Großer Alarm in Lützi: Cops stürmen den Ort

Leo Drais, Infomail 1210, 11. Januar 2022

Es wird endgültig Ernst. Heute Morgen wurden die Bewohner:innen und Aktivist:innen in Lützerath  von einem Großaufmarsch der Polizei geweckt. Eine endlose Schlange Bullenwannen zog sich durch den Tagebau Garzweiler. Ihr Ziel ist für heute wohl, einen Zaun um den Ort zu errichten und Barrikaden zu beseitigen. Damit sie dafür freie Hand erhalten, haben sie den Ort gestürmt. Die Besetzer:innen haben sich auf Baumhäusern und Häusern verschanzt, Tripods und Konstruktionen sind besetzt, Sitzblockaden wurden gebildet. Die Polizei arbeitet sich mit Schweißbrennern und schwerem Werkzeug an einbetonierten Stahlträgern ab, Klettercops räumen Strukturen.

Wir lassen uns nicht spalten!

Ideologische Helferin der Bullen und damit von RWEs Profitinteressen ist die Presse, insbesondere die aus dem Haus Springer und anderer Privater. Während im WDR eine Reporterin ihrem Kollegen im Studio noch versucht zu widersprechen, als dieser meinte, im Studio hätte man noch nichts von Polizeigewalt gehört, gibt es für WELT-Abonnent:innen die erwartbare einseitige Berichterstattung. Steinwürfe und Molotowcocktails von Aktivist:innen sind Gewalt. Prügeln, Pfeffern, Schmerzgriffe, Schläge, Stürmen, Schubsen – alles gegenüber friedlichen Aktivist:innen – werden nicht beim Namen genannt: Gewalt, ganz zu schweigen von der Brachialgewalt, die von Räumpanzern, Wasserwerfern, Abrissbaggern bis hin zu den Schaufelradbaggern RWEs ausgeht.

Diese Zerstörung Lützeraths und damit unserer Lebensgrundlagen ist nichts anderes als rohe kapitalistische Gewalt, deren Soldat:innen die Cops sind. Im Fernsehen und Internet wurden heute morgen auch gewerkschaftliche Vertreter:innen der Bullen interviewt. Es soll der Anschein entstehen, sie machen da nur ihren Job, so wie andere Beschäftigte auch. Aber Bullshit! Cop sein ist keine Arbeit wie alle anderen. Sie ist weder politisch neutral (die Politik war‘s, die entschieden hat, Lützerath zu räumen) noch demokratisch (oder gibt es irgendeine zivile Kontrolle über die Polizei?). Sie ist eine hörige gewalttätige Vollstreckerin der Manager:innen von RWE und deren Lakai:innen in der Berufspolitik, die wie schon im Danni und im Hambi Leben gefährdet. um die gewinnbringende Zerstörung der Erde voranzutreiben. Und daher: Bullen raus aus dem Deutschen Gewerkschaftsbund – ihr seid keine Arbeiter:innen!

Die ganze Unterscheidung zwischen Gewalt und Gewaltlosigkeit dient nur dazu, den Protest zu spalten. Herbert Reul forderte völlig zynisch bei der Einweihung einer Polizeiwache, dass sich „die, die das Klima und nicht Chaoten schützen wollen“ von den „Randalierenden distanzieren sollen“! Fallen wir nicht darauf rein! Reul und seine Knüppelgang sind es, die gerade in Lützerath randalieren und Strukturen angreifen!

Lützi ist ein solidarischer Ort. Ob Sitzblockade, Lockon oder auch, wenn Menschen aktiven Widerstand leisten (also Militanz, aka Gewalt), ist legitim und Lützerath hat Platz für alle, solange Rücksicht aufeinander genommen wird. Denn durch Lützi läuft die 1,5-Grad-Grenze. Ihre Verteidigung ist für viele Menschen überlebensnotwendig!

Viele Menschen waren in den letzten Tagen in Lützi, aber haben es wieder verlassen müssen, weil sie zur Arbeit müssen, sich Verhaftungen und Repression nicht leisten können, schlicht Angst vor behelmten Gewalttäter:innen haben. Aber sie waren da, haben sich eingebracht, sind immer noch da, unterstützen das „Unser aller Camp“ in Keyenberg, was nun zum Rückgrat von Lützi wird. Oder sie sind in Gedanken bei den Aktivist:innen, unterstützen sie finanziell oder planen ihre Anreise zur Großdemo am 14. Januar. Alles das ist wichtig! Lützi ist viel mehr als die Bilder, die die Presse zeigt! Es ist eine Bewegung, die sich von der Regierung und insbesondere von den Grünen verraten fühlt. Es sind Anwohner:innen des Tagebaus, die vielleicht selbst in ihrer Vergangenheit vertrieben wurden. Es sind die, denen FFF nicht genug war.

Wie gewinnen wir?

Wer es noch kann – auf nach Lützi! Es wird auch vom Camp in Keyenberg aus immer wieder Aktionen geben, um die Besetzung zu unterstützen. Wer sich da verständlicherweise nicht rein traut – auch kein Problem! Es gibt viele andere Aufgaben: Küfa, Shuttle fahren, Camp aufbauen und vieles mehr.

Die Klimabewegung geht mit Lützi einen wichtigen Schritt. Viele verlieren das Vertrauen in die Grünen, die hier ihre lange Tradition klimazerstörender, bürgerlicher Realpolitik fortsetzen. Der Danni und der Hambi grüßen genauso wie der Plan, eine Erdgasinfrastruktur hochzuziehen, die uns auf Jahre weiter an fossile Energie binden wird. Ob‘s die Welt ruiniert, ist den Grünen egal. Hauptsache es kommt nicht aus Russland!

Zurecht pragert die Vorsitzende der Linkspartei, Janine Wissler, den neuerlichen und sicher nicht letzten Verrat der Grünen (und natürlich auch der SPD) an. Doch sie schweigt sich darüber aus, dass auch Berliner Bullen trotz rot-grün-roter Landesregierung an der Räumung beteiligt sind. Wir fordern die Linkspartei auf, mit diesen Halbheiten zu brechen und den Kampf ohne Wenn und Aber voll zu unterstützen!

Viele Klimaaktivist:innen haben zudem in den letzten Jahren ihren Weg zum Antikapitalismus gefunden. Gut so, denn ohne diesen ist jeder Versuch eines Klimaschutzes im Endeffekt nur Zeit Schinden oder Greenwashing. Es gibt keinen grünen Kapitalismus. Dass Lützi auch den Versuch darstellt, eine andere, solidarische und rücksichtsvollere Art des Zusammenlebens im Kleinen umzusetzen, ist deswegen auch nur konsequent.

Aber Lützi alleine reicht leider nicht. Wir brauchen Klimaklassenkampf! Wir brauchen politische Streiks, die die Forderung nach einer schnellstmöglichen Energiewende durchsetzen – ohne die Kohle unter Lützi! Wir brauchen Betriebsbesetzungen, die für eine nachhaltige Produktion eintreten  (passiert gerade in Italien in einer kleinen Autoteilefabrik bei Florenz).

Die Gewerkschaftsspitzen von IG BCE oder IG Metall wollen davon natürlich nichts wissen. An den Tischen von RWE und VW frisst es sich gut. Umso wichtiger ist es, dass kämpferische Gewerkschafter:innen sich gegen diese Machenschaft organisieren, in den Gewerkschaften eine (klima-)klassenkämpferische Opposition aufbauen. Und umso wichtiger ist es, dass Lützerath auch einen Schritt hin zu einer engen, organischen Verbindung zwischen Klimabewegung und Arbeiter:innenbewegung setzt. Möglichkeiten gibt es viele: Dieses Jahr stehen Tarifrunden bei der Bahn, der Post und im öffentlichen Dienst an. Klimaaktivist:innen sollten hier den Kontakt und den Austausch suchen und Arbeitskämpfe unterstützen, sie politisieren. Besonders im Transportbereich von Bahn und Post bietet es sich an, Themen rund um die Klimakrise einzubringen. Umgekehrt stellt jetzt Lützerath eine große Chance dar. Alle Gewerkschaftslinken sollten sich auf den Weg dorthin machen, wenn sie können. Überlassen wir das Thema nicht den Bossen unserer Gewerkschaften!

  • Lützi bleibt, damit die 1,5-Grad-Grenze bleibt!

  • Freiheit für alle Aktivist:innen – Klima schützen ist kein Verbrechen!

  • Kein Zaun um Lützerath – sofortiger Abbruch des Polizeieinsatzes!

  • Kolleg:innen von der IG BCE: Brecht mit RWE!

  • Kommt am 14. Januar zur Großdemo nach Lützerath!

Unterstützung aus der Ferne

Spendet an die Bewegung vor Ort: Kontoinhaberin: Lützerath lebt, IBAN:  DE24 4306 0967 1204 1870 01, Verwendungszweck: Lützi Lebt.

Oder via PayPal: nutzt gerne den Weg der Überweisung, da wir bei Paypal Gebühren an Elon Musk zahlen müssen: https://cutt.ly/OJAyBsa

Achtet auf Solidemos in Euren Städten!

Macht Solifotos und schickt sie an https://luetzerathlebt.info/ticker/




Lützi bleibt! Tagebuch von Aktivist:innen

Genoss:innen von Arbeiter:innenmacht und REVOLUTION beteiligen sich an den Aktionen und Demonstrationen gegen die Räumung von Lützerath. Hier ihre Eindrücke vor Ort.

Sonntag, 15.1.23: Wir kehren Lützi nicht den Rücken, wir tragen es nun in die Betriebe

Nach einer Woche gemeinsamen Zusammenlebens, gemeinsamen Kampfes in Lützi und in Keyenberg geht nun eine wichtige Zeit der gemeinsamen Erfahrung für unsere Genoss:innen zu Ende. Wir kehren in unsere Heimatstädte, an unsere Arbeitsplätze, Schulen und Universitäten zurück.

Es ist uns wichtig zu betonen: Wir gehen nicht, weil wir denken, die Auseinandersetzung sei vorbei. Die Genoss:innen sagten heute auf der Pressekonferenz von Lützi Bleibt vollkommen zu Recht, dass, egal ob das Dorf falle oder nicht, wir weiter um jeden Zentimeter Erde und damit gegen weitere Erderwärmung kämpfen würden. Genoss:innen – und das richten wir hier auch ganz explizit an unsere anarchistischen Genoss:innen in Lützerath – wir schätzen euren Mut und euer Engagement. Haltet durch, verzagt nicht!

Es sind unsere eigenen Umstände, die uns zwingen zu gehen. In Gedanken bleiben wir bei euch, jenen, die nach wie vor in und um Lützerath ausharren. Auch ihr seid bei uns, während wir versuchen, den Klimaklassenkampf im Bundesgebiet weiter voranzubringen.

An alle, die sich ihrer Verantwortung bewusst werden, ihre eigene Zukunft in die Hand zu nehmen, und erkennen, dass die kapitalistische Regierung und ihre Freund:innen in Banken und Konzernen es nicht tun werden: Schließt euch den Aktionen am 17. Januar im Bundesgebiet an!

Lasst uns noch einen Schritt weiter gehen, lasst uns gemeinsam unsere Kolleg:innen und ihre Gewerkschaften, unsere Mitschüler:innen und die Klimabewegung für die notwendigen Mittel gewinnen: für Massendemonstrationen und politische Massenstreiks, um die Enteignung von RWE und aller Engeriekonzerne unter Arbeiter:innenkontrolle zu erzwingen.

Unser Ziel ist es, eine ökologische Transformation in Gang zu setzen, die ihren Namen wirklich verdient: ine ökologische Planwirtschaft, für deren Aufbau die Reichen und nicht die Arbeiter:innen und Menschen des globalen Südens zahlen müssen.

Samstag, 14.1.23: Zehntausende gegen RWE!

Heute versammelten sich 35.000 Menschen um Lützerath. Sie wurden in dieser Woche aus Lützi verdrängt, sind aber noch vor Ort, reisten in den letzten Tagen ins Unser Aller Camp nach Keyenberg oder stießen heute aus dem Bundesgebiet und  Ausland zu uns. Jedes Gesicht war willkommen im gemeinsamen Kampf um Lützi.

Die Polizei bezifferte ursprünglich die Zahl auf 8.000 Demonstrant:innen und hat damit so unverschämt gelogen wie über alle anderen Verbrechen an Mensch und Natur, die sie in den letzten Tagen im Namen RWEs beging. Doch weder ihre Lügen und die wütende Hetze der rechten Presse noch Starkwind, strömender Regen und die Abgelegenheit Lützeraths hielten die Bewegung davon ab, ihre zahlenmäßige Stärke zu demonstrieren. Das allein ist ein Achtungserfolg.

Anarchist:innen liefen Schulter an Schulter mit Kommunist:innen. Jung lief neben Alt. Eltern waren mit ihren Kindern gekommen. Großeltern hatten ihren Enkeln Taschengeld mitgegeben, um für deren Zukunft zu kämpfen.

Auch die Slogans nach Klimagerechtigkeit und System Change sind konkreter geworden.

Populäre Slogans vergangener Tage wie „Brecht die Macht der Banken und Konzerne“ wurden erneut von tausenden Stimmen erhoben. Neben sie traten neue wie „Alle Dörfer bleiben, RWE enteignen“. Sie finden ihr Echo in einer breiten Bewegung, nicht nur in den Köpfen einiger weniger. Herbert Reuls Gespenst des Antikapitalismus macht sich breit in der Klimabewegung.

Mit großem Mut und immenser Opferbereitschaft kämpften vorwiegend junge Menschen darum, die Ketten der Cops und ihre Absperrungen zu durchbrechen. Ihr Ziel war, die Gewalt gegenüber den verbliebenen Bewohner:innen Lützis zu beenden.

Sie kämpften aber auch für sich. Das spürte man. Es geht nicht nur um den Kampf für eine manchmal scheinbar ferne Utopie. Es geht darum, die unmittelbar bevorstehende Dystopie zu verhindern. Das gibt der Bewegung eine große moralische und argumentative Kraft.

