KD Tait, Infomail 1298, 20. November 2025
Die größte linksradikale Organisation Großbritanniens hat zum ersten Mal seit ihrem peinlichen Debakel mit Respect vor fast zwei Jahrzehnten ein neues Projekt für eine politische Partei gestartet.
Damals hat sich die Socialist Workers Party (SWP) in ein reformistisches, klassenübergreifendes Bündnis gestürzt, das mit Spaltungen, Skandalen und Demoralisierung endete. Jetzt, nachdem die Begeisterung für die Gründung von Your Party (Eure Partei) durch Zarah Sultana und Jeremy Corbyn dramatisch gestiegen ist, behauptet die SWP, „ihre Lektion gelernt“ zu haben und eine „revolutionäre“ Intervention anzubieten.
Oberflächlich betrachtet liest sich das Strategiepapier ihres Zentralkomitees „Revolutionär:innen und Your Party“ wie eine selbstbewusste Erklärung revolutionären Engagements. In Wirklichkeit deckt es jedoch die politischen Widersprüche und Ausflüchte auf, die den Kern der Methode der SWP ausmachen – einer Methode, die die Organisation wiederholt in Bündnisse und Projekte geführt hat, die die Klassenlinie verwischen, die revolutionäre Politik verwässern und die reformistischen Führungen unangefochten lassen.
Die SWP-Führung präsentiert ihre Ausrichtung auf „Your Party“ als klare Intervention von Revolutionär:innen bei der Gestaltung eines neuen Massenparteiprojekts. Aber der gesamte Ton des Dokuments und vor allem die Beweise für ihre Vorgehensweise in der Praxis machen deutlich, dass die SWP nicht vorhat, für eine revolutionäre Führung innerhalb der neuen Partei zu kämpfen, sondern sich ihr anzupassen.
Die Führung fordert die Mitglieder auf, der neuen Partei „beizutreten und sie mitzugestalten“, während sie gleichzeitig die formale Unabhängigkeit der Organisation bewahrt. In der Praxis bedeutet dies jedoch die politische Unterordnung unter eine Bewegung, deren Politik (vorerst) eine Mischung aus Populismus und Labour-Parlamentarismus ist.
Die SWP geht nicht von der zentralen Frage aus: Welches strategische Ziel sollte die Arbeiter:innenklasse haben und welche Art von Organisation ergibt sich daraus?
Stattdessen sieht sie Your Party als „Chance“, mit Aktivist:innen in Kontakt zu kommen, die von Labour enttäuscht sind, ohne die Illusionen anzusprechen, die diese Leute immer noch haben. Das Ergebnis ist eine Linie der Anpassung. Die SWP will mitmachen, um sicherzustellen, dass die neue Partei „den Kampf über die Wahlen stellt“ und „die Straßen im Mittelpunkt behält“.
Aber nirgendwo wird vorgeschlagen, dass Your Party ein antikapitalistisches Programm annimmt, noch wird ein klassenbasierter Bruch mit dem Parlamentarismus oder der Gewerkschaftsbürokratie gefordert.
Anstatt „Your Party“ als einen zweifellos fehlerhaften und unsicheren Moment zu sehen, in dem Zehntausende von Aktivist:innen der Arbeiter:innenklasse mit dem Labourismus brechen könnten, betrachtet sie es durch ihr eigenes sektiererisches Prisma als „Öffnung“, um ihre eigenen Netzwerke wieder aufzubauen.
Der kürzlich erschienene Artikel „Hope amid horror? Britain’s new Left and the extreme Right“ (Hoffnung inmitten des Grauens? Die neue Linke und die extreme Rechte in Großbritannien) betont im International Socialism Journal zu Recht die Chance, im Kontext der kapitalistischen Krise und des Aufstiegs der extremen Rechten eine Alternative für die Arbeiter:innenklasse anzubieten. Aber statt einer in der Klasse verwurzelten Partei, die darauf abzielt, die Macht zu übernehmen, bekommen wir einfach nur die Beteiligung der SWP an einer weit gefassten „sozialistischen Massenpartei einer noch nie dagewesenen Art“. Der Grund dafür ist klar: Die SWP (wie auch die Socialist Party und die Revolutionary Communist Party) sieht sich selbst als die einzige „marxistische“ Partei. Die YP ist in diesem Schema nur ein Ort, um Leute zu rekrutieren.
Um im Inneren zu bleiben, wird die SWP das tun, was sie bei Respect getan hat und was ihre Schwesterorganisation marx21 bei Der Linken getan hat – sich an linke Reformist:innen und Funktionär:innen anhängen, als deren Fußsoldatin und Handlangerin fungieren, im Gegenzug für „Einfluss“, Rederecht an den Verhandlungstischen und, was am wertvollsten ist, die offizielle Unterstützung ihrer Kandidat:innen bei Kommunalwahlen.
