Die Lage von Trans- und Inter-Personen

Nina Awarie, REVOLUTION Deutschland, Fight, Revolutionäre Frauenzeitung Nr. 8, März 2020

In den vergangenen Jahrzehnten wurden weltweit viele
juristische und gesellschaftliche Zugeständnisse seitens der Herrschenden
gemacht oder seitens der LGBTIA-Bewegung erkämpft. In Deutschland haben seit
2017 beispielsweise gleichgeschlechtliche Paare die Möglichkeit, eine zivile
Ehe zu schließen. Auch in 22 weiteren Staaten wie den USA, Irland oder
Südafrika können gleichgeschlechtliche Paare heiraten, also die gleichen
bürgerlichen Rechte wie Heteropaare wahrnehmen. Allerdings heißt die gestiegene
formelle Akzeptanz nicht, dass es in diesen Ländern keine Diskriminierung von
Homosexualität im Alltag gibt. Auch darf man nicht außer Acht lassen, dass in
mehr als 70 Staaten, also im Großteil der Welt, auf homosexuelle Handlungen
eine Gefängnis- oder sogar die Todesstrafe steht. Daneben kommt in der
öffentlichen Wahrnehmung die rechtliche und soziale Lage von Inter- und
Trans-Menschen zu kurz.

Situation von Transgendern …

Der Begriff Transgender wurde vor allem von John F. Oliven
von der Columbia University in seiner Arbeit „Sexual Hygiene and Pathology“ aus
dem Jahre 1965 geprägt. Dieser ist weiter gefasst als der der Transsexualität
und gleichzeitig auch zutreffender, denn bei Gender (sozialem/psychologischem
Geschlecht) handelt es sich natürlich um die Geschlechterrolle und nicht um das
biologische Geschlecht. Der Begriff Transgender schließt aber auch all
diejenigen mit ein, die sich non-binär nennen, sich also weder eindeutig männlich
noch eindeutig weiblich identifizieren. Studien zufolge sind bis zu 0,26 %
der Menschen trans, wobei die Dunkelziffer wesentlich größer sein dürfte. Dies
hat vor allem mit einer gesellschaftlichen Tabuisierung des Themas, aber auch
teilweise mit staatlichen Repressionen zu tun. Außerdem ist auch die
erschreckend hohe Suizidrate unter Trans-Personen auffällig. Demnach hat in
Großbritannien Umfragen zufolge fast die Hälfte aller jugendlichen Transgender
einen oder mehrere Selbstmordversuche hinter sich und laut einer kanadischen
Untersuchung haben im Bundesstaat Ontario bereits 78 % alles
Trans-Personen einen oder mehrere Versuche unternommen, sich das Leben zu
nehmen.

Wenn man nun die rechtliche Situation von Trans-Personen
allein in Deutschland betrachtet, stößt man zunächst auf einen riesigen, kaum
zu durchblickenden Paragraphendschungel. Das liegt einerseits an dem großen
bürokratischen Aufwand im Falle einer Geschlechtsangleichung, andererseits an
den vielen juristischen Schwächen des Transexuellengesetzes (TSG). Das TSG trat
1980 in Kraft, wurde aber im Laufe der Jahre häufig geändert, da viele Inhalte
auf Beschwerden von Betroffenen hin vom Bundesverfassungsgericht für
verfassungswidrig erklärt wurden. Beispielsweise durften Personen unter 25
Jahren im ersten Entwurf des TSG weder eine Vornamensänderung („kleine Lösung“)
noch eine Personenstandsänderung („große Lösung“) durchführen. Auch ging das
TSG ursprünglich davon aus, dass alle Trans-Personen heterosexuell seien.
Folglich konnte die „kleine Lösung“, also die Vornamensänderung, vom
Gesetzgeber wieder rückgängig gemacht werden, wenn die Person eine andere des
gleichen Geschlechts heiratete oder innerhalb von 300 Tagen nach der
Namensänderung ein Kind bekam. Eine der heftigsten Forderungen des TSG an die
betroffenen Personen war aber der erforderliche Nachweis einer Sterilisation,
um den Personenstand ändern lassen zu können. Noch bis 2011 wurde das TSG auf
diese Weise umgesetzt und bis heute kann der Personenstand nicht rückwirkend,
also auch auf der Geburtsurkunde, geändert werden. Neben dem
Paragraphendschungel stellt die Kostenübernahme durch die Krankenkassen ein
Problem dar. Diese sind zwar gesetzlich zur Kostenübernahme verpflichtet.
Welche Eingriffe und Behandlungen die Kassen aber tatsächlich übernehmen,
variiert stark. Generell ist die Bürokratisierung des Verfahrens – allein für
eine Vornamensänderung – eine unzumutbare Belastung. Die Person muss demnach
mindestens drei Jahre in der Geschlechterrolle „leben“, der sie sich „zugehörig“
fühlt, und sich diese „Zugehörigkeit“ von zwei unabhängigen Gutachter_Innen vor
dem Amtsgericht bestätigen lassen. Für Jugendliche, die ihr Geschlecht
angleichen wollen, gibt es daneben noch eine andere Hürde: die eigenen Eltern.
Denn für die Einnahme von Hormonen oder Operationen braucht man deren Erlaubnis
und ist somit ihrer Willkür ausgesetzt. Das Selbstbestimmungsrecht über den
eigenen Körper wird also in allen Fällen massiv beschnitten.

… und Inter-Personen

Intersexuell sind Menschen, die weder dem biologisch
männlichen noch dem weiblichen Geschlecht eindeutig zugeordnet werden können.
Das kann genetische, anatomische und hormonelle Ursachen haben. Schätzungsweise
kommt jedes tausendste Kind intersexuell auf die Welt.

Etliche dieser Menschen wurden vom 20. Jahrhundert bis zum
heutigen Tag zwangsweise hormonell behandelt, genital verstümmelt, sterilisiert
und für eine binäre Geschlechterordnung „passend“ gemacht – das alles in einem
Alter, in dem es unmöglich zu wissen ist, wie sich die Person selber sieht bzw.
sich entwickeln würde.

Diese brutale Praxis geht auf die These des Psychologen John
Money aus den 1950er Jahren zurück. In seiner „Optimal Gender Policy“
behauptete er, dass man Kinder zu Männern oder Frauen „erziehen“ könnte, wenn
man nur die körperlichen Besonderheiten vor dem zweiten Lebensjahr einem der
beiden Geschlechter angleiche. Auch wenn Forschungen belegen, dass die
Geschlechtsidentität von den körperlichen Merkmalen losgelöst sein kann und
viele der zwangsoperierten, intersexuellen Menschen lebenslang unter
Depressionen, körperlichen Schmerzen und Traumata zu leiden haben, hält sich
diese These in der Medizin teilweise noch heute. So heißt es in einem laut
Amnesty International erst 2013 neu aufgelegten Fachbuch für Kinderärzt_innen:
„Die operative Korrektur soll so früh durchgeführt werden, dass die Mädchen
sich später ihrer Intersexualität nicht erinnern, also im Säuglingsalter,
spätestens im zweiten bis dritten Lebensjahr.“

In Deutschland gab es rechtlich gesehen 2013 eine Reform des
Personenstandsgesetzes. Diese beinhaltete, dass, wenn das Kind weder dem
weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann, es ohne eine
solche Angabe in das Geburtenregister eingetragen werden darf. Während liberale
Teile des Bundestages dies als großer Erfolg feierten und Volker Beck gar von
einer „kleinen Revolution“ sprach, gab es schon damals seitens der
Betroffenenverbände Kritik an dieser Reform. Erst ab dem 10. Oktober 2017 war
die Eintragung als „inter“ oder „divers“ im Geburtenregister möglich, was ein
Fortschritt ist, aber weiterhin an rein körperlichen Merkmalen festgemacht wird
und damit nicht-binäre Trans-Personen ausschließt. Ein ausdrückliches Verbot
von medizinisch nicht notwendigen, kosmetischen Genitaloperationen an Kindern
gibt es bis heute nicht.

