PDS, Linkspartei und die Wohnungsfrage: „Rebellisches“ Regieren in Berlin

Susanne Kühn, Neue Internationale 279, Dezember 2023 / Januar 2024

Gern präsentiert sich DIE LINKE als einzige Partei im Berliner Abgeordnetenhaus, die „konsequent“ für die Enteignung von Deutsche Wohnen und Co. eingetreten wäre. Stolz verweist die Partei darauf, dass sie 2021 zehntausende Unterschriften gesammelt hat und viele ihrer Mitglieder aktiv an der Kampagne teilgenommen haben.

Dieser rosigen Seite der Mietenpolitik der Berliner Linkspartei und ihrer Vorläuferorganisation stehen jedoch zahlreiche dunkle Kapitel gegenüber, die die Grenzen „linker“ Reformpolitik deutlich machen.

Vom Saulus zum Paulus?

Über das unrühmlichste und wohnungspolitisch geradezu kriminelle Kapitel der eigenen Parteigeschichte hüllt DIE LINKE in Berlin gern den Mantel des Schweigens. Unter der rot-roten Landesregierung wurde massiv privatisiert. Von den knapp 400.000 landeseigenen Wohnungen bei Antritt des SPD-PDS-Senats blieben nur ca. 250.000 übrig.

Darüber hinaus wurden in Berlin in dieser Periode auch die Wasserwerke teilprivatisiert und Krankenhäuser an Vivantes, Helios und die Rhön-Kliniken verscherbelt.

Kurz gesagt, die Regierungsrebell:innen um Gregor Gysi und Harald Wolf rührten die Scheiße am Wohnungsmarkt mit an, die die Linkspartei seither beklagt. Gelernt hatte sie aber schon damals nichts aus der Enttäuschung ihrer Wähler:innen. Trotz Stimmenverlusten von beinahe 10 Prozent verblieb DIE LINKE als Juniorpartnerin im Senat unter Klaus Wowereit und werkelte von 2006 – 2011 weiter als treue Vasallin der SPD.

In der Opposition 2011 – 2016 reorganisierte sie sich ein wenig und erzielte 2016 15,6 % (ein Plus von 3,9 % gegenüber 2011). Von 2016 bis 2021 war sie, ebenso wie von 2021 bis zur Nachwahl 2023, Teil des Senats mit SPD und Grünen.

Anders als in den vorherigen Senatsperioden versuchte sich DIE LINKE darin, ihr tristes Regierungsdasein mit „oppositionellen“ Regungen zu verbinden, was noch 2021 dazu führte, dass sie relativ wenig Stimmen verlor. Doch gerade diese Zeit, die die Linkspartei am ehesten als „rebellisches Regieren“ verkaufen möchte, verdient eine genauere Betrachtung.

Gleich 2016 versuchte DIE LINKE mit der Ernennung des linken, antikapitalistischen Gentrifizierungskritikers Andrej Holm zum Staatssekretär unter der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher, einen Akzent zu setzen. Innerhalb weniger Monate wurde Holm jedoch durch eine reaktionäre Kampagne bürgerlicher Medien, von CDU und FDP sowie unter kräftiger Mithilfe des rechten Flügels von SPD und Grünen zum Rücktritt gezwungen – ein klares Signal, dass die Immobilienlobby und ihr politischer Anhang vor nichts zurückschrecken würden, um jede wohnungspolitische Wende zu verhindern, die sich auch nur im Ansatz gegen ihre Interessen richtet.

Zugleich musste der Senat und damit auch DIE LINKE versuchen, dem wachsenden Druck unzufriedener Mieter:innen und von Protestansätzen Rechnung zu tragen. Hierbei sollte der Mietendeckel helfen, den Lompscher 2019 auf den Weg brachte und der im Januar 2020 vom Abgeordnetenhaus beschlossen wurde. Der durchaus löchrige Deckel sollte die Mietpreissteigerungen für Hunderttausende Mieter:innen begrenzen. Die Bundestagsfraktionen von CDU und FPD klagten gegen diesen Anschlag auf den „freien Markt“. Das Bundesverfassungsgericht gab der Immobilienlobby Recht und kassierte das Berliner Gesetz – mit verheerenden Folgen für rund 1,5 Millionen Mieter:innen, denen  teilweise massive Nachzahlungen, vor allem aber weitere Mieterhöhungen ins Haus standen.

Die beiden Beispiele verdeutlichen das ganze Dilemma der Reformpolitik der Linkspartei, selbst wenn sie, anders als im rot-roten Senat, keine Verschlechterungen, sondern Verbesserungen in Angriff nahm. Unter dem Druck der bürgerlichen Öffentlichkeit knickte sie wie im Falle Holm ein. Kassierte ein Gericht die Reformen, war sie mit ihrem Latein am Ende. Einen Plan B, der über letztlich symbolische Demonstrationen und Proteste gegen die Urteile hinausging, hatte sie nie.

Deutsche Wohnen und Co. enteignen

Das Kassieren des Mietendeckels beflügelte auf seine Art die größte und auf ihrem Höhepunkt auch erfolgreichste von Linken und der Mieter:innenbewegung getragene Kampagne „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“. DIE LINKE unterstützte die Kampagne von Beginn an, auch wenn sie deren massiven Erfolg bei der Volksabstimmung 2021 wie viele andere nicht voraussehen konnte. Am 26. September stimmten 59 % für die Enteignung der großen Immobilienkonzerne in Berlin.

Nicht nur die Wohnungswirtschaft, AfD, CDU und FDP waren wild entschlossen, die Entscheidung der Bevölkerung nicht umzusetzen. Auch die rechte SPD-Führung um Giffey und Geisel wollte den Volksentscheid politisch kippen. Natürlich konnte sie das nicht direkt tun. Daher zauberten Geisel und Giffey eine sog. Expert:innenkommission aus dem Hut, die überprüfen sollte, ob der Volksentscheid umsetzbar und in welches Gesetz er gegebenenfalls zu gießen wäre.

So sollte in einer im Geheimen tagenden Kommission zuerst einmal Zeit gewonnen werden, ohne offen den Mehrheitswillen zu ignorieren. Zweitens erklärten denn Giffey und Geisel auch deutlich, dass selbst ein positives Ergebnis der Kommission längst nicht bindend wäre, sondern der Senat darüber entscheiden müsse. Kurzum, die SPD-Führung machte klar, dass es sich nur um eine Verschleppung handelte und sie ohnedies immer den Volksentscheid blockieren würde.

Dieses Manöver war nicht nur ein Hohn auf jede Demokratie, sondern natürlich ganz im Interesse des Kapitals. Die Grünen spielten gern mit und die SPD machte die Expert:innenkommission zur Bedingung für eine Fortsetzung der rot-grün-roten Koalition.

Und DIE LINKE? Die spielte das schäbige Spiel mit. Sie lief sehenden Auges in die offene Falle, die Giffey und Geisel gestellt hatten. Dass auch die Mehrheit der Kampagne von Deutsche Wohnen und Co. um die Interventionistische Linke das üble Spiel mitgstaltete, diente der Mehrheit der Linkspartei zwar als Entschuldigung für ihre Kapitulation vor der SPD, macht die Sache aber nicht besser.

Ein Mitgliederentscheid sprach sich für die Fortsetzung der Koalition aus. Insgesamt beteiligten sich 4.220 (53,64 %) der 8.016 Parteimitglieder am Entscheid über den Koalitionsvertrag, davon waren 3.926 Stimmen gültig. 2.941, also 74,91 %, votierten für Rot-Grün-Rot, 880 oder 22,4 % stimmten mit Nein, 105 (2,67 %) enthielten sich.

Die Landesparteivorsitzende Katina Schubert und mit ihr die gesamte Senatsriege konnten ihre Freude kaum verbergen. „Das ist ein klarer Auftrag für uns. Das gute Ergebnis ist Rückenwind für die aktuellen und kommenden Herausforderungen,“ erklärte sie und ließ weiter verlauten: „Wir haben angekündigt, den Berlinerinnen und Berlinern die Stadt zurückzugeben.“

In Wirklichkeit halfen sie der Immobilienlobby mit, ihre volle Verfügungsgewalt über ihr Privateigentum zu behalten. Die Expert:innenkommission werkelte über Monate vor sich hin, die Bewegung und die Strukturen von Deutsche Wohnen und Co. schrumpften und brachen mehr und mehr in sich zusammen. Mit der Neuwahl 2023 und der Bildung des CDU/SPD-Senats war der Volksentscheid endgültig erledigt.

Opportunismus und Blindheit

Das Beispiel verdeutlicht das Problem des „rebellischen Regierens“, selbst wenn DIE LINKE eine Bewegung aktiv unterstützt. Letztlich stößt eine solche Bewegung, gerade wenn sie das kapitalistische Privateigentum und seine rechtliche Absicherung, also ein gesellschaftlich wesentliches Verhältnis, berührt, an die Grenzen des bürgerlichen Systems. Das ist unvermeidbar.

Sowohl die Mehrheit der Kampagne Deutsche Wohnen und Co. enteignen als auch DIE LINKE weigerten sich jedoch bewusst, diese Problematik von Beginn an zu thematisieren. Der Opportunismus setzte auf politische Blindheit – und wunderte sich dann, dass er das Offensichtliche nicht vorausgesehen hatte.

Was die Führung der Linkspartei betrifft, so erfüllt diese jedoch auch einen Zweck. Sie sollte jede vorausschauende Diskussion, jede strategische Debatte darüber verhindern, wie die Kampagne erfolgreich weitergeführt werden könnte, auch wenn der Senat sabotiert und DIE LINKE nicht mehr in der Landregierung vertreten ist. Dazu hätten nämlich sowohl die Kampagne wie auch DIE LINKE auf eine Strategie der klassenkämpferischen Mobilisierung, auf den Aufbau von Mieter:innenkomitees, auf Verbindung mit betrieblichen und gewerkschaftlichen Organisationen, auf die Verbreiterung von Miet- und politischen Solidaritätsstreiks orientieren müssen. Genau das wollten aber die Vertreter:innen des „rebellischen Regierens“ nicht, weil sie selbst viel stärker unter den direkten und demokratischen Druck einer solchen Kampagne geraten wären, weil es viel schwerer geworden wäre, 2021 weiter im Senat zu hocken und dafür den Volksentscheid faktisch zu opfern.

Die Lehre aus diesen Kämpfen muss aber gezogen werden. Es ist natürlich grundsätzlich richtig, DIE LINKE wie auch andere reformistische Parteien oder Gewerkschaften zur Unterstützung solcher Kampagnen aufzufordern, ja, wenn möglich, dazu zu zwingen. Aber zugleich braucht sie demokratische Kampfstrukturen und eine offen geführte Diskussion und Entscheidung über die zentralen Fragen zur Umsetzung ihrer Ziele – in diesem Fall der Enteignung – und der dafür notwendigen Kampfmethoden und Strukturen. Natürlich können auch dann Reformist:innen und Opportunist:innen eine Kampagne in die Irre führen, aber bieten sich unter diesen Bedingungen viel günstigere Möglichkeiten für klassenkämpferische Kräfte, ihre Vorschläge, ihre Positionen zu vertreten und im günstigsten Fall die Mehrheit dafür zu gewinnen. Hinzu kommt, dass eine solche Methode erlaubt, dass wir nach einem politischen Ausverkauf durch Reformist:innen und deren Senatsambitionen nicht mit leeren Händen, sondern einer politisch aktiven Kampagne dastehen, die weiter kampffähig ist.




Bremen: Regierung steht – aber rechte Opposition gestärkt

Anne Moll/Bruno Tesch, Infomail 1227, 7. Juli 2023

Die ersten überlokalen Wahlen 2023 liegen mit denen im Land Bremen seit Mitte Mai hinter uns. Die Wahlbeteiligung lag mit 57 % rund 6 Punkte unter der von vier Jahren.

