Die Parteien der Arbeiterbewegung

Revoutionärer Marxismus 26, Theoretisches Journal der Liga für eine revolutionär-kommunistische Internationale (heute: Liga für die Fünfte Internationale), Winter 1998/99

I. Die Mehrheitsozialdemokratie (MSPD)

Vor dem Ersten Weltkrieg galt die deutsche Sozialdemokratie auch für Revolutionäre wie Lenin als Modell einer marxistischen Arbeitermassenpartei. Wie konnte es geschehen, daß ihre Führer 1914 für die Kriegskredite stimmten und damit ihren Internationalismus, ihre sozialistische Idee verleugneten, gegen die Beschlüsse des Basler Kongresses der II. Internationale über die Stellung der Sektionen zum imperialistischen Krieg handelten? Wie konnte es geschehen, daß sie später halfen, die Revolution niederzuschlagen und ein Rätedeutschland zu verhindern?

1914 hatte die SPD eine Million Mitglieder, die von ihr gegründeten Freien Gewerkschaften zwei Millionen. Die Arbeiterbewegung bildete eine Art Gegengesellschaft mit eigenen Frauen- und Jugendorganisationen, Volkshochschulen, Bibliotheken, Verlagshäusern, Konsumgenossenschaften und Freizeiteinrichtungen. Sie verfügte über 90 Tageszeitungen und ein Heer von hauptamtlichen Organisationssekretären. Im Reichstag hatte die SPD 110 Abgeordnete, 220 in Landtagen, 2886 in Gemeinderäten.

Rosa Luxemburg erkannte in diesem großartigen Gebilde frühzeitig die Anzeichen einer gefährlichen Bürokratisierung, vertrat aber dennoch die Ansicht, die sozialdemokratische Partei sei die “Bewegung der Arbeiterklasse”. Diese passive Haltung zum Kampf um ein revolutionär-kommunistisches Programm trug dazu bei, daß der revolutionäre Flügel vor 1914 keinen organisierten Fraktionskampf führte und bei Kriegsausbruch, als die Partei offen den Übergang ins Lager des Sozialchauvinismus vollzog, sich nicht abspaltete.

Lenin erklärte 1916 den Verrat der meisten sozialdemokratischen Organisationen mit der Bestechung einer privilegierten Arbeiterschicht in den imperialistisch gewordenen reichen kapitalistischen Ländern – eine Analogie zur Engelsschen Einschätzung über das Ausbleiben einer marxistischen Arbeitermassenpartei in England aufgrund des britischen Weltmarktmonopols einige Jahrzehnte vorher. So betrachteten viele die von der SPD erkämpften sozialen und politischen Errungenschaften bereits als ein “Stück Sozialismus”, das gegen “den Zaren” verteidigt werden müsse. Die Arbeiterbürokratie fürchtete vor allem die Zerschlagung der von ihr geführten Organisationen.

Damals stand bereits Friedrich Ebert an der Spitze der SPD, vor dem bereits Bebel gewarnt haben soll, weil er ihn als tüchtigen, in allen Details des Parteibaus versierten Beamten einschätzte, dem das Formale mehr als die Idee galt. Nicht zufällig war Ebert zunächst mit der Parteikasse in die Schweiz abgetaucht, um die Organisation zu retten, und erst mit ihr zurückgekehrt, als die legale Existenz der SPD mit der Zustimmung zu den Kriegskrediten gesichert schien. Der Organisationsfetischismus der SPD ging soweit, daß sie zwar den Krieg unterstützte, der “die Arbeiter aller Länder” gegeneinander trieb, aber dennoch während des Krieges nicht versäumte, ihre Beiträge an die Sozialistische Internationale abzuführen, deren Sitz nach Amsterdam verlegt worden war!

In der Bismarck-Zeit bis 1890 war die SPD, wenigstens in ihrer Selbsteinschätzung, die Partei der roten Revolution. Die soziale Revolution war schon damals etwas, das sie versprach und erhoffte, aber niemals die Forderung des Tages, immer eine Sache des Morgen oder Übermorgen. Niemals stellte sich ein deutscher Sozialdemokrat die Frage: “Was tun?” Die Revolution, sagte man sich, würde irgendwann “kommen”. Eine passiv abwartende “revolutionäre” Partei stellt sich nicht die Aufgabe der Entwicklung einer revolutionären Strategie für die Machtergreifung der Arbeiterklasse, für die Erkämpfung des Sozialismus, ja nicht einmal für die Vollendung der ungelösten bürgerlich-demokratischen Aufgaben mittels revolutionären Methoden des Klassenkampfs (Aufstand, “Volksherrschaft” statt bürokratisierter Staatsapparat etc.)!

Zwischen 1890 und 1914 war sie nur noch in Worten revolutionär; heimlich hatte sie begonnen, sich als Bestandteil des Wilhelminischen Deutschland zu fühlen. Von 1914 an wurde diese Wandlung offenbar. Diese Wandlung wurde auch durch das Aufhören der Verfolgung, das Ende der “Sozialistengesetze” bewirkt, ferner die entspanntere innenpolitische Atmosphäre im Vergleich zur Ära Bismarcks. Freilich wurde diese erzielt durch durch die Ablenkung des inneren Überdrucks nach außen.

Die Revisionisten, die die Revolution aus dem Parteiprogramm streichen wollten, wurden niedergestimmt, diese wie eh und je auf Kundgebungen und Parteitagen unter roten Fahnen beschworen. Heimlich dachte das Parteizentrum aber dasselbe wie die Reformisten: daß etwas von dem neuen Wohlstand der imperialistischen Expansion für den deutschen Arbeiter abfiel. Wer Verbesserungen spürt und auf weitere hofft, verliert den Appetit auf Revolution. Dazu kam schließlich die glänzende parlamentarische Karriere der SPD, die seit 1912 bei weitem stärkste Partei im Reichstag war.

Sie wollte, was auch die Revisionisten noch nicht offen aussprachen, den bestehenden Staat nicht mehr umstürzen, sondern im Bündnis mit den Liberalen und dem Zentrum über eine Parlamentsmehrheit und eine Parlamentarisierung der Reichsverfassung an die “Macht”, d.h. in ihn hineinwachsen. In diesem Sinne war der 14. August 1914, die Zustimmung zu den Kriegskrediten, kein “Verrat”, sondern die Vollendung der Entwicklungslogik der vorangegangenen opportunistischen Praxis: der Krieg präsentierte die Rechnung für die imperialistische Außenpolitik, von der die Arbeiterbewegung vermeintlich profitiert hatte – “mitgegangen, mitgehangen”! Wollte man in die Staatsmacht hineinwachsen, war der Krieg die Chance: die Partei, die das Vertrauen der Massen besaß, konnte in einem Krieg der Massen nicht mehr übergangen werden.