Zusammenhänge

Ob nun durch konservative Politiker_Innen, religiöse
Institutionen, Medien oder Werbung: Die Gesellschaft reproduziert tagtäglich
ein reaktionäres Familienbild. In der bürgerlichen Familie sind die Rollen klar
verteilt: Der Mann ernährt als Hauptverdiener die Familie, während die Frau
bestenfalls noch etwas dazuverdienen darf, sich aber hauptsächlich um den
Haushalt und die Kindererziehung kümmert.

Dies geschieht nicht rein zufällig, sondern ist einfach eine
Ideologie und Praxis, die für den Kapitalismus besonders profitabel ist. So
werden durch das Idealbild der Familie die Erbschaftverhältnisse der
Herrschenden geregelt, während die ganze Reproduktionsarbeit der Arbeiter_Innenklasse
unentgeltlich im Privaten stattfindet. Menschen, die nun nicht in dieses cis-
und heteronormative Gesellschaftsbild hineinpassen, sind der bürgerlichen
Gesellschaft natürlich ein Dorn im Auge, denn mit ihrer bloßen Existenz stellen
sie eine Gesellschaftsordnung in Frage, in der es „natürlich“ scheint, dass
Männer arbeiten, Frauen Hausarbeit verrichten, und es normal ist, dass nur
heterosexuelle Paare Kinder bekommen.

Auch wenn schon einige Errungenschaften erkämpft worden sind
und die gesellschaftliche Akzeptanz von Trans-und Inter-Personen in den letzten
Jahren leicht gestiegen ist, so ist diese Entwicklung mit Vorsicht zu genießen.
Zum einen sind noch längst nicht alle Rechte erstritten worden, zum anderen ist
auch ein Rollback in Bezug auf Geschlechterrollen zu beobachten. Der politische
Rechtsruck, der international verbreitet ist und in Deutschland seinen Ausdruck
im Erstarken der AfD findet, stellt eine große Gefahr für die Errungenschaften
der LGBTIA-Bewegung dar. Da Trans- und Interphobie unmittelbar mit der Existenz
der bürgerlichen Gesellschaft, also der kapitalistischen Klassengesellschaft
verbunden sind, reicht es nicht aus, sie nur separat bekämpfen zu wollen. Man
muss diesen reaktionären Ideologien ihre materielle Basis entziehen, also den
Kampf gegen LGBTIA-Feindlichkeit mit dem Kampf gegen den Kapitalismus
verbinden.

Wir wollen gemeinsam für eine Gesellschaft eintreten, in der
alle Menschen ungeachtet ihres biologischen oder gesellschaftlichen Geschlechts
gleichberechtigt und gefahrenfrei leben können. Daher fordern wir:

  • Intersex vollständig legalisieren! Verbot medizinisch nicht notwendiger, kosmetischer Genitaloperationen an Kindern!
  • Kostenlose Beratung und operative, geschlechtsangleichende Behandlung, wenn dies von der betroffenen Person gewünscht wird! Für das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper!
  • Kampf der Diskriminierung in Beruf und Alltag! Für breite Aufklärungskampagnen und Selbstverteidigungskomitees der Unterdrückten in Verbindung mit der Arbeiter_Innenbewegung!
  • Für das Recht auf gesonderte Treffen in den Organisationen der Arbeiter_Innenbewegung, um den Kampf für Gleichberechtigung voranzutreiben und gegen diskriminierendes und chauvinistisches Verhalten vorzugehen!



Frauenstreik in der Schweiz: Ein historischer Tag

Susanne Kühn, Neue Internationale 239, Juli/August 2019

Am 14. Juni
beteiligten sich rund eine halbe Million Menschen am Frauen*streik. In allen
größeren Städten, aber auch in politisch und gewerkschaftlich schlecht
organisierten Teilen des Landes traten Frauen, vor allem solche, die im
Care-Sektor arbeiten oder in Ausbildung stehen, in den Ausstand. An zahlreichen
Orten begannen die Streiks und Aktionen am Morgen und verbreiteten sich im
Laufe des Tages. Lt. Schweizer Gewerkschaftsbund nahmen bereits am Vormittag
des 14. Juni rund 100.000 am Streik teil.

Um 15:24 Uhr –
einem der zentralen Momente der Aktion – verließen im ganzen Land
Hunderttausende Frauen ihren Arbeitsplatz oder legten ihre „private“
Sorgearbeit nieder. In allen größeren und zahlreichen kleineren Städten
formierten sich Demonstrationen – die größte in Zürich, wo über 160.000
Menschen, in ihrer großen Mehrzahl Frauen, auf die Straße gingen – eine der
größten Kundgebungen in der Geschichte der Stadt! In Städten wie Basel waren
40.000 Menschen, also mehr als 20 % der Bevölkerung auf der Straße.

Der
Frauen*streik stellt schon allein aufgrund seiner Größe ein historisches
Ereignis dar. Die Schweizer Bevölkerung zählt rund 8,5 Millionen Menschen.
Somit beteiligten sich 17 % der EinwohnerInnen an der Aktion (was in
Deutschland rund 14 Millionen entsprechen würde)!

Wofür und von
wem?

Der
Frauen*streik reihte sich bewusst in die Internationalen Frauenstreiks ein, an
denen sich auch 2019 Millionen beteiligten. Dass er in der Schweiz nicht am 8.
März, sondern am 14. Juni stattfand, erklärt sich aus der Geschichte des
Kampfes um Gleichberechtigung. 1991 fand ein erster, ebenfalls rund eine halbe
Million zählender Frauenstreik statt, der vom Schweizer Gewerkschaftsbund
organisiert und geführt wurde, um die konsequente Umsetzung des 1981
beschlossenen Gleichbehandlungsgesetzes zu fordern.

Viele der damals
aufgestellten Ziele nach Gleichbehandlung, gleichen Einkommen, Löhnen und
Arbeitsbedingungen, gegen sexistische Belästigung und sexuelle Gewalt sind bis
heute nicht erfüllt und finden sich auch in den Manifesten, Aufrufen und
Forderungskatalogen zum Frauen*streik 2019 wieder. Besonders betroffen davon
sind mehrfach unterdrückte und entrechtete migrantische Frauen, die noch dazu
ähnlich wie sexuell Unterdrückte eine bevorzugte Zielscheibe des Schweizer
Rechtspopulismus, der „Schweizer Volkspartei“ (SVP) bilden. Der Kampftag stand
daher nicht nur im Zeichen des Schulterschlusses mit der neuen globalen
Frauenbewegung, sondern auch mit den migrantischen Frauen, deren unbeschränktes
Bleiberecht, volle rechtliche und soziale Gleichstellung gefordert wurden.

Die Ursache für
den historischen Erfolg des Frauen*streiks ist vor allem darin zu finden, dass
er von lohnabhängigen, proletarischen Frauen getragen und organisiert wurde.
Die „Frauenfrage“ trat, wenn auch nicht voll bewusst, als Klassenfrage zutage
und als eine, die untrennbar mit dem Kampf gegen Imperialismus und Kapitalismus
verbunden ist.

Wie 1991 und anders als bei den letzten Frauenstreiks in Deutschland spielten die Gewerkschaften – vor allem im öffentlichen Dienst und im Gesundheitssektor (z. B. die „Gewerkschaft im Service public“) – eine Schlüsselrolle für die Mobilisierung. Auch im industriellen und privatwirtschaftlichen Sektor vertretene Verbände wie Unia organisierten aktiv z. B. den Streik der Reinigungsfrauen bei A&M Duraes Reinigung + Hauswartung GmbH in Luzern.