Ergebnisse

Entgegen dem Bundestrend, bei dem die Regierungsparteien Federn lassen mussten, hat sich die SPD bei den Landtagswahlen zur Bremischen Bürger:innenschaft wieder an die Spitze gesetzt und ihren parlamentarischen Erbhof, den sie, rechnet man die Weimarer Zeit hinzu, 90 Jahre lang verbissen verteidigt. Dennoch fuhr die Sozialdemokratie mit rund 30 % nach dem Debakel von 2019 ihr zweitschlechtestes Resultat ein. Die vorige Wahlperiode konnte sie nur durch den Senatsvorsitz in einer Dreierkoalition überstehen, obwohl sie stimmenmäßig der CDU unterlegen war.

Trotz dieser alles andere als berauschenden Tatsachen verstieg sich Amtsinhaber Andreas Bovenschulte nach der ersten Hochrechnung zur Einstufung als „historischer Tag“. Neben dem typischen Eigenlob über überzeugende Sacharbeit spielte der SPD auch die Schwäche der anderen Parteien in die Karten. Viele Wähler:innen sahen diesmal die Notwendigkeit, Stimmen gegen die große Konkurrentin CDU anzuhäufen, was zu Lasten der Mitregent:innen ging.

Abgestraft wurden vor allem die Grünen, abgesackt auf 11,9 %, deren inkonsequente Verkehrspolitik, aber auch die bundespolitisch umstrittenen Entscheidungen auf dem Energiesektor ihnen einen krassen Einbruch einbrockten. Die Spitzenkandidatin Maike Schaefer zog bereits die Konsequenzen und legte ihren Parteivorsitz einen Tag nach der Wahl nieder.

Die Partei DIE LINKE blieb von Einbußen weitgehend verschont und erzielte 10,9 % Wähler:innenanteil. Die Parteispitze führt dies in erster Linie jedoch nicht auf einen Kurs der Mobilisierung z. B. in der Tarifauseinandersetzung zurück, sondern auf ihr pragmatisches Verhältnis zu anderen Parteien. Es nimmt nicht Wunder, dass ihnen auch von über 40 % der CDU-Wähler:innenschaft eine Kompetenz in Sachen Wirtschaft – sprich kapitalistischer Mängelverwaltung – attestiert wird.

Eigentliche zahlenmäßige Gewinnerin war die rechtspopulistische Partei Bürger in Wut, die ihren Stimmenanteil auf fast das Vierfache (9,4 %) steigerte, in Bremerhaven gar auf über 20 % kam, jedoch auch Voten von der AfD abfischte, die wegen Verstoßes gegen das Wahlgesetz – sie hatte 2 Kandidat:inntenlisten eingereicht – nicht zu den diesjährigen Wahlen antreten durfte. Die Bundes-AfD will dagegen erneut Klage einreichen und erhofft sich davon eine Wahlwiederholung. Als kleinste Oppositionspartei zog auch die FDP haarscharf mit 5,1 % noch in die Bürgerschaft, das Bremer Landesparlament, ein. Das bringt die dort vertretene Parteienpalette auf ein halbes Dutzend.

Regierungskonstellation wird fortgesetzt

Die beiden braven Juniorpartner:innen, Grüne und LINKE, durften auf eine Fortsetzung des Dreibundes hoffen, zumal SPD-Chef Bovenschulte bereits im Wahlkampf seine Neigung hierzu nicht verhohlen hatte. Nach vier Wochen konnten die Verhandlungen abgeschlossen werden und nach Billigung des Vertrags durch die Landesparteitage der drei beteiligten Koalitionär:innen geriet die für Mittwoch, den 5.7., vorgesehene Wahl des neuen Senats nur noch zur Formsache.

Die Neuzusammensetzung sieht vor, dass die SPD , die wieder den Bürgermeister stellt, 4 Ressorts (Inneres, Bildung, Arbeit, Soziales, Justiz, Bau- und Verkehr) besetzt, die Grünen 2 (Finanzen, Klima und Wissenschaften) und DIE LINKE ebenfalls 2 (Wirtschaft und Häfen sowie Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz) bekleiden. Es hat auch personell einiges Stühlerücken gegeben.

Interessanter jedoch sind die durchgesickerten Konfliktpunkte, bei denen die SPD ihr Gewicht bei den Verhandlungen in die Waagschale werfen konnte. So sagte Bovenschulte: „Wir werden auch in dieser Konstellation massiven Einfluss auf die Hafenpolitik nehmen,“ und deutete an, die Linke beim Energy Port in die Kabinettsdisziplin zwingen zu können. Die neue Hafenanlage im südlichen Fischereihafen Bremerhavens als Nachfolgeprojekt für den gescheiterten Offshorehafen soll die Windenergie auf See unterstützen und als Umschlagplatz für erneuerbare Energien dienen.

Den größten Widerspruch erntete die Linie zur Politik im Gesundheitswesen, wonach Leistungen zentralisiert werden sollen, weil der Klinikverbund defizitär arbeitet und deswegen Bereiche geschlossen werden müssten. Von der fixen Idee, die Krankenhäuser als Wirtschaftsunternehmen wahrnimmt, wird also keinen Millimeter abgerückt.

DIE LINKE sieht den größten Dissens in der Innenpolitik, wo die Einsatzgruppe der Bereitschaftspolizei, die dem Streifendienst u. a. bei größeren Einsätzen unterstützt, mit Tasern (Elektroschockpistolen) ausgerüstet werden soll. Die Zahl der Polizeivollstellen soll „perspektivisch“ auf 3.860 anwachsen. All das hinderte ihren außerordentlichen Landesparteitag am Sonntag, dem 2. Juli, nicht, trotzdem mit großer Mehrheit für den Koalitionsvertrag zu stimmen. Berlin lässt grüßen!

Kein Vertrauen in Rot-Grün-Rot!

Gerade in Anbetracht der weit über den lokalpolitischen Tellerrand hinausragenden Probleme wie Inflation, immer schmalbrüstigere Budgets für Sozial- , Bildungs- und Gesundheitsbereich sind keine konstruktiven Impulse für die anstehenden Aufgaben zu erwarten.

Hochfliegende Pläne musste der Zwei-Städte-Staat schon mehrfach einmotten, wie z. B. das Space Center. Ob der geplante Energiehafen Bremerhaven sich aus dem ökonomischen und sozialen Tal heraushieven und nicht das Schicksal seines Vorgängers Offshore erleiden wird, darf mindestens angezweifelt werden.

Der Vorsatz, nicht mehr das Schlusslicht in der deutschen Bildungslandschaft zu bilden, nimmt sich dagegen fast bescheiden und realistischer aus. Die Arbeiter:innenklasse und die städtische Armut werden sich auf jeden Fall weiter warm anziehen und gegen Einschnitte in ihrem Lebensalltag ankämpfen müssen, z. B. durch Bildung von Preiskontroll- und Mieter:innenkomitees auf Stadtteilebene, die zentralisiert werden sollten.




Die SPD wird stärkste Kraft in Bremen??

Anne Moll/Karl-Heinz Hermann, Infomail 1222, 14. Mai 2023

Musste die SPD 2019 noch bangen, die Regierungsmehrheit zu verlieren und seit 1945  nicht mehr an der Landesregierung in Bremen beteiligt zu sein, steht sie, laut Umfragewerten, eine Woche vor der nächsten Wahl deutlich besser da.

Bremer Senatsgeschichte

Sie regiert im Zwei-Städte-Staat also ununterbrochen seit dem 2. Weltkrieg, darunter in 2 von den Alliierten ernannten Senaten vor der ersten Landtagswahl 1946 (Vagts, Kaisen I). In den ersten 3 Senaten, darunter dem ersten gewählten (Kaisen II), saß auch die KPD gemeinsam mit BDV (Bremer Demokratische Volkspartei, ab 1951 in die FDP übergegangen) und SPD.

Hat sie etwas richtig oder haben die an der Landesregierung beteiligten Parteien, die Grünen und DIE LINKE, alles falsch gemacht?

Bilanz des Senats Bovenschulte (Rot-Grün-Rot)

Wenn wir uns die Politik der letzten Jahre in Bremen anschauen, sind die Probleme alle noch da, und einige haben sich verschärft.

In der Wahrnehmung der Menschen dort gilt allerdings nicht vor allem die SPD als unfähig, sondern ihre Koalitionspartner:innen haben sehr viel mehr mit Kritik und auch mit Stimmenverlusten zu kämpfen.

Die Grünen, werden besonders über die Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau und Stellvertreterin des Präsidenten des Senats, Bürgermeisterin Maike Schaefer, bewertet – und hier besonders negativ. Die Idee, Bremen als Fahrradstadt umzugestalten, wurde von einer großen Minderheit sehr positiv aufgenommen. Die Realisierung dieses durchaus strittigen Vorhabens – unserer Meinung nach sollte der Schwerpunkt auf dem ÖPNV, insbesondere dem schienengebundenen, liegen – erfolgte aber so chaotisch und wenig konsequent, dass auch diejenigen, die hinter der Idee stehen, es den Grünen nicht zutrauen, diese auch umzusetzen.

DIE LINKE mit der Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz, Claudia Bernhard, zeigt große Schwächen bei den Lösungsansätzen für die seit Jahrzehnten verschuldeten kommunalen Krankenhäuser. Klar: Die Probleme hat DIE LINKE nicht verschuldet, aber sie versucht, diese Lösung nun gegen die Beschäftigten durchzudrücken, was ihr einen großen Stimmenverlust einbringen wird.

Die SPD hat es geschafft, sich als stabilisierend und verlässlich darzustellen, obwohl das Wirtschaftsressort auch von der Linkspartei geführt wird und es um die Bildung in Bremen schlechter wohl nicht mehr bestellt sein kann – ein Ressort, das von der SPD bekleidet wird.

Wahlprognosen

Erklären kann dies nur die Besonderheit in Bremen, traditionell SPD zu wählen, um die CDU zu verhindern, gepaart mit einem Sympathieträger wie dem Bürgermeister und Senatspräsidenten Andreas Bovenschulte, der so bodenständig und vertrauenswürdig daherkommt im Gegensatz zu seinem Vorgänger Sieling, der als distanzierter Bürokrat wahrgenommen wurde.

Die SPD konnte sich in der Koalition der letzten Jahre damit hervortun, dass sie den Mindestlohn in Bremen und Bremerhaven eher erhöht hatte, als der Bund das vorsah. Außerdem hält sich die Meinung, dass die Bremer Regierung die Pandemie ganz gut gemanagt hat. Es gab schnell viele Testzentren, kurzfristig FFP2-Masken umsonst, die Impfungen liefen organisiert und es gab wegen der Pandemie keine Massenentlassungen.

Zusätzlich spielt natürlich die höhere Erwerbsquote eine Rolle. Besonders für Bremerhaven konnte hier gepunktet werden. Was allerdings weniger eine Bremer Leistung ist, als ein bundesweiter Trend und im Großunternehmen Daimler gibt es seit Monaten Produktionsprobleme, vor allem wegen der Zulieferung, und es wurden in diesem Jahr hunderte Leiharbeiter:innen nicht weiterbeschäftigt.

Aber auch die CDU ist politisch ideenlos, kann keine neuen Lösungsansätze bieten, kritisiert vor allem die schlechte Politik der jetzigen Regierung und das reicht in Bremen nicht, um die SPD abzulösen.

Neben der Besonderheit, dass, wie zuweilen mancherorts außerhalb des kleinsten Bundeslands gewitzelt wird, bereits Karl der Große Bremen als Lehen auf Lebenszeit an die SPD verpachtet habe, gibt es bei dieser Wahl eine weitere: Die AfD steht nicht auf dem Stimmzettel. Sie hat es geschafft, sich in Bremen und Bremerhaven so zu zerstreiten, dass sie dadurch gar nicht zugelassen wurde. Aber der rechte Flügel bleibt nicht unbesetzt: Die Wählervereinigung Bürger in Wut (BiW), ein Ableger der Schill-Partei seit 2004 und eine weitere Besonderheit des Zwei-Städte-Staats, kommt entsprechend über die 5 %-Hürde und wird statt der AfD wohl in die Bürgerschaft einziehen. Prognosen bewegen sich um die 9 %, vergleichbar wie die für DIE LINKE. Bisher profitierte die BiW von einer Besonderheit des Bremischen Wahlrechts: Die 5 % müssen nur in einer der beiden Städte erreicht werden. So reichte ihr bisher die Unterstützung aus Bremerhaven. In Bremen Stadt erzielte sie nur im abgehängten Norden ähnlich respektable Ergebnisse. Mittlerweile erhält sie im ganzen Bundesland gute Prognosen. Ursachen dafür: Sie beerbt das Wähler:innenpotenzial der AfD (2019: 9,1 % in Bremerhaven; 5,6 % in Bremen; 5 Sitze in der Bürgerschaft). Außerdem verfügt sie dank Unterstützung durch die neugegründete rechtskonservative Kleinpartei Bündnis Deutschland über ein großes Wahlkampfbudget. Manche munkeln, es stehe dem der Grünen nicht nach. Schließlich begünstigt das Wahlrecht mit der Möglichkeit, 5 Stimmen auf einzelne Kandidat:innen und Listen verteilen zu können, kleine Parteien. Diese wird einer weiteren Bremensie, der MERA25, einem Ableger der EU-weiten Bewegung DiEM25 aber laut allen Voraussagen trotzdem nicht zum Sprung in die Bürgerschaftssessel verhelfen.