Das Dokument der SWP ist nach wie vor von ihrer langjährigen „bewegungsorientierten“ Auffassung von Politik geprägt: der Idee, dass die grundlegende Funktion einer revolutionären Partei darin besteht, breite Formationen und Kampagnen aufzubauen oder sich ihnen anzuschließen und dann militante Mitglieder zu rekrutieren, die über die Grenzen hinausgehen wollen, die durch den reformistischen und einseitigen Charakter dieser Aktivität gesetzt sind.
Die Idee, dass eine revolutionäre Partei diese Formationen auch dazu anleiten sollte, sich dem Kapital entgegenzustellen und die durch den Reformismus gesetzten Grenzen zu überwinden, ist der SWP ein Gräuel. Das könnte die Leute „abschrecken“; solche Ideen sind wirklich nur für diejenigen, die bereits revolutionär sind.
Seit Jahrzehnten ersetzt die SWP den Aufbau von Bewegungen (oder das, was sie als „Einheitsfronten besonderer Art“ bezeichnet) wie Stand up to Racism durch die Entwicklung eines konkreten Programms, einer Strategie, um die sich die Partei organisiert und um die Führung innerhalb der Arbeiter:innenbewegung kämpft. Obwohl sie als „Einheitsfronten“ bezeichnet werden, ist die politische Grundlage dieser Kampagnen die der „Volksfront“ – ein Bündnis mit liberalen, mittelständischen und prokapitalistischen Sektoren.
Der Ruf der SWP nach einer „breiten und pluralistischen Vision“ innerhalb von Your Party ist ein Versuch, ihre organisatorischen Vorrechte zu bewahren und sicherzustellen, dass YP bestenfalls eine linksreformistische Partei bleibt, aus der radikalere Leute für die „echten Marxist:innen“ der SWP rekrutiert werden können.
Wie Joseph Choonaras (wirtschaftswissenschaftlicher Dozent an der Universität Leicester) Artikel zeigt, befinden wir uns in einer Zeit schwerer Turbulenzen: ökologischer Zusammenbruch, wirtschaftliche Stagnation, Wiederaufleben der extremen Rechten – der „Horror“, aber auch die „Hoffnung“, die eine handlungsfähige Linke bietet. Angesichts einer solchen Konjunktur sollten Marxist:innen sich auf die Klassenfrage konzentrieren, auf die Machtübernahme, anstatt sich am Rande reformistischer Koalitionen zu bewegen.
Die Perspektive der SWP weicht dieser Verpflichtung der Revolutionär:innen aus, die Irreführung der Reformist:innen durch revolutionäre Organisations- und Kampfmethoden infrage zu stellen. Den Aktivist:innen der SWP wird gesagt, sie sollen „sichtbar sein“, lokale Ortsgruppen aufbauen, der Partei beitreten – aber nicht für ein revolutionäres Programm innerhalb von Your Party kämpfen.
Die Weigerung der SWP, sich mit dem Klassencharakter von Your Party auseinanderzusetzen, ergibt sich aus ihrer eigenen zentristischen Methode. Sie bietet keine ernsthafte Analyse ihrer sozialen Basis oder ihres Programms. Ihre führenden Persönlichkeiten – Corbyn, Sultana und die „unabhängigen“ Abgeordneten von Your Party – werden als Rohmaterial für eine undefinierte „aufständische Linke“ behandelt und nicht als eindeutige Vertreter:innen einer reformistischen Strömung und im Falle der meisten unabhängigen Abgeordneten einer eindeutigen liberalen Strömung, die in ihrem Engagement für die Steuerung des Kapitalismus und nicht für dessen Ersatz verwurzelt ist.
Um die Führer:innen, mit denen sie einen Block bilden will, nicht zu verärgern, wird Kritik als „Ratschlag“ dargestellt – und das „Programm“, das sie für die Partei vorschlägt, besteht aus einer Reihe abstrakter Prinzipien, die zwar einige der Abgeordneten der Independent Alliance ausschließen könnten, sie aber nicht wesentlich von Zack Polanskis Grünen unterscheiden würden. Obwohl das Mantra der SWP „Kampf statt Wahlen” militant klingen soll, dient es in Wirklichkeit nur dazu, die Lücke zu füllen, die entsteht, wenn konkrete Formen der Organisation und Taktik der Arbeiter:innenklasse notwendig sind, um die falsche Dichotomie von „Straße vs. Parlament” zu überwinden.
Diese Form der „revolutionären“ Politik wird als Nachtrabpolitik (Chvostismus) bezeichnet, ein Begriff, den Lenin geprägt hat, um diejenigen zu beschreiben, die die Klasse nicht anführen, sondern einfach ihrer spontanen Bewegung folgen. Das ist opportunistisch, weil es letztendlich dazu führt, dass man, wie der ursprüngliche reformistische Theoretiker Eduard Bernstein, die Bewegung als das Wichtigste ansieht und das Ziel des Sozialismus bestenfalls als zweitrangig betrachtet. Es ist sektiererisch, weil es die Aussicht auf ein paar sofortige Neuzugänge über das Ziel stellt, die Massen zu gewinnen, indem man die Reformist:innen um die Führung herausfordert.
