Russische Föderation: Bonapartistische Wahlfarce

Frederik Haber, Infomail 1250, 8. April 2024

Wenn es eine Steigerung des alten Witzes „Wenn Wahlen etwas bewirken würden, wären sie verboten“ gäbe, dann „Dieses Jahr stellte sich Putin zur Wiederwahl als Präsident der Russischen Föderation“.

Natürlich wurde der Präsident wiedergewählt, alles war dafür getan worden. Ob es 88,5 % sind, mehr oder weniger ändert für die meisten Betrachter:innen nichts, ebenso wenig die Zahlen für die Mitbewerber:innen. Aber die Wahlen verraten etwas über das System Putin und das ist interessant für alle, die auf Veränderungen in der Russischen Föderation hoffen oder dafür arbeiten. Das sind sehr unterschiedliche Kräfte mit sehr verschiedenen Zielen. Wir gehören dazu, aber auch die Führer:innen der westlichen Imperialistischen Staaten, unsere stärksten Feind:innen also.

Das „System Putin“

Anders als für die meisten Beobachter:innen ist für Putin eine hohe Zustimmung bei der Wahl sehr wichtig. Auch wenn er gerne und oft als „Diktator“ bezeichnet wird – er macht es nicht so wie Selenskyj und setzt einfach die Wahlen aus, nein, er zeigt, dass er sich im Unterschied zu Letzterem solche leisten kann.

Putin hat seine Herrschaft, anders als viele Diktator:innen, auch nicht durch einen Militärputsch oder etwas Ähnliches erlangt, sondern er hat Wahlen gewonnen. Das Regierungssystem mit einem starken Präsidenten hat nicht er erfunden, sondern das geht vor allem auf Jelzin zurück, der als Präsident vor dreißig Jahren sogar das Militär einsetzte gegen den damals noch existierenden, (bereits unter Gorbatschow) demokratisch gewählten Volkdeputiertenkongress und den von ihm gewählten Obersten Rat, ihn beschießen ließ und mit Kanonen zur Kapitulation zwang.

Putins etablierte seine Macht in einer sehr prekären Konstellation am Ende der neunziger Jahre, als der jahrelange Präsident Jelzin und die radikalen Liberalisierer:innen mit aller Macht alles, was irgendwie an Sowjetunion, Planwirtschaft oder kollektives Eigentum erinnerte, zerschlagen hatten und mit den Reichtümern des Landes die neu entstandene Bourgeoisie fütterten. Das Land steckte Ende der 1990er Jahre in einer tiefen Wirtschaftskrise, es gab massenhafte Armut und Hunger. Die Arbeiter:innenklasse begann, sich mit großen Streiks zu wehren, während die neue Bourgeoisie ihre frisch gerafften Milliarden aus dem Land abzog.

In dieser Situation konnte eine einzelne Person sich über die kämpfenden Klassen und ihre Fraktionen erheben und unter der Parole „Einheit des Landes“ einen Weg weisen, der scheinbar allen dienen würde. Putin war der, der diese Rolle am besten ausfüllen konnte und dem es gelang, in der Russischen Föderation ein System zu etablieren, das nach dem berühmten napoleonischen Vorbild Bonapartismus genannt wird. Es war die historische Situation mit schwankenden, unsicheren Kräfteverhältnissen, die für die Herrschenden nach Putin verlangte. Hinzu kommt, dass Gorbatschow, Jelzin und die ganze neue Bourgeoisie zwar den degenerierten  Arbeiter:innenstaat der UdSSR zerschlagen (auf der Grundlange einer stalinistischen Bürokratie, die schon ab den 1920er Jahren begonnen hatte, die Arbeiter:innenklasse zu entmachten und die Bolschewistische Partei zu zerstören) und den Kapitalismus restauriert – aber das Problem nicht angegangen hatten, an welcher Stelle denn sich dieses Land wieder im imperialistischen Weltsystem einordnen würde.

Weichenstellung

In den ersten 10 – 15 Jahren seiner Herrschaft stellte Putin die Weichen dafür, dass Russland nicht wie von den westlichen Imperialist:innen vorgesehen eine letztlich untergeordnete Macht wurde, auch nicht nur – wie zur Zarenzeit – ein schwacher imperialistischer Staat, stark abhängig von Krediten und Technik europäischer Länder, sondern ein Staat wurde, der dank der wirtschaftlichen Entwicklung der Sowjetunion und seiner begehrten Bodenschätze zumindest über so viel wirtschaftliche und technische Ressourcen verfügt, dass er im Kampf um die Neuaufteilung der Welt dem weiterhin tonangebenden Welthegemon USA ganz schön in die Quere kommen kann.

Der Versuch Putins, Russland einen Platz unter den führenden imperialistischen Nationen zu verschaffen, war durchaus erfolgreich. Aber diese Politik fordert auch Opfer, um Militär und Interventionen zu finanzieren. Und in einem bürgerlichen Staat werden diese Kosten immer auf die arbeitenden Klassen abgewälzt – so wie dies (in sogar sehr viel geringerem Ausmaß im Vergleich zu ihren Leidensgenoss:innen in der RF) momentan auch die Arbeiter.innen und Bauern/Bäuerinnen in Deutschland zu spüren bekommen.

Die Kräftekonstellation, die Putin einst seinen Aufstieg erlaubte, besteht nicht mehr in derselben Form. Die Arbeiter:innenklasse hat ihre Kampfkraft verloren und die Bourgeoisie ist nicht mehr der kopf-und konzeptlose Haufen der 1990er Jahre, sondern hat ihre Herrschaft konsolidiert – nicht durch mehr oder weniger offenes Auskämpfen der Interessen der verschiedenen Fraktionen der Kapitalist:innen (was eine wesentlich Funktion der bürgerlichen Demokratie ist) , sondern durch die ordnende Hand des Staates, personifiziert durch Bonaparte Putin.

In den letzten Jahren konnte dieser immer weniger für das „ganze Volk“ handeln, weil er immer deutlicher für die Bourgeoisie steht. Je mehr Opfer er von der arbeitenden Bevölkerung fordert, Privatisierung und Verschlechterung von Bildung, Gesundheit, Renten usw. durchsetzte, umso  deutlicher muss seine Popularität jetzt inszeniert werden. Denn Bonapartismus erfordert Populismus, auch wenn Putin mit Privilegien für Kriegsveteran:innen und hohen Soldzahlungen an Kämpfer:innen sowie Steuererhöhungen für Reiche im Krieg auch wieder seine „soziale“ Seite aufpoliert. Natürlich aber erlaubt vor allem der zunehmende kalte und heiße Krieg eine zusätzliche Neubegründung der „Einheit der Nation“. Aber das ist ein riskantes Spiel: Verlorene Kriege sind wohl das Allerunpopulärste für jede Regierung.

Die Wahl

Von daher sollten die Wahlen in Russland ein riesiges Plebiszit abliefern. Putin trat bei der Wahl an als „unabhängiger“ Kandidat, nicht für seine Partei „Einiges Russland“. Er sammelte, (besser ließ sammeln) deshalb auch Unterstützer:innenunterschriften, was er als Kandidat seiner Partei nicht hätte zu tun brauchen. Aber auch ein Plebiszit sieht besser aus, wenn es Gegenkandidat:innen gibt, sofern garantiert ist, dass sie chancenlos sind. Die Gefährlichen werden nicht zugelassen, wie Nadeschdin oder beseitigt wie Nawalny. Insgesamt hatten 11 weitere Personen angekündigt zu kandidieren, zogen dann „freiwillig“ ihre Bewerbung teilweise selbst aber wieder zurück. Zugelassen wurden der „liberale“ Wladislaw Dawankow, Nikolai Charitonow für die KPRF und Leonid Sluzki für die rechtsnationalistische LDPR. LDPR und KPRF sind die Parteien, die seit Jahrzehnten verlässlich die Politik des Kreml unterstützen, vor allem seine Außen-und Kriegspolitik, aber auch seine Repression im Inneren.

Die KPRF geht dabei soweit, einerseits bekannte linke Personen auf ihren Listen kandidieren zu lassen wie die Dumaabgeordnete Udalzowa, dann aber nicht den kleinsten Protest zu erheben, wenn deren Mann Sergei Udalzow, wie vor kurzem geschehen, verhaftet wird. Kein Wort der Solidarität mit dem verurteilten Boris Kargalizki, der früher oft auch bei KPRF-Veranstaltungen als Redner geladen war, sondern die Rechtfertiung seiner Verhaftung damit, dass er ja „Trotzkist“ sei und vom Ausland finanziert werde (er hatte Honorare für Artikel in linken Zeitungen erhalten).

Dritter „Gegenkandidat“ für Putin war der ziemlich neu aufgetauchte Wladislaw Dawankow, der die Rolle des „Liberalen“ verkörpern sollte, mit der ebenfalls ziemlich sichtbar „von oben“ gegründeten Partei „Neue Leute“ (auch: „Neue Menschen“). Sie alle konnten und sollten nur dazu dienen, die Verhinderung gefährlicher Gegenkandidat:innen zu kaschieren und Putins Sieg zu dekorieren.

Das Ergebnis

  • Wladimir Putin (Parteilos): 88,5 %;

  • Nikolai Charitonow (KPRF): 4,4 %;

  • Wladislaw Dawankow (Neue Leute): 3,9 %;

  • Leonid Sluzki (LDPR): 3,2 %.