Wählt DIE LINKE, aber organisiert den Kampf!

Zur Wahl rufen wir zur Stimmabgabe für DIE LINKE auf. Unsere Unterstützung ist aber eine kritische, denn wir wählen eine bürgerliche Arbeiter:innenpartei wie SPD und/oder DIE LINKE trotz ihrer Politik und nicht wegen ihr. Es ist ihre Basis, die angesprochen, in ihrer fortschrittlichen Haltung (Die Arbeiter:innenschaft braucht eine Partei, die sich allein auf sie stützt und von ihr gestützt wird) gegenüber allen offen bürgerlichen Parteien einschließlich der Grünen bei der Stimmabgabe gestärkt gehört. Das erleichtert den Dialog mit dem organisierten Teil unserer Klasse und ermöglicht uns, ein offenes Ohr für unsere Kritik an ihrer vollständig bürgerlichen Politik zu finden, die in Forderungen an diese Parteien vor den Augen ihrer Basis münden muss.

DIE LINKE ist die erste Gliederung im Westen der Republik gewesen, die den Sprung in ein Landesparlament und in die Regierung geschafft hat. Aber nicht dies ist ausschlaggebend für unsere Wahlempfehlung und es sind auch nicht ihre „Glanzlichter“ als Regierungspartei (Impfkampagne, Pilotprojekte für die Unterbringung von Obdachlosen, Drogenpolitik und Durchsetzung der Ausbildungsabgabe für nicht ausbildende Betriebe). Im Unterschied nach wie vor zur SPD wird sie von den klassenbewusstesten Elementen (Arbeitslosen-, Wohnungs- und Stadtteilinitiativen, linken Vertrauensleuten und Betriebsräten) gewählt. Das macht – einstweilen noch – den Unterschied zur größeren und rechteren Sozialdemokratie aus: dass sie die fortgeschritteneren Schichten der Arbeiter:innenklasse repräsentiert, anders als die SPD.

Kein Wunder also, dass folglich ein größerer Widerspruch zur Realpolitik der Parteimehrheit, deren traurigen Kern wir oben beschrieben haben, auch unter ihren Funktionsträger:innen wie Cornelia Barth, Mitglied im Bundessprecher:innenrat der Strömung Sozialistische Linke, und Olaf Zimmer zum Ausdruck kommt und die Linksjugend [’solid] eigene Plakate für den Nachwuchskandidaten Dariush Hassanpour kleben darf. Insbesondere Zimmer tritt verbal für eine konsequent antimilitaristische Linie der LINKEN gegen die Unterstützung der Landespartei für Waffenlieferungen an die Ukraine ein, die damit der Beschlusslage der Bundespartei Hohn spricht. Diese Kräfte in Funktionärskörper und Parteijugend sind neben der Parteibasis die ersten Adressat:innen für Vorschläge, die die Partei auf einen klassenkämpferischen Weg bringen sollen und somit den Widerspruch zwischen Arbeiter:innenbasis und Wähler:innenschaft einerseits und bürgerlicher Regierungspolitik andererseits zuzuspitzen helfen können. Der linke Flügel muss sich fraktionell organisieren und darf den Kampf für notwendige Forderungen und das Eintreten für eine Ende der bürgerlichen Koalitionspolitik nicht scheuen, um den Bruch mit der Partei zu vermeiden, denn letztlich brauchen wir etwas ganz anderes als DIE LINKE.




Schwarze Zeiten? Die Berliner Wahlen und ihr Ausgang

Wilhelm Schulz/Martin Suchanek, Infomail 1213, 15. Februar 2023

Die CDU geht als klare Siegerin aus der Berliner Abgeordnetenhauswahl vom 12. Februar hervor. Erstmals seit 1999 wurde sie zur stärksten Partei in der Stadt und konnte ihren Stimmenanteil deutlich auf 28,2 % steigern, was ein Plus vom 10,2 % gegenüber 2021 bzw. von 10,6 % verglichen mit 2016 bedeutet. Die einzige andere Partei, die einen leichten Stimmengewinn verbuchen kann, ist die AfD mit 9,1 % und einer Steigerung um 1,1 % zu 2021.

Die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und Linken hat geschlossen verloren und kommt auf 49 %, ein Verlust um 5,4 % zu 2021 (SPD bei 18,4 % und -3 %, Grüne ebenfalls bei 18,4 % und -0,5 %, LINKE bei 12,2 % und -1,9 % zu 2021). Die FDP fällt unter die undemokratische 5 %-Hürde, verliert 2,5 % und kommt nur noch auf 4,6 %. Sie muss somit das Abgeordnetenhaus verlassen – also wenigstens eine erfreuliche Nachricht.

Der Wahlgewinn der Union war zwar im Vorfeld abzusehen, ist aber dennoch deutlicher als von vielen erwartet. Vor allem aus zwei Parteien erhielt sie dabei Stimmengewinne (https://www.tagesschau.de/inland/waehlerwanderung-berlin-113.html): 60.000 von der SPD und 37.000 von der FDP. Auch interessant sind die Zahlen von jeweils 21.000 Stimmenwanderungen von den sog. Kleinstparteien und Nichtwähler:innen. Daneben gewann sie 17.000 Stimmen von den Grünen, 12.000 von der AfD und 11.000 von der LINKEN. Bei den Erststimmen konnte die Union ihre gewonnenen Wahlkreise mehr als verdoppeln. Sie gewann 48 von 78, 2021 waren es 21. Die SPD stürzte von 25 auf 4 Wahlkreise ab. Daneben: Die Stimmendifferenz zwischen SPD und Grünen beläuft sich anscheinend auf 105, weshalb eine Neuauszählung wahrscheinlich ist.

Der Erfolg der CDU ist darauf zurückzuführen, dass sie gleich mehrere Stimmungen auf sich fokussieren konnte. Außerdem hat er auch sehr wichtige bundesweite Implikationen bzw. setzt Trends fort. Vergleichbar sieht es um die FDP aus, wenn auch unter umgekehrtem Vorzeichen. Die Wahlniederlage reiht sich in den Trend der vergangenen Landtagswahlen ein. Die Union konnte sich gegen die rot-grün-rote Landeskoalition als Alternative präsentieren und den Unmut gegen den Senat kanalisieren.

Der Löwenanteil der Berliner:innen ist jedoch nicht zur Wahl gegangen oder durfte es nicht. Die Wahlbeteiligung lag bei 63 %. Gegenüber 2021 ist das ein massiver Rückgang. Damals lag die Beteiligung aber mit 75,4 % überaus hoch, weil sie gemeinsam mit der Bundestagswahl durchgeführt wurde. Die 63 % entsprechen hingegen dem Durchschnitt der letzten 20 Jahre. Knapp 22 % der Bevölkerung hat überhaupt kein Wahlrecht, weitere 13 % haben das Wahlalter noch nicht erreicht. Am Dienstag, dem 14.2, tauchten auch in Lichtenberg noch mehr als 400 Briefwahlumschläge auf. Das endgültige amtliche Wahlergebnis ist nicht vor dem 17. Februar zu erwarten.

Ein Schritt nach rechts

Das „Es kann kein Weiter so geben“, das aus allen Fanfaren der Parteien klingt, drückt die Stimmung der Wahl aus. Mit der CDU und den Grünen haben sich zwei bürgerliche Parteien in Berlin weiter etablieren bzw. ein sehr gutes Ergebnis von 2021 weitgehend stabilisieren können, während die bürgerlichen Arbeiter:innenparteien SPD und LINKE weiter an Stimmen und Prozenten verlieren.

Auch wenn die Wahl von keinem großen Rechtsruck begleitet wurde, so stabilisiert sie die Rechtsentwicklung im Abgeordnetenhaus. In diesem Licht muss das „Es kann kein Weiter so geben“ gewertet werden, egal ob es eine Fortsetzung von RGR, Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün wird.

Diese Verschiebung zeigt sich auch in den Wahlkampfthemen. So haben CDU, AfD und FDP einen thematisch vergleichbaren Wahlkampf geführt, wenn auch im Ton verschieden. Sie haben das Berliner Verwaltungsversagen auch über die gescheiterte Wahl von 2021 hinaus ins Zentrum gestellt und andererseits den Ruf nach Recht und Ordnung im Lichte der rassistischen Diffamierungen rund um die Silvesternacht oder um das „Chaos“ in den „linken“ Stadtteilen erklingen lassen. Alles klassisch rechte oder rechtspopulistische Themen.

Die Senatsparteien hatten dem im Grunde nichts entgegenzusetzen. Die SPD versuchte sich sogar, wenn auch ohne großen Erfolg, selbst als Law-and-Order-Partei mit Augenmaß zu inszenieren. In jedem Fall können wir davon ausgehen, dass der nächste Senat – egal wie er zusammengesetzt sein wird – die Polizei, deren Mittel und Befugnisse unter dem Vorwand der Bekämpfung von „Clankriminalität“ und „linken Chaot:innen“ massiv stärken wird. Wir können annehmen, dass die ohnedies oft eher symbolischen und letztlich zweitrangigen Reformen unter RGR faktisch kassiert werden sollen.

Daneben stand Mobilität im Zentrum, wobei die drei Parteien sich für die Aufrechterhaltung Berlins als Autostadt mitsamt der Fortsetzung des Baus der A100 ausgesprochen haben. Insgesamt wurde die Koalition als handlungsunfähig beschrieben und das trotz einer LINKEN, die bei den Koalitionsverhandlungen ihre Beteiligung an der Regierung über ihr Programm stellte.

Im Jahr 2021 war die Wohnungsfrage noch das zentrale Thema der Wahl. Das aktuelle Ergebnis könnte vermutlich der letzte parlamentarische Todesstoß für den Volksentscheid von „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ sein, solange dessen strategische Orientierung weiterhin auf parlamentarische Mehrheiten ausgerichtet ist statt des Aufbaus einer klassenkämpferischen Mieter:innenbewegung in den Häusern, auf den Straßen und in den Betrieben. Inwiefern die möglichen Handlungsempfehlungen der Verschleppungskommission (offiziell: Expert:innenkommission) noch im Senat Zustimmung finden werden, steht in selbigem fragwürdigen Licht. Und das obwohl Kai Wegner (CDU-Spitzenkandidat) deutlich als Feind der Mieter:innen hätte demaskiert werden können. Er war damals im Bundestag einer von denen, die gegen den Berliner Mietendeckel geklagt haben. Die Berliner CDU wurde in den vergangenen Jahren massiv durch Parteispenden von der Immobilienlobby unterstützt.

Doch, wie es in der Presse so oft heißt, bleibt unklar, ob Wegner nicht ein „König ohne Land“ bleibt, also keine/n Koalitionspartner:in finden könnte, da sowohl SPD als auch Grüne sich für die Fortsetzung von Rot-Grün-Rot ausgesprochen haben. Außerdem fürchten diese zu Recht, dass sie unter CDU-Führung zum Anhängsel der Konservativen würden.