Von den verschiedenen Gruppierungen und Parteien innerhalb der Arbeiterbewegung besaß allein die SPD-Führung in der Novemberrevolution ein klares politisches Konzept, welches den Erhalt des bürgerlichen Staates und der herrschenden Kapitalistenklasse beinhaltete. Die Rettung und Konsolidierung des kapitalistischen Staates konnte nur die Vernichtung der Räte zur Folge haben. Um ihre Ziele durchzusetzen, trat sie für die Wahl zu einer verfassungsgebenden Nationalversammlung ein, die den Übergang zur parlamentarischen, bürgerlichen Demokratie einleiten sollte und hinter die sich genau aus diesem Grund – eben weil sie sich gegen die Herrschaft der Arbeiter- und Soldatenräte richtete – auch das gesamte bürgerliche Lager von den Liberalen bis zur monarchistischen und “faschistischen” Reaktion stellte. Die Räte sollten demnach nur Übergangscharakter besitzen und nach der Wahl zur Nationalversammlung verschwinden, was sie dann auch tun mußten.

Der Rat der Volksbeauftragten sollte unter MSPD-Dominanz nur als Interimsregierung fungieren. Im Rat der Volksbeauftragten entzogen sich die Sozialdemokraten schleunigst der Kontrolle durch die Arbeiter – und Soldatenräte. Unter dieser Regierung, der 3 MSPDler und 3 USPDler angehörten, blieb die kapitalistische Staatsmaschinerie bestehen: die Ministerien mit dem dazugehörigen Verwaltungsapparat und die Armee mit ihrer Offizierskaste existierten weiter. Wochenlang verwiesen die Staatsämter, die Ministerien und bürgerlichen Autoritäten alle Bittsteller an den Vollzugsrat, der über keinen eigenen Verwaltungsapparat verfügte. Tausende von Menschen standen täglich vor seinem Domizil. Die MSPD sabotierte die Räte von Beginn an. Schon am 11. November erklärte der von der SPD dominierte Vollzugsausschuß:

“Alle provisorisch gebildeten Gremien in Großberlin, die auf den Beginn der Revolution zurückgehen, einschließlich der sogenannten Arbeiter- und Soldatenräte … sind hiermit außer Funktion.”

Der Vollzugsausschuß entstand auf einer Delegiertenversammlung der Großberliner Arbeiter- und Soldatenräte am 1O. November. Der Vollzugsrat sollte die Volksbeauftragten in der Regierung kontrollieren. Neben 14 Soldaten und sieben MSPDlern waren auch sieben Revolutionäre Obleute in diesem Gremium vertreten. Die SPD- Führer im Rat der Volksbeauftragten waren nicht gewillt, sich vom Vollzugsrat in ihre Regierungsgeschäfte hineinreden zu lassen. Sie konnten sich mit der Unterstützung der klassenbewußtseinsmäßig rückschrittlicheren Soldatenräte gegen den Vollzugsrat durchsetzen. Das sozialdemokratische Blatt “Vorwärts” bekämpfte heftig die Kontrolle des Vollzugsrates über die Volksbeauftragten.

Friedrich Ebert, der am 9. November vom letzten Kanzler des Kaiserreiches, dem Prinzen Max von Baden, zum Reichskanzler ernannt wurde, versuchte von Anfang an, den Einfluß der USPD-Volksbeauftragten einzuschränken. Doch die SPD konnte aufgrund des Kampfgeistes der Arbeiterklasse die Räte nicht allein auf friedliche Weise beseitigen. Sie sah sich gezwungen, gewaltsame Mittel anzuwenden.

Durch den Austritt der Unabhängigen aus dem Rat der Volksbeauftragten im Dezember 1918 nach dem Reichsrätekongreß wurde der Platz für Gustav Noske frei, der unter der Bezeichnung “Bluthund” in die Geschichte einging. Noske befehligte die Freikorps, die auf Veranlassung des Generalstabs aus den Resten der alten Armee gebildet wurden. Diese fanatischen Juden- und Kommunistenhasser waren in den Aufgaben des Bürgerkrieges trainiert. Die Freikorps zerschlugen den “spartakistischen” Aufstand vom Januar 1919 in Berlin, die Räterepubliken in Bremen und München und ermordeten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

Diese konterrevolutionäre Politik spiegelte die Angst vor dem “Chaos” wieder, das entstünde, wenn man versuchte, die aus der Niederlage im Krieg erwachsenden ungeheuren Aufgaben ohne das Militär, die Beamten, Unternehmer und Großgrundbesitzer zu lösen. Sie war Frucht einer Staatsauffassung, derzufolge Parlamentarismus mit “Volksherrschaft” gleichgesetzt wurde. Der Sozialismus sollte Ergebnis eines fließenden, graduellen, langfristigen Übergangs sein und wurde mit einer verstaatlichten Wirtschaft identifiziert – im Frieden mit und mit Zustimmung durch die herrschende kapitalistische Klasse.

II. Die Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD)

Die USPD war entstanden aus der Opposition gegen die sozialdemokratische Kriegsunterstützung. Im August 1914 hatte der SPD-Abgeordnete Karl Liebknecht noch aus Gründen der Parteidisziplin für die Kriegskredite gestimmt. Doch am 2. Dezember stimmte er dagegen. 1915 stimmten mit Karl Liebknecht 17 sozialdemokratische Parlamentsabgeordnete gegen die Kriegskredite. Am 1. Mai 1916 verteilte Liebknecht, der als Soldat eingezogen worden war, in voller Uniform in Berlin Flugblätter gegen den Krieg.

Die Gruppe Internationale innerhalb der SPD, der er und Rosa Luxemburg angehörten, hatte zu einer Demonstration gegen den Krieg aufgerufen. Mehrere tausend Arbeiterinnen, Arbeiter und Jugendliche scharten sich um Liebknecht, der auf dem Potsdamer Platz eine Rede hielt. Er wurde verhaftet. Am Tag der Gerichtsverhandlung gegen ihn – am 28. Juni 1916 – streikten 55000 Arbeiter und Arbeiterinnen – in dieser Zeit waren sehr viele Frauen in der industriellen Produktion – kriegswichtiger Betriebe in Berlin, um Liebknecht zu verteidigen. In Braunschweig gab es ebensolche Streiks, in Bremen Protestdemonstrationen.

Drei Monate zuvor, am 24. März 1916, hatte der Abgeordnete Haase, der Führer der “linken Mitte” in der SPD, eine heftige Rede gegen den Belagerungszustand gehalten. 33 Abgeordnete stimmten mit ihm gegen den Belagerungszustand und wurden prompt aus der SPD-Reichstagfraktion ausgeschlossen. Am 7. Januar 1917 trat eine reichsweite Konferenz der SPD-Opposition zusammen. Es ging darum, die vom Parteiausschluß Bedrohten und die SPD-Presseorgane, die gegen den Krieg waren und darum beschlagnahmt wurden, zu schützen. Man beschloß, in Kontakt zu bleiben und “im Rahmen der Parteistatuten” die Opposition weiterzuentwickeln. Am 16. Januar 1917 wurde die Opposition wegen ihrer “fraktionellen Konferenz” vom Parteivorstand ausgeschlossen. Betroffen waren 91 Ortsgruppen, die Spaltung ging mitten durch die Partei! Bei der SPD-Mehrheit blieben 170000 Mitglieder.