Über die Vorauswahl der Kandidat:innen durch die Zentrale Wahlkommission hinaus gibt es noch andere Gestaltungsmöglichkeiten. Wohl spezifisch für die Russische Föderation ist die Mobilisierung durch die staatliche Bürokratie: Staatliche Angestellte werden von ihren Vorgesetzten aufgefordert zu wählen, gegebenenfalls gemeinsam. Diese Vorgesetzten werden ihrerseits für eine hohe Wahlbeteiligung und die Zahl der Putinstimmen verantwortlich gemacht – vergleichbar vielleicht mit dem früher z. B. in Bayern geübten Brauch, nach dem Gottesdienst mit entsprechender priesterlicher Empfehlung gemeinsam zur Wahl der CSU zu gehen.

Das interessanteste Ergebnis bleibt unter diesen Wahlbedingungen noch die Anzahl der ungültigen Stimmen. Das Wahlgesetz der Russischen Föderation ignoriert Bemerkungen, Beleidigungen oder die Nennung anderer Namen. Ungültig ist eine Stimmeabgabe genau dann, wenn mehr als 1 Kästchen angekreuzt ist. Und genau das haben 1,37 Millionen mehr oder weniger bewusst getan. Die Oppositionskoalition „Sprawedliwyj mir“ (deutsch: „Mach die Welt“) hatte auch dazu aufgerufen.

Westliche Demokratie

Als revolutionäre Kommunist:innen kritisieren wir die Wahlen und das dahintersteckende bonapartistische System, weil nach unserer Analyse klar ist, worauf Putins Autokratie politisch beruht und wie er sie institutionell absichert.

Das hat nichts mit der Polemik der westlichen demokatischen Demagog:innen zu tun, deren Ziel es ist, für ihren kalten Krieg gegen Russland, dessen Upgrade zu einem heißen sie derzeit  erwägen, eine ideologische Rechtfertigung zu suchen: Demokratie versus Diktatur; freie Wahlen gegen Scheinwahlen. Diese Demagogie dient – entsprechend der Putins – auch in erster Linie dazu, die eigene Bevölkerung und vielleicht noch die jeweiligen Verbündeten bei der Stange zu halten.

Bei objektiver Betrachtung des US-amerikanischen Präsidentschaftswahlsystems ist klar, dass dieses auch nur einen Schein von Demokratie trägt: ein Wahlsystem, das die Selbstregistrierung der Wähler:innen erfordert, eine willkürliche Streichung aus dem Register durch lokale Wahlkommissionen erlaubt und so schon 20 – 30 % der Wahlberechtigten – vor allem aus den sozialen Unterschichten und Unterdrückten – ausschließt; ein Wahlsystem, das den Einsatz von hunderten Millionen US-Dollar für eine Kandidatur erfordert und so die Kandidat:innen auf Personen beschränkt, die mindestens einen bedeutenden Teil der Kapitalist:innen hinter sich haben; ein Wahlmodus, bei dem man mit einer geringeren Stimmenzahl als die Konkurrenz gewinnen kann – all dies drückt mitnichten den Willen der Mehrheit aus (ein bisschen Fälschung an entscheidenden Punkten ist auch noch drin.) Der amerikanische Präsident legitimiert sich durch eine Konkurrenz, die zwar eine reale unter Fraktionen des Großkapitals darstellt, aber gegenüber dem Wahlvolk als Inszenierung von „Werten“ und „Lifestyle“ abläuft, gerade auch weil dieser Präsident immer ein Kandidat des Großkapitals – also einer winzigen Minderheit der Bevölkerung – ist.

Die Art und Weise, wie die Wahlen in der Russischen Föderation abgehalten wurden, und der Charakter des Putin’schen Bonapartismus zeigen einerseits auf, dass er noch den Staatsapparat so beherrscht, dass Wahlen nicht das Mittel sein werden, durch das sich dieses System verändern kann. Anderserseits belegt die notwendige Inszenierung der Popularität Putins, dass dieser Bonapartismus ausgehöhlt ist, wenn er sich auf eine solche offensichtliche Farce einlassen muss. Das Potential für eine Opposition von links, die sich auf die Arbeiter:innenklasse stützen könnte, ist aus diesen Wahlen schwer zu ersehen. Ein kleiner Hinweis steckt zum einen in Teilen der 4,4 %  für den Kandiaten der KPRF, vor allem aber in den 1,37 Millionen ungültigen Stimmen. Eine Ablehnung des Krieges könnte auch bei einem Teil der 3,8 % Stimmen für Dawankow eine Rolle spielen.

Auch wenn wir über die Größe dieser Potentiale nur spekulieren können, sie sind definitiv größer als das, was eine Antikriegsbewegung derzeit auf die Straße bringen kann, die sowieso härteste Repression erleidet, und mehr als das, was linke Gruppen derzeit organisieren können. Aber politische Aktivist:innen können und müssen sich heute darauf vorbereiten, dass das System spätestens dann zusammenbricht, wenn der Bonaparte (aus)fällt. Selbst ein/e designierte/r Nachfolger:in wäre eben nie durch den tatsächlichen oder vermeintlichen „Willen des Volkes“ an die Macht gekommen, sondern müsste sich noch stärker vor allem auf staatliche Repression stützen. Die Situation könnte dann schnell krisenhafte Entwicklungen annehmen und ein offeneres Auftreten der Arbeiter:innenklasse, der national, rassistisch oder sexistisch Unterdrückten, der Linken und der Kriegsgegner:innen erlauben. Aber auch rechte, nationalistische bis hin zu faschistischen Kräften werden das Feld betreten.

Aufgaben für die Linke

Natürlich darf die Repression nicht einfach hingenommen und ihre Opfer müssen verteidigt werden. Momentan werden wieder besonders Frauen- und LGBTIA-Strukturen angegriffen, darüber hinaus jede sexuelle Äußerung jenseits der Heteronorm. Rassismus gegen Muslim:innen sowie gegen alle Arbeitsmigrant:innen nimmt zu.

Natürlich gibt es weiterhin Widerstand von unten, der unterstützt und ausgeweitet werden muss, ob es sich um gewerkschaftlichen Aktivitäten handelt oder Antikriegsproteste, wie z. B. in der Bewegung der „Frauen der Mobilisierten“.

Aber die wichtigste Aufgabe der organisierten Linken der Russischen Föderation besteht derzeit darin, ein marxistisches Verständnis für die Verhältnisse zu entwickeln und darauf aufbauend eine Programmatik, die revolutionäre Antworten auf die bestehenden und kommenden Konflikte liefert.

Sowohl Emigrant:innen wie auch die internationale Linke können dabei helfen. Je mehr die politischen und militärischen Spannungen zwischen Russland, China und den anderen Imperialist:innen zunehmen, desto wichtiger werden solche Verbindungen zum politischen Austausch und praktischen Handeln.




Weder Putin noch NATO! Frieden für die Ukraine! Aber wie?

Flugblatt von Arbeiter:innenmacht und REVOLUTION zur Kundgebung „Aufstand für Frieden“, Infomail 1214, 25. Februar 2023

Der barbarische Angriff Russlands auf die Ukraine jährt sich. Weit über 100.000 Tote hat der Krieg in nur einem Jahr gefordert. Rund 15 Millionen Menschen – ein Drittel der Bevölkerung – wurden zu Flüchtlingen im eigenen Land oder in ganz Europa.

Ein Ende der Barbarei scheint nicht in Sicht – und die Gefahr, dass sich der Krieg zum Flächenbrand ausweitet, ist längst nicht gebannt. Kein Wunder, dass Millionen Menschen, die sich mit der Bevölkerung der Ukraine solidarisieren, ihr Recht auf Widerstand durchaus anerkennen, fragen, wie es weitergehen soll. Sie fragen sich: Wie kann die Konfrontation zwischen Russland und den westlichen Großmächten, insbesondere der USA, aber auch Deutschland und der EU gestoppt werden? Und wer soll das tun? Die Großmächte, die diesen Krieg selbst direkt verursacht oder maßgeblich befeuert haben? Wie soll ein „Frieden“, der von ihnen ausgehandelt wird, Gerechtigkeit und Selbstbestimmung bringen?

Unserer Meinung nach geht es darum, eine internationale Antikriegsbewegung aufzubauen. Eine solche müsste die Arbeiter:innenklasse und die Linke im Westen, die Lohnabhängigen und fortschrittlichen Kräfte in der Ukraine und die Antikriegsbewegung in Russland umfassen. Es müsste eine Bewegung sein, die sich keiner imperialistischen Gruppierung unterordnet. Dazu ist es notwendig, den Charakter des Kriegs und seine verschiedenen Aspekte zu verstehen.

Nein zu Putins Krieg!

Die Invasion und Besatzung von rund 20 % der Ukraine durch den russischen Imperialismus haben einen Krieg entfacht, für den es keine Rechtfertigung gibt. Die russische Armee und die bezahlten Söldner:innen Putins haben in der Ukraine nichts verloren. Alle Rechtfertigungen für den lange als „Spezialoperation“ verharmlosten Einmarsch erwiesen sich von Beginn an als Lügen. Es geht nicht um den Kampf gegen den „Faschismus“, dem so manche Gefolgsleute des russischen Regimes selbst gefährlich nahekommen. Es geht schon gar nicht um die Befreiung eines „Brudervolkes“, dessen nationale Existenz von Putin persönlich als Erfindung abgetan wird.

Dem Regime Putin ging es nur um eines: die ökonomischen und geostrategischen Interessen des russischen Imperialismus. Dafür nahm er in Kauf, ein ganzes Land in Schutt und Asche zu legen. Dafür nimmt er auch in Kauf, dass die Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung von Russland nichts mehr wissen will.