Die Sondierungsgespräche, die SPD und Grüne nun mit der Union führen werden, könnten beide zur Durchsetzung ihrer Ziele in einer Drei-Parteien-Koalition verwendet werden. Eine schwarz-grüne Koalition scheint zwar am unwahrscheinlichsten, wenn man sich die konträren Wahlkampfthemen und die beidseitige Rhetorik anschaut, hätte aber eine starke Wirkung auf die Bundespolitik und könnte ein etwaiges Scheitern der Ampel vorbereiten, in der sich die Grünen und nicht die FDP als verlässlichere Partnerinnen für eine etwaige CDU-geführte Regierung präsentieren.

Und die LINKE?

Auch sie hat verloren. Einerseits zwei von sechs Direktmandaten, die jeweils an die CDU verlorengingen. Generell hat die CDU bis auf zwei Wahlkreise der AfD alle Außenbezirke gewonnen, während die Innenstadt grün ist (Zweitstimmen). Vergleichbar ist es auch bei der Altersstruktur. Die Grünen sind die stärkste Kraft unter 35 Jahren und die CDU bei den über 45-Jährigen. Die Lützerath-Räumung, die die Grünen mitverantworten, hat hier also keinen signifikanten Einfluss auf das Wahlergebnis genommen. Die LINKE sieht sich somit einer Verringerung ihres Einflusses gegenüber. Auch wenn sie in allen Bezirken verloren hat, lässt sich ein deutlicherer Stimmrückgang in ihren alten Ostberliner Stimmbezirken verbuchen, während sie sich im Stadtzentrum relativ gefestigt hat. Am deutlichsten zeigt sich dies im sonst so roten Köpenick, das nun tiefschwarz überzogen ist. Im Verhältnis zum Bundestrend bleibt Berlin jedoch eine Hochburg der LINKEN. Dass die verschiedenen brennenden sozialen Fragen wenig im Zentrum standen und die LINKE dies nicht auffangen konnte, wird deutlich, wenn wir sehen, dass die Partei seit 2001 an der Landesregierung ist, mit einer Ausnahme von 2011 bis 2016.

Katja Kipping warb bereits wenige Minuten nach den ersten amtlichen Hochrechnungen für eine Fortführung von Rot-Grün-Rot und war damit vermutlich die erste öffentliche Fürsprecherin. Es bleibt abzuschätzen, wie stark das Lager gegen die Regierungsbeteiligung sein wird. Angesichts dessen, dass beispielsweise die oppositionelleren Bezirke wie Neukölln und Mitte verhältnismäßig gute Ergebnisse erzielten, sind die Möglichkeiten dafür verbessert, wie die Basis für die Nebelkerze des „rebellischen Regierens“ sichtbar geschwächt ist. Andererseits konnte dieses Doppelspiel, einerseits Teil der Regierung zu sein, sich andererseits auf die Seite des Sozialprotests zu stellen, in keiner gesteigerten Unterstützung münden – zwei Wege, die sich offensichtlich entgegenstehen.

Nach der Abgeordnetenhauswahl im Jahr 2021 war das größte Schreckgespenst in den Reihen der LINKEN die Möglichkeit einer Ampelkoalition auf Berliner Ebene. Mit diesem Argument wurden weite Teile des Programms in den Koalitionsverhandlungen aufgegeben. Es droht, dass mit selbigem erneut in Koalitionsverhandlungen eingestiegen werden soll.

Natürlich wäre es leichfertig, ja albern zu sagen, dass eine CDU-geführte Regierung überhaupt keinen Unterschied für die Bevölkerung ausmachen würde. Zweifellos würden Wegner und Co. eine solche Situation nutzen, um ihr Law-and-Order-Programm durchzuziehen, wenn auch vielleicht mit etwas grüner oder sozialer Tünche für eine jeweilige Koalitionspartnerin.

Doch das würde nur einen weiteren Zerfallsprozess befördern. DIE LINKE würde sich an einer solchen Regierung ebenso wie die Restbestände des linken SPD-Flügels einfach selbst überflüssig machen und eine CDU-Regierungsübernahme bloß hinauszögern.

Zudem zeigt die Erfahrung mit dem RGR-Senat (wie vordem mit den rot-roten Senaten), dass diese selbst zur Verschleppung und Sabotage demokratischer Entscheidungen wie der Enteignung der großen Immobilienhaie bereit sind. Nachdem DIE LINKE den Volksentscheid schon in der letzten Koalition nicht durchsetzen konnte, ist natürlich kindisch zu denken, dass eine geschwächte Partei und ein geschwächter Senat ausgerechnet jetzt die Konfrontation mit dem Kapital suchen werden.

Daher müssen aber auch die Gegner:innen eine Regierungsbeteiligung in der LINKEN jetzt aufstehen. Schließlich haben sie sich in der letzten Legislaturperiode auch nicht mit Ruhm  bekleckert, sondern nur so getan, als hätten sie mit dem Senat nichts zu tun – und haben doch umgekehrt „ihrer“ Partei keine Steine beim Regieren in den Weg gelegt.

Gerade die linken Bezirke wie Neukölln und Mitte sowie alle anderen Gegner:innen einer weiteren Regierungsbeteiligung müssen sich jetzt offen gegen die Regierungssozialist:innen, gegen die Giffey-Freund:innen um Schubert, Lederer und Kipping formieren. Ein erster Ausgangspunkt dessen könnte eine Einberufung einer öffentlichen Konferenz des linken Flügels der Partei sein. Bereits als Folge der letzten Sondierungen gab es erste Ansätze zum Aufbau einer solchen Opposition, jedoch verpuffte die Organisierung dieser Ansammlung von Parteimitgliedern, sobald die Abstimmung für die Beteiligung an der Koalition innerhalb der LINKEN vorüberging.

Die Linken in der LINKEN stehen vor der Aufgabe, den Widerstand gegen die Fortsetzung von Rot-Grün-Rot zu organisieren und um die Ausrichtung der Partei zu kämpfen. Angesichts ihrer bundesweiten Krise dürfen sie dabei vor einem organisierten Kampf nicht weiter zurückschrecken – und das heißt auch nicht vor einem kommenden, im Grunde unvermeidlichen organisierten Bruch mit ihr.




Nein zum 100 Milliarden Programm!

Arbeiter:innenmacht-Rede auf der Demonstration „100 Milliarden für Gesundheit, Klima und Soziales statt für Aufrüstung“ am 29. Mai 2022, Infomail 1190, 31. Mai 2022

Wir sind heute hier um gemeinsam mit euch gegen Krieg und Krise zu demonstrieren. Gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und seine globalen Auswirkungen, die nicht nur wir hier in Deutschland, sondern vor allem Menschen in halbkolonialen Ländern zu spüren bekommen. Hierzulande merken wir das in steigenden Preisen und der Inflation. Doch die Wirtschaftskrise, die durch den Krieg auch eine Hungerkrise mit sich bringt, bringt halbkoloniale Länder bis an den Rand des Kollapses. Im Iran formieren sich Proteste. Dort ist die Inflation bereits bei 40%. Lebensmittel werden von Tag zu Tag teurer. Doch das ist nur ein Beispiel von vielen.

Menschen hungern. Menschen sterben. Als Antwort auf den Krieg hat Olaf Scholz eine Zeitenwende verkündet und 100 Milliarden versprochen, aber nicht etwa, um gegen die steigenden Preise vorzugehen. Nein, 100 Milliarden für das Militär. Das ist nicht nur eine Farce, sondern auch ein Zugeständnis an die Interessen des Kapitals. Hier geht es nicht in erster Linie um Verteidigung der deutschen oder europäischen Bevölkerung- würde man das planen, hätte man bspw. in Bunker investiert. Hier geht es um die Verteidigung deutscher, europäischer und westlicher Interessen gegenüber Russland, das sein Territorium erweitern und die Ukraine nicht mehr in einer ökonomischen und politischen Nähe zum Westen sehen will.

Als Sozialist:innen und Internationalist:innen sehen wir es als unsere Pflicht an den Charakter des Krieges zu entlarven, uns gegen die Aufrüstung zu stellen und zunächst die Kriegstreiber:innen im eigenen Land zu bekämpfen. Wir können und wollen uns nicht hinter ein mögliches Schutzschild NATO vereinen, unsere Kritik an ihr verlieren und so tun als würde das Kriegen wie dem in der Ukraine vorbeugen.

Was ist die Nato? Die Nato wurde als Bollwerk gegen die Sowjetunion, als Institution des Systemkampfs gegründet. Die Sowjetunion ist Geschichte. Also warum gibt es die NATO noch?  Bürgerliche werden jetzt sagen, dass gerade der Krieg in der Ukraine zeigt, warum die NATO noch gebraucht würde. Doch stehen hinter der NATO imperialistische, geostrategische Interessen, insbesondere großer Industrienationen allen voran den USA. Während schon der Name North Atlantic Treaty Organization zeigt welche Interessen das Bündnis favorisiert, eben nicht Länder im globalen Süden, halbkoloniale Länder, werden Länder wie die Türkei, die gerade wieder Kurdistan bombardiert und womöglich plant in Syrien einzumarschieren, hofiert.

Eine wirklich schöne „Wertegemeinschaft“ wie sie sich selbst nennen. Das sind nicht unsere Werte. Die NATO vertritt nicht uns als Arbeiter:innenklasse, Jugendliche, Unterdrückte. Daher werden wir uns auch nicht wie die Regierungsparteien und sogar weite Teile der bürgerlichen Linken hinter ihr einreihen. Sie bringt keinen Frieden, weder in der Ukraine noch sonst wo. Eine Politik der nationalen Einheit mit den Herrschenden hat uns noch nie weit gebracht, sondern nur die Spaltung der Arbeiter:innenklasse vorangetrieben. Wir brauchen nicht die Nato für den Frieden, wir brauchen eine antikapitalistische und internationalistische Perspektive aus der weltweiten Arbeiter:innenklasse heraus. Denn sie ist es die Krieg und Krise am härtesten und jetzt schon zu spüren bekommen.

Gerade jetzt brauchen wir starke Gewerkschaften, deren Interessenvertretung nicht in der eigenen Branche, im eigenen Bezirk oder an Landesgrenzen halt machen. Ihre Aufgabe ist die Vertretung der Arbeiter:innenklasse, im Betrieb und in der Gesellschaft. Ihre Aufgabe ist es die Ausbeutung der Arbeiter:innenklasse entgegenzuwirken und ihre Rechte zu wahren. Ihre Aufgabe ist es die ökonomische Macht der Arbeiter:innenklasse zu nutzen, damit die Kriegsproduktion stillsteht und Menschen oder Nahrungsmittel statt Waffen transportiert werden.

Und was tut der DGB?! Die Gewerkschaftsbürokratie hat am 1. Mai in Berlin wieder einmal gezeigt, auf welcher Seite sie steht, wenn es drauf ankommt. Auch sie reiht sich ein in die Rhetorik der Ampelregierung, die sämtliche progressiven Projekte und inhaltliche Kontroversen dem Krieg unterordnet. Das ist eine Kriegsrhetorik! Die Arbeiter:innenklasse hat nichts von einem Krieg und dennoch werden ihre Interessen „zum Allgemeinwohl“ und zur „Feindbekämpfung“ missbraucht. Doch es sind nicht die Reichen, die frieren, sich Sprit, Lebensmittel oder die Miete nicht mehr leisten können.

Die Positionierung zum Krieg ist eine Klassenfrage. Der Kampf gegen den Krieg gehört zusammen mit dem Kampf gegen die Krise und zwar Seit an Seit mit der ukrainischen, russischen, iranischen oder kurdischen Arbeiter:innenklasse. Wir fordern daher: russische Truppen raus aus der Ukraine! Nein zu jeder Intervention der NATO und der Bundeswehr! Nein zum 100-Milliarden Programm! Keinen Cent, keine Person für den deutschen Imperialismus! Unsere Antwort auf die Krise muss eine Anti-Kriegsbewegung aus der internationalen Arbeiter:innenklasse sein. Daher: Machen wir den Gewerkschaften feuern unterm Hintern! Unsere Anti-Kriegsbewegung muss auch Anti-Krisenbewegung sein! Gegen Preissteigerung, gegen Inflation, gegen das Abwälzen der Krise auf die Arbeiter:innenklasse und Unterdrückte. Daher lasst uns gemeinsam nicht nur heute auf der Straße demonstrieren, sondern den Kampf auch zurück in die Schulen, Unis und Betriebe tragen. Streik in der Schule, Uni und Betrieb- das ist unsere Antwort auf ihre Politik!