Die Ostern 1917 gegründete USPD rechnete sich eine Mitgliedschaft von 120000 aus. Diese neue Partei wurde also halbherzig und widerwillig gegründet. Männer wie Bernstein – ein rechter Sozialdemokrat und Führer der reformistischen, antimarxistischen Revisionisten – oder Kautsky und Hilferding als Köpfe des vor dem Krieg formell dem Marxismus treu gebliebenen Parteizentrums – ohne Klarheit über die Aufgaben einer sozialistischen Revolution, geschweige denn einen strategischen Plan dafür, und in der Alltagspraxis immer auf Seiten der opportunistischen “Real”politiker und reformistischen Gewerkschaftsbürokratie – waren nicht revolutionären Absichten gefolgt, sondern verurteilten lediglich das Übermaß der Prinzipienlosigkeit, welches die SPD-Führung offenbarte. Sie spürten den wachsenden Arbeiterunmut eher als die schon voll in die kapitalistische Gesellschaft integrierte MSPD-Führung und warfen ihr vor, die Massen auf revolutionäre Abwege (!) zu treiben, sich von ihnen zu isolieren! Sie traten nicht für revolutionären Defaitismus ein, der den imperialistischen Krieg in einen revolutionären Sturz der herrschenden Klasse umwandeln sollte. Statt dessen waren sie für einen Frieden ohne Eroberungen und Annexionen – eine zahnlose kleinbürgerlich-pazifistische Formel im ersten imperialistischen Weltkrieg, die auf einen “Sinneswandel” aller imperialistischen, d.h. für koloniale Eroberung und Expansion Krieg führenden Regierungen abgestellt hatte!

Dieselben “Herren” hatten noch dazu wie die meisten ihrer “Brüder” in der II. Internationale 1914 bei Kriegsausbruch gegen ihre eigenen Beschlüsse des Baseler Kongresses von 1912 gestimmt und “ihren” Regierungen die Kriegskredite bewilligt, waren also zu Sozialchauvinisten geworden!

Auch der revolutionäre Spartakusbund zählte zu den Mitgliedern dieser Oppositionspartei, die es nicht einmal fertig bekam, den Bruch mit der SPD aktiv und selbst herbeizuführen. Es gab in der USPD aber auch eine meist junge, kämpferische, gewerkschaftlich aktive Basis, vor allem die revolutionären Obleute von Berlin. Die hatten sich insgeheim organisiert und bei der Streikbewegung in der Berliner Metallindustrie die führende Rolle gespielt. Sie waren der eigentliche “Generalstab” der subjektiv revolutionären Arbeiterinnen und Arbeiter der Hauptstadt. Georg Ledebour, einer der linken USPD-Führer, charakterisierte diese damalige Vorhut des Proletariats folgendermaßen:

“… ein fest organisiertes Revolutionskomitee … dessen Grundstock die Revolutionären Obleute der Betriebe bildeten, ungefähr 80 Mann. Es kamen noch dazu Mitglieder der Parlamente, Vertreter der Unabhängigen Sozialdemokratie und in letzter Zeit auch mein Freund Liebknecht …”

Die USPD – von Kautsky, Haase und Bernstein geführt – war eine zwischen Reform und Revolution schwankende Partei. Sie verkörperte eine zentristische Partei der klassischen Art, d. h. einen Rechtszentrismus, der die gewaltsame Zerschlagung des bürgerlichen Staates theoretisch und praktisch bekämpfte. Mit dieser zentristischen Politik verwirrte sie nur die Arbeitermassen.

Die Zusammenarbeit mit den traditionellen Eliten und dem alten Staatsapparat sollte auf das für notwendig gehaltene Maß reduziert, Machtpositionen der revolutionären Kräfte dadurch auf keinen Fall aufgegeben werden. Die USPD akzeptierte die Wahl zur Nationalversammlung von Beginn an, wollte sie jedoch um mehrere Monate hinausschieben, um noch irreversible demokratische Tatsachen schaffen zu können. Die spätere Formel lautete: die Räte sollten in der (bürgerlichen) Verfassung der Nationalversammlung verankert werden. Auf dem Rätekongreß vom 16. bis 21. Dezember in Berlin stimmte die USPD jedoch für den Beschluß, die Wahl zur Nationalversammlung auf den 19. Januar festzulegen. Mit ihrer Zustimmung hatte sich die USPD-Führung de facto vor den Karren der Konterrevolution gespannt. Die Forderung der MSPD nach einer Wahl zur Nationalversammlung war die Formel für Restauration und Konsolidierung des bürgerlichen Staates, die nur die Vernichtung der Arbeiter- und Soldatenräte zur Folge haben konnte.

Bei der Entscheidung über die Doppelmacht, d.h. ob sozialistische Räte- oder bürgerlich-parlamentarische Republik, drängte die USPD unter Einfluß von Kautsky auf die illusorische Verbindung beider! Kautsky schrieb:

“Deshalb ist es keine Frage einer Nationalversammlung oder eines Arbeiterrates, sondern beide!”.

Wie auch eine Minderheit der USPD trat sie für die Aufrechterhaltung des bürgerlichen Staats, aber unter “Aufsicht” durch eine in der Verfassung verankerte Rätekammer ein. Sie weigerte sich “Alle Macht den Räten!” zu fordern und blieb “Feigenblatt der konterrevolutionären Regierung”. Der fatale Versuch der rechten USPD – Führung, zwei unterschiedliche, sich gegenseitig ausschließende Staatsformen zu kombinieren, war der klägliche Versuch, zwei antagonistische Klassen, nämlich Arbeiter und Kapitalisten, auszusöhnen.

Im Rahmen dieses Konzepts glaubten die rechten USPD-Führer mit Recht auf die SPD angewiesen zu sein; auf deren konterrevolutionäre Politik reagierte die rechte USPD daher schwankend und hilflos. Am 29. Dezember 1918 verließ die USPD infolge der blutigen Weihnachtskämpfe in Berlin dann auch die Regierung. Letztlich war die USPD nur das linke Feigenblatt für die konterrevolutionäre SPD-Politik.

Wie ihre spätere Geschichte zeigte, war die USPD ein notwendigerweise kurzlebiges Produkt, das jedoch als linkes Feigenblatt der SPD eine verheerende bremsende Wirkung auf die revolutionären Teile der Arbeiterklasse ausübte. Ihre schwankende Politik – das Resultat einer systamischen Anpassung an den Anpassung/Rücksichtnahme der USPD-Linken an die Rechte, der USPD-Rechten an die SPD – konnten nur zur Desorientierung führen. Eine solche Partei konnte auch nur kurz Bestand haben. Für die Novemberrevolution war ihr Bestehen eine Tragödie.

III. Die revolutionären Obleute

Die Revolutionären Betriebsobleute um Richard Müller und Däumig verkörperten die linkszentristische Arbeitervorhut. Die Obleute – ähnlich den heutigen Vertrauensleuten – der Berliner Metallbetriebe organisierten unter schwierigsten Bedingungen Streiks gegen den Krieg und für die Freilassung Liebknechts. Sie wurden bedeutsamster Teil der Linken in der USPD. Diese Strömung trat von Beginn an für die Rätedemokratie ein – entschlossen, die Idee der Nationalversammlung energisch zu bekämpfen.