Dieser Opferwille wurde mit massiver Gewalt durch die Polizei beantwortet. Tausende psychopathischer Kräfte, die ganz eindeutig auf Verletzung und „Zerstörung“ der Demonstrationsteilnehmer:innen eingepeitscht wurden, forderten ihren Tribut. Mindestens eine Person musste per Hubschrauber in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Viele weitere hatten grauenhafte Wunden. Währenddessen feierte die Polizeiführung ihre eigene Gewalt im Welt-TV als „vorbildlichen Einsatz nach Handbuch“.

Wir möchten aber auch zwei Dinge zur Diskussion stellen. Wer Dörfer wie Lützerath in einer Situation wie in der vergangenen Woche verteidigen will, braucht neben Mut, Solidarität und vielen Innovationen der Bewegung zwei weitere Zutaten.

Einerseits eine Massenbewegung, die mehr als nur dazu in der Lage ist, groß zu mobilisieren. Denn das ist uns gelungen. Wir müssen diese Bewegung gleichzeitig in den Gewerkschaften verankern. Und zwar gegen den Widerstand einer von SPD und Grünen kontrollierten Bürokratie, die den Kapitalismus und die Eigentumsrechte der Reichen als Naturgesetz begreifen. Das ist harte Arbeit. Aber wir wissen, dass viele in der Bewegung sich nicht vor solcher scheuen. Es ist eine Frage der Strategie und taktischen Vorgehens.

Zweitens ist es vollkommen legitim, Proteste zu schaffen, an denen alle teilnehmen können, die die großen Ziele der Bewegung teilen. Die Mutter, das Kleinkind, der Großvater und die Jugendliche, die Kranken, die Ängstlichen, die Mutigen. Für sie alle muss Platz sein. Es darf keinen Gewaltfetisch geben. Aber das heißt eben auch, es nicht einfach aus Prinzip abzulehnen, sich gegen die Gewalt der Unterdrücker:innen zu wehren. Sich gegen einen bewaffneten Staat durchzusetzen, der Unrecht tut, ist nie friedlich passiert.

Das ist einfach eine deutsche Ideologie. Im Übrigen auch eine, die in eurozentrischer Manier die Kämpfe des globalen Südens verdreht.

Nicht Gandhis Ideologie brachte die Unabhängigkeit vom Kolonialismus, sondern Massenbewegungen, die Generalstreiks kannten, in denen Kolonialbeamt:innen zunehmend um ihre eigene Haut fürchten mussten und die zum Beispiel in Indien 1946 in Matrosen- und Soldatenaufstände mündeten. Es war gerade die halbe Revolution, die von den Bürgerlichen wie Gandhi ausgebremst wurde, die viele damalige nationale Revolutionen „akzeptabel und friedlich“ für die westliche herrschende Klasse gestaltete, die diese Länder weiter in der Abhängigkeit vom Imperialismus hielt und dementsprechend heute besonders anfällig für den globalen Klimawandel machte.

Von solchen Zuständen sind wir in Deutschland weit entfernt. Aber es würde helfen, wenn die, die in den ersten Reihen stehen, nicht dafür gescholten werden, dass sie sich wehren, wenn der behelmte schwarze Block mit Schusswaffen, Knüppeln, Giftgas und Vollkörperausrüstung sich zwischen sie und eine lebenswerte Zukunft stellt.

Der Tag wird Zehntausenden in Erinnerung bleiben. Als ein Tag der Solidarität, des Mutes und vielleicht auch als ein Tag, aus dem wir gemeinsam für die Zukunft lernen können, um die wir kämpfen.

Freitag, 13.1.23: Können wir Lützerath zurückgewinnen?

Diese Frage stellen sich heute alle, die sich um Lützerath aufhalten oder auf dem Weg hierher sind. Wir sagen: ja, wenn wir uns gut organisieren und entschlossen sind!  Während wir auf den morgigen Tag und die Großdemo hoffen, geht die Polizei brutal in Lützerath vor und versucht nicht nur das Morgen sondern unsere gesamte Zukunft im Namen der Profite von RWE zu zerstören. Einige mutige Aktivist:innen harren aber nach wie vor in Lützi aus, so wie Pinky und Brain, die mit ihrem Tunnel versuchen, den Kapitalismus, immerhin aber den Polizeieinsatz vorübergehend zu untergraben.

In Keyenberg sind mittlerweile viele, viele neue Gesichter und Menschen angekommen, wie auch viele, die aus Lützi geräumt wurden. Dass wir viele sind, gibt uns Hoffnung. Wir nehmen Greta Thunberg beim Wort, die heute aus Lützerath aufrief, sie morgen vor Ort zu sehen! Wir sind froh über die Solidarität in vielen deutschen Städten und aus dem Ausland. Die Besetzung der Grünen Büros ist absolut gerechtfertigt, Habecks Aussage, dass der „Kohlekompromiss“ ein Erfolg sei, ist Heuchelei. Dem Klima ist es egal, ob dank den Grünen Garzweiler II verkleinert wurde oder nicht, wenn Lützi fällt, fallen die 1,5 Grad – Versprechen gebrochen! Diese Leute verraten offenen Auges. Sie wissen das, wir wissen das.

Wer eine lebenswerte Zukunft will, kann nicht auf Habeck, Baerbock und Co. hoffen. Wir müssen die Grünen ablehnen, alle die auf der Welle von FFF in die Grünen eintraten und jetzt enttäuscht sind, sind das mit Recht. Sie sollten die Partei verlassen! Zwar ist es lobenswert, dass Luisa Neubauer und andere versuchen, in den Grünen für ihre Prinzipien zu kämpfen, aber es ist hoffnungslos in einer Partei, die auf bürgerliche Regierungsbeteiligung statt auf Klimaschutz pocht. Solange Luisa Neubauer und Co. weiter in dieser Partei ist, ist auch ihre Sitzblockade und ihr sich von den Cops- wegtragen-lassen letztlich unglaubwürdig und inkonsequent.

Wir brauchen mehr: eine revolutionär-sozialistische Partei, die sich internationalistisch organisiert und die es schafft, die Arbeiter:innen in Deutschland wieder gegen den Hauptfeind zu organisieren: Das deutsche Kapital und den deutschen Staat. Nicht weniger schulden wir Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, die am 15. Januar 1919 umgebracht wurden, von der gleichen Klasse, die auch heute unsere Zukunft zerstört!

Donnerstag, 12.1.23: Polizei zerstört und gefährdet Leben im Namen von RWE

Seit Mittwoch morgen ist die Polizei in Lützerath, räumt und zerstört auch nachts. Sie missachtet dabei auch ihre eigenen Sicherheitsvorkehrungen: Es gab Fälle, wo Tripods laut Einschätzung der Kletterercops nur sicher mit Kränen geräumt werden könnten. Andere Polizist:innen fanden, dass “dies viel zu lange dauere” und legten selbst Hand an! Damit RWE schneller räumen und mehr Profite machen können, gehen die Cops für das Kapital auch über Leichen, wir haben den Hambi nicht vergessen!

Auch bei der Rodung neben Bäumen mit Baumhäusern riskieren sie Leben: Bei Starkwind sind nun etliche nicht mehr durch eine erste Reihe Bäume geschützt, die den Wind abfängt. Die jetzt umgestürzten Bäume könnten zusammenbrechen, ganz davon abgesehen, dass bei den Rodungen keine Sicherheitsabstände eingehalten wurden!

Während die rechte Presse von Randalen und Sinnlosigkeit seitens der Klimabewegung spricht, schweigt sie sich darüber aus, wie die Polizei Lützerath zerstört.

Von Keyenberg startete am Morgen eine Demo mit rund 600 Personen in Richtung Lützerath. Es gab von einem Teil der Demonstrant:innen den Versuch, über die Felder in Richtung des Dorfes zu gehen, einige blockierten längere Zeit eine Zufahrtsstraße der Polizei.

Ein Genosse von Revolution wurde dabei aus der angemeldeten Demonstration festgenommen und einer Identitätskontrolle unterzogen, in der er mehr als 3 Stunden in Wind und Regen stehen musste. Grund: Er hatte eine Fahne!

Trotz allem war die Solidarität unter den Aktiviti sehr groß. Es wird sich geholfen und freundlich begegnet, trotz widriger Umstände.

Besonders zynisch übrigens: Während große Teile des geretteten Keyenbergs und umliegender Dörfer RWE gehören und leer stehen, sind Geflüchtete in Notunterkünften und nicht in eigentlich vorhandenem Leerstand untergebracht. RWE enteignen heißt um Garzweiler also auch, Wohnraum zur Verfügung stellen, der von Menschen gebraucht wird!

Jetzt am Abend gehen die Cops in das Camp in Keyenberg und versuchen Personenkontrollen durchzuführen! Wenn Ihr her kommen wollt, passt auf Euch auf! Checkt den Lützi-Ticker!

Wir hoffen vor allem auf Unterstützung am Wochenende, um das Blatt erneut zu wenden!

Lützi bleibt – im Baumhaus und im Tunnel, in Keyenberg im UAC, in der besetzten Geschäftsstelle der Grünen!

Mittwoch, 11.1.23: Es wird ernst

Es wird ernst! Heute hat die Polizei mit der eigentlichen Räumung begonnen. Am Morgen wurde das Dorf gestürmt, über 1000 Cops sind da und versuchen mit RWE Lützerath einzuzäunen. Barrikaden und Strukturen werden geräumt, außerdem die großen Hallen.

Die Presse – an der Spitze WELT, Bild und Co – versucht dabei, den legitimen Protest zu diffamieren und als gewalttätig darzustellen. Die Gewalt geht hier aber eindeutig von den Cops und RWE aus! Schmerzgriffe, Pfeffer, Schubsen, Schlagen und mit Brachialmaschinen Lützi platt machen, was ist das anderes als rohe kapitalistische Gewalt??

Wir lassen uns nicht spalten! Solange aufeinander acht gegeben wird, haben alle Formen des Protestes Platz, ob friedlich oder „anderweitig“, ob in Lützi selbst, im UAC (Unser aller Camp) in Keyenberg oder in deiner Stadt!

Kommt ins „Unser aller Camp“, kommt nach Lützi, kommt am Samstag zur Großdemo gegen Polizei, RWE, die Landesregierung und die Grünen, die das hier mitzuverantworten haben!

Info zu den Aktionen und Protesten: https://luetzerathlebt.info/

Spendenkonto: https://luetzerathlebt.info/spendenkonto/

Dienstag, 10.01.23: Die Polizei provoziert: erfolglos.

Die Polizei hat begonnen, Strukturen im Tagebauvorfeld und auf der Landstraße 277 zu räumen, mit dem Ziel, ihre Zauntrasse zu errichten. Währenddessen befestigen Straßenbaumaschinen die Wege für Räumfahrzeuge.

Aus 14 Bundesländern reisen Polizist:innen an. Die Räumung des Orts wird ab morgen oder übermorgen vermutet. Aktuell ist aber der Zugang nach Lützerath weiterhin physisch offen. Gleichzeitig stoppt und schikaniert die Polizei Reisende mit Trekkingrucksäcken und Zelten bis zu Bahnhöfen in Düsseldorf.

Auch in und um Lützerath kam es zu Provokationen der Polizei, die mit Schubsen und Schlägen versuchte, Sitz- und Stehblockaden einzuschüchtern oder aufzubrechen.

Gerade im Angesicht der breiten öffentlichen Solidarität und der inneren Widersprüche in der schwarz-grünen Landesregierung ist die Taktik von Polizei und Regierung vermutlich, ein Narrativ zu schaffen, in dem wir Besetzer:innen „den ersten Stein“ warfen, um die folgende und bereits jetzt geplante massive Brutalität bei der Räumung Lützeraths zu rechtfertigen. Vorerst ist dieses Kalkül nicht aufgegangen.

Wir betonen an dieser Stelle ausdrücklich, dass die systematische Gewalt von dem Konzern RWE ausgeht, der dutzende von Quadratkilometern Land zerstören und Millionen Tonnen Kohle für seine Profite verfeuern will. Dies versucht die Landesregierung, durch den Einsatz und die Vorbereitung eines millionenschweren und brutalen Polizeieinsatzes durchzusetzen. Widerstand ist legitim und gerechtfertigt.

Montag, 09.01.23: Die Ruhe vor dem Sturm

Die Polizei baut weiter im Tagebauvorfeld ihr Lager auf. Bisher tut sie dies eher vorsichtig. Es gibt vorrangig ein Abtasten der Kräfte und der Situation, keine ausgedehnten Konfrontationen.

Zwei Tripods direkt vor der Polizei konnten so den ganzen Tag gehalten werden. Überall entstehen Barrikaden und Strukturen zur Verhinderung der Räumung. Es gibt etliche Baumhäuser und verschanzte Höfe.

In der lokalen Bevölkerung herrscht viel Unterstützung – ein Umstand, der aktuell kaum in den Medien erwähnt wird.

Ab Mittwoch wird mit dem offiziellen Beginn der Räumung gerechnet. Dies ist natürlich eine Vermutung, kein gesicherter Fakt. Eventuell ist der Zutritt zu Lützerath auch danach noch möglich, wenn auch unter erschwerten und kriminalisierten Bedingungen.

In jedem Fall steht nun aber das zweite Camp in  Keyenberg, das als Rückzugsort und alternativer Ausgangspunkt für Protest dient.

Die Stimmung ist motiviert. In Lützerath haben sich vorwiegend jene Jugendlichen versammelt, die vor vier Jahren mit Fridays for Future begannen, aktiv zu werden. Viele von ihnen haben sich über ihre Erfahrungen und Überlegungen antikapitalistischen Ideen zugewandt.

Sonntag, 08.01.23: Belagerungszustand und Volksfest – Lützerath vor der Räumung

Nach der Ausrufung des Tags X fand heute der letzte Dorfspaziergang nach Lützerath statt. 5.000  – 7.000 Menschen nahmen daran teil.

Die Unterstützung ist sehr breit aufgestellt. So haben auch prominente Kulturschaffende wie Jan Böhmermann und Henning May in den letzten Tagen ihre Solidarität mit dem Widerstand in und um Lützerath erklärt.

Das zeigte sich auch am heutigen Tag. Durch Shuttlebusse herangebracht und von der Küche für Alle versorgt, konnten so viele Leute wie nie zuvor durch Lützerath ziehen.

Während die zentrale Kundgebung stattfand, musste der nahe Kohlebagger stillstehen, da sich zu viele Menschen im Tagebauvorfeld befanden.