DWE-Enteignungskonferenz: Mieter:innenbewegung bundesweit koordinieren!

Wilhelm Schulz, Neue Internationale 265, Juni 2022

Der Kampf von Mieter:innen hat in den letzten Jahren eine neue Qualität angenommen. Angesichts der Verschärfungen, denen sie sich v. a. in den Großstädten gegenübersehen, bricht dieser Trend vermutlich nicht so schnell ein. Die Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen (DWE) verfolgt dabei eine politische Perspektive zur Lösung der Wohnungsfrage im Sinne der einfachen Mieter:innen, die Enteignung großer Immobilienkonzerne und die Verstaatlichung des enteigneten Bestandes unter ihrer (Mit-)Kontrolle. Doch die Orientierung darauf, die tagtäglichen Probleme der Mieter:innen durch den Druck auf staatliche Institutionen zu lösen ohne den Aufbau kampffähiger Mieter:innenstrukturen, bringt das Vorhaben ins Stocken. Die Frage, wie wir gegen den Senat und die Gerichte den Mehrheitswillen der Mieter:innen umsetzen können, bleibt unbeantwortet.

Der Volksentscheid DWE gilt über die Berliner Landesgrenze hinaus als nachahmenswertes Beispiel. Für den Mietprotest, der oftmals lokal und vereinzelt abläuft, wird die Perspektive eines überregionalen Protests immer dringlicher und deutlicher, doch wie?

Als Gruppe Arbeiter:innenmacht sind wir aktiv in der Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen. Hiermit möchten wir unsere Einschätzung zur Lage der einfachen Mieter:innen und ein paar Vorschläge für die Perspektive der Bewegung äußern. Wir hoffen, dass die Enteignungskonferenz nicht nur den Charakter eines Wissens- und Erfahrungsaustausches annimmt, sondern Ausgangspunkt für eine bundesweit koordinierte und schlagkräftige Mieter:innenbewegung wird. Dieser Text soll ein Vorschlag dafür sein.

Lage auf dem Wohnungsmarkt in Deutschland

Laut statistischem Bundesamt sind die durchschnittlichen Immobilienpreise in Deutschland zwischen Oktober und Dezember 2021 um 12,2 % im Vorjahresvergleich gestiegen. Der durchschnittliche Kaufpreis für Ein- und Zweifamilienhäuser stieg zwischen 2010 und 2020 um etwa 65 %. Das Preisniveau in den deutschen Städten wird als überbewertet eingeschätzt, zwischen 15 und 40 %. Der EU-Risikorat kalkuliert das Blasenrisiko auf „mittel“. Ein Platzen einer solchen Blase könnte einen hohen Anteil an ausfallenden Renditen mit sich bringen, den Marktwert der Unternehmen senken, die Zinsen auf Kredite erhöhen und auf andere Sektoren der Wirtschaft aufgrund zunehmender Verwobenheit zurückwirken. Und das nicht nur für Deutschland, sondern auch Österreich, Bulgarien, Kroatien und Ungarn. In Deutschland trifft das Problem in besonderer Form zu, da es unter den OECD-Staaten einen hohen Anteil an Mieter:innen hat (ca. 57,9 % im Jahr 2018). Währenddessen verharren die Eigenkapitalanteile beim Ankauf von Immobilien weiterhin im Keller und viele Kredite sind an variable Zinssätze gebunden.

Die systematische Veränderung in der Immobilienwirtschaft wird als Finanzialisierung bezeichnet. Der Begriff beschreibt einerseits den Trend zunehmender privater Finanzanlagen im Immobiliensektor, andererseits auch den verstärkten Einfluss des Finanzsektors und seiner Erwartungen auf die Wohnungswirtschaft. Seit der Finanzkrise von 2007/08 erleben wir eine massive Niedrigzinspolitik der Zentralbanken (Quantitative Easing) – eine Ausgangssituation, die Tür und Tor für ein Jahrzehnt des Renditenbooms u. a. in deutschen Großstädten folgen ließ. Nicht primär, weil Kapitalanlagen in Wohnraum grundlegend hohe Erträge versprechen, sondern mangels besserer Alternativen im produzierenden Gewerbe. Die Renditen in sogenannten Spitzenstandorten wie Berlin und Hamburg liegen auf einem Tief (2,5 und 2,6 %). Das vergangene Jahrzehnt war durch geringe Reinvestitionsraten des Kapitals in den Sektor, in welchem die Profite erzeugt wurden, geprägt. Die großen Akteur:innen des Immobiliensektors sind dementsprechend immer deutlicher mit dem Finanzkapital verwoben.

Immer mehr einfache Mieter:innen müssen einen größer werdenden Teil ihres monatlich zur Verfügung stehenden Geldes somit für Mietzahlungen ausgeben. Die durchschnittliche Mietbelastungsquote privater Haushalte in Deutschland betrug 2018 27,2 . Die Tendenz ist dabei steigend. Diese Kennzahl erscheint geringer, da die Ausprägung der Mietbelastungsquote regional sehr ungleichzeitig ist. In Berlin ist sie bei Neuvermietungen im Bundesdurchschnitt mittlerweile am höchsten. Im August 2021 wird sie auf 37,3 % datiert, bei einer 65 m²-Wohnung (durchschnittlich 930 Euro Warmmiete) und einem durchschnittlichen Einkommen von 2.491 Euro. Die Mietbelastungsquote sagt aus, wie hoch der Anteil der Miete am monatlichen Nettolohn ist.

Gleichzeitig lassen sich angesichts der Coronapandemie und des Krieges in der Ukraine bereits deutlich die Konturen und heftigen Ausmaße der Krise erkennen, die sich kaum noch beziffern lassen. Die Inflation ist dabei bereits jetzt ein relevanter Faktor. Seit Jahresbeginn sind ebenfalls die Bauzinsen massiv angestiegen: für einen Baukredit über 15 Jahre Laufzeit durchschnittlich von 1,2 auf 2,87 %. Parallel dazu erleben wir eine voranschreitende Zentralisation des Immobilienmarktes. Vergangenes Jahr versuchten Vonovia und Deutsche Wohnen zu fusionieren. Akelius hat seine 14.000 Wohnungen im deutschsprachigen Raum an Heimstaden verkauft.

DWE

Gegen die Herrschaft dieses Elends hat die Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen einen Vorschlag entwickelt: die Enteignung von Immobilienkonzernen mit mehr als 3.000 Wohneinheiten im Land Berlin. Dafür hat die Initiative über Sammelphasen, Volksentscheid und Vorstufen hinaus mit Mieter:innen diskutiert, verschiedenste Aktionsformen organisiert und gezeigt, welche Dynamik eine Perspektive zur Lösung der Wohnungsfrage entfalten kann. Doch die Initiative setzt ihre Kraft auf die Umsetzung dieser Enteignung durch die Ausnützung des rechtlichen Rahmens des Staates und durch dessen Institutionen. Als taktische Forderung stellt dies eine klare Perspektive zur Vereinheitlichung des Widerstandes dar, als strategische Orientierung führt dies dazu, die Frage offenzuhalten, was folgt, wenn der Staat mitsamt dessen Verfassung, Gewaltorganen und Gerichten nicht willens und fähig ist, dies umzusetzen. Ein Staat, der ansonsten die Verhältnisse erst ermöglicht hat, indem die Erfüllung der Renditeerwartungen mehr Gewicht hat als das Bedürfnis zu wohnen. Kurz gesagt: ein Staat, dem die Vermietungs„verzinsung“ so sehr am Herzen liegt, dass etliche Mieter:innen zwangsgeräumt werden.

Die Perspektive der Enteignung greift viele Schwächen der Mieter:innenbewegung auf, bricht mit dem Anschein des Mietverhältnisses als individuellem Problem. Der Grund für diesen Anschein liegt darin, dass die Wohnungsfrage keine direkte, sondern nur eine indirekte Klassenfrage ist. Arbeiter:innen leiden unter der Anmietung von Wohnraum in Privatbesitz am meisten. Der Mietkampf leidet aber darunter, kein klares Klassensubjekt zu kennen. Ziel sollte daher sein, die Verbindung zu lohnabhängigen Mieter:innen zu schaffen. In diesem Sinne fassen wir die Eigentumsfrage auf, die DWE stellt. Eigentum und Kontrolle über die gesellschaftlich geschaffenen Werte (hier Wohnraum) sind klassische Fragen der Arbeiter:innenbewegung. Folglich ist eine kollektive Widerstandsperspektive notwendig. Das erfolgversprechend und greifbar zu machen, ist der bislang größte Achtungserfolg, den DWE errungen hat.

Doch seit dem Wahlerfolg am 26. September kehrt sich die bislang so vielversprechende Perspektive, das Mittel Volksentscheid, in einen Selbstzweck und eine Fessel um. Bislang war es eine greifbare Möglichkeit für die Mieter:innen und die Mietaktivist:innen. Doch nach dem Achtungserfolg von 59,1 % der Stimmen liegt der Ball nun im Feld des Senats und der spielt auf Verschleppung. Nun folgen wir dem Fahrplan des Senats und seiner Expert:innenkommission in Richtung Sackgasse. Diese Fallstricke waren bereits im Vorfeld erkennbar, doch jetzt ernten wir die Konsequenzen. Eine erfolgreiche Umsetzung des Vorhabens der Initiative erscheint nämlich von Tag zu Tag unwahrscheinlicher, wenn es keine Neuorientierung gibt.

Wie enteignen?

Durch den Volksentscheid haben wir erreicht, dass sich die verschiedenen Mietinitiativen und Massenorganisationen der Mieter:innen an uns orientiert haben. Doch haben wir es bislang nicht genügend geschafft, die Enteignungsinitiative zum Aktionsschwerpunkt aller politischen Kräfte in der Mieter:innenbewegung oder zu einer lebendigen Diskussion in den Gewerkschaften zu machen. Zwar haben uns der Berliner Mieter:innenverein, die Berliner Mieter:innengemeinschaft oder Gewerkschaften wie ver.di, IG Metall oder GEW aus Berlin unterstützt, doch waren sie nie wirklich Teile der Initiative. Ein ähnliches und damit verbundenes Problem besteht gegenüber den Mieter:innen, mit denen wir tagtäglich in Gesprächen sind und waren.

Wir brauchen eine Kampforganisation, die in der ganzen Stadt einen großen Teil der Mieter:innen umfasst, jedoch gleichzeitig kein Organ des verknöcherten sozialdemokratischen Vereinswesens ist und zu einer Art Mietschutzversicherung verkommt, sondern Mietprotest organisiert und den Kampf gegen Immobilienwirtschaft und Verschleppung des Volksentscheidergebnisses führt – bis zu kollektiven Mietboykotten und Besetzungen der Firmenzentralen. Solche Massenorganisationen wären fähig, die Enteignung und „Vergesellschaftung“ (Kommunalisierung) umzusetzen und zu verteidigen. Die Gewerkschaften stellen mit ihren Mitgliedschaften eine weitere Grundlage für solche Organisationen dar, ist jede Mieterhöhung doch letztendlich ein indirekter Lohnraub und sind die meisten Mieter:innen doch schlussendlich lohnabhängig – weshalb die Wohnungsfrage auch v. a. eine Klassenfrage ist.

Der Protest gegen den Umgang mit dem Volksentscheid, aber auch die tagtägliche Organisierungsarbeit auf der Straße und in den Häusern sollten sich nicht nur auf die Werbung für die Idee der Enteignung fokussieren, sondern müssten die Frage „Wie enteignen?“ ehrlich beantworten. Diese Organisationen existieren bisher nicht, das stimmt, doch vor vier Jahren hielt es kaum jemand für wahrscheinlich, dass wir einen Volksentscheid zur Enteignung mehrheitsfähig machen könnten. Die Gunst der Stunde gilt es, nicht zu verpassen. Und selbst wenn uns der Senat jemals die Enteignung schenken sollte, so lassen wir hierdurch lebendige Organe entstehen, die fähig sind, den Wohnraum in ihrem Interesse zu kontrollieren. Der Vorschlag eines Gesetzesvolksentscheids (GVE) geistert seit Monaten durch die Reihen von DWE. Ein solcher böte einen Rahmen, um gemeinsam eine solche Struktur aufzubauen. Ein inhaltsleeres, zielloses Kiezorganisationsprojekt würde sicherlich eine widerspenstige Mieter:innenschaft erreichen können, jedoch einen Schritt weg vom Ziel der Enteignung und Überführung in städtisches Eigentum darstellen.