Das Ringen um die Ukraine

Zweifellos, Putin tritt das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine mit Füßen. Niemand kann der Bevölkerung ihr Recht abstreiten, sich gegen die Invasion, die Bombardierungen, den Artilleriebeschuss, willkürliche Morde und Vergewaltigungen zur Wehr zu setzen.

Doch der Krieg ist zugleich auch Teil eines globalen, imperialistischen Konflikts, der seit Jahrzehnten von den USA, der NATO, aber auch von Deutschland und der EU aktiv geschürt und vorangetrieben wurde. So waren z. B. am prowestlichen Regimewechsel 2014 auch deutsche Politiker:innen maßgeblich beteiligt.

Mit dem Einmarsch in die Ukraine versuchte Russland militärisch, eine Einflusssphäre zurückzuholen, die es aufgrund seiner ökonomischen Schwäche schon weitgehend an den Westen verloren hatte. Ironischerweise hat die Barbarei der Putintruppen jedoch genau das beschleunigt, was sie eigentlich verhindern sollten: die stärkere Westanbindung der Ukraine, Ausdehnung und Aufrüstung der NATO.

Der Krieg beinhaltet daher nicht nur Aspekte der berechtigten nationalen Selbstverteidigung, sondern auch eines Stellvertreter:innenkriegs.

Imperialistische Konfrontation

Die Regierung Selenskyj erweist sich auch im Krieg als verlässliche Verbündete des Westens. So berechtigt die Selbstverteidigung gegen die russischen Truppen auch ist, so wenig dürfen wir die Augen vor den nationalistischen und arbeiter:innenfeindlichen Zielen der Regierung in Kiew verschließen. Für sie geht es nicht nur um die Selbstverteidigung des Landes, sondern auch Rückeroberung der Volksrepubliken und der Krim, wie (un)realistisch das auch erscheinen mag. Sie öffnet sich die Ukraine weiter dem westlichen Kapital und den ukrainischen Oligarchen, während die demokratischen Rechte der Opposition beschnitten und die der Lohnabhängigen kassiert werden.

Auch wenn die Westmächte nicht direkt vor Ort kämpfen, so unterstützen sie die Ukraine mit Krediten und Waffen in einem gigantischen Ausmaß. Obendrein haben die G7-Staaten und die EU einen Wirtschaftskrieg mit Russland vom Zaun gebrochen, dessen Sanktionsregime die globale Ökonomie nach unten drückt.

Damit werden nicht nur massive Preissteigerungen und wirtschaftliche Einbrüche in Russland befördert, um die dortige Bevölkerung zu zermürben. Dafür werden nicht nur Inflation und Armut in den westlichen Ländern billigend in Kauf genommen, sondern auch Lebensmittelknappheit, Hyperinflation und Hunger im globalen Süden, in den Ländern der sog. Dritten Welt.

Nein zu NATO-„Friedensstifter:innen“! Nein zum Aufrüstungsprogramm der Bundesregierung!

Allein diese Tatsache verdeutlicht, dass es den USA, der EU und Deutschland nicht um „Gerechtigkeit“ geht. Es geht ebenfalls um ihre geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen. Auch wenn sich viele Ukrainer:innen über Waffenlieferungen aus dem Westen freuen, so handelt es sich hier nicht um selbstlose Unterstützung.

Im Rahmen eines größeren Kampfes um die Neuaufteilung der Welt wird die NATO erweitert, werden Schweden und Finnland aufgenommen, sollen die schnellen Einsatzkräfte auf 300.000 aufgestockt werden. Daher wird das Rüstungsbudget erhöht, werden 100 Milliarden zusätzlich für die Bundeswehr lockergemacht. Die ganze Politik der Waffenlieferungen via Ringtausch dient auch zur Aufrüstung der NATO-Staaten selbst.

Während hunderte Milliarden für Aufrüstung und Krieg ausgegeben werden, müssen wir schon jetzt für seine Kosten zahlen – durch gestiegene Preise, Rationalisierungen und Sparmaßnahmen. Hunderttausende Beschäftigte fehlen im Gesundheitswesen und an Schulen. In der Tarifrunde im öffentlichen Dienst müssen wir uns das Gejammer von den leeren Kassen anhören.

All das ist nicht einfach eine „falsche Politik“. In Wirklichkeit vertritt die Bundesregierung unter Olaf Scholz nur die Interessen des deutschen Imperialismus. An diesem Punkt zeigt sich die zentrale politische Schwäche des „Manifest für Frieden“. Es wird so getan, als würden Deutschland und die EU in die Konkurrenz zwischen Russland und den USA nur „hineinschlittern“, Bundesregierung und EU keine Großmachtinteressen vertreten. Eine solche Kritik verkennt nicht nur den „eigenen“ Imperialismus, sie öffnet leider auch Tür und Tor für konservative und rechte „Friedensfreund:innen“, ehemalige Bundeswehrgeneräle, abtrünnige Konservative oder gar AfDler:innen, die nur für eine andere geostrategische und nationalistische Ausrichtung des eigenen Imperialismus stehen.

Eine von Deutschland initiierte „Friedensallianz“ brächte ebenso wenig „Frieden“ und Gerechtigkeit für die Ukraine wie Chinas „Verhandlungsplan“. Ein solcher imperialistischer Frieden wäre nur das Abbild des momentanen Kräfteverhältnisses zwischen den Großmächten. Er würde den verschiedenen kapitalistischen Konzernen einen noch größeren Anteil an den Ressourcen und Investitionsmöglichkeiten in der Ukraine aushändigen und das Land in noch größere Abhängigkeit bringen. Ein solcher „Frieden“ würde keines ihrer sozialen und demokratischen Probleme lösen.

Welcher Frieden? Welche Bewegung?

Ein dauerhafter Frieden, der diesen Namen verdient, kann nicht durch diplomatische Manöver von Großmächten erzielt werden. Dazu müssten diese selbst ihre eigenen ökonomischen, politischen und militärischen Interessen zurückstellen, was angesichts des Kampfes um die Neuaufteilung der Welt und der schärfer werdenden globalen Konkurrenz einfach unmöglich ist. Der Imperialismus kann nicht friedlich gestaltet werden – weder in Russland, noch in den USA, aber auch nicht in Deutschland oder der EU.

Wir können uns daher nur auf uns selbst verlassen. Ein echter Frieden, eine gerechte Lösung für die Ukraine müsste die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts des Landes bei gleichzeitiger Wahrung der Selbstbestimmung der Volksrepubliken im Donbass und auf der Krim beinhalten.

Um aber überhaupt dorthin zu kommen, müssen wir eine internationale Bewegung gegen den Krieg und gegen dessen Auswirkungen aufbauen; eine Bewegung der gemeinsamen Aktion der deutschen, der europäischen, der US-amerikanischen, der ukrainischen und russischen Arbeiter:innenklasse, der Gewerkschaften, der Linken und Arbeiter:innenparteien. Eine solche Bewegung muss sich um bestimmte, gemeinsame Forderungen formieren. Dazu schlagen wir vor:

  • Nein zu Putins Angriffskrieg! Sofortiger Abzug der russischen Armee! Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung, Anerkennung ihres Rechts auf Selbstverteidigung gegen die Invasion!

  • Solidarität mit der Antikriegsbewegung und der Arbeiter:innenklasse in Russland; Verbreitung der Aktionen gegen den Krieg; Freilassung aller Festgenommenen!

  • Aufnahme aller Geflüchteten, Bleibe- und Staatsbürger:innenrechte für alle – finanziert durch den Staat; Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt, Aufnahme in die Gewerkschaften!
  • Nein zu jeder NATO-Intervention! Gegen jede Aufrüstung, NATO-Truppenverlagerungen und Waffenlieferungen! Gegen NATO-Ausweitung, sofortiger Austritt aus der NATO!

  • Keinen Cent für die Bundeswehr! Nein zum 100-Milliarden-Programm der Ampelkoalition! Verstaatlichung der Rüstungsindustrie und Konversion unter Arbeiter:innenkontrolle!

  • Nein zu allen Sanktionen! Streichung der Schulden der Länder der sog. Dritten Welt, die durch die Sanktionen in wirtschaftliche Not geraten sind!

  • Die Kosten für die Preissteigerung müssen die Herrschenden zahlen! Enteignung des Energiesektors und anderer Preistreiber:innen unter Arbeiter:innenkontrolle!

  • Unterstützung der Tarifkämpfe der Gewerkschaften! Für eine automatische Anpassung der Löhne und Einkommen an die Preissteigerung für alle Beschäftigten, Rentner:innen, von Erwerbslosen und Studierenden!



Ein halbes Jahr Ukraine-Krieg: Putins Endspiel?

Martin Suchanek, Neue Internationale 268, Oktober 2022

Die massiven Geländeverluste der russischen Armee im September 2022 haben Putin und sein Regime auf die Verliererstraße gebracht. Innerhalb weniger Wochen musste sie mindestens 6.000 Quadratkilometer im Osten und Süden des Landes räumen. Der rasche Vorstoß der ukrainischen Armee, die mancherorts geradezu panikartige Flucht der russischen Einheiten und die weitere militärische und finanzielle Unterstützung des Kiewer Regimes haben im Kreml die Alarmglocken schrillen lassen – und zugleich eine weitere Runde der Eskalation eröffnet.