Selbstorganisation

Anders als 1991
wurde der Streik jedoch weniger von oben dirigiert. Vielmehr bildeten sich in
zahlreichen Betrieben und Dienststellen seit Monaten Basisstrukturen, die den
Kampf führten und organisierten. Diese wurden von Frauen getragen, bezogen aber
auch Männer oder, wie z. B. in Kitas, Eltern als UnterstützerInnen ein.

Die wichtige
Rolle betrieblicher und gewerkschaftlicher Strukturen bedeutete jedoch keine
Verengung auf rein ökonomische Themen. Die Forderungen nach gesellschaftlicher
Einrichtung und Finanzierung von Kinderbetreuung, sozialen Leistungen …, die
ansonsten auf Frauen abgewälzt werden, bildeten einen über rein betriebliche
Fragen hinausgehenden weiteren Schwerpunkt.

Einen dritten
stellte das Verlangen nach Schutz vor und Kampf gegen Sexismus, Gewalt gegen
Frauen und LGBTIA+-Menschen und für sexuelle Selbstbestimmung dar. Schließlich
machen antirassistische und internationalistische Losungen einen vierten
Hauptpunkt der Ziele des Frauen*streiks aus. Einen Überblick über Forderungen,
Manifeste und Argumente der Bewegung liefert die Seite des Frauen*streiks
unter: https://www.14juni.ch/argumente/

Lohnabhängige
Frauen stellten zweifellos die Hauptkraft des Streiks, auf dessen
Demonstrationen antikapitalistische, antipatriarchale und antirassistische
Parolen stark vertreten waren.

Der historische
Frauen*streik verweist wie die internationalen Mobilisierungen zum 8. März in
den letzten Jahren auf die Entstehung einer neuen proletarischen Frauenbewegung
– mag diese heute auch noch von kleinbürgerlich-feministischen Ideologien,
Formen der Identitätspolitik oder auch von reformistischen Apparaten der
Gewerkschaftsbürokratie dominiert sein.

Für
Hunderttausende, die sich am Kampftag beteiligten, und erst recht für die
vielen AktivistInnen war schon vor dem Streik klar, dass dieser nicht das Ende,
sondern nur ein erster Höhepunkt der Bewegung sein soll. In diesen Tagen und
den kommenden Wochen und Monaten sind Auswertungstreffen und Versammlungen
geplant, die die Perspektiven, Aufgaben und nächsten Schritte der Bewegung
diskutieren und festlegen sollen.

Das kann den Grundstein nicht nur zu einer starken Frauenbewegung der Schweiz legen, sondern auch einen mächtigen, weit über das Land hinausgehenden Impuls liefern. Gerade hinsichtlich der betrieblichen und gewerkschaftlichen Verankerung der Bewegung können wir in Deutschland viel von den AktivistInnen und GenossInnen lernen.

Verbindungen

Vielerorts wurde der Streik mit anderen Themen – Kampf gegen Rassismus, Rechtspopulismus, internationale Solidarität – verbunden und auch die Systemfrage aufgeworfen. Dies verweist auf das Potential nicht nur des Frauen*streiks, sondern auch auf die Rolle, die eine neue Frauenbewegung für die Erneuerung der ArbeiterInnenbewegung spielen kann. Zahlreiche Aktivistinnen gehören außerdem Strömungen der radikalen Linken oder dem linken Flügel der Gewerkschaften an, viele engagieren sich in antirassistischen Kämpfen oder in Bewegungen wie Fridays for Future.

Für diese stellt sich auch die Frage, wie und auf welcher programmatischen Grundlage eine politische Kraft, eine neue revolutionäre ArbeiterInnenpartei in der Schweiz und international aufgebaut werden kann. Die neue Frauenbefreiung kann so auch zu einem mächtigen Impuls für die Revolutionierung der ArbeiterInnenbewegung werden, für die Verbindung des Kampfs gegen jede Form der Unterdrückung mit dem für eine sozialistische Revolution.




Internationaler Frauenkampftag 2019: Eine Bewegung entsteht

Jaqueline Katherina Singh, Neue Internationale 236, April 2019

Millionen Frauen demonstrierten am 8. März gegen Ausbeutung,
Unterdrückung, Diskriminierung, Sexismus und Gewalt.

In Spanien legten wie schon 2018 rund 6 Millionen Beschäftigte
die Arbeit nieder. Der internationale Frauen*streik gipfelte dort erneut in
einer massenhaften Beteiligung gewerkschaftlich organisierter Arbeiterinnen wie
auch ihrer männlichen Kollegen. Ohne den Druck der betrieblichen Basis wäre es
sicher nicht möglich gewesen, diesen Streik so massenhaft zu entfalten.

Die anarchosyndikalistischen Gewerkschaften CNT sowie CGT
hatten ohnedies offiziell zu einem 24-Stunden-Streik aufgerufen. Die zwei
größten, reformistisch geprägten Gewerkschaften, CC.OO und UGT, organisierten
immerhin einen zweistündigen Warnstreik. In manchen Regionen, wie Kastilien-La
Mancha, agierten sie linker und riefen zu einem ganztägigen Generalstreik der
Frauen im öffentlichen Dienst auf. Im Baskenland und Katalonien scheint die
Beteiligung besonders stark gewesen zu sein.

Zweifellos hat das Vorbild der spanischen Frauen auch die
Bewegung in anderen europäischen Ländern inspiriert. In Italien, Belgien und
anderen europäischen Ländern zeigten sich wichtige erste Ansätze von
Frauenstreiks, zu denen auch linke Basisgewerkschaften aufriefen, während sich
die großen Dachverbände CISL und UIL gegen die Bewegung stellten und den
Frauenstreik sogar als „gegen die Frauen gerichtet“ denunzierten.

Besonders groß war die Bewegung auch 2019 in Lateinamerika.
In Chile gingen allein in der Hauptstadt Santiago de Chile 200.000 auf die
Straße. In Argentinien prägten ebenfalls Massendemonstrationen das Bild, die
radikaleren Gewerkschaften riefen zu Streiks auf. In Brasilien demonstrierten
Hunderttausende, auch wenn dort der Fokus der aktuellen Mobilisierung stärker
auf den Streik- und Aktionstag gegen die sog. Rentenreform Ende März gelegt
wurde.

In der Türkei setzten sich tausende Frauen gegen die
Angriffe der PolizeischergInnen Erdogans auf die Demonstration in Istanbul zur
Wehr. Landesweit gingen Zehntausende trotz massiver Repression auf die Straße.

Deutschland

Auch in Deutschland scheint der Frauenstreik angekommen zu
sein. Bundesweit gingen rund 70.000 auf die Straße, in Berlin 20.000 bis
25.000, in Hamburg 10.000, in Leipzig 4.000, in Köln 3.000, München, Freiburg
und Kiel je 2.000, in Kassel und Stuttgart je 1.000. Dies sind deutlich mehr
als in den letzten Jahren, auch wenn von einem massenhaft befolgten politischen
Streik (noch) nicht die Rede sein konnte. Immerhin stellten Beschäftige bei
Amazon in Bad Hersfeld ihre tariflichen Auseinandersetzungen in den Kontext des
Frauenstreiks, organisierten eine Betriebsversammlung – und zeigten damit auch
einen Weg, wie Arbeitsniederlegungen am 8. März zu einer Realität werden
können.

Die Zahlen der Demonstrationen sind jedenfalls ermutigend –
und machen Lust auf mehr.