Währenddessen wurden im Dorf und auf den Zubringerstraßen zahlreiche Barrikaden errichtet. Nicht nur zahlenmäßig, sondern auch moralisch scheint der Widerstand nach diesem Wochenende so stark zu sein wie nie zuvor.

Die Stimmung im Ort war friedlich und kämpferisch. Neben Jugendlichen in Maleranzügen und Vermummung arbeiteten angereiste Familien gemeinsam am Aufreißen des Pflasters oder dem Ausheben von Gräben, um Räumfahrzeuge zu stoppen.

Der große Andrang drängte auch die Polizei zurück. Am Abend wurde die Lage unübersichtlich.

Der heutige Tag hat uns Kraft und Zuversicht gegeben. Wenn sich die Stimmung, die heute an der Abbruchkante herrschte, auf das Bundesgebiet überträgt, können wir gewinnen und Lützerath bleibt!

Weitere Artikel zu Lützerath auf unserer Website

Tag X: Lützerath verteidigen

Lützerath, die Umweltbewegung und die Grünen

„Nix bliev wie et wor“: Lützerath verteidigen!

Auf geht’s, ab geht’s: Welche Strategie brauchen wir als Klimabewegung in Zeiten von Krieg & Krise?




Nach den Aktionstagen im September: Quo vadis, Umweltbewegung?

Lukas Resch, Neue Internationale 250, September 2020

Mehr als 100.000 Menschen beteiligten sich bundesweit am Klimastreik von Fridays for Future (FFF) am 25. September. In Berlin 10.000 bis 20.000 (je nach Schätzung), Hamburg 15.000, Stuttgart und Köln um die 10.000, Bremen und Frankfurt/Main rund 3.000 in mehreren Zügen. In München war die Aktion durch Absage der Kundgebung auf der Theresienwiese wegen Infektionsschutz auf nur 500 beschränkt.

Insgesamt zeigte die Umweltbewegung über das letzte Wochenende im September, wie viel Mobilisierungskraft noch in ihr steckt, aber auch welchen politischen Weg sie nach eineinhalb Jahren gesellschaftlicher Aufmerksamkeit einschlägt. Spricht man aktuell von der Bewegung, sind meist FFF und Ende Gelände (EG) gemeint, worin sich die Bewegung zwar nicht erschöpft, die aber dennoch den absoluten Großteil der Mobilisierung und gesellschaftlichen Relevanz einnehmen.

Politische Ausrichtung von FFF

Dennoch muss konstatiert werden, dass sich trotz beachtlicher Zahlen der Abwärtstrend der Dynamik um FFF fortsetzt, der nun fast seit einem Jahr zu beobachten ist. Auf dem Streik selbst war kaum etwas von der Aufbruchstimmung zu spüren, die frühere Mobilisierungen charakterisierte, und auch politisch schaffte man es nicht, neue Fahrt aufzunehmen. Zwar gibt es mittlerweile Verknüpfungen zwischen Flucht, Antirassismus und Klimawandel. Diese bleiben aber oberflächlich und schmecken besonders schal, wenn man feststellt, dass dieser scheinbare Wandel als Reaktion auf Rassismusvorwürfe entstand, nachdem noch im Februar eine Solidarisierung mit den Opfern der Morde von Hanau abgelehnt wurde. Auch das versprochene Zusammengehen mit dem Arbeitskampf im Nahverkehr blieb auf die Ebene gegenseitiger Solidaritätsbekundungen und gemeinsamer Presseerklärungen durch die Führungen von ver.di und FFF beschränkt.

In Summe bleibt es bei dem ursprünglichen  Credo „Hört auf die Wissenschaft!“ So wird die Umweltfrage innerhalb der Bewegung scheinbar depolitisiert. Scheinbar, denn führt man sich vor Augen, dass führende Mitglieder meist enge Kontakte zur Partei Die Grünen pflegen oder für diese bei den Bundestagswahlen antreten sollen, wird klar, dass dem organisatorischen Kern von FFF bewusst ist, dass sein Anliegen durchaus ein politisches ist. Gleichzeitig wird die Umweltfrage zu der von Moral, Bildung und „aufgeklärtem“ Bewusstsein erhoben.

In Berlin pochten die meisten Reden darauf, dass die Leute doch einsehen müssten, welches Problem der momentane Umgang mit der Umwelt für die Menschheit bedeutet. Diese wird eingeteilt in Menschen, die es einfach noch nicht verstanden haben oder moralisch zu verkommen sind, um sich für eine zukünftige Generation zu engagieren, und solche, die guten Willens und „aware“ (bewusst) genug sind, um das Problem anzugehen. Materielle Zwänge oder gute Gründe, die Leute davon abhalten, sich für eine CO2-Steuer, also eine Massensteuer, einzusetzen, die die Reichen viel weniger trifft als die Masse, fallen bei dieser „bildungsbürgerlichen“ Sichtweise unter den Tisch.

Auch vergebens suchte man auf dem Streik nach Forderungen, die konkreter sind als Appelle, doch noch vor 2038 aus der Kohle auszusteigen, das Problem ernst zu nehmen oder die kommende Bundestags- zur Klimawahl zu machen. So verbleibt FFF auf dem politischen Weg, den es seit Beginn eingeschlagen hat: Mit Fokus auf individueller Verantwortung und klarer Unterordnung unter den bürgerlichen Staatsapparat wird bewusst ein kleinbürgerliches Publikum angesprochen. Auch die Strategie verbleibt ganz auf dem Boden bürgerlicher Politik.

Dies gilt auch für den radikaleren Teil und spiegelt sich auch in einer Veränderung der Zusammensetzung der Proteste von FFF und EG wider. Im September waren deutlich mehr Studierende an den Aktionen beteiligt und weniger SchülerInnen. Die Ausrichtung war auch beim radikalen Flügel stärker politisch kleinbürgerlich geprägt, was à la longue eine Verbindung mit der ArbeiterInnenklasse eher erschweren wird. Umso wichtiger ist es daher, dass RevolutionärInnen für eine klassenkämpferische Ausrichtung der Bewegung kämpfen.

Ende Gelände

Einen Weg, der nur auf den ersten Blick bedeutend radikaler scheint, geht EG. Das  dezentrale Klimacamp vom 23. bis zum 28. September bot AktivistInnen Workshops zur inhaltlichen und praktischen Vorbereitung für die geplanten Besetzungen am 27. September. Mit 3.000 AktivistInnen in 16 Fingern wurden der Tagebau Garzweiler, der dortige Kohlebunker, das Kohlekraftwerk Weisweiler und das Gas- und Dampfturbinenheizkraftwerk Lausward in Düsseldorf besetzt. Wir beteiligten uns am türkisfarbigen Finger, dessen Vorhaben es war, aus einer Solidaritätsdemonstration mit FFF Rheinland und „Alle Dörfer bleiben“ heraus in den Tagebau Garzweiler zu gelangen. Auch wenn der Finger vergleichsweise wenig polizeiliche Repressionen erfuhr, war von Anfang an zu spüren, dass diese den Protesten nicht mehr so freundlich gesinnt ist. Bereits die Anreise des Fingers wurde versucht zu verhindern, indem man erst einen Zug ausfallen ließ und dann den Verkehr auf dem Gleis sperrte.

Diese und andere Schikanen konnten den türkisfarbigen Finger jedoch nicht stoppen. Erst kurz vor Erreichen der Abbruchkante schaffte es die Polizei, sich wieder vor die AktivistInnen zu postieren und so die Besetzung zu verhindern. Ihre Repressionsmaßnahmen, die hier für die meisten glimpflich verliefen, nahmen in den anderen Fingern heftigere Ausmaße an. Versammlungen wurden ohne Angabe von Gründen verboten, Polizeihunde ohne Maulkorb auf DemonstrantInnen losgelassen und AktivistInnen ohne Vorwarnung mit Pfefferspray attackiert. Besonders der grüne, antikoloniale Finger wurde mit massiver Gewalt vom USK aus Bayern konfrontiert. Wir verurteilen jegliche Gewalt der Polizei!

In dieser Auseinandersetzung zeigte sich erneut, dass deren oberstes Gebot der Schutz der kapitalistischen Wirtschaftsordnung ist. Dabei bleibt die Taktik von EG, von kleinen Überschreitungen der Rechtsnormen abgesehen, ganz wie FFF auf dem Boden bürgerlicher Politik und letztlich symbolisch. Das höchste Ziel des zivilen Ungehorsams besteht nicht etwa darin, einen Widerstand zu bilden, der die herrschenden Machtverhältnisse in Frage stellt, sondern Aufmerksamkeit zu erzeugen in der Hoffnung, dass sich so das Bewusstsein der Bevölkerung verändert und die Herrschenden diesem dann durch Reformen Folge leisten.

Natürlich wird sich dabei auf die Zivilbevölkerung berufen, die durch die Wahl der richtigen Partei den Wandel mit herbeiführen könne. Am Ende bleibt diese Logik aber im Rahmen der bürgerlichen Ordnung stecken.

Die Frage, welche Klasse, welche gesellschaftliche Kraft überhaupt einen ökologischen Wandel durchsetzen kann, welche Aktionen dazu nötig sind, wird nicht von einem proletarischen Klassenstandpunkt aus betrachtet, sondern von jenem des/der radikalen, demokratischen BürgerIn.

Dabei geht es nicht in erster Linie um mehr oder weniger Militanz bei den Aktionen von EG. Das ist letztlich eine sekundäre Frage. Wohl aber geht es um die Frage, wie überhaupt die Forderungen nach einem Kohleausstieg oder nach einer wirksamen Bekämpfung des Klimawandels erzwungen werden können. Dies ist, ohne die Eigentumsverhältnisse anzugehen, ohne die Frage zu beantworten, was für wen unter wessen Kontrolle produziert wird, unmöglich. Natürlich schließt das keineswegs den Kampf für unmittelbare Forderungen – z. B. nach einem kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr für alle, nach Arbeitszeitverkürzung, Einstellungen und Lohnerhöhungen in der Branche mit ein. Aber solch klare Forderungen nach Verbesserung im Interesse der Lohnabhängigen – ob nun als Beschäftigte oder NutzerInnen – bleiben in der Regel außen vor, beschränken sich höchstes auf die Unterstützung der Forderungen des Gewerkschaftsapparates.

Dabei müsste in Anbetracht der Krise mehr denn je zu erkennen sein, dass das Leid der Menschen und der Umwelt nicht einem moralischen Versagen und „Bildungsdefizit“ entspringt, sondern einem konkreten Interesse, das die zwingende Konsequenz der kapitalistischen Konkurrenz und der imperialistischen Weltordnung ist. Gegen dieses Interesse gilt es sich zu formieren – nicht in Anlehnung an den guten Willen einer kleinbürgerlichen Schicht und der Politik der herrschenden Klasse, sondern Schulter an Schulter mit den ArbeiterInnen. Nur diese haben nichts dabei zu verlieren, wenn die notwendigen Schritte zur Rettung des Planeten und Überwindung der Krise unternommen werden. Diese Schritte müssen sich dabei bewusst gegen die herrschende Profitlogik wenden. Um eine Transformation des Energiesektors zu ermöglichen, müssen die großen Energiekonzerne enteignet werden. Mit den so erhaltenen wirtschaftlichen Mitteln kann nicht nur die Investition in regenerative Energien sichergestellt werden, sondern auch, dass sie für die Beschäftigten eine Existenz jenseits der Kohleverstromung aufbauen kann. Dieses Ziel kann jedoch nicht durch zivilen Ungehorsam erreicht werden.

Anstatt in der Grube sitzend, getrennt von den Lohnabhängigen, zu agieren, muss für Streiks und Besetzungen geworben werden, um so einen ersten Schritt zu gehen, die Produktion nach Bedürfnissen und nicht nach Profit zu gestalten. Auch darf die Umweltbewegung nicht an Landesgrenzen haltmachen, nicht nur die Summe von Aktionen in verschiedenen Ländern entsprechen. Sie muss sich koordinieren, zu gemeinsamen internationalen Aktionen aufrufen und Forderungen aufstellen, die im Interesse der Internationalen ArbeiterInnenklasse liegen. Zum Beispiel muss für einen international gleichen, kaufkraftparitätischen Lohn gekämpft werden, damit nicht mehr einzelne Staaten ihre CO2-Bilanz schönen können, indem sie die Produktion in ärmere Länder verlagern und so zusätzlich Lohnkosten sparen. Ebenso muss das Umweltthema als Teil eines gesamten Kampfes gegen das herrschende System begriffen und auch so geführt werden. Festzustellen, dass der Klimawandel auf dem Weg zur Fluchtursache Nummer eins ist und die Evakuierung von Moria zu fordern, ist wichtig, reicht aber nicht aus. Um das Leid der Geflüchteten zu beenden, muss eine Umweltbewegung auch für offene Grenzen und StaatsbürgerInnenrechte für alle einstehen.

Mag die aktuelle Situation auch düster aussehen, so gibt es durchaus Chancen. Die rege Teilnahme an den Aktionen von FFF und EG zeigt, dass es nicht nur weiterhin viele gibt, die sich für das Thema Umwelt einsetzen wollen, sondern darunter auch jene, die bereit sind, einen radikaleren Weg einzuschlagen. Diese Menschen anzusprechen, ihnen eine Taktik aufzuzeigen, die wirklich radikal ist, und sie mit anderen kämpfen zusammenzuführen, bleibt für RevolutionärInnen in der kommenden Phase Aufgabe und Chance zugleich!




Ende Gelände und Fridays for Future: Fight the Crisis – Wenn nicht mit Bitten, dann mit Enteignung!

Aufruf von REVOLUTION, Neue Internationale 249, September 2020

Diesen Herbst erwarten uns nicht nur neue Temperaturrekorde, sondern auch internationale und bundesweite Mobilisierungen gegen die aktuelle Umwelt- und Energiepolitik.

Am 25.9. wollen wir uns in vielen Städten am globalen Klimastreik beteiligen und am 26. und 27.9. das rheinische Braunkohlerevier blockieren!