Verkalkuliert

Schon heute steht fest: Putin hat sich bezüglich der Invasion gleich in mehrfacher Hinsicht verkalkuliert. Das Ziel, das Land selbst unter Kontrolle zu bringen, Kiew zu erobern und einen prorussischen Regimewechsel zu erzwingen, scheiterte innerhalb weniger Wochen am entschlossenen Widerstand der ukrainischen Armee, die seit 2014 vom Westen umstrukturiert und massiv aufgerüstet worden war. Der reaktionäre Angriffskrieg und die brutale Vertreibung von Millionen Menschen, der Mord an tausenden Zivilist:innen und die Zerstörung ziviler Infrastruktur trieb die Bevölkerung zum Widerstand gegen die Besatzer:innen.

Auf der anderen Seite wurde deutlich, dass die Invasionsstreitmacht Russlands schlecht vorbereitet war. Sie überdehnte ihre Nachschublinien, kam nur in den südlichen Landesteilen rasch voran, während der Tross vor Kiew langsam zermürbt wurde. Darüber hinaus erwies sich bald, dass die russischen Soldat:innen in den ersten Wochen oft aus jungen Rekrut:innen bestanden, die meist selbst nicht wussten, wofür und wo sie eigentlich eingesetzt wurden.

Kurzum, die russische Führung hatte die ukrainische Armee ebenso unter- wie die eigenen Truppen überschätzt.

Darüber hinaus verkalkulierte sie sich bezüglich der Reaktion des Westens. Dabei hatte die russische Regierung seit Jahren den USA, den anderen westlichen imperialistischen Mächten und ihren osteuropäischen Vasall:innen vorgeworfen, die NATO und ihre Einflusssphäre immer weiter gegen Russland auszudehnen und die Ukraine spätestens mit dem Maidanputsch in ihren Orbit gebracht zu haben. Durchaus zurecht warf der russische Imperialismus dem Westen vor, in die von ihm beanspruchten halbkolonialen Einflussgebiete in Georgien oder eben in der Ukraine vorzudringen.

Ganz zu Unrecht, wenn auch nicht anders als z. B. andere imperialistische Mächte in ihrem „Hinterhof“, leitete Putin daraus ab, dass nur ein militärischer Präventivschlag, also eine Invasion, das ökonomisch und politisch ansonsten Unvermeidliche abwenden könnte, nämlich die Westintegration der Ukraine. Und ganz zu Unrecht spekulierte das russische Regime darauf, dass die „verweichlichten“ USA und EU keine signifikante Hilfe leisten würden.

Ironischer Weise hat Putins Angriffskrieg, der zuerst noch als „antifaschistische Spezialoperation“ verharmlost wurde, all das beschleunigt. In jedem Fall aber unterschätzte er, dass der Westen der Ukraine mit massiven ökonomischen und militärischen Hilfen beispringen und seinerseits einen Wirtschaftskrieg mit einschneidenden Sanktionen gegen Russland starten würde. Hätte die russische Armee, wie deren politische Führung erhofft hatte, rasch einen Sieg errungen, wäre Putins zynisches Kalkül vielleicht aufgegangen.

So aber nahmen die westlichen imperialistischen Mächte den Fehdehandschuh auf. Dies kam nicht von ungefähr. Schon seit der sog. orangenen Revolution 2004 und vor allem seit dem Maidanputsch 2014 stand die Ukraine im Zentrum des Kampfes um die Neuaufteilung der Welt zwischen den USA, der EU und Russland.

Der reaktionäre Krieg Russlands eröffnete die Möglichkeit, der eigenen Machtpolitik demokratische Legitimation, die eigenen Ziele wie Osterweiterung der NATO, Ausweitung von Rüstungsbudgets und Sanktionen gegen Russland als quasi uneigennützigen Akt der Unterstützung von Demokratie und Selbstbestimmung hinzustellen.

Vor allem aber bot die Widerstandskraft der Ukraine die Chance, dem russischen Rivalen eine schwere Niederlage zu bereiten – sei es militärisch in der Ukraine, vor allem aber politisch und ökonomisch.

Dafür nahmen und nehmen die westlichen Mächte auch massive eigene Schäden und eine Verschärfung der Weltwirtschaftskrise, Inflation, Engpässe bei Energie und Lebensmittelversorgung für zahlreiche Länder in Kauf. Für die USA bot sich zusätzlich die Gelegenheit, selbst die Führungsrolle im westlichen NATO-Lager, die unter Trump massiv in Frage gestellt worden war, wieder herzustellen. Die EU und deren Hauptmächte Deutschland und Frankreich werden für die nächste Zeit eine weltpolitisch betrachtet untergeordnete Rolle spielen . Darüber hinaus tragen sie auch die Hauptlast des wirtschaftlichen Bruchs mit Russland und der Sanktionen.

Unter Führung der USA setzte der Westen auf eine nachhaltige Schwächung Russlands – und darüber vermittelt auch auf eine geostrategische Chinas.

Der Krieg mag zwar enorme Kosten verursachen – eine spätere Konfrontation wäre jedoch angesichts des seit mehr als einem Jahrzehnt anhaltenden, stetigen Niedergangs der US-Hegemonie und der Dauerkrise der EU womöglich noch viel teurer.

Die Ukraine wurde und wird daher mit Milliarden gestützt und militärisch aufgerüstet, weil sie einen Stellvertreterkrieg für den Westen führt, der letztlich den Kampf um die Selbstverteidigung des Landes überlagert, ja den Charakter des Konflikts prägt. Wie weit sie dabei militärisch letztlich gehen kann, hängt folgerichtig nicht vom eigenen Regime, sondern vom Westen, genauer von den USA ab.

Die Niederlagen der russischen Armee im September haben dabei auch die Möglichkeit oder jedenfalls Drohung eines militärischen Sieges der Ukraine aufgeworfen.

Die Logik hinter der Eskalation

In jedem Fall haben sie den Kreml in Alarm versetzt. Von einer „Spezialoperation“ sprechen Putin und seine engsten Gefolgsleute schon lange nicht mehr. Im Gegenteil: Der Krieg wird nun als solcher mit dem Westen, um die Weltordnung benannt. Außenminister Lawrow sieht das Land von Feinden umkreist, die Russland, seine Nation, seine Kultur, vor allem aber seine Stellung in der Welt zerstören wollen. Die Existenz einer ukrainischen Nation und deren Selbstbestimmungsrecht werden geleugnet und von Putin als bolschewistische Konstruktion „entlarvt“. Lassen wir den russisch-nationalistischen und völkischen Plunder beiseite, so tritt dahinter hervor, dass es um die Neuaufteilung der Welt geht. Und die will Russland zu seinen Gunsten verändern, auch wenn es dabei im Moment ziemlich schlechte Karten in der Hand hält.

Der Überfall auf die Ukraine erweist sich dabei schon jetzt als politisches Abenteuer, in das sich der Kreml nur noch tiefer zu verstricken droht. Um die Lage zu wenden, wird sie verschärft.

In den vier von Russland kontrollierten ukrainischen Verwaltungsbezirken Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson wurden Ende September Referenden über den Beitritt zu Russland durchgeführt. Im Land selbst ordnet das Regime eine Teilmobilmobilisierung von 300.000 Reservist:innen an.

Die Referenden im Donbass (Donezbecken) und im Südosten des Landes stellen dabei eine krude Mischung aus Symbolpolitik und Annexion dar. Die Symbolpolitik besteht darin, dass sich der russische Staat mit einer pseudodemokratischen Farce ein bisschen Legitimität für seine Eroberungen beim russischen Publikum erkaufen will. Mit der inszenierten Zustimmung von 90 – 100 %, die nach der Vertreibung Hunderttausender v. a. aus Saporischschja und Cherson mit vorgehaltenen Maschinengewehren erzwungen wird, mag vielleicht notdürftig ein nationaler Erfolg in Russland präsentiert werden. Ob dieser über die nationalistische Fangemeinde hinaus auf viel Zustimmung stößt, mag angesichts des massiven Unmuts über die Teilmobilmachung zur Verteidigung des neuen Staatsgebietes bezweifelt werden.

Mögen viele auch den Sieg und die Stärke Russlands wollen, so möchten sie dafür nicht mit ihrem Leben bezahlen. Die Teilmobilmachung hat dazu geführt, dass Zehntausende fluchtartig das Land in Richtung Georgien, Kasachstan oder Westen verlassen, weil sie für Putins Krieg verständlicherweise nicht krepieren wollen. Trotz der massiven Repression, trotz Prügelpolizei und tausender Verhaftungen hat allein schon die Ankündigung der Teilmobilmachung die größte Oppositionsbewegung seit dem Angriff entfacht.

Die Macht des scheinbar allmächtigen Putin gerät ins Wanken. Der reaktionäre Krieg mag populär oder wenigstens geduldet sein, solange er den Sieg verspricht. Doch worin soll der bestehen, zumal für die russische Bevölkerung? Zehntausende russische Soldat:innen sind für Nation und Weltmachtstellung draufgegangen, zehntausenden Reservist:innen droht bei einem möglichen lang anhaltenden Stellungskrieg gegen eine stärker werdende ukrainische Armee dasselbe.

Militärisch kann die russische Armee allenfalls noch halten, was sie am Beginn der Invasion erobert hat. Die gefakten Referenden erlauben dabei allenfalls die Legitimation des Krieges als Verteidigung des erweiterten „Vaterlandes“ und umso drastischere Drohgebärden gegenüber der Ukraine und der Welt, bis hin zum Einsatz von Nuklearwaffen zur vaterländischen Verteidigung.