Dabei stellen sie nur einen kleinen Auszug der Aktionen von
den Frauen dar, die am 8. März überall auf der Welt demonstriert haben.
Insgesamt können wir beobachten, wie immer mehr und mehr Frauen auf die Straße
gehen und für ihre Rechte demonstrieren. So gab es im Jahr 2018 in rund 177
Ländern Proteste, für 2019 liegen uns noch keine endgültigen Zahlen vor. Wenn
wir die Gesamtsituation betrachten, dürfen wir freilich den Blick nicht nur auf
den 8. März legen. Ausgehend von Bewegungen wie Ni Una Menos in Argentinien und
dem Women’s March against Trump in den USA entstanden in Ländern wie Indien
oder Brasilien Massenbewegungen gegen Angriffe auf die Rechte der Frauen,
sexuelle und patriarchale Gewalt (bis hin zum massenhaften Femizid). Zusammen
mit dem Frauen*streik bilden sie seit einigen Jahren den sichtbaren Ansatz
einer neuen, internationalen Frauenbewegung.

Warum?

Der Rechtsruck ist schließlich auch eine Ursache der immer
stärkeren Angriffe auf Frauenrechte. Interessanterweise bleiben diese jedoch
nicht unbeantwortet: Seit mehreren Jahren können wir erleben, wie Frauen sich
zahlenmäßig stark gegen Einschränkungen des Selbstbestimmungsrechts über ihren
eigenen Körper, Gewalt oder die sich verschlechternde ökonomische Situation
wehren. Ob die Schwarzen Proteste in Polen, Ni Una Menos in Argentinien,
Proteste gegen Vergewaltigung in Indien: alles sind Widerstandsmaßnahmen der
letzten Jahre, die im Bewusstsein von Millionen Frauen präsent sind und
teilweise Erfolge errungen haben.

Besonders herauszustreichen ist hier auch der Women’s March
in den USA. Zum Amtsantritt Trumps initiiert, demonstrierten dort rund 3
Millionen Frauen. Dabei blieb es aber nicht: In anderen Großstädten auf der
Welt solidarisierten sich Frauen und gingen unter dem gleichen Namen für
Frauenrechte auf die Straße. Neben One Billion Rising stellt diese eine der
größten  Aktionen dar, die zeigten,
dass sich unter einem gleichen Slogan Proteste länderübergreifend koordinieren
lassen und somit eine wichtige Grundlage für Vernetzungen und eine
internationalistische Ausrichtung der lokalen Aktionen gelegt werden kann.

Wir als Organisation glauben, dass diese Proteste zwei
größere Ursachen haben.

Auf der einen Seite gibt es Angriffe auf bereits bestehende,
erkämpfte Rechte: Sparmaßnahmen wie Streichungen der Kitaplätze; Teuerung von
Pflegeangeboten; Versuche, Abtreibungsrechte einzuschränken seitens der
Regierung und der Rechten. Das heißt, ein Teil der Kämpfe ist defensiv.

Auf der anderen Seite gibt es auch immer mehr wachsende
Proteste, vor allem in Asien. Dies hat mit einem generellen Wachstum der
ArbeiterInnenklasse auf diesem Kontinent zu tun. Frauen werden dort mehr und
mehr in die Produktion einbezogen. Damit wächst auch gleichzeitig ihre
Doppelbelastung durch Lohn- und Reproduktionsarbeit (also Haushalt, Erziehung,
Pflegearbeit). Gleichzeitig ermöglicht ihnen das mehr Zugang zu Bildung und
eine gewisse ökonomische Unabhängigkeit, sodass ihre Lage nicht nur durch
doppelten Druck und die Last erz-reaktionärer Unterdrückung geprägt ist,
sondern auch Möglichkeiten schafft, vermehrt und aktiver für ihre Rechte zu
kämpfen.

Das alles führt uns zu den Fragen: Wie können wir dieses
Potenzial nutzen und den Kampf gegen Ungleichheit und Unterdrückung erfolgreich
führen?

Es bedarf dazu einer internationalen Bewegung – einer, die
die unterschiedlichen Probleme, die Frauen weltweit betreffen, zusammenfasst
und eine gemeinsame Perspektive aufwirft. Ob nun von der Muslima, die das Recht
hat, ihren Glauben so zu praktizieren, wie sie es möchte, über schwarze Frauen,
die nicht länger der massiven Polizeigewalt und rassistischen Angriffen
ausgesetzt sein wollen, bis hin zur pakistanischen Arbeiterin, die nicht länger
für einen Hungerlohn arbeiten will, ob für geflüchtete Frauen oder die
Pflegerin hier in Deutschland: Es ist unsere Aufgabe, für die unterschiedlichen
Situationen die Gemeinsamkeiten in der sexistischen Unterdrückung deutlich zu
machen und eine internationale Perspektive zu formulieren. Wenn wir diese
aktuellen Kämpfe betrachten, dann lassen sich 5 konkrete Forderungsblöcke
daraus ableiten:

1. Volle rechtliche Gleichstellung und Einbeziehung in den
Produktionsprozess!

2. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!

3. Für die Selbstbestimmung über den eigenen Körper!

4. Recht auf körperliche Unversehrtheit!

5. Vergesellschaftung der Hausarbeit!

Das sind alles Forderungen, die sich auf viele grundlegende
Problematiken beziehen, mit denen wir Frauen – und damit meinen wir in erster
Linie die Masse der Frauen aus der ArbeiterInnenklasse, der
Bauern-/Bäuerinnenschaft und den nicht ausbeutenden Schichten der städtischen
Mittelschichten – zu kämpfen haben. Und um diese mit Leben zu füllen, müssen
wir die Proteste, die es gibt, miteinander koordinieren. Es bedarf zweierlei:
einmal einer Möglichkeit, wo sich die unterschiedlichsten Aktivistinnen
austauschen können, denn es gibt bereits Kämpfe, die vernetzt und verbunden
werden müssen. Aktionskonferenzen in Anlehnung an die Sozialforen könnten da
eine Möglichkeit sein.

Der zweite Punkt ist die Basisorganisierung der Bewegungen
vor Ort. Wir müssen uns dort, wo wir uns tagtäglich bewegen, organisieren,
demokratische Strukturen geben – z. B. Vollversammlungen, um zu Aktionen zu
mobilisieren und die Probleme international mit denen vor Ort zu verbinden, um
nicht nur diejenigen zu erreichen, die sich bereits dafür interessieren. Damit
das passiert, ist es ebenfalls wichtig, Druck auf bereits bestehende
Organisationen wie beispielsweise Gewerkschaften auszuüben und dort aktiv
einzugreifen. Der Frauenstreik in Spanien ist vor allem deshalb so groß, weil
sich Gewerkschaftsgliederungen bewusst daran beteiligen und dafür auch
mobilisieren. Denn nur wenn wir eine Bewegung sind, die ihre Basis auf der
Straße hat und nicht nach einem Tag verschwunden ist, können wir unsere
Forderungen durchsetzen!

Die Bewegung, die am 8. März weltweit sichtbar wurde, birgt
das Potential, zu einer neuen proletarischen Frauenbewegung zu werden, einer,
die die Befreiung der Frauen und LGBTIA-Menschen als Teil des Klassenkampfes
betrachtet und mit einer revolutionären Perspektive verbindet. So kann sie
zugleich auch zu einer Vorkämpferin für eine neue, revolutionäre Internationale
werden.




Heraus zum Internationalen Frauentag!