 Denn gigantische Buschbrände, Hitzerekorde, Gletscherschmelzen und Naturkatastrophen machen keine Pause, nur weil gerade eine weltweite Pandemie ausgebrochen ist. Vielmehr sehen wir, dass Klima-, Gesundheits- und Wirtschaftskrise untrennbar miteinander verbunden sind. Es ist die Art und Weise, wie wir produzieren und wer die Produktion kontrolliert, die darüber bestimmt, ob wir in der Lage sein werden, diese Krisen zu bewältigen.

Eine Produktionsweise, die sich am Profit und nicht an der Befriedigung der Bedürfnisse von Mensch und Natur orientiert, wird nur weitere Krisen auslösen und ihre Kosten auf den Schultern der Jugend, der ärmeren Länder und der Lohnabhängigen abladen. Kapitalismus macht krank und zerstört Klima und Gesundheit!

Und was ist die Antwort der Regierung? Während bei der Deutschen Bahn Massenentlassungen drohen und die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland allein im März um 33 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist, pumpt die Bundesregierung Milliarden in klimaschädliche Konzerne wie die Lufthansa. Gleichzeitig werden Corona-Leugner_Innen und Regenwaldkiller_Innen wie Bolsonaro hofiert, während es in Brasilien zu einem Massensterben aufgrund von Covid-Infektionen kommt. Den Gipfel der Ignoranz stellt das neue sogenannte „Kohleausstiegsgesetz“ dar und ist eine Beleidigung für alle von uns, die im letzten Jahr ernsthaft für Klimagerechtigkeit gekämpft haben. Von Ausstieg ist dort keine Rede, sondern lediglich von einem milliardenschweren 18-jährigen Stützungsprogramm. Ganz nebenbei wurde dann heimlich mit Datteln 4 noch ein weiteres Kohlekraftwerk eröffnet. Ob’s nun darum geht, unsere Erde zu retten oder den Schaden von Corona klein zu halten: Wir sehen, dass die Profite weniger immer über dem Interesse der Mehrheit stehen.

Obwohl die Klimabewegung international riesige Menschenmassen hinter sich vereinigen konnte, hat sie außer medialer Aufmerksamkeit kaum etwas erreicht. Wir können also nicht weiter machen wie bisher. Wir haben keine Illusionen in das Parlament und wollen auch nicht bei der nächsten Wahl in den Bundestag einziehen um dann Lobbyist_Innen anzubetteln, dass sie unsere Erde retten. Wir wollen das Problem an der Wurzel packen! Wenn Bitten an Politik und Wirtschaft nichts bringen, können wir nicht einfach selber zu denen werden, die das System mit verwalten. Stattdessen müssen wir durch Streiks Druck aufbauen und zum Mittel der Enteignung unter Arbeiter_Innenkontrolle greifen, da unsere Forderungen nicht gehört werden.

Wir fordern Organisationen wie die Linkspartei, SPD und Gewerkschaften auf, ihre gesamte Mitgliedschaft für die Aktionen zu mobilisieren und sich gegen die kommenden Angriffe zu wehren. Denn wir brauchen keine Predigten für „nationale Einheit“, wir brauchen keinen Kuschelkurs mit dem Kapital. Stattdessen gibt es mit der Perspektive, die zentralen gesellschaftlichen Sektoren wie Gesundheitssystem, Industrieproduktion, Energie und Bildung unter demokratische Kontrolle zu bringen und nicht der kapitalistischen Profitlogik zu überlassen, einen Weg, wie wir kollektiv und solidarisch gegen Klimawandel, Wirtschaftskrise und Pandemie kämpfen können.

 Lasst uns als Klimabewegung voranschreiten und Kämpfe miteinander verbinden, um erfolgreich zu sein! Lasst uns für eine globale Antikrisenbewegung kämpfen, die uns als Jugendlichen, Lohnabhängigen und Migrant_Innen eine unabhängige Stimme verleiht und die kommenden Angriffe auf Klima, Löhne, Bildung und Sozialsysteme abwehren kann – eine Antikrisenbewegung, die international und antirassistisch ist, sonst kann sie keinen Erfolg haben! Internationale Krisen lassen sich nicht von einem Land aus bekämpfen und nationale (Schein-)Lösungen bedeuten letztlich nur, dass andere Länder stärker ausgebeutet werden, um kleine Verbesserungen vor der eigenen Haustür zu schaffen. Unsere Partner_Innen sind dabei nicht die Grünen oder die NGOs, die durch ihre Beteiligung am Kohle„kompromiss“ die Klimabewegung verraten haben. Vielmehr ist es die organisierte Arbeiter_Innenklasse, die durch ihr Mobilisierungspotential und ihre Stellung in der kapitalistischen Produktionsweise zusammen mit uns das System aus den Angeln heben kann. Dafür müssen wir ihr zum Beispiel in den Tarifrunden im ÖPNV solidarisch zur Seite stehen und unsere Kämpfe verbinden!

  • Schließt Euch unserem Block im globalen Klimastreik und bei Ende Gelände an, wenn Ihr auch der Meinung seid, dass wir Wirtschafts- und Klimakrise nicht durch Bitten, sondern nur durch Enteignungen stoppen können!
  • Für ein Mindesteinkommen, kostenlosen Nahverkehr und umfangreiche Gesundheitsversorgung für alle, bezahlt aus der Besteuerung von Profiten und Vermögen!
  • Für die Vergesellschaftung von Energie, Verkehr und Produktion unter demokratischer Kontrolle der Produzent_Innen und Verbraucher_Innen! Gegen jede einzelne Entlassung!
  • Für eine klimafreundliche Umgestaltung von Produktion, Energie und Verkehr, kostenlose Umschulung der Beschäftigten und einen gemeinsamen Branchentarifvertrag!
  • Anerkennung von Klimakrise und Corona-Pandemie als Fluchtgründe! Für offene Grenzen und volle Staatsbürger_Innenrechte für alle! Kampf gegen den Rassismus! Selbstverteidigungsstrukturen in Betrieben, Kiezen und überall, wo es notwendig ist!
  • Lasst uns diese sozialistische Perspektive der kommenden Krise und dem/den mit ihr wachsenden Rassismus, Militarismus und Verschwörungstheorien entgegenstellen!

Wenn ihr den Aufruf oder den Block unterstützen wollt, wendet Euch an:

germany@onesolutionrevolution.de




Ende Gelände – der militante Teil der Umweltbewegung?

Wilhelm Schulz/Martin Suchanek, Infomail 1079, 4. Dezember

Zwischen Freitag, dem 29. November, und Sonntag, dem 1.
Dezember 2019, fanden erneute Aktionstage des Bündnisses „Ende Gelände“ (EG)
statt. Diesmal führten sie ins Lausitzer Braunkohlerevier. An den vielfältigen
Aktionen und Blockaden beteiligten sich rund 4.000 Menschen, denen es für
einige Stunden gelang, in die Kohlegruben einzudringen, Bagger zu besetzen und
Bahngleise zu blockieren. Der Abbau wurde so zeitweilig gestoppt oder
wenigstens verringert.

Auf dieser symbolischen Ebene waren die Aktionen trotz
massiver Hetze der regionalen und lokalen Medien, Politik,
WirtschaftsvertreterInnen und auch der Gewerkschaften ein politischer Erfolg.

In den Kohlerevieren im Rheinland begrüßte, ja unterstützte
die Mehrheit der Bevölkerung die Besetzung des Hambacher Forstes. Letztlich war
es diese Bewegung, die sich immer wieder in Massendemonstrationen äußerte und
eine zeitweilige Aussetzung der Rodung des „Hambi“ erzwang.

Vorfeld

Anders in der Lausitz. Die Mehrheit steht dort EG,
wie allen anderen Kräften der Umweltbewegung, skeptisch bis offen
feindlich gegenüber – was sich auch im Vorfeld auf verschiedene Weise äußerte.

Es ist kein Zufall, dass sich in der Lausitz mehr und mehr die
AfD als angebliche Verteidigerin einer Heimat breitmacht, die von den Baggern
abgetragen werden soll. In ihr und ihrem Umfeld tummeln sich offen Nazi und
RassistInnen, die mit physischen Angriffen auf AktivistInnen von EG
drohten und drohen.

Die Bilder und Postings von Bullen unter dem Motto „Stoppt
Ende Gelände“ stießen nicht nur auf weitere Verbreitung unter Rechten und
mediales Aufsehen. Sie verdeutlichen einmal mehr, wie verbreitet rechtes und
rechtsradikales Gedankengut bei den „Sicherheitskräften“ nicht nur in
Brandenburg und Sachsen sind.

Bei
den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen verbuchten zwar die Grünen
den Einzug in die Koalitionsregierung mit CDU und SPD als „Erfolg“, der
freilich auf Kosten der Bewegung erkauft wurde. Beide Landesregierungen
sprachen sich klar und deutlich gegen EG aus. Die Grünen distanzierten sich
offen von ihren WählerInnen. Sie verteidigen den sog. „Kohlekompromiss“, der
ein Ende der Kohleverstromung bis 2038 (!) vorsieht. An dem soll nicht
gerüttelt werden – auch nicht von der einstigen WählerInnenschaft.

Von der SPD erwartet in Brandenburg und Sachsen ohnedies
niemand, dass sie sich mit Kapitalinteressen anlegt. In Cottbus einigte sich
auch die „oppositionelle“ Linkspartei mit allen Fraktionen des Stadtparlaments
(außer den Grünen) auf eine gemeinsame Entschließung. Am Mittwoch, den 27.
November, votierten sie gemeinsam mit der AfD für ein Papier, das mit  „Kohlekompromiss umsetzen, Meinungen
respektieren, gewaltfrei debattieren“ überschrieben ist und die „Gewalt“
verurteilt, die von EG ausginge. Die nachträgliche Distanzierung von
VertreterInnen der Brandenburger Linkspartei kann hier nicht darüber
hinwegtäuschen, dass sich ihre Cottbusser „GenossInnen“ mit dem
Rechtspopulismus gemein machten.

Und natürlich darf auch die kapitalhörige IG BCE nicht
fehlen, wenn es darum geht, für den vermeintlich „eigenen“ Konzern die Kohlen
nicht nur aus der Grube zu holen, sondern sich auch schon für deren Profite
stark zu machen, so dass noch einige Jahre „Zusammenarbeit“ abfallen.

All dieses zeigt, wie sehr sich reformistische und grüne
Parteien, aber auch die Gewerkschaften dem Rechtsruck und „ihren“ Unternehmen
unterordnen und anpassen. Sie mögen damit hoffen, die Basis in der Bevölkerung
nicht zu verlieren – in Wirklichkeit erreichen sie genau das nicht.

Eine klassenpolitische Antwort müsste auf Forderungen wie
die entschädigungslose Enteignung der Energiekonzerne, Umbau der
Industrie unter ArbeiterInnenkontrolle, Aufteilung der Arbeit auf alle Hände
durch radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich und
ein Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten, finanziert aus Profiten und
Großvermögen, konzentrieren. So könnte auch eine Brücke zur Umweltbewegung, zu
antikapitalistischen AktivistInnen von EG geschlagen und diese auch dafür
gewonnen werden, in den ArbeiterInnen Verbündete zu sehen und nicht bloß
passive Betroffene, denen auch bestenfalls geholfen werden soll.

Auch wenn dieses Händeschütteln, ähnlich wie im Hambi, von beiden
Seiten nicht stattfindet – all das verdeutlicht die qualitativ anderen
Voraussetzungen des Protests in der Lausitz. Das spricht keineswegs gegen EG
und andere Protestierende aus der Umweltbewegung. Der Kampf gegen die Klimakatastrophe
sowie für das schnellstmögliche Ende der Braunkohleverstromung samt einer Energieproduktion,
die sich auf fossile Träger stützt, muss auch dort thematisiert werden. Es war
daher richtig, auch in der Lausitz ein Zeichen zu setzen und vor dem
öffentlichen Druck, der Hetze und selbst physischen Drohungen Rechter nicht
einzuknicken.

Vor Ort

Als REVOLUTION und ArbeiterInnenmacht entschieden wir uns, zu
den Protesten zu mobilisieren. So nahmen GenossInnen aus Berlin, Hessen,
Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen an den Aktionen teil. Hier beteiligten wir
uns vor allem an der von Fridays for Future und einigen NGOs ausgerufenen
Demonstration in Jänschwalde. Ebenfalls schickten wir ein Kontingent von
AktivistInnen zu den zentralen Protestaktionen von EG, somit in die Tagebaue.

Die Blockadeaktionen von EG wurden aus drei Städten
organisiert (Berlin, Dresden, Leipzig). Von hier aus sollten unterschiedliche
Orte in und um die vier aktiven Braunkohleabbaugebiete im Revier organisiert
werden. Neben den jeweils lokalen Fingern, die in verschiedene Unterstrukturen
aufgeteilt waren, gab es auch einen inklusiven (bunten) und einen
feministischen (lila) Finger. Kurz zuvor wurde ein weiterer Finger, die
sogenannten AntiKohleKidz (Slogan „AKK positiv besetzen“), der sich scheinbar
stärker aus SchülerInnen aus FFF zusammensetzte, ausgerufen. Dieser war rund um
das Kraftwerk Jänschwalde aktiv. Allein der rote Finger aus Berlin, neben dem
noch Teile von AKK, der bunte und der lila Finger anreisten, teilte sich in
drei Teile auf.

Auch die Polizei war vor Ort. Diese griff zwar vereinzelt
AktivistInnen an – insgesamt war es jedoch leicht, an den PolizistInnen vorbei
auf das Gelände zu kommen. Offenkundig wollten Landesregierungen und LEAG/MIBRAG
Bilder prügelnder PolizistInnen und Massenfestnahmen vermeiden – und nahmen
dafür einen kurzzeitigen Produktionsausfall und einen symbolischen Erfolg von EG
in Kauf. So wurden insgesamt 29 Strafanzeigen gestellt. Auch versuchte die
Polizei schnellstmöglich, Gewalt darstellende Bilder auf ihre Echtheit zu
überprüfen. Was nicht bedeutet, dass unsere Delegation nicht eindeutig
unterschiedliche Formen der Polizeigewalt vor Ort sehen und erleben musste.

Schwäche

Das sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch
einer selbstkritischen Bilanz von EG selbst bedarf.