Wie bundesweit schlagkräftig werden?

Mieten müssen wir ja nicht nur in Berlin zahlen, auch in anderen Städten regiert der Mietwahnsinn. Die Enteignungskonferenz ist ein richtiger Schritt in Richtung einer Zusammenführung des Mietkampfes aus allen Ecken und Enden Deutschlands. Lasst uns gemeinsam aus der Konferenz heraus konkrete Aktionsperspektiven entwickeln! Regelmäßige Konferenzen, der gemeinsame Plan, kampfkräftige Mieter:innenorganisationen aufzubauen, zentrale Forderungen und damit verbundene Proteste sollten ihr Ergebnis bilden. Initiativen wie Hamburg enteignet, die kollektiven Klageversuche gegen die Nebenkostenabzocke von Vonovia oder die Forderung nach einem bundesweiten Mietendeckel sind Ansätze dafür. Eine reine Fokussierung auf lokale Themen lässt den Mietprotest ein saisonales Phänomen bleiben.

Mieter:innen sind, wie weiter oben bereits benannt, keine soziale Klasse. Für Linke ist daher unerlässlich, in diese Bewegung selbst einen klaren Klassenstandpunkt hineinzutragen. Nur wenn sich die Mieter:innenbewegung als Teil der Arbeiter:innenbewegung versteht, kann sie dauerhaft die Lage der Mietenden verbessern, denn in letzter Instanz bestimmen auch auf dem Wohnungsmarkt Klassenverhältnisse.

Zur Zeit macht sich dies gerade für proletarische Mieter:innen schlagend bemerkbar. Aktuell erleben wir angesichts des Krieges in der Ukraine und der anhaltenden Coronapandemie eine massive Inflation. Nicht nur die Miete stellt eine Belastung für Lohnabhängige und Arme dar. Das Kapital versucht überall, seine Mehrkosten auf uns abzuwälzen. Die Mieter:innenbewegung und allen voran DWE dürfen hier nicht passiv bleiben, sondern wir brauchen eine Diskussion über den Mieter:innenprotest hinaus, wie wir unsere Ziele erreichen können und wollen.

Forderungskatalog und kleines Aktionsprogramm

Die Mieter:innenbewegung braucht ein Programm zur Enteignung und Kontrolle von Wohnraum, für das sie kämpft – ein Aktionsprogramm das unserer Meinung nach folgende Aspekte umfassen sollte:

1. Sofortmaßnahmen gegen Mietpreiserhöhungen und für Begrenzung der Miethöhe.

2. Kampf gegen rassistische, geschlechtliche und soziale Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt.

3. Programm für den Neubau von Sozialwohnungen und günstigem Wohnraum für die Masse der Lohnabhängigen.

4. Kampf gegen Armut: für Mindestlohn und Anpassung der Löhne an die Steigerung der Mietpreise und anderer Lebenshaltungskosten.

5. Enteignung von Grund und Boden, der privaten Immobilienkonzerne und des Wohnungsbaukapitals.

6. Kontrolle durch Mieter:innen und lohnabhängige Bevölkerung.




Viva, viva Palästina! – Protestaktionen trotz Demoverboten in Berlin

Martin Suchanek, Infomail 1188, 16. Mai 2022

Trotz massiver Polizeipräsenz auf Berlins Straßen und besonders im Bezirk Neukölln, trotz massiver Repression und zahlreicher Festnahmen durchbrachen mehrmals Menschen das Verbot sämtlicher öffentlicher pro-palästinensischer Kundgebungen in der Hauptstadt.

Aktionen

So zog am 15. Mai, dem Nakba-Tag, eine Demonstration gegen Umweltzerstörung im globalen Süden von der Hasenheide durch Neukölln und prangerte nicht nur die kapitalistische Umweltzerstörung und imperialistische Ausbeutung an. Sie solidarisierte sich auch lautstark mit dem palästinensischen Volk und seinem Kampf gegen Unterdrückung. Auf der Sonnenallee stoppte die Polizei den Aufzug und kesselte ihn in einer Seitenstraße ein, nahm Personen fest, nahm die Personalien der Demonstrierenden auf und drohte allen mit Bußgeldern.

Einige hundert Meter entfernt wurden weitere spontane Kundgebungen angegriffen und unterdrückt. Der Hermannplatz glich zeitweise einer besetzten Zone.

Nicht nur organisierte linke, anti-imperialistische und internationalistische Organisationen und Gruppierungen durchbrachen zeitweilig das undemokratische, selbst der bürgerlichen Demokratie hohnspottende Demonstrations- und Versammlungsverbot.

Auch die Neuköllner Bevölkerung zeigte offen ihre Solidarität mit Palästina. Viele stimmten in internationalistische Sprechchöre ein, andere zeigten Palästina-Fahnen in ihren Fenstern, wiederum andere gingen mit Fahne und Kufiya auf die Straße. Schon dafür mussten sie polizeiliche Schikanen, Kontrollen und rassistische Anmache in Kauf nehmen.

Hand in Hand

Nicht nur die Polizei, auch die von Regierungs- und Senatsseite gern beschworene „Weltoffenheit“ und „Toleranz“ der Hauptstadt offenbarten ihren wirklichen, repressiven Charakter. Die Berliner „Demokratie“ entlarvte sich als das, was sie ist: eine Schönwetterveranstaltung des deutschen Imperialismus, seine politische Fassade.

Demokratische Rechte gelten offenkundig nicht, wenn es um Palästina-Solidarität und Gedenkkundgebungen und Veranstaltungen zur Nakba geht. Wie schon Ende April, verhängten die Berliner Polizeibehörden ein Verbot sämtlicher pro-palästinensischer Demonstrationen und Kundgebungen. Und wie schon im November wurden diese durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt.

Exekutive und Judikative arbeiten also Hand in Hand, wenn es um die Aushebelung demokratischer Rechte geht. Begründet wird diese durch eine pauschale, verleumderische Unterstellung, dass diese Kundgebungen und Demonstrationen antisemitisch seien und dass von ihnen Gewalt ausginge. Es bedarf also erst gar keiner konkreten Gewalttätigkeit, keines konkreten, nachweisbaren Anlasses – der pauschale Verdacht reicht. Vom Demonstrationsrecht bleibt so wenig übrig.

In dem Beitrag „Das Verbot der Palästina-Demos pervertiert Versammlungsfreiheit“ verweist der Jurist Ralf Michels auch auf die Begründung des Verbots durch die Versammlungsbehörde. Die „Gefahreneinschätzung“ ergebe sich demzufolge auch aus der nationalen Zugehörigkeit und Herkunft der zu erwartenden Teilnehmenden. Dem behördlichen Schreiben zufolge erwarte die Polizei „Personen aus der arabischen Diaspora, insbesondere mit palästinensischem Hintergrund“ und weitere „muslimisch geprägte Personenkreise, vorzugsweise voraussichtlich aus der libanesischen, türkischen sowie syrischen Diaspora“. (https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/staatsrechtler-das-verbot-der-palaestinademos-pervertiert-versammlungsfreiheit-li.227922)

Viel klarer kann eine rassistische Zuschreibung im Beamtendeutsch nicht formuliert werden.

Und die Politik?

Zitate wie das obige verdeutlichen einmal mehr, wie die Polizei tickt und auf wessen Seite sie und die Gerichte stehen. Doch auch wenn die Vorbote von ihnen erlassen bzw. bestätigt wurden, so wären sie nicht möglich, würden sie nicht gesamtstaatliche Interessen widerspiegeln und von Bundes- und Landesregierung selbst befürwortet werden.

Bedingungslose Solidarität mit Israel – und damit mehr oder minder offene Unterstützung der Unterdrückung der Palästineser:innen – gehören seit Jahrzehnten zur deutschen Staatsräson. Daher auch die Unterdrückung und Kriminalisierung palästinensischer Organisationen und vor allem linker Befreiungsbewegungen, deshalb die Angriffe auf die BDS-Kampagne, deshalb selbst die Diffamierung linker antizionistischer Juden und Jüdinnen.

Die Berliner Polizei und Gerichte exekutierten diese Linie und verschärfen sie seit Wochen. Aber sie würden diese nicht tun ohne die politische Unterstützung des Senats. Es gehört dabei zu den Spezialitäten der Berliner Politik, dass mit einem dreitägigen Pauschalverbot für die CDU längst noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Sie fordert, dass „stadtbekannte Störer“ leichter in Gewahrsam genommen und ggf. abgeschoben werden können.

Im Berliner Abgeordnetenhaus herrscht eine fraktionsübergreifende Einheit, wenn es darum geht, demokratische Rechte und die Solidarität mit anti-imperialistischen Kämpfen und Bewegungen weiter zu unterdrücken. Immerhin haben die LINKE Neukölln und der Linkspartei-Abgeordneten Ferat Kocak klar gegen Repression und Demo-Verbote Stellung bezogen und auch die Lügenmärchen zurückgewiesen, dass die Organisator:innen der Palästina-Demos Antisemitismus tolerieren würden.

Allerdings gleichen er, die Linkspartei Neukölln und die Jugendorganisation Solid eher Rufern in der Wüste. Die Parteispitze, die Senator:innen der Partei und die große Mehrheit ihrer Abgeordneten geht bei diesem Anschlag auf demokratische Rechte auf Tauchstation und marschiert faktisch auf Senats-Linie mit.

Wir lassen uns nicht einschüchtern!

„Berlin trotzt der Repression“ heißt es in einer Stellungnahme linker Gruppierungen, die auch von Arbeiter:innenmacht und REVOLUTION unterzeichnet wurde. Darin solidarisieren sich die Unterzeichnenden mit den spontanen Demonstrationen, Kundgebungen und anderen Aktionen. Nicht nur organisierte linke, internationalistische, antikapitalistische, kommunistische und antiimperialistische Organisationen setzten am 15. Mai ein starkes Zeichen, sich nicht von der Straße vertreiben zu lassen – auch die Bevölkerung, vor allem migrantische Menschen, verteidigten in der Praxis ihre demokratischen Rechte gegen die Repression des deutschen Imperialismus, seiner Bullen, Gerichte und staatstragenden Parteien.

„Der Tag der Nakba,“ so heißt es in der Stellungnahme, „ist ein Tag des Kampfes gegen jede Unterdrückung, ein Tag des Kampfes für die Freiheit der Völker und ein Tag des Kampfes für Gerechtigkeit!“

Lasst uns diesen Kampf gemeinsam weiter führen, lasst uns gemeinsam eine Bewegung der Solidarität gegen die Repression, gegen den Imperialismus und für das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser:innen aufbauen!




DWE beteiligt sich an der Expert:innenkommission – aber um welchen Preis?

Kommentar von Wilhelm Schulz, KiezTeam Reinickendorf-Wedding, Infomail 1187, 6. Mai 2022

„Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ beteiligt sich an der Expert:innenkommission des Senats. Am 12. April fand ein Sonderplenum der Initiative statt, an dem mehr als 200 Personen teilnahmen. Beachtliche 82 % der Abstimmenden sprachen sich für eine Beteiligung aus und lediglich 15 % votierten dagegen – in Zahlen: 29 Personen. Am Folgetag wurden auf einer Pressekonferenz der Initiative die Expert:innen, die für DWE in die Kommission gehen, vorgestellt: zwei Jurist:innen und eine Sozialwissenschaftlerin, allesamt (Vertretungs-)Professor:innen, öffentlich anerkannte Wissenschaftler:innen ihrer Disziplinen. Aber auch allesamt ohne Verbindung zur Berliner Mieter:innenbewegung, ohne besonderes Wissen über die Situation in Berlin oder Anbindung an die Initiative DWE. Konkret handelt es sich um Susanne Heeg, Professorin für Humangeografie an der Universität Frankfurt am Main, Anna Katharina Mangold, Professorin für Europarecht an der Universität Flensburg und Tim Wihl, Professor für öffentliches Recht der Universität Erfurt. Wir haben als DWE keine wirkliche Kontrolle über diese Expert:innen und können sie nicht mal abziehen.