Sie war sich der konterrevolutionären Bedeutung dieser Losung angesichts der existierenden Räte bewußt. Eine theoretische Parlamentarismuskritik lag der Ablehnung nicht zugrunde, sondern die Erfahrung mit den Parteien des alten Reichstages, die nun sämtlich wieder, unter anderer Benennung und mit “volkstümlicher” Programmatik, zur Wahl antraten, und die Einsicht, daß ein Gremium wie die geplante NV der Dynamik des revolutionären Prozesses keinen Ausdruck geben können. Gleichzeitig war sie sich im Klaren darüber, daß die MSPD- Forderung nach einer Nationalversammlung bei breiten Teilen der Arbeiterklasse auf große Befürwortung stieß. Die institutionelle Demokratisierung des Staates im Sinne der parlamentarischen Republik galt diesen Massen als Voraussetzung und Grundlage für die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft. Die Aufrechterhaltung von “Ruhe und Ordnung”, die geordnete Durchführung der Demobilisierung, die Sicherung der Ernährung usw. wurden von den Arbeiter- und Soldatenräten in Übereinstimmung mit der Regierung als zentrale Aufgaben angesehen. Allerdings wurde erwartet, daß die revolutionäre Übergangsperiode zu entschiedenen demokratischen Strukturreformen genutzt würde: Schaffung eines “demokratischen Volksheeres”, Demokratisierung der Verwaltung, Arbeitermitbestimmung und Teilverstaatlichung der Wirtschaft (Bergbau).

Während die revolutionären Obleute bereit waren, in den Räten gegen eine Wiedererstarkung des angeschlagenen bürgerlichen Staates, eine Beschneidung der Doppelherrschaft, zu kämpfen, lehnten sie jeden vorzeitigen Versuch der Revolutionäre ab, die Macht zu übernehmen, solange die Räte noch nicht den Kampf für die politische Macht aufgenommen hatten. Die Revolutionären Obleute und die sonstigen linken Unabhängigen wie Däumig und Ledebour schwankten aber zwischen einer notwendig kompromißlerischen Politik und Ultralinkstum (Januaraufstand) bzw. organisatorischen Tricks (der in ihrem Vorschlag zur Wahl des Vollzugsrates enthaltene Übertölpelungsversuch).

Statt den Rat der Volksbeauftragten zu kontrollieren, übernahm der Vollzugsrat zwangsläufig die Funktion ihrer linken Flankendeckung. Die Räte übten eine Doppelmacht aus, aber unter reformistischer Führung, die sie mit dem alten Staat versöhnte und ihre Liquidierung vorbereitete. Der Rat der Volksbeauftragten war eine Regierung in Koalition mit der alten Exekutive, stützte sich aber auf die Räte. Die Doppelmacht war aber sozusagen selbst verdoppelt zwischen Rat der Volksbeauftragten und Vollzugsrat. Hier bildeten die Revolutionären Obleute eine Koalition mit den Arbeiterräten der MSPD und den Soldatenräten – ironischerweise wieder eine Verdopplung zweier verschiedener Rätestrukturen. Und auch in letzteren saßen mehrheitlich Reformisten!

In einem Aufruf vom 12. November geht der USPD-Parteivorstand von der falschen Voraussetzung aus, daß das revolutionäre Volk bereits die Macht der Offiziere in der Armee, die Herrschaft der Junkerkaste in der Verwaltung, die Herrschaft des kapitalistischen Klüngels im öffentlichen Leben gebrochen und die Regierungsgewalt an sich gerissen hat.

“Die Not der Stunde verlangte gebieterisch die Herstellung einer Regierung, die dem blutigen Gemetzel ein Ende machen, die begonnenen Waffenstillstandsverhandlungen zum Abschluß bringen und den Frieden sicherstellen sollte. Eine Regierung, die mit Nachdruck an die Verwirklichung der sozialistischen Grundsätze herantritt. Dafür war aber eine Gewähr nur gegeben, wenn unsere Partei entscheidenden Einfluß auf die Regierung bekam, deshalb verlangten wir, das neue politische Kabinett müsse ein rein sozialistisches sein, in dem beide sozialdemokratischen Parteien zu gleichen Teilen mit gleichen Rechten vertreten sind.” (Brandt: 1918-19, S. 57)

“Verwirklichung der sozialistischen Grundsätze”, “den Frieden sicherstellen” durch eine Regierung, die z.B. dem Oberkommando im Osten (Baltikum, Ukraine) freie Hand gegen die Sowjetmacht ließ und diese dort durch Demobilisierung der unsicheren Elemente und Hinzuziehung ihr treu ergebener Soldaten aus der Heimat den Grundstock für die Freikorps legen ließ?

Mit einer Notsituation und der Notwendigkeit eines linken Einflusses rechtfertigten Reformisten und Zentristen stets ihren Eintritt in eine Regierung der Klassenzusammenarbeit mit der Bourgeoisie! Diesen Unsinn unterschrieben auch die linken Unabhängigen Däumig und Ledebour, Weggefährten der revolutionären Obleute. Der Revolutionäre Obmann Barth war sogar Mitglied dieser Regierung der Volksbeauftragten. Die Logik einer solchen Koalition ist aber stets die des kleinsten gemeinsamen Nenners, d.h. auf einem Programm wie die Menschewiki und Sozialrevolutionäre in Rußland – der Kollaboration mit dem Bürgertum! Man kann eine solche Regierung nicht von innen nach links drücken, sondern legitimiert sie in den Augen der Massen von links.

Die Taktik der Bolschewiki bestand einerseits darin, “Alle Macht den Räten!” auch unter der verräterischen Führung zu fordern. Gleichzeitig ließen die Bolschewiki keinen Zweifel daran, daß Menschewiki und Sozialrevolutionäre dies nicht tun konnten. Sie übernahmen keinen Funken Verantwortung für ihre Regierung und blieben ihr fern. Genau dies hatten die Revolutionären Obleute nicht verstanden. Sie blieben subjektive Revolutionäre und traten aus dem Vollzugsrat aus, hatten aber den Prozeß der Loslösung der Massen von ihrer verräterischen Führung nicht in Angriff genommen, sondern erschwert.

Ihre Politik beschränkte sich allein auf eine Einflußnahme über den Vollzugsrat, wo sie das Einvernehmen mit der reformistischen Mehrheit suchen und seine Halbheiten vor den Massen rechtfertigen mußten. In der Frage der Bewaffnung der Arbeiterräte schreibt Müller:

“Daß es so kommen mußte, hatte der Vollzugsrat selbst mit verschuldet. Er hätte auf die Psyche der Soldaten Rücksicht nehmen müssen. Ohne öffentliche Propaganda konnte er die Arbeiter bewaffnen und zu Kampfverbänden zusammenschließen. So wäre er in den Besitz einer bewaffneten Macht gekommen und hätte sich den Zorn der anderen bewaffneten Macht nicht zugezogen. Das konnte der Vollzugsrat nur dann, wenn sich seine Mitglieder darüber einig waren.” (Müller, S. 140)

Hier zeigt sich seine subjektiv revolutionäre Absicht und Ehrlichkeit, aber auch das politische Dilemma. Das Zustandekommen dieser klassenunspezifischen Soldatenräte, oft von Offizieren dominiert, war Folge des Versäumnisses der Bewaffnung der demonstrierenden, streikenden und aufständischen Arbeiter und ihrer Organisation in einer Miliz von unten. Die Revolutionären Obleute konzentrierten sich nach dem 9. November auch ganz auf eine Einflußnahme von oben – durch den Vollzugsrat.