Anders
als bei den Aktionen im Rheinland und der letzten Besetzungsaktion in der
Lausitz wurde diesmal kein Camp organisiert, von dem aus die Aktionen
vorbereitet oder koordiniert wurden. Ein möglicher Grund dafür war jedoch nicht
fehlende Logistik oder finanzielle Ressourcen, sondern scheinbar die Angst vor
Nazis und noch schlimmer vor der lokalen Bevölkerung. Diese war deutlich auch
bei der Aktion spürbar. So appellierten viele von EG bei der Abfahrt aus der
Kohlegrube in den LEAG-Bussen (!) zum Bahnhof an die Polizei, dass diese
DemonstrantInnen vor etwaigen rechten Übergriffen schützen müsse. Hier kippte
der „staatskritische“ Protest in den Hilferuf an die Staatsgewalt um.

Dies spiegelt das Fehlen einer politischen Konzeption, von
Forderungen wider, wie die Beschäftigten und die Bevölkerung einer
krisengeschüttelten, benachteiligen Region für einen gemeinsamem Kampf gewonnen
werden können.

Ohne eine solche Orientierung, die Klimaschutz und den Kampf
für die Klasseninteressen der Beschäftigen zu verbinden versucht, müssen notwendigerweise
alle Erklärungen an die Beschäftigen in der Kohleindustrie, an die lohnabhängige
Bevölkerung, an Hartz-IV-EmpfängerInnen, ArmutsrenterInnen oder perspektivlose
Jugendliche als rein moralisierende Kritik rüberkommen.

Statt die Masse der Bevölkerung als Menschen anzusprechen, deren soziale Sorgen, deren Ausbeutung und Deklassierung erst genommen wird, erscheinen bei vielen AktivistInnen der Umweltbewegung noch die BewohnerInnen der Lausitz oder die im Tagebau und in Kraftwerken Beschäftigten als „Privilegierte“. Den Menschen in der Lausitz „Verzicht“ zu predigen, wird von den EinwohnerInnen einer durch den Kahlschlag nach der Wende weitgehend de-industrialisierten Region verständlicher Weise als Zynismus aufgefasst.

Es ist unsere
Aufgabe, den Beschäftigten eine Perspektive aufzuzeigen, indem wir die soziale
Frage fest in unsere Klimaforderungen integrieren. Floskeln vom
„sozialverträglichen Kohleausstieg“, den die Menschen der Region seit 30 Jahren
als Begleitmusik zu Arbeitsplatzvernichtung zu hören bekommen und die leider
auch bei EG üblich sind, werden da nicht helfen. Ebenso nicht der Verweis auf
die weitaus schlimmeren Folgen des Klimawandels für Menschen im globalen Süden,
verglichen mit den sozialen Folgen einer Schließung der Tagebauten für die
LausitzerInnen.

EG steht zwar – und darin unterscheidet es sich positiv von anderen Teilen der Umweltbewegung – für Antikapitalismus. Aber dieser scheint ohne Klassensubjekt auskommen zu wollen. Das drückt sich auch in der Aktionsform des zivilen Ungehorsams aus. Anders als z. B. der Streik stellt der zivile Ungehorsam keine Form der kollektiven Selbstorganisation von Ausgebeuteten dar, der die Produktion selbst lahmlegt, sondern trägt selbst als Massenaktion vorwiegend symbolischen Charakter. Daher geht sie – ob bewusst oder notgedrungen – oft mit dem Appell an den bürgerlichen Staat einher.

Auch wenn von Massenblockaden die Rede ist, so wird sich der Aufbau der Bewegung als Addition von Individuen und Kleingruppen (Bezugsgruppen) vorgestellt. Es ist natürlich durchaus sinnvoll, sich in Aktionen in Bezugsgruppen aufzuteilen – aber eine Klassen- und damit eine Massenbewegung kann nie eine von Kleingruppen oder eine bloße Addition von Individuen sein. Sie stützt sich immer auch auf politische Organisationen, gewerkschaftliche oder soziale Massenorganisationen oder Kampforgane wie Räte, Aktionskomitees, die die Integration, Repräsentation und koordinierte Aktion großer Massen ermöglichen.

Ihre Demokratie muss daher notwendigerweise eine sein, die
sich auf Massenversammlungen, Entscheidungen, Wahl, Abwählbarkeit und
Rechenschaftspflicht stützt.

Das System der Bezugsgruppen, der Delegiertenplena wie der
Pseudo-Klandestinität von EG hingegen entspricht nicht einer Massenbewegung,
sondern einer größeren Ansammlung entschlossener EinzelaktivistInnen, wie es in
radikaleren Formen des „zivilen Ungehorsams“ zum Ausdruck kommt. Aus dieser
Perspektive erklärt sich auch, wieso eine derartige Geheimhaltungspolitik
bezüglich der konkreten Blockadepunkte existierte. Diese sind, bis auf einen
unbekannten Kreis, bis zur konkreten Blockadeaktion geheim geblieben. Eine
Unterstützung dieser war nur für Anreisende aus den jeweiligen Städten möglich.

Perspektive der
Bewegung

Die Aktionen von EG, der Aktionswoche von XR wie auch die
Streiks von Fridays for Future verdeutlichen die Notwendigkeit einer
politischen und strategischen Diskussion in der Umweltbewegung. Gerade
angesichts der kommenden Wirtschaftskrise erlangt die Verbindung von
Klimaschutz, Antikapitalismus und ArbeiterInnenklasse gegen die Krise eine
strategische Bedeutung. Gelingt der Schulterschluss in der gemeinsamen Aktion
nicht, so droht die Umweltbewegung in eine Sackgasse zu geraten und die Kluft
zwischen ihr und gewichtigen Teilen der Lohnabhängigen vertieft zu werden.

Zweifellos bringen die Bündnisse und Bewegungen wie EG, FFF
und XR dabei auch enorme Stärken ein, allen voran einen grenzübergreifenden
Charakter. Es mangelt jedoch an verbindlicher globaler Vernetzung zum
koordinierten Widerstand, der über einzelne Aktionstage hinausgeht. Zweitens
muss die Klassenfrage mit der Umweltbewegung verbunden, genauer, der Kampf
gegen die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit als
integraler Teil des Klassenkampfes begriffen werden.

Um all dies zu leisten, benötigen wir ein Aktionsprogramm,
das an Schulen und Unis, vor allem aber auch in Betrieben und das heißt auch in
den Gewerkschaften verankert ist. Dafür müssen AntikapitalistInnen aktiv
werden, dazu bedarf es Aktionskonferenzen und Foren des Austausches und
Beschlussfassung, ähnlich den Sozialforen zu Beginn des Jahrhunderts. So kann
die Bewegung gestärkt aus einer strategischen Diskussion hervorgehen.




Raus aus der Kohle – durch wen?

Leo Drais, Neue Internationale 242, November 2019

Zum Auftakt der UN-Klimakonferenz ruft „Ende Gelände“ (EG) zur Blockade des Braunkohleabbaus in der Lausitz auf. EG reagiert damit auf das „Klimapaket“ der Bundesregierung, welches einer Aufgabe des 1,5-Grad-Zieles gleichkomme (https://www.ende-gelaende.org/aufruf-lausitz-2019/ ). Der Protest richtet sich dabei nur gegen einen Teil der TreibhausgasemittentInnen. Kraftwerke machen ca. 21 % des jährlichen Treibhausgasausstoßes in Deutschland aus, Sektoren wie Verkehr, Landwirtschaft und vor allem die industrielle Produktion selbst erzeugen deren Großteil.

LEAG

Der Protest in der Lausitz trägt letztlich einen symbolischen Charakter und richtet sich gegen das Versagen der Regierung und gegen einzelne Konzerne – in diesem Fall gegen die LEAG.

LEAG ist bloß
der Markenname der Lausitz Energie Verwaltungs GmbH, Lausitz Energie Bergbau AG
und der Lausitz Energie Kraftwerke AG, welche ihrerseits dem tschechischen
Energiekonzern EPH gehören. EPH setzt seit Jahren auf den billigen Aufkauf
fossiler StromerzeugerInnen und spekuliert hierbei auf im Rahmen der
Energiewende steigende Strompreise, staatliche Entschädigungen sowie günstige
CO2-Zertifikate.

Die ArbeiterInnen
der LEAG stehen in der Mehrzahl hinter der Braunkohle und betrachten die
Position der Unternehmensführung in den Verhandlungen um den Kohleausstieg als
positiv. Das heißt nicht, dass sie die Notwendigkeit von Maßnahmen gegen den
Klimawandel durchweg ablehnen, wohl aber, dass sie in der Frage des
Ausstiegstempos auf der Seite der LEAG stehen. Eine entsprechende Position
nehmen der Betriebsrat und die Gewerkschaft IG BCE ein, welche ihrerseits in
der Vergangenheit Demonstrationen für die Braunkohleverstromung organisierten
und somit selbst zur ideologischen Bindung der Beschäftigten an Vattenfall bzw.
LEAG beitrugen. Angesichts dessen ist es zwar verständlich, dass EG den
Kohleausstieg durch Aktionen des zivilen Ungehorsams „selber machen“ will.
Verständlich ist auch, dass viele Protestierende die Kraftwerks- und
TagebauarbeiterInnen als ihren GegnerInnen betrachten – fatal ist letzteres
aber trotzdem.

Warum?

LEAG,
Betriebsräten, Regierung und auch manchen Protestierenden ist eines gemeinsam:
Sie alle betrachten die Beschäftigten des Energiesektors als passiven Teil der
erforderlichen Umstellung der Energieproduktion und allenfalls als
Verhandlungsmasse. Das von Konzernen und Regierung vorgebrachte Argument der
Jobsicherung ist zwar ohnedies scheinheilig, waren doch in der Lausitz zu
Wendezeiten noch rund 80.000 Menschen im Energiesektor beschäftigt. Heute sind
davon nach großzügiger Deindustrialisierung, technischer
Produktivitätssteigerung und Arbeitsplatzvernichtung noch gut 8.000 übrig, plus
die Jobs im Zuliefererbereich. Betriebsräte und Gewerkschaften haben das
allenfalls „sozialverträglich“ ausgestaltet. So kommt es, dass die heute
übrigen 8.000 Jobs zu den bestbezahlten der Region zählen und ganze Familien
daran hängen, auch wenn „nur“ rund 3 % der Erwerbstätigen in der Lausitz
direkt im Braunkohleabbau und den Zulieferunternehmen schuften. Die hohe
Entlohnung und der drohende Arbeitsplatzverlust bilden sicherlich die
wichtigsten Faktoren, warum ein Großteil der Beschäftigten einer
umweltschonenden Energieerzeugung mit Skepsis gegenübersteht. Aber auch die
Schwäche von EG, konkrete Forderungen und Perspektiven für die Beschäftigten
aufzuzeigen, trägt dazu bei. Der für sich genommen richtige Slogan „There are
no jobs on a dead planet“ geht an den Sorgen der in der Lausitz Beschäftigten
bestenfalls vorbei.

Es gibt jedoch
auch noch andere Faktoren der Skepsis: Seit der Wende sorgte die Bundespolitik
nicht für die versprochenen „blühenden Landschaften“, sondern für ein durch
sozialen Kahlschlag hervorgerufenes – und durchaus berechtigtes – Misstrauen
gegenüber der Politik. Gerade weil die soziale Abstiegsangst in Brandenburg und
Sachsen mit realen Erfahrungen verknüpft ist, kann die AfD, z. B. indem
sie sich stramm hinter die Braunkohle stellt, hier erfolgreich sein.

Hinzu kommt,
dass die bisherige Umsetzung der Energiewende – nicht nur in den Augen vieler
Beschäftigter – bestenfalls Flickschusterei gleichkommt. Den ArbeiterInnen des
Sektors ist bekannt, dass die Gefahr eines Blackouts durchaus real ist. Dabei
liegt diese durchaus nicht an der Abkehr von der fossilen oder atomaren
Stromerzeugung an sich, sondern vielmehr daran, dass diese unter
kapitalistischen Vorzeichen vermittels einer immer härter werdender  Konkurrenz und Profitzwängen
notwendigerweise nur chaotisch stattfindet. Staatlichen Regulierungsmaßnahmen
kommt hier allenfalls eine Reparaturfunktion zu.

Ein den
Produktivkräften entsprechender, schnellstmöglicher internationaler Ausstieg
aus der Kohle ohne Stromausfälle und doch in der erforderlichen Eile ist ohne
die Kontrolle der Beschäftigten des Energiesektors, ja der ArbeiterInnenklasse
insgesamt unmöglich. Nicht nur, dass sie objektiv, geschichtlich kein Interesse
daran haben können, sich Profitinteressen von EPH, RWE und Co. unterzuordnen –
sie verfügen vor allem über das technische Know-how zur Umsetzung einer
wirklichen Energiewende.

Doch das
bedeutet auch, eine Politik zu entwickeln und alle politischen Anstrengungen zu
unternehmen, um die Lohnabhängigen, einschließlich möglichst großer Teile der
ArbeiterInnen der LEAG zu überzeugen und für diese Perspektive zu gewinnen. Um
die vermittels der IG BCE und den Betriebsräten umgesetzte Bindung an das
Unternehmen aufzubrechen, brauchen AntikapitalistInnen wie in EG auch
Forderungen und eine politische Strategie, die die Beschäftigten als
AkteurInnen der Energiewende und des Strukturwandels in der Lausitz begreift,
nicht als passive Verhandlungsmasse:

  • Energiewende unter Einbeziehung der ArbeiterInnen in der Energiewirtschaft! Für einen demokratischen Plan zur Verwirklichung von Netz- und erneuerbarem Energieausbau sowie zur Entwicklung von Speichertechnologien! Für einen demokratischen Strukturplan in der Lausitz, der für die Ansiedelung von nachhaltigen Industrien sorgt! Für die Kontrolle dessen durch ArbeiterInnenkomitees und Gewerkschaften!

  • Für eine Aufteilung der Arbeitszeit auf alle in der Region Lebenden – bei voller Lohnfortzahlung und Personalausgleich! Für ein öffentliches Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeit und dementsprechender Umschulung bei einer Bezahlung, die mindestens dem bisherigen Entgelt entspricht!

  • Lasst die SpekulantInnen und Konzerne für die Energiewende zahlen! Massive Besteuerung der Profite energieintensiver fossiler Industrien! Enteignung des gesamten Energiesektors unter ArbeiterInnenkontrolle!