Liga für die Fünfte Internationale, Infomail 1045, 7. März

Am 8. März, dem Internationalen Frauentag, werden Millionen
von Frauen weltweit auf Demonstrationen und Massenveranstaltungen versammeln.
In einer Reihe von Ländern werden sie, wie in den letzten Jahren, den Aufruf zu
einem weltweiten Frauenstreik folgen. In Spanien nahmen noch nie dagewesene
sechs Millionen Menschen den Appell von Frauenorganisationen und FeministInnen
auf, dem sich auch BasisgewerkschafterInnen anschlossen, die erfolgreich
Streiks initiierten und die GewerkschaftsfunktionärInnen soweit unter Druck
setzen konnten, dass diesen keine andere Wahl blieb, als den Streik
stillschweigend zu unterstützen.

Ein zentrales Anliegen der OrganisatorInnen ist es, nicht
nur die Arbeit von Frauen in den Fabriken, auf dem Land, in Krankenhäusern,
Schulen, Geschäften und Büros sichtbar zu machen, sondern auch die unbezahlten
Arbeiten, die Frauen jeden Tag zu Hause ableisten.

Indem sich der globale Frauenstreik auf arbeitende Frauen
konzentriert, wie es die InitiatorInnen des 8. März vor mehr als einem
Jahrhundert taten, markiert er einen wichtigen Schritt voran. Alle
SozialistInnen, KommunistInnen, ja alle Organisationen der ArbeiterInnenklasse
und der Unterdrückten und insbesondere die Massenmitgliedschaft der
Gewerkschaften sollten den Aufruf unterstützen, damit ein riesiger globaler
Streik zur Realität wird.

Es liegt auf der Hand, dass wir noch einen langen Weg vor
uns haben, aber jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt und in den letzten
zehn Jahren wurden einige wichtige Schritte unternommen.

In Lateinamerika haben wir Massenbewegungen gegen Femizide
und Gewalt gegen Frauen wie „Ni una menos“ („Keine Frau weniger!“) in
Argentinien oder „Ele Não“ („Nicht er!“) in Brasilien erlebt. In den
Vereinigten Staaten vereinigten sich Millionen von Frauen in den Märschen gegen
Trump und seine sexistische Agenda.

Auch in vielen asiatischen Ländern ist die
ArbeiterInnenklasse nicht nur um Millionen Frauen angewachsen. Sie haben auch
Massenkämpfe initiiert. In Indien demonstrierten Millionen Menschen gegen
Sexismus, Gewalt, sexuellen Missbrauch, Belästigung und reaktionäre religiöse
Verbote, welche sich gegen Frauen richten. Auch bei dem 150 Millionen starken
zweitägigen Generalstreik im Januar dieses Jahres spielten Arbeiterinnen eine
wichtige Rolle.

In Ländern wie der Türkei haben sie trotz Verboten und
polizeilicher Repressionen in großer Zahl demonstriert und werden dies auch
weiterhin tun. Selbst in Saudi-Arabien haben wir mutige Frauenproteste erlebt.

In Europa gingen in Polen, Irland und Spanien riesige
Bewegungen zur Verteidigung des Abtreibungsrechts auf die Straße – im
Zusammenstoß mit der Agenda der Kirchen und RechtspopulistInnen. Kurz gesagt,
wir haben den Aufstieg einer neuen globalen Frauenbewegung erlebt.

Angriffe von rechts

Diese neue Bewegung ist zu einem großen Teil das Ergebnis
der Veränderungen im globalen Kapitalismus, insbesondere seit der großen
Rezession, die die Lebensbedingungen der Masse der Frauen umgekrempelt haben.
Millionen in den Halbkolonien wurden zu Lohnarbeiterinnen, aber für die meisten
bedeutet das, dass sie jetzt die doppelte Last von Ausbeutung und Belästigung
am Arbeitsplatz und zuhause zu tragen haben.

Frauen verdienen immer noch weniger als Männer, oft weniger
als die Hälfte des Lohns von männlichen „Arbeitnehmern“ im gleichen
Wirtschaftszweig. Sie werden häufiger zu Niedriglohnarbeit gezwungen, in
kurzfristige und äußerst prekäre Verträge gedrängt.

Darüber hinaus hat der Neoliberalismus viele der sozialen
Errungenschaften der Frauen- und ArbeiterInnenbewegungen untergraben oder gar
zerstört. Die Angriffe auf Sozialleistungen, die Privatisierung und
Kommerzialisierung von Sozialdiensten wie Gesundheit, Kinderbetreuung, Bildung,
Altenpflege bis hin zu öffentlichen Verkehrsmitteln betreffen Frauen
überproportional. Diese Entwicklungen verstärken noch zusätzlich ihre
Doppelbelastung durch unbezahlte Hausarbeit und schlecht bezahlte Arbeit in den
Fabriken, Sweatshops oder auf den Feldern.

Migrantinnen, Flüchtlinge und LGBTIA-Personen sind besonders
stark betroffen, da ihnen oft sogar die grundlegenden demokratischen Rechte der
BürgerInnen der Länder, in denen sie Arbeit und Zuflucht suchen, verweigert
werden. Nachdem sie vor Kriegen, Invasionen, Gewalt und Überausbeutung aus
ihrer Heimat geflohen sind, werden sie nun in den Ländern, in denen sie
Zuflucht suchen, mit Rassismus, Missbrauch und Überausbeutung konfrontiert.

Nach den blutigen Konterrevolutionen, die den Arabischen
Frühling besiegten, geht der Aufstieg der extremen Rechten, des
Rechtspopulismus, des religiösen Fundamentalismus aller Art und sogar des
Faschismus weltweit immer einher mit einem Ansturm auf die Frauenrechte.

Diese Angriffe treffen die ArbeiterInnenklasse und die
Bauern/Bäuerinnen besonders hart, bedrohen aber auch die Errungenschaften der
Frauen der Mittelschicht oder in akademischen Berufen- und diese reaktionären
Kräfte werden nicht aufhören, wenn sie nicht bekämpft und besiegt werden. Die
Trumps und Bolsonaros, die Kaczyńskis und Erdogans, die Modis und bin Salmans
dieser Welt werden nicht ohne einen entschlossenen und mutigen Kampf der Massen
verschwinden.

Die religiösen ReaktionärInnen – seien es christliche
Evangelikale, Katholiken, Islamisten, Hinduisten oder buddhistische
Fundamentalisten – sind eng mit dem Aufstieg der Rechten, den Angriffen auf
demokratische Rechte und dem Übergang zum Autoritarismus oder gar zu offenen
Diktaturen verbunden. Frauen in eine untergeordnete Rolle zu zwingen, eine
geschlechtsspezifische soziale Arbeitsteilung zu stärken, reaktionäre Angriffe
auf „Genderismus“ und Feminismus, all das geht Hand in Hand mit einem Anstieg
des männlichen Chauvinismus und einer Verharmlosung von Sexismus und Machismus
aller Art.

Internationale Antwort

Dieser globale Ansturm erfordert eine globale Antwort. Der
Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen und für die Rechte der LGBTIA-Menschen
ist ein wichtiger Teil des globalen Kampfes gegen neoliberale Angriffe,
kapitalistische Ausbeutung, den zunehmenden Rassismus, Umweltzerstörung und die
Bedrohung durch Krieg und Besatzung. In der nächsten Runde der kapitalistischen
Krise werden diese Millionen von Menschen noch mit größerer Wucht treffen. Der
Kampf um die Neuaufteilung der Welt zwischen den großen imperialistischen
Mächten und den Möchtegern-Regionalmächten, der den Aufstieg von Nationalismus,
Chauvinismus und Rassismus vorantreibt, verweist auf die Notwendigkeit, den
Kampf für die Frauenbefreiung zu koordinieren, der selbst ein unverzichtbarer
Teil des Klassenkampfes ist.

Der Internationale Frauentag und der globale Frauenstreik
können und müssen ein Sammelpunkt sein sowohl für den Aufbau einer wirklich
internationalen und internationalistischen Frauenbewegung als auch für die
Wiederbelebung der globalen ArbeiterInnenbewegung.