Wirtschaftlich befindet sich Russland in einer tiefen Rezession. Dabei hat das Land schon in den letzten zehn Jahren gegenüber seinen imperialistischen Konkurrent:innen an Boden verloren. Die hohen Öl- und Gaspreise halten zwar den Staatshaushalt über Wasser, aber bedeutende Teile der industriellen Produktion stehen still oder arbeiten mit geringer Kapazitätsauslastung. Das BIP schrumpft seit dem 2. Quartal 2022 massiv und dürfte im Jahresdurchschnitt um mindestens 6 % einbrechen. Jedenfalls in dieser Hinsicht wirken die westlichen Sanktionen, die die Bevölkerung mit Einkommensverlusten und Knappheit an Konsumgütern zu tragen hat. Hinzu kommt, dass selbst ein Kriegsende keineswegs einen Stopp der Sanktionen und wirtschaftlichen Isolierung bedeuten würde.

Geostrategisch wird Russland ebenfalls geschwächt werden, selbst wenn es, was selbst überaus fraglich ist, alle vier annektierte Verwaltungsbezirke und die Krim halten und in den russischen Staatsverband einverleiben sollte. Schon jetzt hat sich Russland als unfähig erwiesen, in dem von ihm kontrollierten halbkolonialen Umfeld seine Ordnung durchzusetzen. Nicht nur in der Ukraine, auch im Kaukasus drohen Russland, wie der jüngste Ausbruch des Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan zeigt, die Felle davonzuschwimmen. Natürlich versucht Russland, in Syrien oder Mali weiter seine Positionen zu halten, aber eine Niederlage in der Ukraine würde weltweit den russischen Imperialismus schwächen, gerade weil er auf ökonomischem Gebiet nicht viel zu bieten hat.

Während Russland seinen Einfluss in der Westukraine und Osteuropa vollständig an den Westen verloren hat, weitet der Verbündete China aufgrund seiner enormen ökonomischen Überlegenheit seinen Einfluss in den noch von Russland kontrollierten asiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken wie Kasachstan aus. Doch dieser Entwicklung muss der Kreml mehr oder weniger tatenlos zusehen, weil der Krieg Russland von China viel abhängiger gemacht hat als zuvor – und sollte das Regime Putin den Krieg überdauern, so wird dies umso größer werden.

Schwächstes Glied

In der imperialistischen Kette entpuppt sich Russland nicht nur als das zurzeit aggressivste, sondern auch schwächste Glied. Wie angeschlagene Boxer:innen einen Befreiungsschlag versuchen, so legt der russische Imperialismus seine Reserven in die Waagschale. Zweifellos verfügt das Land noch über weitere militärische Ressourcen.

Doch was nützt eine riesige Armee, was nützen riesige Reservist:innenzahlen, wenn die Menschen nicht in den Krieg ziehen wollen, wenn sie die Flucht aus dem Land oder gar den Widerstand vorziehen? Teilweise bewusst, teilweise instinktiv, teilweise aus dem „egoistischen“ Motiv, nicht sterben und morden zu wollen, verweigern größer werdende Teile der Bevölkerung den Waffengang.

Die „Pannen“ bei der Mobilisierung verschärfen den Unmut und die Angst, dass es wirklich jede/n treffen kann. Zugleich scheint sich auch das Regime bewusst zu sein, dass sich die Kriegsbegeisterung trotz medialer Indoktrination in Grenzen hält. Daher sollen die Reservist:innen auch nicht aus städtischen Zentren wie Moskau oder St. Petersburg rekrutiert werden, sondern vor allem aus Regionen wie Jakutien (Sacha; Nordostsibirien) oder Dagestan (Nordkaukasus). Das Kanonenfutter für die „russische Nation“ sollen vorzugsweise Angehörige nationaler Minderheiten liefern.

Auch das bringt den zutiefst reaktionären Charakter des Krieges auf Seiten Russlands und die von den Interessen des Finanzkapitals und der imperialistischen Weltmachtstellung diktierten Kriegsziele zum Ausdruck.

Mittlerweile flohen rund 250.000 Menschen vor der möglichen Einberufung vor allem nach Kasachstan und Georgien, aber auch nach Finnland, wobei andere europäische Länder diesen Menschen die Einreise verweigern. Darauf wird Russland wohl mit Ausreiseverboten und verschärften Grenzkontrollen reagieren.

Noch bedrohlicher könnte es für Putin werden, wenn sich der Widerstand gegen die Teilmobilmachung ausweitet, landesweit organisiert und mit der explosiven sozialen Frage verbindet. Während die Reservist:innen als Kanonenfutter ihren Kopf für ein Vaterland hinhalten sollen, das von einer kleinen oligarchischen und bürokratischen Elite mit dem Despoten Putin an der Spitze kontrolliert wird, verarmen die Arbeiter:innen in Stadt und Land, verlieren ihre Jobs, ihr Einkommen und, wenn es besonders dumm läuft, ihr Leben.

Schließlich ist schon jetzt absehbar, dass auch die aktuelle Teilmobilisierung nicht ausreichen wird. Hinzu kommt, dass sie auch die Stimmung an der Front nicht gerade hebt, besteht doch ein Effekt der Teilmobilisierung darin, dass jene kriegsmüden Soldat:innen in der Ukraine, deren Zeitverträge ablaufen, weiter an der Front bleiben müssen.

In dieser Situation muss sich die internationale Arbeiter:innenbewegung ohne Wenn und Aber mit den Protesten in Russland solidarisieren und die Freilassung aller politischen Gefangenen fordern. Auch wenn wir dafür eintreten, dass Oppositionelle in Russland gegen das Regime in den Betrieben oder auch in der Armee politisch kämpfen, so fordern wir von den westlichen Regierungen die Öffnung der Grenzen für alle, die aus dem Reich Zar Putins fliehen wollen.

Wir lehnen die Pseudoreferenden in der Ukraine kategorisch ab, die nur eine Eroberung unter russischen Panzern und Maschinengewehren rechtfertigen sollen. Wir verteidigen das Selbstbestimmungs- und Existenzrecht der Ukraine ebenso wie das Recht der Donbassregion und anderer Bezirke, selbst darüber zu entscheiden, ob sie eigene Staaten bilden, Russland oder der Ukraine angehören wollen. Aber Referenden auf Basis von Vertreibung und Besatzung können nur eine Farce sein. Sie diskreditieren das Recht der russischen und russischsprachigen Minderheit in der Ukraine auf Selbstbestimmung, statt ihm zu helfen. In der Ukraine müssen Revolutionär:innen jedoch dafür eintreten, dass über das Schicksal der Krim und Donbassregion weder Russland noch die ukrainischen Nationalist:innen, sondern die dort lebende Bevölkerung entscheiden muss.

Eine solche freie Entscheidung setzt jedoch das Ende der Besatzung voraus und zugleich eine entschiedene Opposition gegen den ukrainischen Nationalismus und seine westlichen Geld- und Taktgeber:innen.

Im Westen, in der EU und den USA, muss die Arbeiter:innenbewegung vor allem aber gegen die imperialistischen Ziele des „eigenen“ Imperialismus mobilmachen. Das bedeutet Kampf gegen Waffenlieferungen und vor allem Sanktionen, gegen den Wirtschaftskrieg gegen Russland. Die US-amerikanische, deutsche und andere westliche Regierungen verfolgen damit keine demokratischen und humanitären Interessen. Das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine und erst recht deren Demokratie sind ihnen völlig egal, wie das jahrelange Paktieren mit Ultrarechten beweist. Für sie ist die Ukraine vor allem eine Frontlinie auf dem geostrategischen Schlachtfeld und außerdem ein Reservoir billiger Arbeitskräfte und Ressourcen.

Konkret findet dieser Kampf heute auf dem Boden der Mobilisierung gegen die Preissteigerungen, Kosten des Krieges und der Krise statt.

Konkret muss er aber auch die Solidarisierung mit der russischen Protestbewegung in den Vordergrund rücken. In Russland kann in den nächsten Monaten eine Bewegung entstehen, die das Regime Putin selbst von unten erschüttern, ja stürzen kann. Eine solche Entwicklung wird angesichts der zunehmend schwierigen Lage des russischen Imperialismus und eines drohenden Fiaskos in der Ukraine sogar wahrscheinlicher. Es ist dabei durchaus möglich, dass die Stützen des Regimes einem Sturz Putins zuvorkommen wollen und eine/n „moderatere/n“ Bonapart:in an seine Stelle setzen wollen. Auch darum wird es von entscheidender Bedeutung sein, sich mit der Protestbewegung in Russland zu solidarisieren und für den Aufbau einer politischen Alternative, einer revolutionären Arbeiter:innenpartei zu kämpfen.




Russland: Der Fall Nawalny und das Regime Putin

Robert Teller, Infomail 1140, 22. Februar 2021

Am 20. Februar schloss der bislang letzte Akt der juristischen Farce um Alexei Nawalny, der Galionsfigur der russischen Opposition. Das Moskauer Babuschkinskij-Gericht wies die Berufung gegen seine Verurteilung zu rund 3,5 Jahren Lagerhaft ab. Im selben Gerichtssaal wurde auch die Strafe von umgerechnet 9.500 Euro wegen Diffamierung eines Kriegsveteranen bestätigt.

Zu 3,5 Jahren Haft war Nawalny schon Anfang Februar verurteilt worden. Das Berufsgericht bestätigte dies, auch wenn die Strafdauer um einige Wochen reduziert wurde.