  • Wenn die Energiewende schnellstmöglich passieren soll, braucht es eigene Kampfaktionen der Beschäftigten! IG BCE und ver.di: Brecht mit den Konzernen, die die Lebensgrundlage der Menschheit zugunsten des Profits zerstören! Für den politischen Massenstreik der ArbeiterInnenklasse, der ein ökologisches Sofortprogramm der ArbeiterInnen selbst durchsetzt!



„Ausstieg“ bringt Kohle für Konzerne

Janosch Janglo, Infomail 1041, 5. Februar 2019

Nun
ist es da, das Datum für den geplanten Kohleausstieg. Ganze weitere
20 Jahre also bis 2038 sollen Braunkohlekraftwerke in Deutschland
noch weiterlaufen. Erst 2032 will man mal drüber nachdenken, ob es
vielleicht auch drei Jahre früher sein könnte. Rechtlich bindend
ist der Vorschlag der Kohlekommission, der eindeutig die Handschrift
der Kohlelobby trägt und den die IG BCE schon mal als „Grundlage
für eine neue Energiewende der Vernunft“ bezeichnet, für keine
Regierung. Somit gibt es keinerlei Garantie – weder für den Erhalt
der von der Abbaggerung bedrohten Dörfer noch für den Hambacher
Forst. Was die Kohlekommission aber überaus deutlich in ihrem
Vorschlag gemacht hat, ist die Entschädigung der Energiekonzerne für
etwaige entgangene Profite durch das vorzeitige Abschalten neuer
Kraftwerke, bezahlt aus Steuern der Lohnabhängigen. Die zukünftige
Entschädigung soll sich dabei an der für die schon einmal „für
den Klimaschutz“ vom Netz genommenen Braunkohleanlagen orientieren.
Damals wurden rund 600 Millionen Euro pro Gigawatt (GW) Leistung
bezahlt. Am Netz sind noch Kohlekraftwerke mit über 40 GW. Somit
würde sich allein die Entschädigung für die Energiekonzerne auf 24
Mrd. Euro belaufen. Aber das bedeutet noch nicht das finanzielle
Ende der Fahnenstange. Hinzukommen soll die dauerhafte Entlastung der
energieintensiven Industrie von der EEG-Umlage. Gegenwärtig werden
bis 2020 schon rund 2000 unter ihnen davon befreit. Zuletzt betrugen
die Entlastungen knapp 300 Millionen Euro pro Jahr.

Keine
verbindlichen Abschalttermine, keine Sicherheit für Arbeitsplätze

Die
Kohlekraftwerke sollen schrittweise vom Netz genommen werden. Bis
2022 sollen 7 GW vom Netz gehen. Zudem geht das neue
Steinkohlekraftwerk Datteln 4 mit 1 GW nicht wie geplant ans Netz.
Welche Kraftwerke abgeschaltet werden, gibt die Kommission nicht vor.
Auch wie schnell dann nach 2022 die restlichen 33 GW abgeschaltet
werden sollen, ist bis 2030 vage. Diese wichtige Entscheidung hat die
Kommission verschoben und damit den Kohleausstieg unverbindlich
gemacht. Zusammen ist das ein Fünftel der Kraftwerkskapazitäten.

Bleibt
die Frage, was mit den gut 18.000 ArbeiterInnen in Kraftwerken und
Tagebauen passieren soll? An die betroffenen Kohleregionen im
Rheinland und in der Lausitz sollen Strukturhilfen gezahlt werden.
Die Gesamtsumme wird sich bis 2040 auf mindestens 40 Milliarden Euro
belaufen. Hier soll nach bewährtem Muster neben zahlreichen
unsinnigen Verkehrsprojekten wie dem Ausbau von heute z. T.
bereits schon vierspurigen Autobahnen oder dem gar bereits begrabenen
A16-Projekt auch die Ansiedlung von Bundesbehörden Teil des Plans
sein. Letztere soll in den kommenden zehn Jahren etwa 5.000 neue
Arbeitsplätze schaffen. Wenn sich die Staatsangestellten dann in der
ostdeutschen Provinz nicht wohlfühlen, können diese dann auf den
ausgebauten Autobahnen oder neuen ICE-Strecken ganz schnell wieder in
Richtung Berlin verschwinden. Angeregt wird auch eine
Investitionszulage für UnternehmerInnen sowie eine Art „Revierbonus“
für die betroffenen Gebiete. Gemeint sind Planungs- und
Bauerleichterungen, also das legale Aushebeln von Sozial- und
Umweltstandards, um Infrastrukturprojekte in den Braunkohlerevieren
reibungsloser gegen den Widerstand der Bevölkerung vor Ort
realisieren zu können. Für MitarbeiterInnen in der Kohleindustrie
ab 58 Jahren, die die Zeit bis zum Renteneintritt überbrücken
müssen, soll es ein Anpassungsgeld geben sowie einen Ausgleich von
Renteneinbußen. Geschätzte Kosten: bis zu 5 Milliarden Euro, die
Arbeit„geber“Innen und Staat gemeinsam tragen sollen.
Betriebsbedingte Kündigungen sollen ausgeschlossen werden. Für
jüngere Arbeit„nehmer“Innen soll es Aus- und Weiterbildung
geben, Vermittlung in andere Jobs und Hilfe bei Lohneinbußen.

Keine
Garantie für Hambacher Forst und stabile Strompreise

Ungewiss
ist indes die Zukunft des umkämpften Hambacher Forstes. Im Bericht
steht lediglich, die Kommission halte es für „wünschenswert“,
dass der Hambacher Forst bleibt. Auch die Abbaggerung von Dörfern in
den Tagebauen in West und Ost wird nicht gestoppt. Die Kommission
bittet (!) die Landesregierungen um einen „Dialog“ mit den
Betroffenen zu den Umsiedlungen, „um soziale und wirtschaftliche
Härten zu vermeiden“. Wie Zwangsumsiedlungen sozial sein können,
bleibt dabei ihr Geheimnis. Gegen dieses Ergebnis gab es dann
immerhin eine Gegenstimme von einer Lausitzer Aktivistin gegen
weiteren Braunkohleabbau, die vergeblich Bestandsgarantien für durch
den Tagebau bedrohte Orte der Region verlangt hatte. Knackpunkt ist
ebenfalls die Frage, wie der Wegfall des Braunkohlestroms zukünftig
kompensiert werden soll? Um die Gefahr eines Blackouts aufgrund
mangelnder Stromerzeugung zu bannen, sollen umweltfreundlichere
Gaskraftwerke schneller genehmigt werden. Zusätzlich soll an dem
Ziel, bis 2030 den Anteil der sogenannten erneuerbaren Energien (EE)
an der Stromproduktion auf 65 Prozent zu erhöhen, festgehalten
werden. Nur weiß keiner, wie das in so kurzer Zeit ohne geeignete
Speichertechnologie
volkswirtschaftlich sinnvoll gestaltet werden kann. Auch dürfte der
Ausbau gerade im Bereich Biogas und Windkraft enorme negative
ökologische Auswirkungen haben. Dieser massive Ausbau dürfte auch
höhere Strompreise für die VerbraucherInnen zur Folge haben (für
die Subventionen). Dies will man
durch
Reduzierung der Netzgebühren, die für private Haushalte etwa ein
Fünftel des Strompreises ausmachen, verhindern. Hier rechnet man mit
Kosten von zwei Milliarden Euro pro Jahr. Dass dies am Ende nicht
reichen dürfte, deutete indes Bundeswirtschaftsminister Altmaier
schon mal an: „Nein, in der Frage, was ändert sich wann, kann
Ihnen niemand etwas sagen, weil alleine der Börsenstrompreis
Schwankungen unterlegen ist“. So macht der Vorschlag der
Kohlekommission deutlich, dass für die entgangenen Profite der
Energiekonzerne die ArbeiterInnenklasse zur Kasse gebeten werden
soll, die schon für die unsinnige Energiewende tief in die Taschen
greifen musste. Der sogenannte „Kohleausstieg“ ohne verbindliche
Abschalttermine für die Kraftwerke, zeitlich über Jahrzehnte
gestreckt und nur, wenn dauerhaft billige Strompreise für die
Industrie gewährleistet sind, wird damit zu einem wahren Goldregen
für die internationalen Konzerne.

Statt Mauschelei mit der Kohlelobby und „grüner Energiewende“

Eckpunkte eines Aktionsprogramms gegen den Klimawandel und für den Erhalt des Lebensstandards der Kraftwerksbeschäftigten!

Angesichts
des ökologischen Desasters und der kompletten Unfähigkeit der
herrschenden Klassen inklusive des sogenannten „grünen“
Kapitalismus wird die Forderung nach einer weltweiten, echten
Energiewende immer dringender.

Ein
Programm von unmittelbaren und Übergangsforderungen kann freilich
nur im Kampf gegen die Profitinteressen von der ArbeiterInnenbewegung
im Bündnis mit der Bauern-/Bäuerinnenschaft durchgesetzt werden
werden. Letztlich bedarf eine ökologisch nachhaltige, an den
Bedürfnissen von Mensch und Natur ausgerichtete Planwirtschaft einer
globalen, sozialistischen Umwälzung. Das bedeutet jedoch nicht, dass
Kämpfe für Verbesserungen, Maßnahmen auf nationaler Ebene sinnlos
sind. Im Gegenteil, diese können und müssen als Schritt zu einer
Veränderung des Gesamtsystems verstanden werden. Achsen eines
solchen Programms sollten sein:

  • Entschädigungslose Enteignung und Verstaatlichung der Energiekonzerne und ihrer Netze unter ArbeiterInnenkontrolle!
  • Organisierter Ausstieg aus der Stromerzeugung mittels hergebrachter atomarer Kernspaltung und Verbrennung von fossilen Energieträgern! Weiterbeschäftigung der Kraftwerksbeschäftigten zu gleichen Löhnen und Bedingungen!
  • Einheitlicher Tarif für alle Beschäftigten in dieser Branche (Kohle, Atom, Windenergie etc.)!
  • ArbeiterInnenkontrolle über Betrieb, Planung und Forschung unter Hinzuziehung von ExpertInnen, die das Vertrauen der Klasse genießen!
  • Offenlegung der Geschäftsgeheimnisse, nicht nur der wirtschaftlichen, sondern auch der technischen (Patente…) und damit Aufhebung der Konkurrenz darum!
  • Weg mit den Rezepten des „grünen“ Kapitalismus und dem EEG-Flickwerk (Zertifikate, Ökosteuer, EEG-Umlage, Stromsteuer)! Finanzierung des Kohleausstiegs durch progressive Steuern auf Einkommen, Vermögen und Gewinne statt indirekter Massensteuern !
  • Energiewende heißt: integrierter Plan, der auch Verkehr, Landwirtschaft und Industrie umfasst, nicht nur den Stromsektor!
  • Für ein Forschungsprogramm, bezahlt aus Unternehmensprofiten zur Lösung der EE-Speicherproblematik in Form von Strom und/oder Wärme, mechanischer Energie (z. B. Druckspeicher) bzw. brennbarer Energieträger-
  • Für einen rationalen Verkehrsplan! Ausbau des ÖPNV statt der Sackgasse E-Auto! Güter und Menschen bevorzugt auf die Schiene!
  • Weltweiter Plan zur Reparatur der Umweltschäden und Angleichung der Lebensverhältnisse!



Kein fauler Kohle-Kompromiss!

Janosch Janglo, Infomail 1031, 29. November 2018

Die Folgen des globalen Klimawandels werden immer sichtbarer. Deutschland hat es trotz großer Ankündigungen nicht geschafft, in den letzten zehn Jahren die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Ein wichtiger Grund: es ist noch vor China der weltweit größte Förderer und Nutzer vom klimaschädlichsten Energieträger Braunkohle. Nun hat es sich bis 2020 verpflichtet, den CO2-Ausstoß um ganze 40 Prozent gegenüber 1990 zu verringern. Bis 2050 sollen es sogar mind. 80 Prozent sein. Mittlerweile ist man bei 32 Prozent angelangt, die aber zu 60 Prozent auf das Konto der Deindustrialisierung Ostdeutschlands nach 1990 gehen und weniger auf wirkliche Emissionsvermeidungen.

Man hat heute jedenfalls keine solchen Maßnahmen radikaler Schließungen von Betrieben wie vor fast 30 Jahren mehr in der Hinterhand. Aber auch weltweit ist man weit davon entfernt, die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre deutlich zu senken. Trotz halbherziger nationaler Versprechungen wurden 2018 global dort die höchsten CO2-Konzentrationen gemessen. Bleibt es bei einem Anstieg, könnte bereits 2030 die 1,5-Grad-Schwelle überschritten werden. Damit ist vor Beginn der Klimaschutzkonferenz (COP24; 24. Konferenz der Parteien im Rahmen der UN-Konferenzen zum Klimawandel) im polnischen Katowice klar, dass das Abkommen der Pariser Klimaschutzkonferenz (COP21) von 2015 bisher gescheitert ist.

Strukturwandel durch Entlassungen?

Um doch noch 2020 die 40-Prozent-Marke einzuhalten, vereinbarte die „neue“ Bundesregierung im letzten Koalitionsvertrag vom Februar 2018 die Gründung „einer Kommission für ein Aktionsprogramm zur Erreichung des 40-Prozent-Ziels, zur Reduzierung der Kohleverstromung und zur Absicherung des notwendigen Strukturwandels“. Nun wurde die „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (oft nur Kohlekommission genannt) am 6. Juni 2018 von der deutschen Bundesregierung eingesetzt. 31 Mitglieder, davon 28 Stimmberechtigte aus VertreterInnen der Politik (aller Bundestagsparteien außer AfD und DIE LINKE), Umweltverbänden wie dem BUND, der Wissenschaft, Gewerkschaften (IG BCE, ver.di, DGB), der Industrie (BDI, BDA, BDEW) und auch zwei Anwohnervertreterinnen dürfen hier mitspielen. Die Kohlekommission soll einen Vorschlag für den Kohleausstieg erarbeiten und sein Enddatum festgelegen. Zugleich soll sie Maßnahmen aufzeigen, mit denen die derzeitige noch vorhandene Lücke von 8 Prozent bis zum Klimaziel 2020 möglichst gering gehalten werden kann.