Im Kampf um Arbeiterkontrolle erkannten die Revolutionären Obleute die Schwäche des Spartakusbundes in den Betrieben. Es blieben nur die Gewerkschaften übrig, die die Kontrolle über die Produktion ausüben wie alle Maßnahmen zur Einleitung der Sozialisierung treffen konnten.

“Widersetzte sich die Leitung, dann mußten die Mitglieder diesen Widerstand brechen. Daß das geschehen würde, war umso mehr anzunehmen, da die Leitung durch ihre Kriegspolitik sich bei den Mitgliedern um jeden Kredit gebracht hatte.” (a.a.O., S. 108)

Nun orientierten die Revolutionären Obleute aber nicht auf eine Sammlung der oppositionellen Basis gegen die Bürokratie in dieser Frage geschweige denn die Bildung von Zellen ihrer Organisation resp. einer revolutionären Partei in den Gewerkschaften. Auch die Forderung nach Fabrikkontrollkomitees, die alle Arbeiter erfassen, fehlte, obwohl eine wirtschaftliche Doppelmacht weit gebieterische Eingriffe in die Verfügungsgewalt der Kapitalisten mit sich bringt und vom Kampfgebiet wie der Beteiligung über die normalen Grenzen der Gewerkschaften und ihrer Mitglieder hinausgehen muß. Nein, Richard Müller drückte eine Verordnung im Vollzugsrat durch, die “den Gewerkschaften die Vertretung der wirtschaftlichen Interessen für alle in den Betrieben beschäftigten Personen übertrug; ferner die Gewerkschaftsleitung ermächtigte “sämtliche erforderlichen Maßnahmen zu treffen”. (ebda.)

Diese bedankte sich auf ihre Art: die Berliner Gewerkschaftskommission verbat sich die Einmischung der politischen Arbeiterräte in die Betriebe, wo nichts ohne ihre Zustimmung unternommen werden dürfte. Gleichzeitig erkannten die Unternehmer diese nicht mehr an – obwohl zumeist Mitglieder des Betriebsrats und Vertrauensleute der Gewerkschaften – und annullierten die mit ihren Belegschaften ohne Zustimmung der Gewerkschaften getroffenen Vereinbarungen! Darauf konterte der Vollzugsrat, bis zur Neuwahl von Fabrikarbeiterräten unter Aufsicht der Gewerkschaften (!) blieben die bestehenden Arbeiterausschüsse und Fabrikräte in Kraft, wo vorhanden, und übten das Kontroll- und Mitbestimmungsrecht über alle Fragen der Produktion aus. “Arbeiterkontrolle” und “Mitbestimmung” werden hier als Synonyme verwandt.

Auf den Protest der Gewerkschaftsführung hin, die bereits ihren Pakt mit den Unternehmerverbänden am 15. November geschlossen hatten (Arbeitsgemeinschaftsabkommen), erließ die sozialdemokratische Mehrheit im Vollzugsrat gemeinsam mit den Gewerkschaftsvertretern ausgearbeitete “Richtlinien für die Betriebsräte”, die die Aufgabe zugewiesen bekamen, “‘gemeinsam mit den Betriebsleitungen bzw. der Direktion alle die Arbeiter und Angestellten betreffenden Fragen zu regeln.’

Alle anderen Fragen wurden ausdrücklich dem Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte entzogen. Außerdem wurde erklärt: ‘Die Sozialisierung der Betriebe darf nur von der sozialistischen Regierung systematisch und organisch in Berücksichtigung der inneren und außenpolitischen Verhältnisse vorgenommen werden.’ Es blieb jetzt weiter nichts übrig, als die Arbeitermassen für die Kontrolle der Produktion, für die Sozialisierung und gegen den Widerstand der Gewerkschaftsführer zu mobilisieren.” (a.a.O., S. 110)

Jetzt erst? Diese Mobilisierung spielte sich wieder hauptsächlich in den Spitzengremien der Räte ab. Ihre Position war nicht einheitlich. Teilweise wurden im Verlauf dieses Kampfes alte Gewerkschaftsführer durch neue ersetzt, die oft die alte Politik fortsetzten. Zu einem organisierten Kampf um eine revolutionäre Führung in den Gewerkschaften ist es wohl ebensowenig gekommen wie zu einer massenhaften Bildung von betrieblichen und übergreifenden Kontrollorganen von unterster Ebene aufwärts. Auch im Konflikt um die Zentralfunkstation und die Ausgaben des Vollzugsrates verstärkt sich der Eindruck des “Politizismus”, des Geplänkels auf Ebene oberster Gremien um Zurechtweisung der Vorwürfe der bürgerlichen Presse und des Regierungsorgans “Vorwärts” statt Organisierung der Arbeiterkontrolle über die Presse.

Auch die “Rote Fahne” vergaß über ihrem Disput mit dem Rat der Volksbeauftragten schon mal das Wesentliche. Sicher war es richtig, Ebert der Fälschung zu bezichtigen, als dieser behauptete, Lebensmittellieferungen der Siegermächte an Deutschland seien von diesen von der Stabilität seiner Regierung abhängig gemacht worden. Aber Arbeiterkontrollkomitees über Verteilung und Produktion der dringlichsten Güter für den Massenbedarf wären hier viel wichtiger angemahnt zu werden!

Ihr Schwenk nach links im Januar übersprang wieder die “Etappe” der Gewinnung der Mehrheit. Das Vorantreiben der Revolution konnten sie nur in einem Handstreich versuchen – mit den bekannten Folgen. Ihr entscheidendes Manko war also, daß sie die taktische Losung “Alle Macht den Räten!” nicht konkretisieren und in ein System miteinander verbundener und zielführender Losungen gießen konnten, die den Weg zur Eroberung der Arbeitermacht – ausgehend von den objektiv notwendigen revolutionären Antworten und didaktisch angeknüpft am aktuellen Bewußtsein der aufständischen Massen – geebnet hätten.

Kurz: ihnen mangelte es an einer revolutionären Strategie, die – in einzelne taktische Antworten übersetzt – die schrittweise, aber systematische Loslösung der Arbeiterbasis von ihren verräterischen und kompromißlerischen Führungen und ihre Gewinnung für die Diktatur des Proletariats hätte ermöglichen können. Eine Konkretisierung der Losung “Alle Macht den Arbeiter- und Soldatenräten!” hätte z.B. bedeuten müssen, dafür einzutreten und zu mobilisieren, die Oberste Heeresleitung abzusetzen, die jederzeitige Wahl und Abwahl der Offiziere in der (be-)stehenden Armee durchzusetzen, um sie als Reserve der Konterrevolution zunächst zu paralysieren, damit ihre Zerschlagung zu erleichtern und sie unter Arbeiterkommando zu stellen, sie damit de facto mit den zu organisierenden Arbeitermilizen zu verschmelzen, kurz: eine Armee neuen (Miliz-) Typs in einem neuen proletarischen Räte(halb)staat zu schaffen. Analog mußte das Vorgehen gegenüber dem zivilen legislativen, exekutiven und jurisdikativen Verwaltungsapparat aussehen.