Der Weg zur Expert:innenkommission war geprägt von einem sehr undemokratischen und intransparenten Vorgehen der Verhandlungsgruppe. In DWE macht sich damit eine fortschreitende Trennung von Hand- und Kopfarbeit breit und die Kampagne läuft ernsthaft Gefahr, dass eine DWE-Bürokratie an ihrer Spitze entsteht: Menschen, die von DWE leben oder die Kampagne als etwas begreifen, das ihren Lebenslauf schreiben soll. Aber es geht bei DWE um etwas anderes: die Berliner Mieter:innen.

Signal

Die Intention der Verhandlungsgruppe im Prozess hin zur Expert:innenkommission mag vielleicht gewesen sein, sich von Staat und Presse nicht in die Karten schauen zu lassen. Wir müssen aber eingestehen, dass wir schlicht keine Geheimabsprachen führen können, und sollten daher unsere Debatten selbst für die Öffentlichkeit nachvollziehbar machen, bevor es der „Tagesspitzel“ tut. Am Beginn der Plena einfach nur darauf hinzuweisen, dass die Presse nicht willkommen ist, schreckt sie nicht ab. Wir sollten uns eingestehen, dass wir zu groß sind, um Geheimhaltung und Basisdemokratie unter einen Hut zu bekommen. Eines muss zum Wohle des anderen tendenziell geopfert werden.

Als Arbeiter:innenmacht haben wir gegen eine Beteiligung an der Expert:innenkommission gesprochen und gestimmt. Weiterhin halten wir die Beteiligung für einen politischen Fehler (siehe den Artikel Keine Beiteiligung an der Expert:innenkommission auf unserer Websteite), denn die Expert:innenkommission macht schlussendlich aus der großen politischen Frage der Enteignung und Verstaatlichung eine kleine juristische der Vereinbarkeit mit der herrschenden Ordnung. Dabei ist es doch  Fakt: Überhaupt nur als Ausdruck eines politischen Kräfteverhältnisses hat es die Enteignungsfrage auf die Agenda des Senats geschafft.

Sich auf die Expert:innenkommission – die nicht mal ein Gesetzgebungsverfahren einleitet –  zu orientieren, gibt ein klares Signal an die Berliner Mieter:innen, nämlich, dass wir der Umsetzung durch Giffey und Geisel vertrauen. Dabei geht die Initiative mehrheitlich davon aus, dass die Expert:innenkommission nichts umsetzen wird, sondern vielmehr es sich bei ihr um eine Verschleppungstaktik handelt. Dieses gemeinsame Lippenbekenntnis nützt jedoch reichlich wenig, solange wir keine gemeinsamen Konsequenzen daraus ziehen. Als Arbeiter:innenmacht haben wir dafür argumentiert, dass wir den Mieter:innen mit all unseren Schritten klarmachen müssen, dass sie selbst sich für ihre Ziele zusammenschließen, den Senat und die Gerichte unter Druck setzen sowie Kampfmaßnahmen wie kollektive Mietboykotte und Besetzungen umsetzen müssen. Sie müssen über den Rahmen des Volksentscheids hinausgehen, damit dieser umgesetzt wird. Indem wir uns an der Kommission beteiligen, legitimieren wir schlussendlich die Verschleppung, provozieren wir die drohende Demoralisierung tausender Unterstützer:innen und möglicherweise hunderter Aktivist:innen.

Schwächen der Initiative

Die Beteiligung ist Ausdruck einer Schwäche der Initiative. Die große Zustimmung zur Mitarbeit in der Kommission drückt dies teilweise mit aus. Schlussendlich hat DWE keinen Plan B. Die gesamte Initiative steht und fällt mit der (Nicht-)Umsetzung des Volksentscheides. In der Sammelphase und im Wahlkampf, wo wir mit zehntausenden Mieter:innen in Kontakt kamen, konnten wir kein weiteres Angebot vorstellen, als bei DWE mitzuarbeiten, zu unterschreiben und – falls es das rassistische und altersdiskriminierende Wahlrecht zulässt – für uns abzustimmen. Statt ein Mobilisierungs- und Organisierungsmoment zu werden, ist der Volksentscheid ein Versuch, sozialreformerisch die Möglichkeitsspielräume des Staates auszuweiten – ohne eine systematische Diskussion über seinen Klassencharakter führen zu wollen.

Die Möglichkeit, einen Gesetzesvolksentscheid als neues Mobilisierungsmoment und Organisationsrahmen der Mieter:innenbewegung (nicht als juristische/n Heilsbringer:in) vor einem Ende der Kommission einzuleiten, gar vor dem Ende des finalen Scheiterns des Volksentscheides, wird immer schwerer vermittelbar. Faktisch geraten wir jeden Tag mehr und mehr in Vergessenheit. Die politischen Aktivitäten der Initiative in den kommenden Monaten verkommen notwendig zum Schatten des Staates, angesichts der Perspektive, dass die Umsetzung durch die Expert:innenkommission, anschließend durch den Senat und abschließend durch die Gerichte bestimmt wird. Wenn dieser Weg zum Einkassieren des Ziels führen sollte, dann kriegt es die Initiative sicherlich hin, die Wut auf die Straße zu bringen, doch mehr als ein affektorientierter Protest wird dies nicht sein. Denn die Initiative setzt nicht auf den Aufbau einer systematischen Gegenmacht, sondern auf Mitverwaltung und Diskurs(ohn)macht. Das wird die Gesellschaft aber nicht transformieren, denn schlussendlich handelt es sich beim Staat und der bürgerlichen Gesellschaft nicht nur um eine Idee, sondern um materielle Gewalt. Gewalt, die tagtäglich Menschen zwangsräumt, die ihr Gesetz wehrhaft verteidigt und deren Enteignungsoptionen (Gemeinwohlorientierung im Grundgesetz § 15) Ausdruck eines Kräfteverhältnisses nach dem 2. Weltkrieg waren und zur Integration der Sozialdemokratie und Arbeiter:innenbewegung in den Staat dienten.

Natürlich ist es prinzipiell möglich, kleine Zugeständnisse durch den Grundgesetzparagraphen zu erhalten. Jedoch kann nur die generelle Aufhebung der Eigentumsordnung langfristig die Lage der Mieter:innen verbessern, alles andere sind kosmetische Verbesserungen. Und darin drückt sich die zentrale Differenz aus, denn wir sehen auch die Initiative als sozialreformerisch an. Die Frage ist für uns die: Nutzen wir den Kampf um Sozialreform zum Aufbau einer Gegenmacht, die in der Lage ist, die herrschenden Verhältnisse aus den Angeln zu heben, oder um die sozialen Verhältnisse wieder ein wenig zu befrieden? Natürlich zeigt die Geschichte der Arbeiter:innenbewegung, dass ersteres keine Aufgabe von Monaten oder wenigen Jahren ist. Doch verabschieden sich DWE bzw. die dominierenden Ideologien innerhalb der Initiative gänzlich von dieser Perspektive und lassen eine darüber hinausgehende auf scheinbar kämpferische Sonntagsreden beschränkt!

Wir werden uns als Arbeiter:innenmacht trotzdem weiterhin an DWE beteiligen. Wir tun dies, weil wir ihre Errungenschaften verteidigen und voranbringen wollen. Wir schlagen deshalb allen Menschen, die gegen die Expert:innenkommssion sind oder trotz krampfhafter Bauchschmerzen zähneknirschend für sie gestimmt haben und es bereuen, ein Zusammenkommen vor, wo wir darüber diskutieren können, wie der Kampf um Enteignung in Berlin gewonnen werden kann – ohne unkontrollierbare Expert:innenkommission, ohne naives Staatsvertrauen, dafür mit den Mieter:innen dieser Stadt!

Die Debatte um Beteiligung an der Expert:innenkommission zeigte deutlich, dass wir einerseits eine politische Perspektive auch gegen diese formulieren und greifbar machen müssen. Ebenso offenbarte sie, dass das Lager der Nichtbeteiligung klein und nicht formiert ist. Wir stehen daher vor einer doppelten Aufgabe: Wir müssen solidarisch an der nach innen und außen gekehrten Arbeit konstruktiv mitarbeiten, während wir zugleich Diskussionsformate für einen Plan B kampagnenintern schaffen sollten. Bisher scheint die Initiative für einen Gesetzesvolksentscheid eine solche Klammer darzustellen. Wenn diese auch bisher kaum die Frage des Aufbaus einer Gegenmacht aufwirft, so leistet sie zumindest eine Rückbesinnung auf die aktivistischen und nach außen gerichteten Momente der Initiative.




Revolutionärer Erster Mai in Berlin – Neuköllner Bezirksbürgermeister greift in die Trickkiste, um Demonstrationsrecht einzuschränken

Pressemitteilung vom 28. April zur Repression gegen Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration durch „Straßenfeste“, Infomail 1186, 28. April 2022

Das Bezirksamt Neukölln hat kurzfristig mehrere Straßenfeste organisiert, um die geplante Route der Revolutionären 1.-Mai-Demonstration zu blockieren. Die Veranstaltungen des Bezirks sind nicht in der Bevölkerung Neuköllns verankert. Sie wurden an der BVV vorbei, maßgeblich von Bezirksbürgermeister Martin Hikel organisiert. Sie behindern eine traditionsreiche, große und politisch vielfältige Demonstration und schränken damit das Versammlungsrecht ein.

Auf der Sonnenallee soll um 19 Uhr ein öffentliches Fastenbrechen stattfinden. Von Martin Hikel heißt es dazu: „Die Idee wird mit Organisationen unserer muslimischen Bevölkerung gemeinsam vorbereitet und umgesetzt und erfährt großen Zuspruch.“ Tatsächlich wurden muslimische Communities an der Sonnenallee nicht einbezogen, sondern erst nach vollendeter Planung informiert. Stattdessen organisiert der Bezirk die Veranstaltung zusammen mit dem Deutsch-Arabischen Zentrum, welches nicht muslimisch, sondern ein Projekt des Evangelischen Jugend und Fürsorgewerks (EJF) ist. Der Leiter dieses Zentrums, Nader Khalil, kandidierte in Neukölln für die CDU im Bundestag.

