Schweden: Landesweite Demonstrationen gegen die von Sozialdemokratie und Grünen geplante Liberalisierung am Wohnungsmarkt

Arbetarmakt, schwedische Sektion der Liga für die Fünfte Internationale, Infomail 1146, 20. April 2021

Am 1. Juli will die sozialdemokratisch-grüne Regierung Schwedens eine Reform beschließen, die es ermöglicht, die Mieten von neu gebauten Sozialwohnungen dem Markt zu überlassen. Nachdem die Regierung zunächst versucht hatte, den Vorschlag in einem Ausschuss zu begraben, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass das Thema irgendwie verschwinden würde, hat sie sich nun von ihren rechteren Juniorpartnerinnen zum Handeln drängen lassen. (Sozialdemokratie und Grüne bilden eine Minderheitsregierung, die auf Unterstützung zweier Parteien aus dem Bürgerblock angewiesen ist; d. Red. Mehr über die Regierung und den Koalitionsvertrag, auch bekannt als „Januar-Vereinbarung“, unter Politische Krise in Schweden: Streikmaßnahmen weisen den Weg vorwärts)

Die Führung der 538.000 Mitglieder starken MieterInnenvereinigung, die bisher die Mieten kollektiv aushandelt, sah sich ihrerseits durch den Druck ihrer Mitglieder gezwungen, eine Kampagne gegen den Vorschlag zu starten, zu Demonstrationen aufzurufen und eine Petition dagegen zu starten. Vor allem in der Region Göteborg sind radikalere Kräfte zu Recht weiter gegangen und haben Proteste nicht nur gegen diesen Vorschlag im Besonderen, sondern gegen die gesamte, faule Januar-Vereinbarung an sich organisiert.

Sonntag, der 18. April, wurde als nationaler Protesttag gegen die Kommerzialisierung der Mieten ausgerufen. Landesweit wurden über 150 Proteste organisiert. In vielen Städten, wie z. B. Stockholm und Göteborg, gab es im Laufe des Tages auf fast jedem Platz in den Vororten oder an jeder ÖPNV-Haltestelle eine (kleine und coronakonforme) Protestaktion.

Im proletarisch geprägten Skärholmen, einem Vorort Stockholms, organisierten wir als Arbetarmakt einen der Proteste. Unsere GenossInnen hielten Reden, verteilten Flugblätter und sprachen mit den AnwohnerInnen über den geplanten Angriff auf die Rechte aller MieterInnen. Auch in Göteborg nahmen wir zusammen mit den dortigen MieterInnengemeinschaften und -aktivistInnen an den lokalen Protesten teil, wo wir ebenfalls unser Flugblatt verteilen konnten.

Darin heißt es unter anderem:

„Die Liberalisierung der Mieten für neu gebaute Sozialwohnungen wäre ein großer Schritt in Richtung einer vollständigen Kommerzialisierung aller Mieten. Laut dem Bericht einer BeraterInnenfirma würde eine solche Kommerzialisierung der Mieten in Schweden etwa 50 % höhere Mieten in Stockholm und 30–50 % landesweit bedeuten. Alle Schritte in Richtung Kommerzialisierung von Mieten müssen gestoppt werden. Wohnen ist ein Recht. Es sollte keine Ware sein, mit der VermieterInnen Gewinne machen können.

  • Stopp aller Schritte zur Kommerzialisierung von Mieten!
  • Stopp aller Umwandlungen von staatlich finanzierten Wohnungen in Privatwohnungen – stattdessen Rückführung bereits privatisierter Wohnungen in Sozialwohnungen!
  • Stopp aller gierigen, privaten VermieterInnen – Rückführung aller Wohnungen in öffentliches Eigentum!
  • Für die umfassende Renovierung aller Sozialwohnungen, wo dies nötig ist!
  • Für eine landesweite Inspektion aller Sozialwohnungen, durchgeführt von VertreterInnen der ArbeiterInnenbewegung und der MieterInnen!
  • Niedrigere Mieten!
  • Für ein umfangreiches Programm zum Bau neuer Sozialwohnungen mit gutem Standard und vernünftigen Mieten. Baut die Wohnungskrise weg!
  • Die ArbeiterInnenbewegung muss für diese Forderungen kämpfen, durch Massenkämpfe, und um die Regierung zu zwingen, von ihren Angriffen abzulassen.“

Unser Flugblatt und unsere Reden wurden in Stockholm und Göteborg gut angenommen. Die Bewegung gegen die Kommerzialisierung von Mieten wächst gerade in Schweden und stellt ein weiteres Problem für die sozialdemokratisch geführte Regierung dar, die beständig von ihren liberalen Verbündeten dazu gedrängt wird, die rechtsgerichtete Politik der Koalitionsvereinbarung umzusetzen. Die Mietenkampagne wird auf jeden Fall fortgesetzt, neue Proteste und Online-Treffen sind bereits geplant.