Überraschend kamen weder die Festnahme Nawalnys am Moskauer Flughafen am 17. Januar, die von der russischen Regierung im Voraus angekündigt war, noch das Urteil, das offensichtlich darauf ausgerichtet ist, die Galionsfigur der bürgerlichen, prowestlichen Opposition gegen Putin zumindest bis zur nächsten Präsidentschaftswahl aus dem Verkehr zu ziehen – sei es durch Anschläge, sein Exil oder eben jederzeit durch willfährige RichterInnen verlängerte Haft.

Die Begründung der Justiz wirft ein bezeichnendes Licht auf das System Putin. Nawalny hätte, so das Urteil, gegen Bewährungsauflagen verstoßen, die sich aus früheren Strafverfahren ergeben hätten. Als er knapp der Vergiftung – mutmaßlich durch AgentInnen des russischen Staates – entgangen war, wurde er in Berlin behandelt. Einige Zeit war er komatös. Während dieser Zeit, so das Gericht, hätte er sich nicht an die Bewährungsauflagen gehalten, zu denen u. a. eine zweiwöchentliche Meldung bei den russischen Behörden gehört.

Das Skandalurteil stellt alles andere als einen Einzelfall dar. Russische Oppositionelle – ganz zu schweigen von Angehörigen unterdrückter Nationalitäten oder von regimekritischen Linken – sind seit Jahren solchen Formen staatlicher Unterdrückung ausgesetzt, die selbst nur einen Teil des Herrschaftssystems Putins darstellen.

Tatsächlich trifft die politische Repression Linke im Allgemeinen härter als bürgerliche RivalInnen. Vor einem Jahr wurde im sog. „Network Case“ eine Gruppe antifaschistischer AktivistInnen in der Stadt Penza zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Urteile stützten sich auf erzwungene Geständnisse. Ende Dezember wurde Sergei Udalzow, ein führendes Mitglied der Parteienkoalition „Linksfront“, der bereits eine viereinhalbjährige Haftstrafe wegen seiner Beteiligung an den Protesten 2012 abgesessen hat, verhaftet und wegen einer nicht genehmigten Protestaktion zu 10 Tagen Haft verurteilt.

Massenproteste

Der entscheidende Unterschied zu den unzähligen Fällen politischer Repression, inklusive Skandalurteilen, langjähriger Haft wegen der Ausübung demokratischer Rechte, liegt aber in Folgendem: Über lange Jahre erzielten diese eine abschreckende Wirkung, weil sich das System Putin neben Repression und einer Monopolisierung der Medien auf eine gewisse soziale Stabilität im Inneren stützen konnte.

Diesmal ist es anders. Die Verhaftung und die Verurteilung Nawalnys lösten eine Welle von Massenprotesten im ganzen Land aus. Diese wurden zu den größten der vergangenen Jahre, mit etwa 15.000 TeilnehmerInnen in Moskau und über 100.000 in 80 oder mehr Städten landesweit. Die Bedeutung der nicht genehmigten Demonstrationen lässt sich auch an der Anzahl verhafteter DemonstrantInnen ablesen. Laut OVD-Info, einer russischen Menschenrechtsorganisation, wurden allein Mitte Januar mindestens 4.000 TeilnehmerInnen festgenommen. Gegen viele wurden Strafverfahren eingeleitet oder in Schnellverfahren Geldstrafen oder Administrativhaft verhängt. Auf weiteren Demonstrationen am 31. Januar wurden erneut mindestens 5.600 TeilnehmerInnen festgenommen. Menschen wurden nicht erst wegen der Teilnahme an Protesten verhaftet, sondern auch wegen des Teilens von nicht genehmigten Protestaufrufen auf Social Media. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, dass die Polizei ohne Anlass brutal gegen DemonstrantInnen vorgeht. Auch einige linke Organisationen unterstützten die Proteste kritisch, also ohne dabei Nawalnys politischen Zielen Anerkennung zukommen zu lassen. Nach den Verhaftungen vom 23. und 31. Januar ruft Nawalnys Bewegung nun dazu auf, weitere Proteste zu unterlassen und sich stattdessen für die Duma-Wahlen im September bereitzuhalten.

Wie immer die weitere Mobilisierung verlaufen wird, so signalisiert die Bewegung doch eine bedeutende Veränderung der politischen Lage in Russland, die weit über die Frage der Freilassung von Nawalny hinausgeht. Angesichts der ökonomischen und politischen Probleme des russischen Imperialismus kann das Regime Putins selbst ins Wanken geraten. Nawalny und die bürgerlichen, prowestlichen Kräfte hoffen, aus dieser Lage Kapital schlagen zu können. Es ist kein Zufall, dass sie, anders als in früheren Jahren, die Kritik an Putin vor allem auf Korruptionsvorwürfe lenken, auf die Bereicherung durch ihn und seine UnterstützerInnen. Eine eigens von Nawalny gegründete Antikorruptions-Stiftung veröffentlichte u. a. ein bekannt gewordenes Video über einen teuren Palast am Schwarzen Meer, der Putin zugeschrieben wird und dessen persönliche Bereicherung belegen soll. Mit diesen Enthüllungen versucht er zugleich, sozial heterogene Putin-GegnerInnen, die von unzufriedenen Lohnabhängigen und Armen über städtische Mittelschichten und AufsteigerInnen bis zu unzufriedenen KapitalistInnen reichen, anzusprechen, die meinen, im System Putin zu kurz gekommen zu sein.

Nawalny und die rechtsliberale Opposition

Das darf aber nicht über seine politische Ausrichtung hinwegtäuschen. Die Korruptionsvorwürfe sind für Nawalny Mittel zum Zweck und haben darüber hinaus den Vorteil, dass er seine eigentlichen politischen, programmatischen Ziele in den Hintergrund treten lassen kann.

Nawalny ist ein Rechtsliberaler, der Russland vor Putin retten will. Er fand in der Vergangenheit an liberalen wie auch rechtsnationalistischen Gruppierungen und Organisationen Gefallen und hat – durchaus in Übereinstimmung mit Putins Ansichten – „russische Interessen“ gegenüber den demokratischen Ambitionen nichtrussischer Völker und Nationen verteidigt. Von seinen extrem rassistischen Sprüchen – so bezeichnete er 2007 die Menschen aus dem Kaukasus als „Kakerlaken“ – hat er sich zwar nicht distanziert, doch der Rassismusvorwurf scheint nun entweder mit der Zeit verblasst oder durch Märtyrertum getilgt zu sein. Seine rassistischen Ausfälle u. a. gegen TschetschenInnen zeigen, dass er der demokratische Weltverbesserer, als den ihn westliche Fans gerne sehen, nicht ist und nicht sein will. Nawalny präsentiert sich als ein Verbesserer der russischen Nation. Beschönigend bezeichnete er sich als „nationalistischen Demokraten“. Als solcher muss er mit Putin um die Gunst der Nation wetteifern und will nicht zurückfallen, wenn es gilt, die „Gefühle“ des Volkes zu bedienen.

Aktuell reduziert Nawalny alles Schlechte in Russland auf eine behauptete Korruptheit der Eliten. Damit knüpft er erstens an die Wahrnehmung vieler Menschen an, ihnen werde „alles geraubt“. Das stimmt zwar, aber die Korruption in Russland ist dabei eher ein Nebenaspekt gegenüber der  formell legalen Privatisierung von ehemaligem Volkseigentum nach der Restauration des Kapitalismus, die unter Putin fortgesetzt wurde. Politisch ist der bloße Korruptionsvorwurf im Übrigen vor allem demagogisch, weil Navalny als bürgerlicher Populist natürlich nicht die politökonomischen Ursachen kritisiert, die sie hervorbringen, sondern letztlich selbst an die Futtertröge rankommen will.

Zweitens kritisiert Nawalny damit die Eigenschaft des russischen Systems, die Teilhabe sowohl des Volkes als auch von Teilen der herrschenden Klasse an der Gestaltung der politischer Macht zu beschneiden. Dies entspricht nicht seiner Vorstellung einer anständigen kapitalistischen Großmacht, die auf Augenhöhe mit anderen, v. a. westlichen, Großmächten agieren will und über entsprechende politische Strukturen verfügen sollte, in welchen vor allem auch die verschiedenen Teile der Bourgeoisie selbst demokratisch um die politische Vorherrschaft konkurrieren können. Der Zustand des russischen Staates passt in seinen Augen nicht recht zu einem imperialistischen Land, das zu neuem nationalen Selbstbewusstsein gelangt ist.

Und drittens macht ihn dieser Populismus auch für seine deutschen und westeuropäischen UnterstützerInnen interessant, die die vorliegenden imperialistischen Konflikte mit Russland lieber als Auseinandersetzungen um „Demokratie und Rechtsstaat“ statt um Märkte und imperiale Einflusszonen verstanden haben wollen. Es handelt sich um solche, die insbesondere dort, wo unmittelbar deutsche Geschäftsinteressen in Frage stehen, auch weiterhin „vernünftig“ mit Russland zusammenarbeiten und gleichzeitig ein legitimes, gesittetes, freiheitlich-demokratisches politisches und militärisches Drohpotential schaffen und vergrößern wollen. Um Russlands Illegitimität Putin direkt in die Schuhe schieben zu können, ist es hilfreich, ein Gesicht der Legitimität vorzuführen, einen Anti-Putin. Navalny reduziert die Ära Putin auf Korruption und Despotismus. Das reicht, um von den VertreterInnen des imperialistischen Deutschlands geadelt zu werden.