Eine andere Schwäche der Linken in der USPD einschließlich der Obleute bestand in ihrer mangelnden Taktik gegenüber der MSPD – Mehrheit in den Räten. Als z.B. auf der Reichskonferenz der Arbeiter- und Soldatenräte am 16. 12. 1918 in Berlin der Antrag, die Rätemacht als konstitutionelle Grundlage der sozialistischen deutschen Räterepublik aufrechtzuerhalten, mit 344 Stimmen gegen 98 Stimmen abgelehnt wird, verlassen die Obleute, die linken Unabhängigen und die Spartakisten sowie die sogen. Linksradikalen – angeführt von Richard Müller, Däumig, Ledebour, Heckert, Laufenberg etc. – aus Protest den Kongreß. Ungeschickterweise verließen sie den Rätekongreß, als der neue Zentralrat gewählt wurde.

In diesen gelangten dann infolgedessen nur Ebert-Leute hinein. Dem Zentralrat wurde nur die Funktion überlassen, die Ebert -Regierung zu kontrollieren. Rosa Luxemburg kommentierte dies scharf mit den Worten, daß der Teufel von seiner Schwiegermutter kontrolliert wird. Dieser Strömung fehlte ein klares Verständnis darüber, wie man die Einheitsfronttaktik gegenüber der MSPD anzuwenden hätte, um die MSPD – Basis von der Führung loszubrechen.




100 Jahre Novemberrevolution: Revolution und Tragödie

Tobi Hansen, Neue Internationale 230, November 2018

Für das deutsche BürgerInnentum bildet die Novemberrevolution von Beginn an eine zwiespältige Angelegenheit, offenbart sie doch, dass Krieg, Militarismus und Monarchie gegen es beendet werden mussten. Es war eine, wenn auch auf halbem Wege stecken gebliebene Revolution, die zur Weimarer Republik und einer bürgerlich-demokratischen Verfassung führte, die weder das BürgerInnentum, geschweige denn die Reaktion noch die revolutionären ArbeiterInnen gewollt hatten. Sie waren vielmehr Abfallprodukte der Revolution.

Kein Wunder also, dass in erster Linie die Sozialdemokratie, die selbst der Revolution die Spitze nahm, sich mit der Konterrevolution zur „Rettung der Republik“ verbündete, mit deren Ausgang identifizierte und als einzige Verteidigerin der „Demokratie“ inszenierte.

Der Aufstand der Matrosen in Kiel, der Soldaten an der Front wie auch die Demonstrationen, Streiks und Kämpfe der ArbeiterInnen seit 1917 werden nachträglich in das enge Korsett der „Entstehung“ der Weimarer Republik gezwängt. Deren proletarisch-revolutionäre, sozialistische Impulse und Zielsetzung werden in der sozialdemokratischen und liberalen Auffassung als letztlich hoffnungsloses Minderheitenprogramm dargestellt.

Demgegenüber wollen wir hier in Kürze versuchen, zentrale Lehren zusammenzufassen. Eine umfassendere Darstellung findet sich in Nummer 26 unseres theoretischen Journals „Revolutionärer Marxismus“.

Imperialismus, Krieg und ArbeiterInnenklasse

Der Erste Weltkrieg offenbarte den Charakter der imperialistischen Epoche. Aus dem Aufrüsten, dem Wettlauf um die Kolonien, dem Kampf der Monopole und Nationalstaaten um die Kontrolle der globalen Märkte entstand der erste industriell geführte Massenkrieg. Millionen krepierten als Kanonenfutter an der Front, wurden verwundet, während die Massen im Land hungerten. Diese Realität des Krieges, des entstehenden Elends nicht allein an der Front, sondern vor allem in der „Heimat“ zeigte aber auch, dass diese „Kriegsordnung“ auf Sand gebaut war. Hatten 1914 Nationalismus und Chauvinismus auch große Teile des europäischen Proletariats und der Bauern-/Bäuerinnenschaft erfasst, so erschütterten die Erfahrungen des Krieges dieses Bewusstsein.

Die Zweite Internationale hatte schon im August 1914 vor dem entfesselten Nationalismus kapituliert. Die Resolutionen der internationalen Kongresse hatten zwar stets von Maßnahmen gegen den drohenden Krieg gesprochen, im Angesicht der Katastrophe war sie jedoch zu keiner Gegenaktion fähig. Im Gegenteil: Die führenden Parteien der europäischen und internationalen Sozialdemokratie wurden zu „Vaterlandsverteidigerinnen“, zur aktiven aktive Stütze einer „Burgfriedenspolitik“ für die Dauer des Krieges. Die Interessen der Massen und der Klassenkampf wurden den Kriegserfordernissen des jeweiligen „eigenen“ imperialistischen Regimes untergeordnet. Die KriegsgegnerInnen wie die Bolschewiki oder die Linken um Luxemburg in der deutschen Sozialdemokratie waren Teil einer kleinen Minderheit, die ihrerseits in revolutionäre InternationalistInnen einerseits, pazifistische oder gegenüber der Mehrheitssozialdemokratie versöhnlerische Kräfte andererseits zerfiel. Der Imperialismus hatte dadurch schon zu Beginn des Krieges einen großen Sieg gefeiert, nämlich die Ausschaltung der Internationale.

Speziell an der „Heimatfront“ waren die Verwerfungen des Imperialismus und des Krieges spürbar. Massenhafter Arbeitszwang, die Ausschaltung demokratischer Rechte, der Einzug von politisch missliebigen Personen an die Front gehörten zum Alltag der ArbeiterInnenklasse. Die gesamte Produktion wurde den Kriegszwecken untergeordnet. Doch dagegen protestierten und revoltierten die ArbeiterInnen zunehmend, z. B. in Berlin mit einem Massenstreik in der Rüstungsindustrie im Januar 1918. Während sich die Lebensverhältnisse der ArbeiterInnenklasse wie auch der Bauern/Bäuerinnen und großer Teile des städtischen KleinbürgerInnentums massiv verschlechterten, konnten Großkapital und Großgrundbesitz noch höhere Gewinne einfahren.

Verelendung

Für die übergroße Mehrheit der Bevölkerung hieß Krieg ein täglicher Kampf um Brot, Kohle und Lohn – die GroßagrarierInnen und KapitalistInnen bereicherten sich daran noch mit überteuerten Produkten immer schlechter Qualität. Die Realeinkommen sanken während des Krieges um 40 Prozent, der durchschnittliche tägliche Kalorienaufnahme fiel von 3400 am Beginn des Kriegs auf 1000 (!) im Jahr 1917. Zugleich wurden Arbeitsschutzbestimmungen aufgehoben, der Arbeitstag stieg auf 14 bis 17 Stunden. Nicht nur Proletariat und Bauern-/Bäuerinnenschaft fielen ins Elend, auch die Einkommen des Bildungsbürgertums (BeamtInnen, Angestellte) sanken beträchtlich. Zugleich stiegen die Profite der Großkonzerne. Allein die 16 wichtigsten Stahl- und Montanbetriebe konnten bis 2017 ihren Gewinn um durchschnittlich 800 % steigern. „Die Dividenden steigen, die Proletarier fallen,“ bemerkte Rosa Luxemburg zutreffend. Diese Entwicklungen bildeten den sozialen Ausgangspunkt der proletarischen Revolte.