Die Bündnissprecherin der Demonstration, Aicha Jamal nimmt Stellung: „Es ist ein Skandal und eine Unverschämtheit, wie von staatlichen Behörden das Fastenbrechen instrumentalisiert wird und unsere Demonstration dadurch eingeschränkt wird. Es ist lächerlich, dass ausgerechnet Martin Hikel, der mit seiner Politik der Razzien gegen migrantisches Gewerbe für Rassismus und Stigmatisierung von Migrant:innen verantwortlich ist, sich am 1. Mai als weltoffen und tolerant inszenieren will. Die tatsächliche Ignoranz gegenüber muslimischen Communities auf der Sonnenallee und dass es sich bei der Veranstaltung ausschließlich um einen Versuch handelt, die Durchführung der Demonstration zu behindern, zeigen sich ebenfalls daran, dass das Fastenbrechen bereits um 19 Uhr und nicht zum Sonnenuntergang um 20:33 Uhr angesetzt worden ist.“

Eine weitere Veranstaltung vom Bezirk ist der Flohmarkt und das Konzert am Hermannplatz, welches vom Verein Spotlight organisiert wird. Laut Hikel werden: „(…) sich Neuköllner Akteure der Öffentlichkeit präsentieren, die seit Jahren mit Herzblut und Kraft dem Personenkreis zur Seite stehen, der seine Heimat wegen Krieg und Verfolgung verlassen musste.“ Spotlight ist Partner von Immobilienunternehmen wie Signa und Ziegert. Dazu Bündnissprecher Martin Suchanek: „René Benko ist nicht nur ein milliardenschwerer Immobilienmogul mit Verbindungen in extrem rechte Kreise, ihm gehört auch die Signa Firma, die sich mit Herzblut für die Verdrängung armer Bevölkerungsteile aus Neukölln einsetzt. Sie planen Luxusbauten am Hermannplatz, gegen die verschiedene Initiativen in Neukölln seit langem protestieren. Dass diese Akteure jetzt auch noch für eine Behinderung unserer Demo-Route instrumentalisiert werden, ist perfide und undemokratisch, da durch derartige Veranstaltungen unser Recht auf Versammlung beschnitten werden soll.“

Christian Berg, der Pressesprecher des Bezirksamts diffamierte die letztjährige Revolutionäre 1.-Mai-Demo öffentlich. Durch seine Äußerungen legitimierte er die gewaltsame und undemokratische Auflösung der Demonstration durch die Polizei. In diesem Jahr soll ebenfalls ein Straßenfest dazu dienen, den politischen Protest in Neukölln zu verhindern. Besonders provokant ist seine Aussage, dass „mit den Veranstaltungen am 1. Mai gezeigt werden soll, dass Neukölln gerade kein Ort für Gewalt und Antisemitismus ist.“

Dazu Aicha Jamal: „Das beste Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus war die Spitze der letztjährigen Revolutionären 1.-Mai-Demonstration, in der palästinensische und jüdische Aktivist:innen Seite an Seite gegen Diskriminierung und Unterdrückung protestierten. Es waren im Besonderen diese Aktivist:innen, die von Polizeigewalt betroffen waren. Herrn Bergs Verleumdung der Demonstration und seiner Rechtfertigung der letztjährigen Polizeigewalt ist zynisch. Es ist auch der Versuch progressive Jüd:innen und Palästinenser:innen in Berlin mundtot zu machen.“

Das Bündnis verweist in diesem Sinne auf die »Jerusalem Declaration on Antisemitism«. Die aufrufenden Organisationen kämpfen entschieden gegen Antisemitismus. Allerdings lehnen wir die in Deutschland als Staatsräson verstandene bedingungslose Solidarität mit dem israelischen Apartheidsregime ab. Wir stellen dem die Forderung nach gleichen und vollen demokratischen und sozialen Rechten aller Menschen entgegen.

Die Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration wird von Polizei und Bezirk eingeschränkt. Auch in vielen Medien findet schon im Vorfeld eine Diffamierung der Demonstration statt, indem Demonstrant:innen als Gewalttäter:innen dargestellt und die Artikel nahezu ausschließlich mit der immer gleichen brennenden Mülltonne bebildert werden. Dazu Sprecherin Aicha Jamal: „Im vergangenen Jahr ging die Gewalt am 1. Mai von der Berliner Polizei aus, die unsere Demonstration brutal angegriffen und aufgelöst hat. Ähnliches ist auch in diesem Jahr zu befürchten; es werden für Sonntag über 5000 gewaltbereite Polizist:innen in der Stadt zusammengezogen, um gemeinsam mit dem Bezirksamt einen als Straßenfest getarnten Polizeikessel aufzubauen. Wir sehen insbesondere in der Verlegung der Route durch kleinere Straßen, wie beispielsweise die Weserstraße, die Gefahr, dass die Polizei die Demonstration an dieser Stelle – vorsätzlicherweise – angreifen und auflösen könnte.“

Martin Suchanek ergänzt: „In den letzten beiden Jahren haben wir die Demonstration angemeldet und mussten die Erfahrung machen, dass unsere Versammlung in 2021 von der Polizei unter dem Vorwand der Corona-Maßnahmen angegriffen wurde, und dass dieses Jahr schon im Vorfeld in unsere Route eingegriffen wird. Inwieweit unter diesen Umständen eine Anmeldung der Demonstration im kommenden Jahr noch sinnvoll ist, müssen wir diskutieren. Unser Ziel in diesem Jahr ist es, gemeinsam vom Hertzbergplatz zum Oranienplatz zu ziehen. Wir werden uns nicht spalten lassen.“

Die Revolutionäre 1. Mai-Demonstration wird von einem breiten Bündnis getragen, an dem sich zahlreiche internationalistische Initiativen und Gruppen beteiligen. Auf der Auftaktkundgebung ab 16:30 Uhr am Hertzbergplatz wird unter anderem die Revolutionäre Vereinigung der Frauen Afghanistans (RAWA) sprechen. Außerdem wird Duygu Kaya, eine Beschäftigte des Lieferdienstes Gorillas, die aufgrund von Streiks gekündigt wurde, eine Rede halten.

Bündnis Revolutionärer 1. Mai Berlin, 28. April 2022




Sozialistische Positionen gegen bürokratische Angriffe verteidigen!

Solidaritätserklärung linker, sozialistischer und gewerkschaftlicher Gruppen und Einzelpersonen mit Solid Berlin, Infomail 1185, 26. April 2022

Der Berliner LINKE-Vorstand plant, die Finanzierung der Jugendorganisation Solid Berlin zu streichen. Solidaritätserklärung linker, sozialistischer und gewerkschaftlicher Gruppen und Einzelpersonen mit Solid Berlin.

Seit Längerem schon kritisiert die Linksjugend Solid Berlin, der Jugendverband der Berliner Linkspartei, den Regierungskurs der Mutterpartei. Am Sonntag, den 10. April, bekräftigte die Landesvollversammlung von Solid Berlin die Gegnerschaft zur Regierungsbeteiligung und forderte den Austritt der LINKEn aus dem Berliner Senat. Ebenso positionierte sich der Verband gegen Krieg und Aufrüstung ohne Unterordnung unter Russland oder unter die NATO, sowie für die entschädigungslose Enteignung von Deutsche Wohnen und Co. Mit diesen Positionen wirbt die Linksjugend Solid Berlin für eine sozialistische Oppositionspolitik im Gegensatz zum Regierungskurs der Parteispitze in Berlin und bundesweit.

Kritik an der Parteispitze zu üben, ist gerade das grundsätzliche Recht des Jugendverbandes und seine Existenzberechtigung. Laut Zeitungsberichten unter anderem des Tagesspiegel vom 14. April sowie des neuen deutschland vom 19. April plant die Berliner LINKE-Landesvorsitzende Katina Schubert jedoch, die Finanzierung des Jugendverbandes zu streichen, weil sie mit den inhaltlichen Beschlüssen der Landesvollversammlung von Solid Berlin nicht einverstanden ist. Mit dieser bürokratischen Methode will die Spitze der Landespartei die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Beschlüssen der Landesvollversammlung von Solid Berlin vom 10. April verhindern, die die Positionen der Linkspartei in Berlin und bundesweit kritisieren.

Insbesondere kritisiert Schubert die beschlossene Positionierung “zur Situation in Israel und Palästina”, die unter anderem ein bedingungsloses Rückkehrrecht für alle Palästinenser:innen, die Benennung Israels als Apartheidsstaat sowie die Unterstützung einer binationalen sozialistischen Ein-Staaten-Lösung auf dem Gebiet des historischen Palästinas beinhaltet. Wie der Neuköllner LINKE-Bezirksverband schreibt, bewegen sich diese Positionen “im Rahmen des Parteiprogramms der LINKEN”.

Unter dem Vorwand des Antisemitismus, befeuert von einer Hetzkampagne des Springer-Blattes DIE WELT, sollen jedoch nicht nur diese Positionen unsagbar gemacht, sondern die gesamte kritische Haltung von Solid Berlin zum Regierungskurs der Mutterpartei mundtot gemacht werden. Dabei schreckten sie auch nicht davor zurück, einen Genossen als jüdische Stimme mundtot zu machen und ihn in der Springerpresse als antisemitisch zu diffamieren . Zum Jahresanfang fielen Teile des Bundessprecher:innenrats durch Hasstiraden gegen Palästinenser:innen auf. Unter anderem bezeichnete ein Mitglied des höchsten Solidgremiums Palästina als ein “Phantasialand”. Der Vorfall bleibt bis dato von der Partei unkommentiert und offensichtlich „im Rahmen des linken Parteiprogramms“.

Wir Unterzeichner:innen erklären uns solidarisch mit Solid Berlin, auch wenn wir hinsichtlich der Positionen des Verbands unterschiedlicher Meinung sein können. Wir lehnen entschieden die bürokratische Methode der Meinungsunterdrückung gegenüber dem Jugendverband ab, die eine antidemokratische Zwangsdisziplinierung darstellen und die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Positionen der Linksjugend Solid Berlin verhindern sollen. In diesem Sinne schließen wir uns den Äußerungen von Ulas Tekin sowie von Ferat Koçak im nd an, die sich klar gegen diese Methode ausgesprochen haben. Wir machen uns auch den Beschluss der LINKE-Basisorganisation Wedding vom 14. April zu eigen: Solid Berlin hat als “eigenständiger Verband, der auch das Recht über einen eigenständigen Willensbildungsprozess hat”, das Recht, die Positionen der LINKEn in Berlin und bundesweit zu kritisieren und eigene Positionen zu vertreten. “Wenn Katina Schubert und andere andere im geschäftsführenden Landesvorstand andere Meinungen vertreten, dann sollte dieser Dissens über Argumente und nicht über Repressionen geklärt werden. Wir fordern daher, dass die Autonomie der Linksjugend [’solid] Berlin vollständig erhalten bleibt und die Parteispitze Ihre Pläne zur Einschränkung der Verfügungsgewalt über die eigenen Mittel beendet.“

Erstunterzeichner:innen

Gruppen:

Migrantifa Berlin

Jewish Bund

Palästina Spricht Bewegung (Koalition für palästinensische Rechte und gegen Rassismus)

Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost

Jüdisch-israelischer Dissens

„Bundestag 3 für Palästina“ BT3P

RIO / Klasse gegen Klasse

Gruppe Artbeiter:innenmacht

Revolution

Ko-Kreis LINKE BO Wedding

LINKE Kreisverband Siegen-Wittgenstein

AKL Bünde

linksjugend [`solid] ROSA

linksjugend [`solid] Neuglienicke

linksjugend [`solid] Moabit / Tiergarten

linksjugend [`solid] Stuttgart

linksjugend [`solid] Heidelberg

linksjugend [`solid] Rems-Murr

linksjugend [`solid] Ortenau

linksjugend [`solid] Pforzheim

LAK Klassenkampf Niedersachsen/Bremen

linksjugend [`solid] Links der Weser

linksjugend [`solid] Salzgitter

linksjugend [`solid] Wolfenbüttel

linksjugend [`solid] Braunschweig

Jugendkommune Sara Dorşîn

Berlin for India

Wedding United

Berlin Migrant Strikers

India Justice project

Einzelpersonen:

Ferat Ali Kocak, Mitglied des Abgeordnetenhauses Berlin

Bettina Gutperl, Ko-Kreis BO Wedding und Bundesvorstand DIE LINKE

Ulas Tekin, Mitglied im Landesvorstand von die LINKE Berlin

Leonard Diederich, Mitglied im Bezirksvorstand die LINKE Mitte und Sprecher BO Moabit

Franziska Lindner, Mitglied im Bezirksvorstand die LINKE Mitte

Marius Weichler, Vorsitzender des LinksTreff Wedding e.V.

Thierry Kruber Ko-Kreis BO Wedding

Niklas Schrader, Ko-Kreis BO Wedding

Fabian Nehring, Ko-Kreis BO Wedding

Ava Matheis, Delegierte für den Bezirk Mitte des 8. Landesparteitags die LINKE Berlin

Sungsoo Park, Mitglied in der BO Rixdorf

Robin Bitter, Kreisvorstand LINKE Düsseldorf

Michael Sappir, Mitglied bei SDS Leipzig

Yuval Gal cohen, Aktivstin bei Jüdisch-israelischer Dissens

Shira Bitan, Aktivistin bei Jüdisch-israelischer Dissens

Yossi Bartal, Die LINKE Neukölln

Judith Bernstein, BT3P

Amir Ali, BT3P

Christoph Glanz, BT3P

Yasemin Cetinkaya, Schauspielerin

Soulmade Dam, Produzent

Unterschreibt den Brief sehr gerne mit eurer Gruppe, Linksjugend- oder DIE LINKE Gliederung oder einfach als Einzelperson. Schreibt dafür eine kurze Mail an nord-berlin@solid-berlin.org.