Dazu müssen wir fordern, dass die Führungen der
ArbeiterInnenorganisationen, der Gewerkschaften und Parteien sowie die
Organisationen der Frauenbewegung die stattfindenden Aktionen, Streiks,
Massenkundgebungen und Demonstrationen am 8. März unterstützen.

Zu lange wurde der Internationale Frauentag als „Feier“ des
„Wie weit sind wir doch gekommen“ durchgeführt mit der impliziten
Selbstzufriedenheit der Minderheit von Oberschichtfrauen mit ihren
individuellen „Errungenschaften“. Tatsächlich muss es ein Tag des Massenkampfes
sein, eine wütende Demonstration dafür, wie weit wir noch gehen müssen, um die
Gleichstellung zu erreichen. Es muss eine Warnung an die HerrscherInnen der
Welt sein. Wie sie im südafrikanischen Kampf gegen die Apartheid sagten: „Wenn
du eine Frau schlägst, schlägst du gegen einen Fels!“

Innerhalb der Bewegung müssen wir die Notwendigkeit betonen,
über eintägige oder national ausgerichtete Aktionen hinauszugehen, die oft als
Reaktion auf extrem reaktionäre Angriffe erfolgen. Die Frauenbewegung, die
AnhängerInnen des globalen Frauenstreiks, sollten die Initiative ergreifen, um
nationale, regionale und globale Aktionskonferenzen sowie Delegiertentreffen
zur Koordinierung der Kämpfe einzuberufen. Diese Initiative würde sich
natürlich auf den Wiederaufbau einer globalen Frauenbewegung konzentrieren,
aber sie sollte auch alle anderen Schlüsselfragen des internationalen
Klassenkampfes ansprechen: Ausbeutung, Rassismus, Autoritarismus,
Umweltzerstörung, imperialistische Plünderung und Krieg.

Dabei sollte sie dem historischen Beispiel der
sozialistischen Frauenbewegung vor und während des Ersten Weltkriegs folgen und
als eine der dynamischsten und fortschrittlichsten Kräfte auftreten, um eine
Opposition gegen Imperialismus und Kapitalismus um sich zu sammeln und so die
Schaffung einer neuen revolutionären Internationale zu fördern.

Eine solche Perspektive wird eindeutig eine politische
Klärung und einen Kampf innerhalb der Bewegung erfordern. Die liberalen
bürgerlichen Kräfte wie die US-Demokratinnen und bürgerlichen oder
kleinbürgerlichen Feministinnen, aber auch die reformistischen Parteien und
Gewerkschaftsführungen haben die Frauenbewegung im Stich gelassen. Entweder
wollen sie Frieden mit einem „reformierten“ oder liberaleren Kapitalismus
schließen oder lehnen eine Strategie ab, die die Zusammenführung der Massen der
ArbeiterInnenklasse und die Schaffung einer Frauenbewegung der ArbeiterInnen in
den Mittelpunkt stellt. Entweder weigern sie sich, die Tatsache anzusprechen, dass
die Unterdrückung der Frauen selbst mit dem kapitalistischen System verbunden
ist oder befürworten nicht die notwendigen Mittel, um es zu stürzen. Wie alle
anderen Formen der sozialen Unterdrückung kann die von Frauen nicht überwunden
werden, ohne die kapitalistische Ausbeutung selbst zu bekämpfen.

  • Hinaus zum Internationalen Frauentag!
  • Für eine neue, globale proletarische Frauenbewegung!
  • Verbindet den Kampf für die Befreiung  der Frauen und LGBTIA-Menschen mit dem gegen den Kapitalismus!



Frauenstreik 2019 – aber richtig!

Anne Moll, ArbeiterInnenmacht, Fight, Revolutionäre Frauenzeitung Nr. 7, März 2019

Am 10. November
2018 fand in Göttingen das erste Vernetzungstreffen zur Planung eines
internationalen Frauenstreiks am 8. März 2019 statt.

Auf diesem
Treffen wurde ein gemeinsamer Aufruf für den 8. März 2019 verabschiedet und
eine Planung, wie dessen Umsetzung in Deutschland möglich ist. Mittlerweile
existieren zudem lokale Strukturen in
zahlreichen Städten.

„Wenn Frau
will, steht alles still…“?

Auch wenn es
für viele Frauen in der BRD heute kaum vorstellbar ist, ohne Tarifrunde, also
für eigene Frauenthemen die Arbeit niederzulegen: Solche Streiks gab es in der
Vergangenheit und sie sind international gar keine Seltenheit! Wie wir schon in
einer früheren Ausgabe der Neuen Internationale im Artikel „Frauenstreik – ja
bitte!“ ausgeführt haben, legten Millionen Frauen seit 1975 in Europa die
Arbeit nieder und gingen auf die Straße, um gerechte Bezahlung, bessere
Kinderbetreuung, Stopp der Gewalt gegen Frauen oder die Selbstbestimmung über
ihre Körper zu fordern – in Deutschland zuletzt 1994 mit knapp einer Million
TeilnehmerInnen.

Das Problem ist
dabei immer wieder die Frage der Protestform. Die Frauenorganisationen, die aus
dem bürgerlichen Spektrum kommen, lehnen den Begriff Streik und damit natürlich
auch dessen praktische Ausführung ab. So überstimmten sie die radikalen
Frauengruppen z. B. 1975 in Island und eine wirklich große Kampfaktion
wurde unter dem so gar nicht kämpferischen Slogan „Frauen-Ruhetag“ angekündigt.
Unter gewerkschaftlich organisierten Frauen konnte dann immerhin der Slogan
„Frauenprotesttag“ 1994 in Deutschland durchgesetzt werden. Betriebliche
Streikaktionen wurden aber abgelehnt mit der Begründung, politische Streiks
seien in der BRD illegal. Womit wir bei dem eigentlichen Problem wären: Es ist
dringend notwendig, dass sich politisch einiges ändert, sich die Situation von
Millionen Frauen hierzulande bzw. weltweit Milliarden verbessert. Es muss sich
noch viel ändern, damit das Wort Gleichstellung überhaupt ausgesprochen werden
darf. Wesentlich ist aber die Frage: „Wie erreichen wir das?“

Wer wird
politisch etwas mehr als schöne Worte und einen Butterkeks für Frauenrechte
tun, wenn wir nicht über legale Protestformen hinausgehen? Wenn wir durch
konsequente und sehr energische Maßnahmen nicht zeigen: Die Ansage „Wenn wir
wollen, steht alles still!“ beinhaltet auch Streikmaßnahmen? Und es ist uns
ernst mit der vollständigen Gleichberechtigung, die natürlich auch bedeutet,
dass Frauen in dieser Gesellschaft besonderen Schutz benötigen.

Genau darum
brauchen wir einen politischen Streik für die durch ihn erreichbaren
Forderungen aus dem Göttinger Aufruf. Ein politischer Streik richtet sich im
Gegensatz zu wirtschaftlichen Forderungen einzelner Branchen an und gegen den
Staat mit der Aufforderung, Maßnahmen zu ergeifen, die im Interesse aller
Arbeiterinnen liegen: zur Vergesellschaftung des Reproduktionssektors, der
Haus-, Pflege- und Sorgearbeit, gegen Pflegenotstand; zur faktischen
Gleichstellung mit den Männern vor dem Gesetz, bei Löhnen und Arbeitsbedingungen;
zur Abschaffung der Abtreibungsgesetze; gegen Altersarmut; für gleiche
StaatsbürgerInnenrechte aller, die hier leben; für offene Grenzen…Ein
politischer Streik bündelt also die Interessen der gesamten
ArbeiterInnenklasse. Sie sollte sich auch als Ganze daran beteiligen
einschließlich ihrer Männer – vom politischen Massenstreik bis hin zum
Generalstreik zur Durchsetzung der Forderungen!