Dieser Kampf muss von einer klaren Strategie geleitet werden: dem Kampf für ein Übergangsprogramm, das unmittelbare Forderungen – zu Löhnen, Wohnraum, Migrant:innenrechten und Palästina – mit dem Kampf um die Macht der Arbeiter:innen verbindet. Ohne das wird „Engagement“ zu Liquidierung.
Das Dokument der SWP enthält kein solches Programm. Sein ganzer Schwerpunkt liegt auf organisatorischen Fragen: Tritt deiner Partei bei, sei aktiv, setz dich für Einheit ein. Die Politik ist rein negativ – gegen Sektierertum, gegen „Spaltungen“, gegen „bürokratische Querelen“, sogar gegen interne politische Diskussionen zugunsten von mehr Aktivismus –, aber niemals für eine konkrete revolutionäre Alternative.
Workers Power glaubt, dass echte revolutionäre Arbeit innerhalb neuer Formationen eine offene politische Konfrontation erfordert, keine Tarnung.
Wir denken, dass der Kapitalismus die Hauptursache für die Krise der Lebenshaltungskosten, die Umweltkatastrophe und die zunehmenden imperialistischen Konflikte und den Militarismus ist – daher liegt es im Interesse der Arbeiter:innen, sich zu organisieren, um ihn durch eine planwirtschaftliche sozialistische Wirtschaft zu ersetzen. Deshalb sagen wir, dass eine neue Arbeiter:innenpartei sich dazu verpflichten sollte, mit dem kapitalistischen Staat zu brechen, die prokapitalistischen Gewerkschaftsbürokrat:innen abzulehnen und sich für Massenkämpfe unter sozialistischem Banner zu organisieren. Natürlich werden nicht alle in der YP damit einverstanden sein; selbst unter Antikapitalist:innen gibt es nach wie vor erhebliche Unterschiede in Bezug auf Perspektiven und Strategien. Deshalb existieren wir als revolutionäre Strömung innerhalb der Partei, um unsere Perspektive auf disziplinierte Weise zu organisieren. Die SWP lehnt diese Perspektive ab und zieht es vor, ihren eigenen in sich geschlossenen Apparat beizubehalten, während sie ihr Programm politisch im reformistischen Milieu auflöst.
Die Herangehensweise der SWP an Your Party spiegelt ihr eigenes internes Regime wider. Ihr bürokratischer Zentralismus bringt eine Führung hervor, die allergisch gegen echte Debatten ist und sich stattdessen auf administrative Einheit und organisatorische Loyalität verlässt. Dieser bürokratische Konservatismus äußert sich nach außen hin als politische Vorsicht. Die Angst der Führung vor Isolation treibt sie dazu, Akzeptanz innerhalb breiterer Bewegungen zu suchen, während ihre Angst vor Kontrollverlust eine echte Fusion auf einer prinzipiell revolutionären Basis verhindert.
Das Ergebnis ist vorhersehbar. Die SWP wird als disziplinierte, aber politisch stille Minderheit in Your Party eintreten, Aktivist:innen und Ressourcen bereitstellen und gleichzeitig jeden Kampf für ein revolutionäres Programm vermeiden. Wenn das Projekt unweigerlich auf die Widersprüche des Reformismus stößt – parlamentarische Illusionen, Versöhnung mit dem Staat, Kompromisse mit der Reaktion –, wird die SWP weder die Autorität noch die Klarheit haben, um eine Alternative anzubieten.
Die Strategie der SWP gegenüber Your Party zeigt die Krise des Zentrismus im heutigen Großbritannien. Sie verbindet sektiererische Isolation mit opportunistischer Anpassung und schwankt zwischen Bekenntnissen zur revolutionären Reinheit und der Teilnahme an reformistischen Projekten, die alle Klassengrenzen verwischen. Und wie wir schon gesagt haben, folgen die anderen größeren Strömungen, die SP und die RCP, sowie einige der kleineren Strömungen der extremen Linken einem ähnlichen Muster opportunistischer Anpassung.
Demgegenüber müssen Revolutionär:innen darauf bestehen, dass die Arbeiter:innenklasse ihre eigene Partei braucht – eine Partei militanter Arbeiter:innen, die sich von einer Strategie leiten lässt, die den Weg von den defensiven Kämpfen von heute zum Ziel der Revolution, der Macht der Arbeiter:innen und des internationalen Sozialismus aufzeigt. Es gibt keinen Grund, warum diese Debatte nicht vor den Tausenden von Menschen geführt werden sollte und kann, die sich Your Party anschließen wollen.
Alles andere, auch wenn es gut gemeint ist, verschiebt nur die Aufgabe der sozialistischen Revolution. Wenn du mit unserem Ansatz einverstanden bist, dann möchten wir, dass du dich Workers Power anschließt und uns dabei unterstützt, dafür zu kämpfen, dass Your Party zu der kämpferischen Partei der Arbeiter:innenklasse wird, die wir brauchen, um es heute mit dem Kapitalismus aufzunehmen.