorsitzenden der Labour Party seinen Höhepunkt fand.

Aber es hätte eine Alternative geben können: Hätte eine revolutionäre Partei existiert, hätte sie echte Wurzeln in der gesamten Arbeiter:innenklasse geschlagen, hätte sie sich Einfluss in den Gewerkschaften gesichert, dann wäre ein Sieg möglich gewesen. Der Sieg erforderte eine Strategie, die darauf basierte, das, was jede/r als einen Kampf mit klassenweiter Bedeutung erkannte, in einen tatsächlichen klassenweiten Angriff auf die Kräfte des Kapitalismus und seines Staates zu verwandeln. Ein allumfassender Generalstreik wäre notwendig gewesen, was auch unsere britische Sektion Workers Power bereits 1984 in ihren Flugblättern aufwarf.

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