An zwei
wesentlichen Punkten mangelt es zum Verständnis, warum es tatsächlich notwendig
ist, einen Frauenstreik, der sowohl dem Kampfbegriff als auch der notwendigen
Aktion gerecht wird, durchzusetzen:

Erstens am
fehlenden Klassenstandpunkt: Viele haben kein Verständnis, für welche
Interessen wir denn kämpfen. Da kommt immer schnell das Argument: Wir Frauen
haben alle die gleichen Bedingungen und kämpfen gemeinsam für die gleichen
Forderungen. Jede Kritik daran wird mit dem Argument „Wir lassen uns nicht
spalten!“ abgewürgt.

Und trotzdem
ist es eine Tatsache, dass sich bürgerliche
Frauen viel von den Forderungen für mehr Gleichstellung kaufen können, sie weit
eher in der Lage sind, sich aus gewalttätigen Beziehungen zu befreien, oder
eine Abtreibung unabhängig von der Gesetzgebung sicher durchführen lassen können (z. B. im Ausland). Je besser
ihre ökonomische Lage, desto mehr Möglichkeiten haben sie, sich ein angenehmes
Leben zu organisieren oder den Beruf
auszuüben, den sie möchten.

Außerdem kommt
dazu, dass sie sich selten mit der ArbeiterInnenklasse solidarisieren, denn
ihre bürgerlichen Regierungen werden tatsächlich mit allen Mittel versuchen,
unseren Kampf zu stoppen – je konservativer, desto härter! Und dazu gibt es
Repression und das könnte durchaus heißen, dass sie ihren Status verlieren oder
zumindest angegriffen werden. Nur die Arbeiterinnen, um derentwillen die
Forderungen unterstützt werden müssen und für die sie wirklich relevant sind,
haben eh nichts zu verlieren, aber viel zu gewinnen: die gezwungen sind, auch
den schlechtesten Job zu machen, sich zu prostituieren oder sexuelle
Belästigungen durch ihre Vorgesetzten auszuhalten, wenn sie nicht gefeuert
werden wollen.

Zweitens geht
es leider auch vielen Gewerkschaften darum, die Kontrolle über die Bewegung zu
behalten. So wichtig es ist, gewerkschaftlich organisiert zu sein, um diese
Anliegen durchzusetzen, so wichtig ist zu erkennen: In welchem Kontext agieren
diese Gewerkschaften? Warum unterstützen sie nicht bedingungslos die
Forderungen und Proteste der Ärmsten und Unterdrücktesten? Und besonders in der
BRD steht unseren Interessen die Kontrolle und Zähmung der DGB-Gewerkschaften
durch ihre leitenden FunktionärInnen, zumeist Mitglieder der bürgerlichen
ArbeiterInnenpartei SPD, entgegen. Sie unterstützen schon sehr lange alle
kapitalistischen Interessen mit dem leider wirksamen Argument der Standortsicherung.
Damit wird jeder weitere Einschnitt für die Lohnabhängigen gerechtfertigt,
neoliberale Politik mitgetragen. Als alternativlos werden auch immer wieder
Krisenkosten auf die ArbeiterInnenklasse abgewälzt.

Umso wichtiger ist es deshalb, dass das Thema (politischer) Streik auf die Tagesordnung kommt und diskutiert wird. Wir unterstützen die Bewegung für einen Frauenstreik international und bringen unsere klassenkämpferische Politik in die Vorbereitungen ein.

Und die nächsten Schritte?

Wie könnten die ersten Schritte aussehen, damit die Mobilisierung und die viele Arbeit von 2019 nicht schon im nächsten Jahr verpufft? In Deutschland
ist es deshalb schon nicht so einfach, Menschen in den Betrieben während der
normalen Lohnrunden zu mobilisieren, weil die Gewerkschaftsbonzen sehr stark
Aktionen kontrollieren, ja ausbremsen, wenn sie nicht in den gewerkschaftlichen
Schulterschluss mit Sozialdemokratie und UnternehmerInnen passen. Die
DGB-Gewerkschaften möchten ihr Image als verlässliche Partnerinnen der
Kapitalinteressen nicht gefährden. Deshalb werden sie erst recht nicht oder nur
sehr vereinzelt in Ortsgruppen oder Betrieben bereit sein, zum 8. März
überhaupt zu mobilisieren.

Die ersten
Schritte müssen also von den Beschäftigten ausgehen. Der erste Schritt bestünde
darin, dass sich die Streikbereiten organisieren, ihre Führungen auffordern,
zum Streik aufzurufen. Nur wenn wir kollektiv Druck auf die
Gewerkschaftsführung ausüben, schaffen wir es, sie in Bewegung zu bringen. Ein
realistischer Weg dahin, möglichst viele Kolleginnen, aber auch Kollegen für
diese Idee zu gewinnen, besteht in der Aufforderung an die Betriebsräte, vor
dem 8. März eine Betriebsversammlung in ihrem Betrieb durchzuführen. Und genau
diese Versammlung sollte das Thema Frauenstreik diskutieren. Was wollen wir? Wofür
müssen wir streiken? Welche Rechte haben wir? Usw., usf.

Als Beispiel
sei hier der Frauenstreik 2018 in Spanien genannt. Die offizielle
Gewerkschaftsführung wollte nicht zum politischen Frauenstreik aufrufen, aber
die gewerkschaftlich organisierten Frauen taten es und organisierten
selbstständig die betrieblichen Streiks. In Deutschland kocht seit Monaten das
Thema Pflegenotstand. In vielen Städten gibt es Bündnisse für mehr Personal im
Krankenhaus. Dies Thema ist ebenso wie höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen,
wie gute Kinderbetreuung und Selbstbestimmung über unsere Körper ein gutes zur
Mobilisierung. Die Gewalt gegen Frauen hat in den letzten Jahren zugenommen.
Und sie fängt nicht erst bei Schlägen an, sondern damit sind auch verbale
Verletzungen und Abwertungen gemeint, sexistische Anmache, Bevormundung und
Isolation. Die Schutzräume für von Gewalt betroffene Frauen werden nur sehr
unzureichend vom Staat finanziert. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist
ein wichtiges Thema im Kampf um Gleichberechtigung. Ein weiteres ist die
unbezahlte Hausarbeit, die überwiegend von Frauen geleistet wird und selten
überhaupt Erwähnung findet. Das alles sollten wir bei Streikaktionen,
Versammlungen und Demonstrationen am 8. März diskutieren und dafür unseren
Widerstand organisieren.

Zusätzlich zu
dem Vorschlag, v. a. die weiblichen Gewerkschaftsmitglieder und
unorganisierten Beschäftigten in den Branchen mit hohem Frauenanteil (Pflege,
Einzelhandel, Gastronomie, Gesundheitswesen, Bildung und Erziehung…) zuvorderst zum Streik aufzurufen, treten wir dafür
ein, am 8. März einen Bildungsstreik zu organisieren und alle SchülerInnen und
StudentInnen zu mobilisieren, damit sie einen ökonomisch wirksamen
Erzwingungsstreik mit ihren stärksten Mitteln unterstützen können. Generell ist
es uns wichtig zu betonen: Wir kämpfen für die gesamte ArbeiterInnenklasse und
unsere Themen sind auch die der Männer unserer Klasse. Wir sollten gemeinsam
gegen die Unterdrückung des Kapitalismus antreten!

Politischer
Frauenstreik illegal? Scheißegal!




Männer beim Frauenstreik?!