Politisch spiegelte sich die Desillusionierung und Radikalisierung der Massen in einer Spaltung der Sozialdemokratie wider. 1916 entstand die USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) nach dem Ausschluss der sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten, die die Zustimmung zu den Kriegskrediten verweigerten. Im März 2017 zählte sie rund 120.000 Mitglieder (gegenüber etwa 240.000 der Mehrheitssozialdemokratie, MSPD, um Ebert).

Die „Gruppe Internationale“ um Liebknecht und Luxemburg formierte sich 1914, agierte allerdings noch bis 1916 in der SPD. Die unter dem Namen „Spartakusbund“ bekannte Gruppierung stellte mit anderen „Linksradikalen“ den Pol der entschlossenen, revolutionären KriegsgegnerInnen. Die Avantgarde der Klasse fand sich jedoch zum größten Teil in der USPD, darunter auch wichtige Anführer des Kieler Matrosenaufstandes und die „Revolutionären Obleute“, die schon die Januarstreiks initiiert hatten.

Der Revolution entgegen

Der Ausbruch der Novemberrevolution hatte sich schon lange angekündigt – und zwar nicht nur in Form von massiver Unzufriedenheit und Kriegsmüdigkeit der arbeitenden Bevölkerung.

Im April 1917 forderte eine Streikwelle eine Erhöhung der Brotrationen. Im Januar 1918 erschütterte ein politischer Massenstreik, der von den „Revolutionären Obleuten“ v. a. in den Berliner Rüstungsbetrieben organisiert worden war, das Land. Dieser wurde unter den Bedingungen der Illegalität gezielt vorbereitet, erhob neben sozialen auch politische Forderungen wie die nach sofortigem Frieden ohne Annexionen oder der Aufhebung des Belagerungszustandes. Auch wenn dieser Kampf in einer Niederlage enden sollte und tausende KämpferInnen an die Front versetzt wurden, wo viele als Kanonenfutter krepieren sollten, so wurden die Zeichen der revolutionären Gärung immer deutlicher.

Gleichzeitig war auch klar, dass das Deutsche Reich und seine Alliierten den Krieg nicht gewinnen konnten. Die Jännerstreiks in Österreich zeigten, dass das verbündete Habsburger Reich zu implodieren drohte. Die Russische Revolution drohte trotz des Friedens von Brest Litowsk auf Europa überzugreifen.

Doch die Oberste Heeresleitung, das eigentliche Machtzentrum während des Krieges, das Kaiser und Fürsten zur Staffage gemacht hatte und letztlich auch der parlamentarischen Mehrheit aus Fortschrittspartei, Zentrumspartei und Sozialdemokratie den Takt vorgab, wollte um jeden Fall eine Kapitulation vermeiden. Ludendorff, der politisch-strategische Kopf der Heeresleitung und der deutschen Reaktion, musste zwar erkennen, dass eine Niederlage nicht mehr abzuwenden war, die „Schande“ eines Waffenstillstands und etwaiger Friedensbedingungen der Alliierten sollte aber eine zivile Regierung entgegennehmen. Diese zweifelhafte Ehre fiel dann einer solchen unter der Sozialdemokratie zu, die sich der „Verantwortung“ nicht zu entziehen vermochte. Die Oberste Heeresleitung und Ludendorff waren dabei fein raus und strickten auf dieser Basis an der revanchistischen „Dolchstoßlegende“, der zufolge das Heer im Feld unbesiegt geblieben und von den ParlamentarierInnen, „ZivilistInnen“ und insbesondere den SozialdemokratInnen verraten worden wäre.

In Wirklichkeit holte die MSPD dem deutschen Kapitalismus die Kastanien aus dem Feuer. Sie drängte auf die Abdankung des Kaisers, um ihre Politik den Massen als Erfolg zu verkaufen. Ebert und Scheidemann war nur zu bewusst, dass nicht nur die Monarchie und der Krieg am Ende waren, sondern dass die Ereignisse auch sie hinwegspülen konnten.

Ausweitung

Der Kieler Matrosenaufstand vom 3.-11. November und die Ausweitung der Revolution innerhalb von nur wenigen Tagen auf das ganze Land zeigten, wie realistisch diese Gefahr war. Die Soldaten waren nicht mehr bereit, auf die ArbeiterInnenmassen zu schießen, die Revolution eroberte die Städte. Der MSPD-Führung um Ebert und Scheidemann war bewusst, dass sie ihre eigene Basis nur dann bei der Stange halten und der Revolution die Spitze abbrechen konnte, wenn sie sich selbst „revolutionär“ gab, also an die Spitze der Rätebewegung zu stellen versuchte.

Sie musste die Regierungsgewalt im Namen der Räte ausüben – oder sie drohte ihren Einfluss zu verlieren. Die MSPD sah sich gezwungen, um die Mehrheit in den ArbeiterInnen- und Soldatenräten zu kämpfen und diese zu organisieren. Geschickt manövrierte sie die USPD in eine Koalition, um somit alle ihre Maßnahmen von dieser links absichern zu lassen. In den Räten stützte sie sich letztlich auf eine Mehrheit, die sie vor allem über die politisch rückständigeren Soldaten sicherte.

So wie in Berlin, der Hauptstadt, verlief es auch in den meisten Städten. Die Räte übernahmen die formale Macht, praktisch als Ausschuss von MSPD und USPD. Oft wurden die ArbeiterInnenräte von den Parteivorständen nominiert und dann per Akklamation gewählt.

Die MSPD errang somit erste politische Siege Mitte November 1918. Sie konsolidierte ihre Machtstellung bei den Wahlen zum Reichsrätekongress im Dezember. Von den 489 Delegierten – 405 ArbeiterInnendelegierte und 84 Soldatenräte – waren 288 Mitglieder der MSPD, 90 der USPD, darunter 10 des Spartakusbundes. Weder Liebknecht noch Luxemburg waren gewählt worden und beiden wurde das Rederecht verweigert.

Ohne Partei und Programm kein Sieg

Der wichtigste Unterschied zur Russischen Oktoberrevolution bestand im Fehlen einer revolutionären Massenpartei mit entsprechendem Programm. Hatten die Bolschewiki 1917 mit den Leninschen Aprilthesen eine programmatische Neuausrichtung erfahren, sich auf den Kampf um die Räte konzentriert, so war die Lage bei den Räten der Novemberrevolution eine völlig andere. Speziell die Matrosen aus Wilhelmshaven und Kiel bildeten direkt Soldatenräte, nachdem sie den Befehl verweigerten, auf Geheiß der Admiralität eine aussichtslose Schlacht gegen die britische Marine zu führen, und orientierten sich an den russischen Soldatenräten und deren Erlässen gegen die Offiziere. Auch der „Zentrale Vollzugsrat“ in Berlin unter Führung der Revolutionären Obleute und USPD, die flächendeckend gewählten ArbeiterInnen- und Soldatenräte und später die Räterepubliken wie in Bremen und München orientierten sich organisatorisch am Beispiel der russischen Räte des Jahres 1917. Nur fehlte ihnen entscheidend das Programm zur Niederringung der Konterrevolution, eine Taktik gegen die MSPD wie auch eine Klarheit über die Rolle der Räte selbst und die Ziele der Revolution.