Nawalnys Politik drückt primär die Interessenlage nicht allzu großer Teile der Bourgeoisie und des städtischen KleinbürgerInnentums aus, die von einer stärkeren Öffnung zum Westen mehr zu gewinnen als zu verlieren haben. Er findet, wie die Reichweite der Proteste zeigt, aber auch Anklang in der städtischen Jugend, unter ArbeiterInnen und Mittelschichten, die entweder Illusionen in seine Version eines modernen, aufgeklärten Populismus hegen oder sich trotz Fehlens solcher Illusionen auf gemeinsame Ziele wie die Beseitigung politischer Verfolgung beziehen.

Nawalny konnte lange mit seinem Populismus einen eher beschränkten Kreis an WählerInnen und UnterstützerInnen mobilisieren und diese Basis reichte bei weitem nicht aus, eine ernsthafte Bedrohung für Putin darzustellen. Dies könnte sich jedoch ändern. Bei Wahlen propagiert er die Taktik des sog. „Smart Voting“. Diese besteht darin, stets die aussichtsreichsten Putin feindlichen KandidatInnen zu unterstützen, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit oder ihrem Programm. Bisher konnten Putins Leute oft tatsächlich deutliche Stimmenmehrheiten erzielen, was nicht in erster Linie manipulierten Wahlen zugeschrieben werden konnte, sondern auch mit der Zersplitterung und teilweisen Integration der Opposition ins Herrschaftssystem zu tun hatte. Mit seiner Wahltaktik versucht Nawalny gewissermaßen automatisch, alle Anti-Putin-Stimmen für sich zu beanspruchen. Zu den von ihm unterstützten KandidatInnen gehören gegebenenfalls auch Angehörige der „systemtreuen Opposition“ wie der KPRF (Kommunistische Partei der Russischen Föderation) oder der ultrarechten LDPR (Liberaldemokratische Partei Russlands).

Seine begrenzte Massenbasis und die nicht vorhandene Legitimation aus dem Staatsapparat heraus stellt bisher aber auch die Grenze der Figur Nawalny dar – und damit der möglichen Einflussnahme westlicher Mächte. Nawalny biederte sich diesen dadurch an, dass er abgesehen von dem Wunsch nach einer Öffnung zum Westen wesentliche außenpolitische Fragen – wie die der militärischen Interventionen, der Nahostpolitik usw. – offenließ oder mit unverbindlichen Phrasen beantwortete. Umgekehrt verteidigte er auch russische Interessen wie z. B. auf der Krim oder in der Ostukraine.

Auch wenn Nawalnys populistische Methode zu gewissen Wahlerfolgen führen und der Legitimität von Putins System Kratzer zufügen sollte, beinhaltet sie kein politisches Konzept für ein „Russland ohne Putin“. Nawalny mag für manche als authentische und mitreißende Oppositionsfigur erscheinen, weil er seit Jahren einen Gegenpol zu Putin bildet, sein persönliches Schicksal dabei hintenanstellt und sich nicht auf die begrenzten Möglichkeiten der „systemtreuen“ Parteien beschränkt. Letztlich ordnet er aber nicht nur sich selbst, sondern auch die Bewegung auf der Straße seiner Wahltaktik unter.

Nawalnys politisches Programm ist, soweit es überhaupt explizit formuliert wurde, reaktionär. Aber natürlich ist das längst nicht alles, was es über seine Verhaftung und die Protestbewegung zu sagen gibt. Die Verfolgung Nawalnys ist ein bewusster Akt eines bürgerlich-bonapartistischen Regimes, dessen politische Legitimität Risse bekommen hat. Dies spielt sich ab auf dem Boden einer Klassengesellschaft, einer imperialistischen Macht, die in einer wirtschaftlichen Krise steckt und ihre Interessen gegenüber imperialistischen RivalInnen zu behaupten hat.

Ursprung des Konflikts mit Putin

Die Restauration des Kapitalismus in der ehemaligen UdSSR hat aus den ehemals vergesellschafteten Industrien, vor allem im Energiesektor, privates Kapital entstehen lassen. Doch die neu entstandene bürgerliche Klasse, die Oligarchie, hatte als solche keine kontinuierliche Geschichte. Sie vermochte nicht, ein gemeinsames gesamtkapitalistisches Interesse zu verfolgen, vielmehr drohte ihre mehr oder minder ungezügelte Aneignung und Plünderung des Volksvermögens, die Wirtschaft zu ruinieren. Die Zukunft Russlands als kapitalistische Großmacht war in den 1990er Jahren ernsthaft in Frage gestellt. Das zeigte sich damals, als Kaugummi, Tetris (Computerspiel) und McDonald’s das Land eroberten, es aber unter Jelzin zu zerfallen drohte. Nicht nur an der Peripherie, wo Völker und Nationen neue oder alte Ansprüche auf politische Eigenständigkeit stellten, war der Staat im Zerfall, sondern auch im Innern, wo OligarchInnen regionale Regierungen aus dem föderalen System herauskauften und dadurch zeigten, wie wenig „nationales Gesamtinteresse“ sie zu verfolgen beabsichtigten. Der desolate Zustand des politischen Überbaus spiegelte den inneren Zustand der Bourgeoisie wider, einer Klasse, die kein Bewusstsein dafür besaß, welche Herausforderung es bedeutet, sich in der globalen Konkurrenz zu behaupten.

Putin hat in den vergangenen 20 Jahren ein bonapartistisches Regime geschaffen, das sich durch starke zentralistische Machtstrukturen, ein Übergewicht des Sicherheitsapparates und mit diesem historisch verbundener Teile der Bourgeoisie auszeichnet. Putin setzte der drohenden Balkanisierung und Herabstufung Russlands zur Halbkolonie im Zuge der neoliberalen Schocktherapie der 1990er Jahre ein Ende und schuf einen politischen Überbau, mit dem Russland wieder als kapitalistische Großmacht auf der Weltbühne stehen kann. Dieses System funktioniert so, dass ein „nationales Gesamtinteresse“ nicht notwendigerweise durch die, sondern gegebenenfalls und häufig gegen oder über die Köpfe der Bourgeoisie hinweg zur Geltung kommen muss. Die Anerkennung Putins als Repräsentanten des „ideellen Gesamtkapitals“ durch die verschiedenen Fraktionen der Bourgeoisie ist nicht ein Resultat, sondern eine Vorbedingung für die politische Repräsentation ihrer Interessen. OligarchInnen, die sich dem widersetzten, erhielten entsprechende Lektionen, wie etwa Chodorkowski 2004. Natürlich ist das nicht eine Abweichung von irgendeiner „Idealform“ bürgerlicher Demokratie, sondern ihre spezielle Form unter einer bestimmten historisch bedingten Klassenkonstellation. Der Konflikt, den Nawalny mit Putins Staatsapparat austrägt, ist letztlich ein Resultat der Art und Weise, wie das gesellschaftliche Eigentum der UdSSR privatisiert worden war. Putins „Partei von RäuberInnen und HalunkInnen“ entspricht einer Bourgeoisie mit genau diesen Eigenschaften.

Klassenkampf und imperialistische Konfliktlage

Der russische Imperialismus steht vor großen Herausforderungen. Abgesehen von der Rüstungsindustrie verfügt er nicht über starke Exportindustrien, mit denen er die Dominanz über andere Länder sichern kann. Die Extraprofite aus dem Export fossiler Energieträger ermöglichen zwar die Finanzierung des staatlichen Renten- und Gesundheitssystems, das gerade aufgrund der Prekarisierung weiter Teile der Bevölkerung bislang ein wichtiges integratives Element des bonapartistischen Systems darstellt. Die gefallenen Energiepreise gefährden aber das staatliche Distributionssystem und zwangen die Regierung 2018 zu einem historischen Angriff auf die Renten. 2020 brachen die Einnahmen aus dem Gasexport um 39 % und der Gesamtexport um 24 % ein. Der Öl- und Gasexport ist zudem natürlich Gegenstand imperialistischer Rivalität. Die europäischen HauptabnehmerInnen sind angesichts des globalen Überangebots an Energieträgern zu einem verstärkten Import aus Russland nur zu für sie vorteilhaften Bedingungen bereit, d. h. bei ihrer Beteiligung an dem dabei erzielten Extraprofit. Die genannten Aspekte beschreiben eine krisenhafte Entwicklung Russlands, die zu politischen Brüchen im Staatsapparat und Opposition innerhalb der herrschenden Klasse führen kann, und damit zu einer Zuspitzung der Verhältnisse. Sie wird zu sozialen Angriffen auf die Massen führen, die Widerstand notwendig machen.

Die schwierige ökonomische Lage geht zugleich mit einer menschenverachtenden Pandemie-Politik und dem weitgehenden Verzicht auf Einschränkungen der Wirtschaft einher – mit fatalen Folgen für die Gesundheit der Massen. Insgesamt hat das Land über 80.000 Tote zu beklagen.

Politische Schlussfolgerungen

Diese aktuelle wirtschaftliche Krise unterhöhlt die soziale Basis des politischen Herrschaftssystems Putins. Das betrifft die Masse der Lohnabhängigen, die Mittelschichten, aber auch die Superreichen und KapitalistInnen. Im System Putin überließen sie weitgehend der Staatsbürokratie mit einem bonapartistischen Führer die politische Macht. Im Gegenzug sicherte dieser massive Profite des Großkapitals und die Stabilität der Geschäfte.

