Arbeiter:innenmacht

Morgen wird gestorben, aber feministisch!

Oda Lux, Neue Internationale, November 2025

Die Zeit titelt etwa: „Wenn, dann für alle“ und nennt das feministisch. Es würde sogar etwas an der patriarchalen Rollenverteilung ändern. Im „Cicero“ heißt es, die Linken wollten sich „nicht die Hände schmutzig machen“. Klar ist: Feministische Außenpolitik war gestern. Heute lautet die (Kriegs-)Devise: Wehrpflicht auch für Frauen, das ist Gleichberechtigung!

Man könnte es als Erfolg feministischer Ideen sehen, dass Frauen an der Waffe nicht mehr diskriminiert werden sollen. Doch angesichts der Kasernen, in denen es von Sexismus, Rassismus und Faschos wimmelt, sieht das anders aus. Es hat kein neues Frauenbild Einzug gehalten. Es braucht nur mehr Kanonenfutter. Denn nach Aussetzung der Wehrpflicht 2011 haben sich zu wenige gemeldet.

Vorneweg: Ja, wir finden, dass Frauen an der Waffe genauso richtig sind wie Männer. Doch die Frage, die wir uns stellen müssen, ist, für wen und was es sich lohnt zu sterben, und warum gerade jetzt diese Forderung aufkommt.

Ihre Argumente für die Wehrpflicht

Die Regierung Merz ist in Sachen Frauen- und queere Rechte eine der reaktionärsten seit Langem und dennoch inszeniert sie sich nun als Engel der Gleichberechtigung. Als Vorbild angeführt wird Skandinavien – hier gilt die Wehrpflicht auch für Frauen.

Schon allein dieses Sich-die-besten-Kirschen-Rauspicken zeigt die Moral der Debatte. Denn vom Gender-Pay-Gap, der geringer ist, oder den besseren Pflege- und Kinderbetreuungsangeboten wird nicht gesprochen. Genommen wird für die „feministische Selbstermächtigung“, die Teile der Herrschenden für sich entdeckt haben, nur das, was passt. Zusätzlich wird gerne vergessen, dass dort schon seit etlichen Jahren rechte Parteien zu den etablierten Kräften gehören und die Debatte voll von moralischer Erpressung und Pseudo-Feminismus ist. So gäbe es durch eine veränderte Technik einen Ausgleich für die implizierte körperliche Unterlegenheit von Frauen im Allgemeinen. Ganz nach dem Motto: Es ist weder schwierig noch körperlich anstrengend, also können auch Frauen Panzer fahren, zumindest solange sie nicht einparken müssen.

Allein zwischen dem Flügel der Wirtschaft, der nicht direkt von Krieg profitiert, und jenen, die es tun, gibt es einen Disput. Es wird daher weniger diskutiert, inwieweit Feminismus nur vorgeschoben ist, als dass auch sicherheits- oder wirtschaftspolitische Aspekte relevanter sind. Nur am Rande der bürgerlichen deutschen Medienlandschaft, etwa im „Missy Magazine“, finden sich Stimmen, die die Rhetorik der Regierung entlarven und ihr absprechen, damit feministische Ziele zu verfolgen. Allerdings trifft dies nicht auf alle Feminist:innen zu. Dies ist in Zeiten der Kriegsvorbereitung nicht verwunderlich, da der Großteil der selbst ernannten Feminist:innen dem bürgerlichen Spektrum zuzuordnen ist. Feminismus an sich ist ein (klein)bürgerliches Phänomen. Was wir brauchen, ist kein Feminismus der Herrschenden, bei dem es um mehr Frauen in Aufsichtsräten geht. Wir brauchen proletarischen, revolutionären Feminismus und der kann nur internationalistisch sein.

Krieg, Nationalismus und die (neue) Rolle der Frau

Sterben für die Nation. Sterben für Europa. Sterben für die Demokratie. Das hören wir derzeit immer öfter. Dieser Dreiklang ist dabei nur die Weiterentwicklung des europäischen Gedankens, der von Anfang an imperialistisch geprägt war. An der Popularität erkennen wir wieder einmal, dass es eine neue Blockbildung der imperialistischen Mächte gibt und Deutschland dafür kämpft, dass sich Europa als eigener Block positioniert und nicht im internationalen Geschehen untergeht. Die moralische Komponente, dass gerade Frauen und Feminist:innen für „unsere freiheitlichen Werte“ in die Pflicht genommen werden sollen, ist eine bürgerliche Masche. Nicht nur einstige Friedensaktivist:innen sprechen sich mittlerweile dafür aus, dass sich „Deutschland verteidigen müsse“, auch bürgerliche Feminist:innen stimmen in den Chor ein. Doch am Ende bist du tot, ob feministisch gestorben oder nicht. Und demokratische Rechte schützt man ebenso wenig, wenn man sich vor den Karren von Regierungen spannen lässt, die fundamentale Rechte der Arbeiter:innenklasse angreifen.