Resa Ludivien, Sympathisantin, Fight, Revolutionäre Frauenzeitung Nr. 7, März 2019

„Frauen*streik 2019“, schon
allein der Name dieses Bündnisses hat eine eindeutige politische Aussage. Frauen* legen die Arbeit nieder, nicht nur um
ihre Sichtbarkeit zu zeigen, sondern auch um auf Themen aufmerksam zu machen,
die allzu oft als niedrigschwellige Probleme abgetan oder belächelt werden.
Dazu gehören der alltägliche Sexismus, dem Frauen ausgesetzt sind, aber auch
ihre besondere Rolle im Berufsalltag prekärer Jobs, z. B. in der Pflege.
Oder eben auch die alltägliche Mehrarbeit, die Frauen in Form unbezahlter
Haus-/Reproduktionsarbeit leisten.

Sollten Männer sich also an diesem Ereignis beteiligen oder
ist dieser Kampf nur den Frauen vorbehalten?

Diese Frage ist nicht nur im Kontext des anstehenden
Streikes, sondern auch darüber hinaus in der antisexistischen bzw. politischen
„Frauen“arbeit immer wieder Thema. Eng damit verbunden ist die Frage, was für
einen Kampf wir führen wollen und warum. Ebenso umstritten bleibt, ob der Streik,
also eines der wirksamsten politischen und ökonomische Druckmittel, das
ArbeiterInnen im Kapitalismus haben, der Raum sein sollte, den Frauen sich
nehmen, weil er ihnen sonst verwehrt oder von Männern vereinnahmt wird.

Unsere Antwort darauf: Männerbeteiligung ist nicht nur
erwünscht, sondern sogar notwendig zum Erreichen unserer Ziele. Zwar sehen wir
auch die Probleme einer Beteiligung von Männern wie beispielsweise die
Möglichkeit, dass sie sich im Streik an dessen Spitze setzen. Aber unser Ziel
ist eben nicht nur die Bekämpfung der Symptome von Frauenunterdrückung, sondern
auch ihrer Ursachen. Aus unserer Sicht liegen diese im Vorhandensein
kapitalistischer Produktionsverhältnisse, welche davon profitieren und sie
deshalb konservieren und fördern. Nur mit einem gemeinsamen Kampf der gesamten
ArbeiterInnenklasse können sie überwunden werden. Ein Ausschluss der männlichen
Mitglieder der ArbeiterInnenklasse würde lediglich den Streik schwächen und
somit den ökonomischen Druck auf die herrschende Klasse stark unterminieren.

Wofür effektiv streiken?

Alle Forderungen, die gegen die Spaltung der Klasse
gerichtet sind, sollten wir unterstützen, z. B. offene Grenzen als
wichtige Vorbedingung für Antirassismus. Maßnahmen zur Vergesellschaftung der
Hausarbeit müssen eingeleitet werden, damit die Arbeit auf alle Hände und Köpfe
gleich verteilt werden kann und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung
überwunden wird (z. B. gegen Pflegenotstand, für öffentliche und
kostengünstige Kantinen, Wäschereien, Kinderbetreuung). Diese Vorgehensweise
liegt auch im historischen Interesse der Männer unserer Klasse ebenso wie die
rechtliche und wirtschaftliche Geschlechtergleichstellung (Arbeitszeiten und -bedingungen,
Mindestlohn, gleiche Bezahlung für gleiche Tätigkeiten). Von daher ist ein
gemeinsamer Streik auch ein wichtiges Mittel gegen den Antifeminismus vieler
männlicher ProletarierInnen, die leider nur allzu oft in ihren Kolleginnen
v. a. Konkurrentinnen sehen, die sie im Schulterschluss mit den
Herrschenden herabsetzen und unterdrücken wollen.

Wie richtig streiken? Kontrolle durch die Basis!

Sie sollten gemeinsam mit ihren Kolleginnen die
Gewerkschaftsspitzen auffordern, den Streik auszurufen, sich aber an der Basis
organisieren, um die Kontrolle über den Kampf in ihre eigenen Hände zu nehmen,
statt den trügerischen Manövern und Verhandlungen der Gewerkschaftsbürokratie
zu vertrauen. Diese Organisation kann den Keim einer zukünftigen
klassenkämpferischen, antibürokratischen Basisoppositionsbewegung bilden mit
dem Ziel, die Gewerkschaften wieder zu Klassenkampfinstrumenten zu machen. Dazu
muss der reformistische, Sozialpartnerschaft mit den UnternehmerInnen treibende
Apparat entmachtet werden.

Was tun, damit der Frauenstreik seinem Namen gerecht wird?

Ziel sollte es sein, dass nicht nur frauenspezifische Themen
im Mittelpunkt stehen, sondern auch die Sichtbarkeit von Frauen gefördert wird.
Im Voraus ist es daher notwendig, dass es eigenständige Organisationsstrukturen
neben den gemeinsamen Streikkomitees gibt wie die bereits in vielen deutschen
Städten existierenden Frauenstreikversammlungen. Diese ermöglichen es den
Frauen besser, eigene Forderungen aufzustellen, und verhindern gleichzeitig
eine Vereinnahmung durch andere Teile der ArbeiterInnenklasse effektiver.

Wie bereits festgestellt, ist Sexismus fester Bestandteil
kapitalistischer Verhältnisse und der Kampf dagegen sollte getreu dem Motto
„Keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus – kein Sozialismus ohne
Frauenbefreiung“ geführt werden. Daher sollten auch Männer diesen Kampf
unterstützen, indem sie sich mit dem Frauenstreik solidarisieren, zum Beispiel
durch Beteilung an Streikaktionen im Betrieb.




8. März: Beteiligt Euch am Frauenstreik!

Gegenwehr! Betriebs- und
Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Februar 2019

Am 8. März, dem internationalen Frauenkampftag, demonstrieren weltweit Millionen Frauen gegen Unterdrückung, Ungleichheit, Sexismus, Diskriminierung, Gewalt, geringere Löhne und die Last der Hausarbeit.

Gründe gibt es genug. Trotz jahrzehntelanger Kämpfe der
Frauenbewegung und der ArbeiterInnenbewegung verdienen Frauen noch immer
deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen – für die gleiche Arbeit und auch
in Deutschland. Der Lohnunterschied beträgt hier über 20 Prozent. Das bedeutet
nicht nur Diskriminierung im Arbeitsleben, sondern auch geringere Renten im
Alter. Das „Armutsrisiko“ von alleinerziehenden Frauen ist deutlich höher als
das ihrer Kollegen – obwohl (oder weil) sie den Großteil der Hausarbeit leisten
müssen.

Frauen sind bis heute von sexueller und physischer Gewalt,
von sexistischen Sprüchen und Belästigung betroffen – auch und gerade in der
Familie und im Freundeskreis.

Grund genug, am 8. März auf die Straße zu gehen und die
Arbeit niederzulegen. In den letzten Jahren fanden in vielen Ländern
Frauenstreiks statt – mit bis zu 6 Millionen Streikenden im letzten Jahr in
Spanien. 2019 soll der Funke auch auf Deutschland überspringen – beteiligt Euch
daher am Frauenstreik! Die Männer können und sollen durch Solidaritätsaktionen
und Streiks ihre Kolleginnen unterstützen! Die Gewerkschaften und Betriebsräte
sollten zu Streiks und Betriebsversammlungen aufrufen. Im öffentlichen Dienst
könnten auf diesen Tag Warnstreiks gelegt werden! So kann ein erster Schritt
getan werden, ArbeiterInnenklasse, Gewerkschaften, Studierende, Auszubildende,
SchülerInnen und Frauenbewegung in der Aktion zu vereinen!

Auf der Seite des bundesweiten Bündnisses findet ihr dessen
Aufruf und die Termine der Demonstrationen und Aktionen in den einzelnen
Städten unter: https://frauenstreik.org/event/streik/