Ein Kohleausstieg würde aber unweigerlich zum Verlust von gegenwärtig noch 18.000 Arbeitsplätzen führen. Wie dieser ohne massenhaften Wegfall von Arbeitsplätzen in ohnedies schon von Arbeitslosigkeit gebeutelten Regionen aussehen kann, sollte die Kommission in ihrem Abschlussbericht bereits Ende 2018 der Bundesregierung übergeben. Schon jetzt aber ist klar: Das Datum für den Abschlussbericht kann nicht gehalten, der Text soll nun erst Anfang 2019 vorgelegt werden. Geliefert wurde lediglich ein Zwischenbericht, der ein „Sofortprogramm“ für die Kohlereviere bis 2021, über den Bundeshaushalt „zusätzlich 1,5 Milliarden Euro als prioritäre Ausgaben für Strukturpolitik“ vorschlägt. Betriebsbedingte Kündigungen der im Bergbau Beschäftigten sollen zwar vermieden (!) werden, sind aber nicht ausgeschlossen. So wird der Ausstieg aus der Braunkohle genauso wie der Einstieg in die „erneuerbaren“ Energien durch die Umlage der EEG auf die Strompreise unter Schonung insbesondere der größten Elektrizität verbrauchenden Industrien auf dem Rücken der Lohnabhängigen stattfinden. Mögliche Entschädigungen für Energieversorger wegen kürzerer Kraftwerkslaufzeiten sollen jedoch nicht aus den Strukturgeldern bezahlt werden. Da kommt dann noch einmal eine ordentliche Summe aus dem Steuersäckel oben drauf.

Bei der Frage, wie und wohin sich die Kohleregionen wandeln sollen, tauchen vor allem die Stichworte „digitaler Fortschritt“, Infrastruktur und Energieforschung auf. So sollen z. B. im Lausitzer Revier neue Mobilitätsanwendungen entwickelt werden. Fürs rheinische Revier schlägt die Kommission ein „Reallabor“ für den neuen 5-G-Mobilfunkstandard vor. Zudem soll es eine Art „Revierbonus“ für die betroffenen Gebiete geben. Gemeint sind Planungs- und Bauerleichterungen, also das legale Aushebeln von Sozial- und Umweltstandards, um Infrastrukturprojekte in den Braunkohlerevieren reibungsloser vor Ort realisieren zu können, notfalls auch gegen Widerstand aus der Bevölkerung.

Hier wurde der gesamte Wunschkatalog für Infrastrukturprojekte im Bericht der Landesregierungen Brandenburgs und Sachsens untergebracht. So haben es eigentlich schon längst begrabene und sinnlose Infrastrukturprojekte in den Zwischenbericht geschafft (Bau der Autobahn zwischen Leipzig und dem Lausitzer Revier; Ausbau der heute bereits vierspurigen A13 zwischen Berlin-Schönefeld und dem Autobahndreieck Spreewald). Eine neue ICE-Verbindung soll die Lausitz besser an Berlin und Dresden anbinden. Übersetzt heißt das, dass man in der Menge gar keine neuen Jobs in der Region erwartet, sondern die Betroffenen sollen durch stundenlanges Pendeln in die Metropolen sich dort welche suchen. Als Sahnehäubchen sollen dann noch in Form neu angesiedelter Behörden Staatsangestellte ihr Geld in der Region ausgeben dürfen, die wahrscheinlich aber angesichts der neuen schnelleren Verbindung z. B. in die Hauptstadt nach der Arbeit dann diese ganz schnell wieder verlassen werden.

Schwammig wird es ebenso bei der Frage, wie in den Regionen auch zukünftig nachhaltig Strom produziert und CO2 eingespart werden kann. Dafür wimmelt es nur so von exotischen Stichworten wie Wasserstoffproduktion, Brennstoffzelle, Batteriespeicher, Power-to-X und sogar der Kohleverflüssigung, die dann als Rohstoff für die chemische und petrochemische Industrie „noch über viele Jahre abbaubar sein“ wird.

Was jetzt aber schon klar ist, einen sofortigen Ausstieg wird es nicht geben. Anvisiert wird er zwischen 2035 und 2038. Das wäre ein Kompromiss zwischen den Umweltverbänden in der Kommission, die einen Kohleausstieg bis 2030 fordern, und den IndustrievertreterInnen, die im Grunde noch so lange wie möglich ihre alten Kohlemeiler laufen lassen wollen.

In der Opposition hui, in der Regierung pfui!

Bei den Abschaltplänen der in der Kohlekommission vertretenen Umweltorganisationen wie BUND oder Greenpeace sucht man vergebens eine Antwort, was mit den Arbeitsplätzen im Braunkohletagebau passieren soll. Bestenfalls ist diese eine Randnotiz wert oder wird schwammig mit „sozialverträglich“ schnell vom Tisch gewischt. Hier wird deutlich, warum die Umweltbewegung bis heute unfähig ist, die ökologische mit der sozialen Frage zu verbinden und gemeinsam Widerstand zu organisieren.

Reformistische Parteien wie DIE LINKE (PdL) oder auch offen bürgerliche wie Bündnis 90/Die Grünen geben zwar vor, sie würden sich für „eine arbeitsmarkt- und sozialpolitische Absicherung“ einsetzen, haben aber schon seit vielen Jahren in verschiedenen Länder- und Bundesregierungen gezeigt, dass sie nicht Teil der Lösung, sondern des kapitalistischen Problems sind. Beide Parteien, oft Teil des Widerstandes vor Ort, verschweigen dabei ihre verräterische, konzernhörige Politik in den jeweiligen Bundes- und Länderregierungen z. B. in Nordrhein-Westfalen (Die Grünen) oder Brandenburg (PdL). So hatte auch der damalige grüne Minister für Umwelt und Naturschutz die Abbaggerung des Hambacher Forstes beschlossen.

In Brandenburg hat die Linkspartei 2008 noch den Volksentscheid zum Braunkohleausstieg in Brandenburg unterstützt und lokal sich auch am Widerstand gegen die Abtragung von Dörfern und Naturschutzgebieten beteiligt. Davon wollte man aber spätestens nach der Wahl 2009 als neue Koalitionspartnerin der SPD nichts mehr wissen und verschob den Ausstieg erst einmal auf 2040. Auch genehmigte man 2014 in der Landesregierung die Erweiterung des Braunkohletagebaus Welzow-Süd (südliche Niederlausitz). Heute appelliert die Bundestagsfraktion der PdL artig an die Bundesregierung, dass sie „mit den Betreibern der Braunkohletagebaue und -kraftwerke einen Vertrag mit dem Ziel abschließen soll, betriebsbedingte Kündigungen infolge des Kohleausstiegs in den Unternehmenssparten zu verhindern.“

Sie tritt damit in die Fußstapfen der SPD, die im Gleichschritt mit der IG BCE vor allem Politik für die Großkonzerne betreibt. Die langfristigen Gesamtinteressen der gesamten ArbeiterInnenklasse – nämlich die nach einer Neuordnung der gesamten Energieerzeugung, von Industrie und Landwirtschaft im Interesse der Arbeitenden und des Erhalts ihrer natürlichen Lebensgrundlagen – werden auf dem Altar dieser Realpolitik geopfert. Schließlich wären diese nur gegen das Kapital und dessen Parteien durchsetzbar – und genau diese „PartnerInnen“ sollen nicht verprellt werden. Die PdL vollzieht den SPD-Spagat an der Landesregierung, die Grünen bieten auch noch einen markwirtschaftlichen „Green New Deal“ an.

Was schlagen wir vor?

Klar ist, dass die Braunkohle Tausenden Beschäftigung gibt. Somit stehen viele in den betroffenen Regionen nicht hinter der Forderung nach einem Ausstieg. Darüber dürfen auch die Proteste um den Hambacher Forst nicht hinwegtäuschen. Das Misstrauen angesichts der Vorschläge der Kohlekommission ist auch berechtigt. Klar ist aber auch, dass die Stromkonzerne wie RWE und LEAG sich einen vorzeitigen Ausstieg aus Steuergeldern fürstlich entschädigen lassen und entgangene Profite durch Strompreiserhöhungen ausgleichen werden. So sollen die Kosten für einen Ausstieg auf dem Rücken der Lohnabhängigen abgewälzt werden.

Umgekehrt kann freilich die berechtigte Angst der Beschäftigten in der Braunkohleförderung, auf nie kommende „Zukunftsprojekte“ vertröstet zu werden, nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein schnellstmöglicher Ausstieg aus dieser klimaschädlichen Produktion unerlässlich ist.

Am Beispiel Stromerzeugung zeigt sich das ganze technische Chaos und Dilemma der kapitalistischen Produktionsweise. Hier wird nämlich schnell klar, dass eine ökologisch nachhaltige Stromproduktion unter der Prämisse der Profitwirtschaft im Kapitalismus nicht möglich ist. Die „erneuerbaren“ Energien können bei einem Ausstieg nur dann die Basis der Stromerzeugung abgeben, wenn genügend Speicherkapazitäten vorhanden sind. Dies erfordert aber massive Investitionen in Forschung, Entwicklung und Neuausstattung. Ausreichende technische Alternativen zur Kohlenutzung bei einem sofortigen Ausstieg, die Strom in genügenden Mengen und Qualität und bei jedem Bedarf stetig liefern könnten, gibt es derzeitig nicht. Die „erneuerbaren“ Energien sind gegenwärtig dazu nicht in der Lage. Hier gab es in der Vergangenheit keine Anstrengungen, in neue Speichertechnologien zu investieren. Die Profite sind über das EEG auch so geflossen. Das vielgepriesene Gesetz hat also zur Verhinderung der Entwicklung von Speichermöglichkeiten direkt beigetragen. Aber selbst unter der Voraussetzung der Entwicklung neuer Technologien werden diese im Kapitalismus nie zum Wohle der Gesellschaft, sondern allein zur Maximierung der Profite eingesetzt.

Wir müssen deshalb den Kampf für den Kohleausstieg mit dem Kampf für ein Wirtschaftssystem verbinden, in dem unsere Zukunft nicht für die Profite weniger verheizt wird. Ebenso müssen wir uns gegen jede Entlassung und jeden Einkommensverlust zur Wehr setzen. Das bedeutet keinesfalls, dass jede/r Beschäftigte genau dieselbe Arbeit machen wird wie bisher. Im Zuge einer ökologischen Umrüstung der Produktion würden natürlich auch für die ArbeiterInnen in den Energieunternehmen neue Aufgaben anfallen. Auf der Grundlage einer Marktwirtschaft und der Produktion für immer größeren Profit ist das jedoch unmöglich – daher bildet die entschädigungslose Enteignung und Verstaatlichung des ganzen Energiesektors eine unerlässliche Voraussetzung für jede rationale Klimapolitik, für jeden „Strukturwandel“ in diesem Bereich und für die Ausarbeitung eines Plans zur Umrüstung des Energiesystems unter ArbeiterInnenkontrolle.

Wir fordern deshalb:

  • Massenaktionen gegen die Braunkohleindustrie! Bundesweite Aktionskonferenz zur Durchsetzung des organisierten, geplanten Kohleausstiegs!
  • Für die ökologischen Katastrophen ist die herrschende Klasse verantwortlich – daher soll sie für die Schäden aufkommen! Entschädigungslose Enteignung der Energie- und Transportindustrie unter ArbeiterInnenkontrolle!
  • Sofortige Abschaltung aller alten und „schmutzigen“ Anlagen!
  • Für den schnellstmöglichen organisierten Ausstieg aus der fossilen Energiegewinnung und den Einstieg in klimaneutrale Erzeugung im Rahmen eines rationalen Gesamtenergieplans unter ArbeiterInnenkontrolle! Für einen solchen Plan auf europäischer und weltweiter Ebene, der Verkehr, Industrie, Haushalte, Strom- und Wärmegewinnung integriert!
  • Weg mit dem Emissionsrechtehandel und der blinden Subventionierung von „regenerativer Energie“! Sofortige Rücknahme aller direkten und indirekten Subventionen für den Energiesektor! Sofortige Senkung der Strompreise! Den Marktmechanismen setzen wir das bewusste, planmäßige Eingreifen in die Produktion entgegen. Für die Förderung von Energie und Ressourcen sparenden Techniken, bezahlt vom Kapital!
  • Für ein globales Programm zur Wiederaufforstung von Wäldern, der Renaturierung von Mooren und zum Schutz des Bodens und der Meere als CO2-Senken! Entschädigungslose Enteignung von LandbesitzerInnen, nachhaltige Bewirtschaftung unter Kontrolle der ArbeiterInnen und BäuerInnen!
  • Für Forschung nach neuen Energien wie Kernfusion und zur Lösung der Speicherproblematik der erneuerbaren Energien, zur Minimierung bzw. Beseitigung des Schadstoffproblems (Atommüll) unter ArbeiterInnenkontrolle und auf Kosten der Energiekonzerne!
  • Gegen die Spaltung von Umweltbewegung und Beschäftigten in umweltgefährdenden Betrieben! Keine Entlassungen und keine Einkommensverluste für Beschäftigte im Energiesektor! Umschulung und neue Arbeitsplätze zu gleichen Löhnen und Arbeitsbedingungen! Gegen prekäre Beschäftigung in der Branche erneuerbarer Energien: gleiche Bedingungen für alle Beschäftigten in Windkraft-, Solarbetrieben wie für jene in Bergbau, AKWs und bei den Stromkonzernen!



4 Tage „Ende Gelände“ – 4 Tage Widerstand gegen Braunkohleabbau

Martin Eickhoff, Infomail 1029, 9. November 2018

Nachdem ich im August zwei Wochen im Hambacher Forst gewesen war, beteiligte ich mich Ende Oktober am „Ende Gelände“-Camp, gemeinsam mit 7000 TeilnehmerInnen aus verschiedensten linken und/oder ökologischen Gruppen und Verbänden. Außerdem nahmen auch Menschen aus verschiedensten Ländern teil, die mit Shuttlebussen unter anderem aus der Slowakei, Spanien, Portugal oder Schweden angereist waren.

Bereits im Vorfeld wurde von der Medienlandschaft und der herrschenden Politik vor bösen „linksextremistischen GewalttäterInnen“ gewarnt. Um den Protest zu erschweren, musste das Camp aufgrund von behördlichen und politischen Schikanen 30 Kilometer von der Abbruchkante entfernt aufgebaut werden – wohl wissend, dass die Nahverkehrsanbindungen schlecht sind. So sollten die CampteilnehmerInnen bereits im Vorfeld mürbe gemacht werden.