In Zeiten der Kriegsvorbereitung und des Krieges kommt Frauen eine besondere Rolle zu. Sie sind Teil der Heimatfront. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in Kriegssituationen, wie wir sie derzeit etwa in der Ukraine sehen, der Nationalismus, vor allem unter Frauen, steigt und gefördert wird. Denn die Zukunft, in Form von Kindern, liegt in den Händen der Frau. Bisher zeigte sich diese verkürzte Darstellung an tradierten Rollenbildern, die Frauen jahrhundertelang explizit vom Dienst an der Waffe ausgeschlossen haben, der bis jetzt seine Freiwilligkeit erhalten hat, zumindest wenn es darum ging, verpflichtet zu werden. Das könnte sich in Deutschland schon bald ändern. Sie wollen nicht mehr nur unsere Körper, sondern auch unsere Leben.

Wehren ist Pflicht, Wehrpflicht nicht!

Klar ist: Frauen sollten genauso eine Waffe tragen dürfen und sich verteidigen können. Revolutionärinnen überall auf der Welt haben dies bereits getan, denken wir etwa an Celia Sánchez (Kuba) oder Raymonde Peschard (Algerien). Dass der bürgerliche Staat dies erst erlaubt, wenn es ihm selbst nützt, und ansonsten in denselben politischen Kreisen antifeministische Frauenbilder wie „Tradwives“, deren Verkörperung, verehrt oder weibliche Abgeordnete qua Geschlecht in den Familienausschuss gesteckt werden, spricht für sich selbst.

Als Revolutionär:innen stellen wir uns gegen eine Instrumentalisierung der Jugend für ihre Kriege und damit gegen die Wehrpflicht. Daher müssen wir gemeinsam eine internationale, antimilitaristische Gegenwehr aufbauen. Allein der Klassenkampf, Seite an Seite mit den Arbeiter:innen in anderen Ländern, kann die Kriegsspirale stoppen. Doch im Ernstfall rennen wir nicht weg. Denn wenn alle eingezogen werden, verändert sich natürlich auch die Arbeit und Lage von Revolutionär:innen. Lenin hat während des Ersten Weltkriegs in den Aprilthesen beschrieben, was dann zu tun ist: Aufklärung der Massen an der Front und Bildung von Arbeiter:innen- und Soldat:innenräten, die eine Gegenmacht aufbauen! Doch bis dahin gilt es, sich gegen die Aufrüstung, den steigenden Nationalismus und die deutschen Kriegsbestrebungen zu stellen.

Ihre Gewalt und unsere

Es ist daher wichtig, unsere Position als Revolutionär:innen nicht mit der von kleinbürgerlichen Pazifist:innen zu verwechseln. Ebenso wenig ist revolutionäre Gewalt oder jene, die Menschen ausüben, um sich von ihren Unterdrücker:innen zu befreien, gleichzusetzen. Wenn bürgerliche Kräfte uns daher weismachen wollen, es sei legitim, sich jetzt freiwillig zu melden, um für einen potenziellen Krieg mit Russland bereit zu sein, die deutschen Außengrenzen zu verteidigen, aber den Widerstand in Palästina und Kurdistan verurteilen, so ist das nichts als Heuchelei. Eine Heuchelei von Menschen, die in erster Linie an sich denken und den Thron, auf dem sie sitzen, verteidigen wollen.

Wir sind nicht bereit, diesen Thron für sie zu verteidigen. Im Kriegsfall steht unsere Position schon fest. Wenn sich zwei imperialistische Mächte streiten, stehen wir auf der Seite keiner Nation. Wir folgen damit den Ideen des revolutionären Defätismus. Für uns gilt: Der Hauptfeind steht im eigenen Land. Wir stehen auf der Seite der Arbeiter:innenklasse, immer, überall und über nationale Grenzen vereint. Denn das ist wahrer Internationalismus. Für eine andere Gesellschaft lohnt es sich, zu kämpfen und notfalls auch zu sterben. Für das deutsche Kapital nicht.

Wir sagen daher: „Unsere Leben bekommt ihr nicht.“ Kein Cent, kein Mensch dem deutschen Militarismus!

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