Dieser grundlegende gesellschaftliche Krisenprozess bildet auch die Grundlage dafür, dass sich hinter Nawalny tatsächlich eine Massenbewegung formierten könnte, die Putin in Frage stellt. Das Regime ist sich dessen offenbar bewusst und sperrt daher den Oppositionsführer weg. Doch die Repression gegen Nawalny stellt dabei nur die Spitze des Eisbergs dar. Weit über zehntausend Menschen wurden in den letzten Monaten festgenommen, brutal angriffen und warten auf Verfahren.

Auch wenn Nawalny selbst ein bürgerlich-nationalistischer Reaktionär ist, dem Linke  keinerlei politische Unterstützung zukommen lassen dürfen und dem gegenüber sich jegliche Illusionen in seine  „demokratischen“ Absichten verbieten, so geht es bei seiner fadenscheinigen Aburteilung nicht primär um dessen Person oder Charakter.

Vielmehr geht es darum, dass das russische bürgerlich-bonapartistische Regime ein Exempel statuieren will, um jedes Aufbegehren, jede Opposition einzuschüchtern, um diese im Keim zu ersticken. Daher auch tausende weitere Festnahmen.

Die ArbeiterInnenklasse und RevolutionärerInnen können und dürfen der staatlichen Repression nicht gleichgültig gegenüberstehen, weil die Durchsetzung dieser Urteile und willkürlichen Festnahmen die Staatsgewalt stärkt und sich nicht nur gegen Nawalny, sondern auch gegen jeden zukünftigen linken Widerstand, gegen jede ArbeiterInnenaktion richtet.

RevolutionärInnen müssen daher für Nawalnys Freilassung und die aller Festgenommen eintreten sowie die Einstellung aller Verfahren gegen diese fordern. Sofern Demonstrationen zu seiner Freilassung einen Massencharakter annehmen, sollten Linke auch an diesen Protesten teilnehmen und dort mit ihren eigenen Losungen und Bannern auftreten.

Außerdem wäre es falsch, eine politische Zuspitzung innerhalb des bürgerlichen Lagers links liegenzulassen. Die Auseinandersetzung unterstreicht, dass Putins Bonapartismus entgegen seinem äußeren Anschein zur Zeit ein politisch geschwächtes und instabiles Regime darstellt, das von Klassenkämpfen erschüttert werden kann. Die politische Schwäche der ArbeiterInnenbewegung und die bonapartistische Herrschaftsform sind zwei Faktoren, die dazu beitragen, dass ein bürgerlicher Populist und Nationalist zur Ikone werden konnte, wie es auch in den Massenprotesten 2011/2012 der Fall war. Die Lösung der „demokratischen Frage“ liegt aber nicht in den Händen der liberalen Bourgeoisie, sondern der ArbeiterInnenklasse. Sie braucht ihr eigenes Programm, das weder auf ein reformiertes Putin-Regime setzt, wie es die KPRF und die mit ihr verbundenen Gewerkschaften tun, noch auf ein besseres Russland unter einem Anti-Putin hofft. Die klassenkämpferische und radikale Linke muss vielmehr versuchen, die Lohnabhängigen aus dem Lager der Opposition politisch herauszubrechen, indem sie den Kampf für demokratische Rechte mit der sozialen Frage verbindet, mit dem Aufbau kampfstarker, vom Regime unabhängiger Gewerkschaften und sozialer Bewegungen sowie einer von Putin und Nawalny unabhängigen revolutionären ArbeiterInnenpartei.




Proteste gegen die Rentenreform in Russland bergen großes Potential

Svenja Spunck, Infomail 1016, 27. August 2018

Die russische Regierung kündigte im Juni 2018 eine weitreichende Rentenreform an. Der Hauptpunkt dabei ist die Erhöhung des Renteneintrittsalters bei Frauen von 55 auf 63, bei Männern von 60 auf 65 Jahre. Was für Menschen in Deutschland nach Jammern auf hohem Niveau klingt, bedeutet in Russland arbeiten bis zum Tod, denn die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 65 Jahren.

Nicht zufällig wurde diese Reform während der Austragung der Fußball-WM angekündigt. Nach dem alten Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“ hatte man sich erhofft, die Bevölkerung in Zeiten des Vergnügens überrumpeln zu können. Doch obwohl aus „Sicherheitsgründen“ Proteste zunächst verboten waren, entlud sich die Unzufriedenheit der Bevölkerung in ersten größeren, landesweiten Protesten pünktlich zum Ende der WM.

Der Eintritt in die Rente bedeutet in Russland keineswegs, nicht mehr zu arbeiten. Rente ist vielmehr eine kleine finanzielle Unterstützung – rund 120 Euro –, die ab einem gewissen Alter an ältere ArbeiterInnen gezahlt wird. 12 bis 14 Millionen Menschen über dem Renteneintrittsalter sind momentan weiterhin an ihrem Arbeitsplatz beschäftigt. Die Erhöhung des Renteneintrittsalters wird in erster Linie für eine weitere Prekarisierung und Verarmung der älteren Bevölkerungsschichten sorgen, birgt jedoch auch ein Potential zur Anhebung der Arbeitslosigkeit insgesamt.

Der Mindestlohn in Russland liegt, nachdem Putin ihn zu Beginn diesen Jahres an das Existenzminimum angepasst hatte, bei 11.000 Rubel (139 Euro) im Monat. Armut ist also auch unter der werktätigen Bevölkerung weit verbreitet. Rund 5 Millionen Menschen leben an dieser Existenzgrenze – trotz Vollzeitjobs.

Mit der Begründung, die Regierung müsse Einsparungen vornehmen, die sie angeblich in andere soziale Bereiche investieren wolle, sollen nun die ohnehin geringen Rentenausgaben gekürzt werden. Es ist kein Geheimnis, dass russische OligarchInnen zu den reichsten Menschen der Welt gehören. Jedoch ist es auch glasklar, dass sie bestens integriert sind in die staatliche Bürokratie und niemand dort auf die Idee kommen würde, ihre Vermögen anzutasten. Während für das Militär, staatliche Überwachung und Megabauprojekte Geld da ist, soll die Bevölkerung neoliberale Reformen schlucken.

Bei der Präsidentschaftswahl im März 2018 stand das Thema Rentenreform noch nicht auf der Tagesordnung. Putin war durchaus klar, dass solch eine Maßnahme nicht auf große Zustimmung treffen würde. Dies bestätigten dann auch die sinkenden Umfragewerte für ihn, nachdem das Vorhaben verkündet wurde. Die Strategie des Kremls bestand zunächst darin, der Duma die Verantwortung für die Reform in die Schuhe zu schieben. Als sich dann genug Frust angestaut hatte, verkündete Putin nach einem Monat des Schweigens, dass auch er Kritik an der Reform habe und dafür sorgen würde, dass diese noch einmal überarbeitet werde. In welcher Form das konkret passieren sollte, ist bisher nicht klar.

Während die Regierungspartei Einiges Russland so tut, als gäbe es Uneinigkeit über das Vorhaben, begann die Opposition mit ersten Protesten. Während zwar auch der rechte, neo-liberale Oppositionelle Alexei Nawalny zu einer Demonstration gegen die Reform aufrief, sind es in der Realität die Kräfte, die sich auf die ArbeiterInnenklasse stützen, welche die Proteste dominieren. Ende Juli folgten rund 12.000 Menschen in Moskau dem Aufruf der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation von Sjuganow. Außerdem gab es Proteste mit mehreren tausend TeilnehmerInnen in anderen Städten Russlands. Auf den Demonstrationen wurde der Rücktritt Ministerpräsident Medwedews gefordert sowie Putin als „Dieb“ bezeichnet. Über die KP, die in den letzten Jahren durchweg als loyale Opposition des Regimes fungierte, hinaus beteiligte sich ein großes Spektrum an linken Organisationen bis in die Sozialdemokratie hinein an den Aktionen. Einige TeilnehmerInnen und OrganisatorInnen wurden verhaftet. Ebenso war die Anti-Terroreinheit der Polizei, die „Russische Garde“, vor Ort.

Im Herbst soll die Rentenreform im Parlament erneut diskutiert werden und es wird die Fortsetzung der Proteste erwartet. Aufgrund der starken Repression gegen gewerkschaftliche und politische Organisierung mag die Kampferfahrung der russischen ArbeiterInnenklasse momentan noch gering sein. Doch allein die Proteste der letzten Wochen, an denen sich auch Jugend- und Frauenorganisationen beteiligten, zeigt deutlich, dass die Linke durchaus auf dem Weg zu einer Einheitsfront gegen die neoliberalen Angriffe ist. Die Ausweitung der Proteste wäre nicht nur in der Lage, die Reform zu verhindern, sondern auch eine linke Opposition aufzubauen. Das Thema der Rentenreform und deren weitgehende Ablehnung bietet eine gute Grundlage, andere Probleme der herrschenden Politik in Russland aufzugreifen. Die Forderung nach einem Regierungsrücktritt wurde bereits aufgeworfen. Um breite Teile der Bevölkerung zu erreichen, sollte auch die Forderung nach der Enteignung der OligarchInnen und der Einführung einer Mindestrente aufgeworfen werden, die die Lebenshaltungskosten deckt und automatisch an die Preissteigerungen angepasst wird.

Die Demonstrationen und Aktionen sind ein ermutigendes Beispiel und zeigen, dass auch die Herrschaft Putins nicht unerschütterlich ist. Entscheidend wird dabei sein, ob die Proteste über Demonstrationen hinaus zu einer politischen Streikbewegung werden, die das Land zum Stillstand bringen kann.