Nachdem am Donnerstag, dem 25. Oktober, erstmal ein Kennenlernen und das persönliche Miteinander im Gespräch stand, ging es am Freitag drum, dass die unterschiedlichen „Aktionsfinger“ vorgestellt wurden, so dass sich jede/r individuell entscheiden konnte, an was für einer Art des politischen Protestes er/sie teilhaben möchte. Zusätzlich gab es juristische Schulungen sowie ein intensives Aktionstraining, bei dem gezielt für die Aktion des zivilen Ungehorsams am Samstag trainiert wurde.

Am Samstagmorgen, dem 27. Oktober, ging es sehr früh los. Glücklicherweise waren die BusfahrerInnen aus den anderen europäischen Ländern bereit, uns in die Nähe der Abbruchkante zu fahren und ließen sich nicht vom Staat einschüchtern. Trotz alledem wurden wir natürlich von einer Horde von Autos mit Blaulichtern verfolgt.

Schon wenige Kilometer vom gewünschten Zielort entfernt abgesetzt, und nachdem wir einige Minuten gelaufen waren, kreisten schon die ersten Polizeihubschrauber über uns und die erste Hundertschaft rückte an. Unsere Gruppe mit knapp 300 Menschen wurde eingekesselt und auch zwei Wasserwerfer standen parat. Auch VertreterInnen von RWE und dessen eigenem Sicherheitsdienst waren anwesend. Diese Securities waren bereits in der Vergangenheit mit Gewalttaten gegen Protestierende und eifriger Unterstützung durch die Polizei negativ aufgefallen. Während die Polizei den Kreis immer enger zog, wurden GenossInnen, die eine leerstehende Autobahn überquerten, mit Wasserwerfern beschossen – eine ziemlich unverschämte Sache angesichts von Außentemperaturen von knapp 6 Grad. Schon hier zeigte sich, wo die GewalttäterInnen an diesem Tag zu finden waren – sicher nicht bei den CampteilnehmerInnen.

Die Sitzblockade wurde nach und nach von der Polizei weggetragen, teilweise wurden TeilnehmerInnen mit Schlagstöcken verprügelt, über den nassen Boden geschleift oder deren Finger verdreht. Natürlich mussten wir auch hämische Kommentare wie: „Machen Sie doch etwas Sinnvolles am Samstag – schauen Sie doch Fußball oder machen Sie Party“ über uns ergehen lassen. Die uniformierte Gruppe kann sich offenbar nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, denen nicht alles „scheißegal“ ist und die sich um die Zukunft der Menschen und deren natürlicher Lebensgrundlagen ernsthafte Gedanken und Sorgen machen.

Im Bus wurden wir den üblichen üblen Schikanen ausgesetzt, nachdem wir in insgesamt 6 Busse verfrachtet worden waren. In der ersten Stunde durfte niemand raus – auch nicht auf die Toilette. Danach wurden die meisten von uns in der Gefangenensammelstelle (Gesa) zur sogenannten erkennungsdienstlichen Behandlung nach Aachen transportiert, einige andere wurden nach Köln und Brühl in die Gesa gebracht. Dort ging das Zermürbungsspiel weiter. Stundenlang mussten wir in den stickigen Bussen sitzen, erst nach einer Intervention eines parlamentarischen Beobachters erhielten wir Wasser, durften kurz an die frische Luft und sogar auf die Toilette. Inzwischen war es 22:40 Uhr und wir wussten immer noch nicht, welche Straftat(en) uns eigentlich vorgeworfen wurde(n). Dies erfuhren wir erst danach, als uns ein herbeigerufener Anwalt erklärte, dass uns die Polizei Landesfriedensbruch vorwarf. Eine „schöne Scheiße“, dachte ich mir. Auch wenn wir nicht auf „umfriedetes Gebiet“ gegangen waren, so könnten sie den Vorwurf als Vorwand nutzen, uns länger als 12 Stunden dazubehalten.

Nachdem wir aus der Gesa wieder entlassen und abgeholt worden waren, war für uns klar, dass wir uns nicht einschüchtern lassen und die Aktionen weiter unterstützen wollten. Einige von uns schlossen sich einer Gruppe an, die schon seit dem Vortag die Schienen der Kohlebaubahn und Bagger erfolgreich besetzt hatte. Schließlich beteiligten sich fast 1000 Menschen erfolgreich an dieser Besetzung. Insgesamt konnte RWE für mehr als 30 Stunden keine Braunkohle abbauen, so dass dies ein deutliches Signal an die EnergielobbyistInnen war.

Bei dieser Aktion war anscheinend auch die Polizei „überfordert“, da das Gelände sehr übersichtlich war. Vor allem aber lag es an der recht großen Zahl, dass diese Aktion länger durchgeführt werden konnte. Gegen Nachmittag beendeten wir diese schließlich und machten uns auf den Rückweg zum Camp.

Auch wenn die Aktionen letztlich „nur“ einen symbolischen Charakter haben und eine breite, in der ArbeiterInnenklasse verankerte Massenbewegung notwendig ist, um den Kohleausstieg zu erzwingen und das Energiesystem im Interesse der Mehrheit der Menschen und gemäß der Nachhaltigkeit umzubauen, so verdeutlichte die Solidarität unter den AktivistInnen, dass im Kampf um den Hambacher Forst auch eine Bewegung entsteht. Menschen unterschiedlichsten Alters, unterschiedlichster Herkunft, Arbeitende, SchülerInnen, Studierende beteiligten sich an den Aktionen.

Gleichzeitig zeigten aber auch der Staatsapparat und die NRW-Landesregierung ihr wahres Gesicht, indem sie die Hetze gegen „Ende Gelände“ und die Umweltbewegung schürten und den legitimen Protest zu kriminalisieren versuchten. Wieder einmal forderten die Protestierenden den Rücktritt des NRW-Innenministers Reul, einen Stopp des Braunkohleabbaus. Entscheidend wird freilich sein, die Spaltungsversuche und das Aufhetzen der RWE-Beschäftigten (und andere Lohnabhängiger) zu verhindern. Auch daher ist die Forderung nach sofortiger und entschädigungsloser Enteignung aller Energiekonzerne unter ArbeiterInnenkontrolle von zentraler Bedeutung. Wer die Eigentumsfrage nicht stellt, wird auch die Kohle- und Klimafrage nicht lösen können.




Klima und Kapital: Die K-Frage stellen!

Martin Suchanek, Neue Internationale 233, November 2018

In den letzten Wochen gingen Zehntausende gegen die „Klimapolitik“ der Kohleindustrie und der Bundesregierung auf die Straße:

  • 50.000 demonstrierten am 6. Oktober am Hambacher Forst gegen die Rodung des Waldes und die Braunkohleverstromung. Schon zuvor hatten AktivistInnen trotz brutalen Polizeieinsatzes, bei dem ein Journalist ums Leben kam, den Wald besetzt und gegen die drohende Abholzung verteidigt. Unterstützt wurden sie dabei von der Bevölkerung der Region und regelmäßigen Waldspaziergängen.
  • Ende Oktober versuchte „Ende Gelände“, noch ein Zeichen zu setzen, indem der Tagebau von RWE blockiert wurde – auch das trotz massiver Repression, Festnahmen und Drohungen.
  • Für den 1. Dezember sind bundesweite Großdemonstrationen geplant. Sie sollen die scheinheilige Politik der sog. „Kohlekommission“ und des UN-Klimagipfels anprangern, der Anfang Dezember in Polen tagen und dort – schon jetzt absehbar – vor allem heiße Luft produzieren wird.

Der Kampf gegen die heuchlerische „Umweltpolitik“ der Bundesregierung nimmt offenkundig wieder Fahrt auf. Die Große Koalition macht’s nötig. Woche für Woche werden wir mit ihrer aberwitzigen „Klima- und Energiepolitik“ konfrontiert. Beim Diesel-Skandal stehen die Profitinteressen der Automobilkonzerne im Fokus der Ministerien. Jede neue „Lösung“ soll den Schaden begrenzen – natürlich nicht jenen der AutokäuferInnen oder der Bevölkerung in den Großstädten, die unter immer mehr Abgasen leiden muss. Bedient werden vor allem die Konzerne, die Verursacher, die sich „aussuchen“ können, ob sie an der Beseitigung des von ihnen angerichteten Schadens mitwirken oder nicht.

Ebenso kapitalfreundlich agiert die „Kohlekommission“. Nach der Aussetzung der Rodung des verbliebenen Waldstückes am Hambacher Forst rechnet RWE stellvertretend für alle anderen Energiemonopole vor, dass jedes Jahr eines „frühen“ Ausstiegs aus der Braunkohleverstromung „teuer“ wird – sei es für die Haushalte, also die Masse der Bevölkerung in Form steigender Strompreise, oder für den Staat, also die SteuerzahlerInnen, in Form von „Entschädigung“ für entgangene Monopolprofite.

In jedem Fall sollen die Lohnabhängigen die Zeche der Konzerne zahlen.

Obwohl die Prognosen der globalen Erwärmung und der verheerenden Auswirkungen für das Weltklima, somit die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit, immer bedrohlicher und dramatischer werden, kennzeichnet die internationale Politik Stagnation. Mittlerweile ist nicht einmal mehr die Verabschiedung hochtrabender „Klimaziele“ selbstverständlich.

Die zunehmende internationale Konkurrenz und der Kampf um die Neuaufteilung der Welt blockieren auch die „Klimapolitik“, machen alle ihre Ziele, alle Versprechungen einer „grünen“ Wende letztlich zur Makulatur. Bei der „Umweltpolitik“ geht es vor allem darum, anderen – sei es der imperialistischen Konkurrenz, vor allem aber den Ländern der sog. Dritten Welt und der arbeitenden Bevölkerung – die Kosten dieser Politik aufzuhalsen.

Die USA unter Donald Trump sind ohnedies längst aus den Klimaschutzabkommen ausgestiegen und betrachten Fracking und andere umweltschädliche Technologien als Konkurrenzvorteil. Bolsonaro, der neu gewählte, halbfaschistische Präsident Brasiliens, will den Amazonas zur Abholzung freigeben.

All das zeigt eindeutig: Klima- und Umweltschutz scheitern regelmäßig an den Konzerninteressen! Das Privateigentum an Produktionsmitteln und der Imperialismus müssen ins Visier genommen werden, wenn die Frage gelöst werden soll.

Ansonsten droht nicht nur, dass die Probleme weiter verschleppt oder auf illusorische Bahnen gelenkt werden wie z. B. den sog. „Green New Deal“ und die Bevölkerung für die bürgerliche Umweltpolitik zahlen muss. In den letzten Wochen konnten wir auch bemerken, dass es RWE – unter großzügiger Mithilfe der IG BCE und der lokalen SPD – gelang, tausende BergarbeiterInnen gegen die Umweltbewegung in Stellung zu bringen. Das kann nur verhindert werden, wenn die Gewerkschaften und die Linke für die entschädigungslose Enteignung der Konzerne unter ArbeiterInnenkontrolle kämpfen und dafür, dass die Beschäftigten im Bergbau bei vollen Bezügen weiterbeschäftigt werden. Ihr Wissen kann einen wertvollen Beitrag zum rationalen Umbau des Energiesektors gemäß den Bedürfnissen der Gesellschaft und ökologischer Nachhaltigkeit liefern. Vor allem aber kann so einer falschen Frontstellung entgegengewirkt werden – nicht nur am Hambacher Forst, sondern auch in der Lausitz und in der gesamten Branche.

Daher schlagen wir folgende Eckpunkte einer Klimapolitik vor, die diese mit einer klassenkämpferischen Perspektive verbinden:

  • Solidarität mit den BesetzerInnen und „Ende Gelände“! Nein zu jeder Repression gegen die Bewegung! Organisierte Gegenwehr gegen Räumungsversuche von Aktionen! Keine Räumung des Forsts und der umliegenden Gemeinden! Massenaktionen gegen RWE und Kohleindustrie! Bundesweite Aktionskonferenz zur Durchsetzung des organisierten, geplanten Kohleausstiegs!
  • Für die ökologischen Katastrophen ist die herrschende Klasse verantwortlich – daher soll sie für die Schäden aufkommen! Entschädigungslose Enteignung der Energie- und Transportindustrie unter ArbeiterInnenkontrolle!
  • Für den schnellstmöglichen organisierten Ausstieg aus der fossilen Energiegewinnung und den Einstieg in klimaneutrale Erzeugung im Rahmen eines rationalen Gesamtenergieplans unter ArbeiterInnenkontrolle! Für einen solchen Plan auf europäischer und weltweiter Ebene, der Verkehr, Industrie, Haushalte, Strom- und Wärmegewinnung integriert!
  • Weg mit dem Emissionsrechtehandel und der blinden Subventionierung von „regenerativer Energie“! Den Marktmechanismen setzen wir das bewusste, planmäßige Eingreifen in die Produktion entgegen. Für die Förderung von Energie und Ressourcen sparenden Techniken, bezahlt vom Kapital!
  • Für ein globales Programm zur Wiederaufforstung von Wäldern, der Renaturierung von Mooren und zum Schutz des Bodens und der Meere als CO2-Senken! Entschädigungslose Enteignung von LandbesitzerInnen, nachhaltige Bewirtschaftung unter Kontrolle der ArbeiterInnen und BäuerInnen!
  • Für Forschung nach neuen Energien wie Kernfusion und zur Lösung der Speicherproblematik der erneuerbaren Energien, zur Minimierung bzw. Beseitigung des Schadstoffproblems (Atommüll) unter ArbeiterInnenkontrolle und auf Kosten der Energiekonzerne!
  • Gegen die Spaltung von Umweltbewegung und Beschäftigten in umweltgefährdenden Betrieben! Umschulung und neue Arbeitsplätze zu gleichen Löhnen und Arbeitsbedingungen! Gegen prekäre Beschäftigung in der Branche erneuerbarer Energien: gleiche Bedingungen für alle Beschäftigten in Windkraft-, Solarbetrieben wie für jene in Bergbau, AKWs und bei den Stromkonzernen!