Rolle der USPD

Die USPD war eine zentristische Organisation, die zwischen Reform und Revolution, zwischen radikalem Kampf und Anpassung an die Mehrheitssozialdemokratie und, über diese vermittelt, an die Konterrevolution schwankte. Während die Führung der MSPD die sozialistische Revolution mit allen Mitteln verhindern wollte und in Zusammenarbeit mit dem Bürgertum und der Armee auch abwürgte, wollte die USPD-Spitze die Revolution, aber gewissermaßen nur halb.

Ideologisch zeigt sich das darin, dass ihre FührerInnen wie Kautsky Räte und Nationalversammlung miteinander kombinieren wollten. Die Doppelmachtsituation zwischen den (potentiellen) Machtorganen einer neuen Ordnung, den ArbeiterInnen- und Soldatenräten, und der verfassungggebenden Versammlung, die als Sammelpunkt und Symbol für die Konterrevolution diente, sollte verewigt werden, statt sie zu entscheiden.

Die Politik der USPD war umso tragischer, als die Revolutionären Obleute zwar subjektiv mehr und mehr zur Revolution drängten, aber in den ersten Revolutionsmonaten nicht den entscheidenden Bruch mit ihr vollzogen. Der Spartakusbund vereinigte sich mit den „Internationalen KommunistInnen Deutschlands“ (den „Bremer Linksradikalen“) und anderen KriegsgegnerInnen zur „Kommunistischen Partei Deutschlands“ (KPD). Letztlich kam diese Gründung (30. Dezember 1918-1. Januar 1919) zu spät. Die Partei selbst war noch politisch unreif, die Obleute konnten für die Gründung nicht gewonnen werden, der linke Flügel der USPD trat erst 1920 der KPD bei.

Die zentristische Politik der USPD und die Schwäche der KPD erleichterten der MSPD unter Ebert und Scheidemann, die Kontrolle über die ArbeiterInnen- und Soldatenräte zu erlangen und ihr Programm zur Niederhaltung der proletarischen Revolution im Bündnis mit Reichswehr und Großkapital umzusetzen.

Konterrevolutionäre MSPD

Die MSPD verfügte nicht nur über eine Mehrheit in den Räten. Im Unterschied zur USPD hatte sie auch ein klares, konter-revolutionäres Programm. Ebert, Scheidemann, Wels, Noske und andere sozialdemokratische Parteiführer spielten dabei auf mehreren Ebenen.

Einerseits verschleppten sie alle fortschrittlichen Entscheidungen, jede bedeutende Maßnahme gegen die Reaktion. Ein zentrales Mittel dabei war der ständige Appell an die „Einheit“ der ArbeiterInnenklasse und die Legendenbildung, dass der „undemokratische Radikalismus“ der Spartakus-Leute und der USPD-Linken (revolutionäre Obleute etc.) die Errungenschaften der Republik und den Frieden gefährden würden. Alle wichtigen Entscheidungen sollten auf die Konstituierende Versammlung vertagt werden. Schließlich sollte die „Minderheitenherrschaft“ der Räte der viel repräsentativeren Nationalversammlung, dem gesamtem Volk, nicht vorgreifen. Die USPD war politisch-ideologisch selbst nicht in der Lage, dem etwas entgegenzusetzen, da sie den konterrevolutionären Charakter der Nationalversammlung erst gar nicht begriff oder wahrhaben wollte.

Andererseits konspirierte die Sozialdemokratie mit den nach Berlin und in andere städtische Zentren zurückgeholten Truppen, der bürgerlichen und reaktionären Presse. Unter Führung der MSPD wurden dem alten, nach wie vor existierenden Beamten-, Polizei- und Militärapparat immer weiter gehende Zugeständnisse gemacht, so dass sich die konterrevolutionären Kräfte, darunter auch die erz-reaktionären Freikorps, konsolidieren konnten. Diese Politik beinhaltete „selbstverständlich“ wiederholte Provokationen gegen die Linken, die ArbeiterInnenräte und gegen die Matrosen, die zum Schutz der Revolution in Berlin eilten. Zugleich versäumten es die Linken – einschließlich der Obleute – die ArbeiterInnen politisch und organisatorisch auf die Konfrontation vorzubereiten. So waren z. B. viele ArbeiterInnen bewaffnet, eine Miliz wurde jedoch nicht aufgebaut. Die USPD protestierte zwar gegen etliche Maßnahmen und Manöver der MSPD, zum Bruch mit der „Einheit“ in den Räten war sie aber nicht bereit. Somit legitimierte sie einerseits die Politik von Ebert und Noske, andererseits desorientierte sie auf diese Weise die eigenen AnhängerInnen und diskreditierte sich selbst.

Bald schon suchten die MSPD und die mit ihnen verbündeten Militärs bewusst die Konfrontation mit der Berliner Avantgarde der ArbeiterInnenklasse. Die Absetzung des USPD-Polizeipräsidenten Eichhorn zum Jahreswechsel 1918/19 sollte eine Machtprobe erzwingen. Der sog. „Spartakusaufstand“ war in Wirklichkeit eine Auseinandersetzung, in die die Berliner Linken ohne ausreichenden Rückhalt im Land gedrängt werden sollten – und in den sie auch gezwungen wurden. Während sich die USPD-Linke verbal-radikal gab, ließ sich auch ein Teil der KPD, v. a. Liebknecht, in eine verfrühte Machtprobe manövrieren.

Von der Novemberrevolution zur Niederlage

Anders als die Julitage 1917, wo auch die Petersburger ArbeiterInnenklasse und die Bolschewiki in eine solche verfrühte Machtprobe gezogen wurden, hatte die Niederlage des „Spartakusaufstandes“ sehr viel tiefgehendere konterrevolutionäre Auswirkungen. Sie markierte den Anfang vom Ende der Revolution.

Dazu trug zweifellos auch bei, dass die deutsche Gegenrevolution aus den russischen Erfahrungen gelernt hatte. Die Reaktion verfügte über verlässliche, vom Geist der Abrechnung mit der ArbeiterInnenklasse und den „Roten“ durchdrungene Truppen, die sich auf die reaktionäre Gesinnung des BürgerInnentums und der KleinbürgerInnen stützen konnten. Außerdem entpuppten sich die MSPD und ihr Apparat als entschlossenere konterrevolutionäre Kräfte als die Menschewiki und SozialrevolutionärInnen.

Die Ermordung Liebknechts und Luxemburgs unter dem Freikorps-Führer Pabst erfolgte auf politische Verantwortung des „Bluthundes“ Noske. Für die Morde, mit denen der revolutionären ArbeiterInnenschaft der Kopf abgeschlagen werden sollte, trägt die Sozialdemokratie die politische Verantwortung.

Mit der Niederschlagung der kurzlebigen Bremer Räterrepublik, der Wahl zur Nationalversammlung und der Ernennung Eberts zum Reichskanzler konsolidierte sich die Konterrevolution vorerst.

In Wirklichkeit lieferten diese Niederlagen jedoch nur das Vorspiel zu weiteren entscheidenden Machtproben zwischen ArbeiterInnenklasse und deutschem Imperialismus. Der Aufstieg des Nationalsozialismus und die Errichtung der faschistischen Diktatur bildeten den eigentlichen konterrevolutionären Abschluss der Novemberrevolution.

Ist die ArbeiterInnenklasse nicht in der Lage, eine Revolution zu Ende zu führen, so wird sie die Reaktion blutig beenden.