USA: Wie können US-Gewerkschaften das Streikverbot niederschlagen?

Dave Stockton, Infomail 1208, 22. Dezember 2022

Während die Eisenbahner:innen in Großbritannien mit den Drohungen der Tory-Regierung konfrontiert sind, ihre Streiks durch „Mindestdienst“-Gesetze unwirksam zu machen, wurde die Streikabstimmung von 115.000 US-Güterbahner:innen für menschenwürdige Arbeitsbedingungen gerade vom Kongress „beiseitegeschoben“. Und zwar nicht von den rechten Republikaner:innen, sondern von „Arbeiter Joe“ Biden und den Demokrat:innen, die sich als „Freund:innen der Arbeit,nehmer’:innen“ ausgeben und das Geld der Gewerkschaften und die Unterstützung der Mitglieder bei Wahlen annehmen.

Gesetz

Am 2. Dezember unterzeichnete US-Präsident Biden ein Gesetz, das die Eisenbahner:innen daran hinderte, einen landesweiten Streik für bessere Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen zu beginnen. Biden, der sich selbst als „arbeiter:innenfreundlichster Präsident in der amerikanischen Geschichte“ bezeichnet hat, hat den Beschäftigten, die seit drei Jahren keine Gehaltserhöhung erhalten haben, ganz einfach das Streikrecht genommen.

Sie kämpften für einen 15-tägigen bezahlten Krankenurlaub pro Jahr und für Änderungen bei der Zeit- und Personalplanung, damit die Arbeiter:innen nicht mehr gezwungen sind, zermürbende Arbeitszeiten zu leisten. Gegenwärtig erhalten die Beschäftigten keine Krankheitstage, und viele haben keine Zeit, sich mit ihrer Familie zu treffen oder sich ausreichend zu erholen.

Als im Sommer dieses Jahres eine landesweite Stilllegung der Eisenbahn möglich wurde, eilte die Regierung auf der Grundlage des arbeiter:innenfeindlichen Eisenbahnarbeitsgesetzes von 1926 … den Bossen zu Hilfe.

Biden setzte die Präsidiale Notstandsbehörde (PEB) ein, um die Verhandlungen zu verfolgen und eine Einigung zu erzielen. Die vorläufige Vereinbarung, die der Kongress nun wahrscheinlich durchsetzen wird, wurde von der Regierung Biden im September ausgehandelt.

Acht der 12 an den Verhandlungen beteiligten Gewerkschaften stimmten dem Vertrag zu, die anderen vier, die 55 Prozent der Beschäftigten vertreten, lehnten ihn jedoch ab. Da die vorgeschriebene Bedenkzeit abläuft, hätte ein Streik am 9. Dezember beginnen können. Die Gewerkschaftsführer:innen haben versucht, ihre Mitglieder von einem zwischen den Arbeit„geber“:innen und der Gewerkschaft unter direkter Vermittlung der Regierung ausgehandelten Vertrag zu überzeugen, aber eine Gruppe gewerkschaftsübergreifender Aktivist:innen, Railroad Workers United (Vereinigte Eisenbahnarbeiter:innen), hat sich für ein Nein eingesetzt.

Der Kongress hat den Arbeiter:innen nun einen Vertrag ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auferlegt, der weiterhin Wochenarbeitszeiten von bis zu 80 Stunden vorsieht. Mit der Behauptung, der aufgezwungene Vertrag enthalte „eine historische Lohnerhöhung von 24 % für die Bahnbeschäftigten“, verschwieg Bidens Büro die Tatsache, dass sich die Erhöhung über fünf Jahre erstrecken würde: weniger als 5 % pro Jahr in einer Zeit eskalierender Inflation.

Die Demokratische Partei beruft sich auf die Tatsache, dass ihre Abgeordneten und Senator:innen auch dafür gestimmt haben, dass Bahnmitarbeiter:innen sieben Tage bezahlten Krankenurlaub erhalten. Die Wahrheit wird durch Bidens eigene Aussage enthüllt, dass sie sie bekommen werden, „sobald ich die Republikaner:innen überzeugen kann, das Licht zu sehen“ – d. h. sie werden sie nicht bekommen. Das liegt daran, dass Biden und die Demokrat:innen im Kongress die sieben Tage in einen separaten Gesetzentwurf aufgenommen haben, der vom Verbot von Streiks und dem erzwungenen Vertrag getrennt ist.

Ursprünglich hatte sich das Weiße Haus gegen die Aufnahme von bezahlten Krankheitstagen in den von der Regierung auferlegten Vertrag ausgesprochen, doch der linke Flügel der Partei im Repräsentantenhaus (die so genannte Riege) und Senator Bernie Sanders hatten dagegen protestiert. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, tarnte den Verrat, indem sie getrennte Abstimmungen anberaumte: eine über den Vertragsentwurf und eine weitere über einen Vorschlag für sieben Tage bezahlten Krankenurlaub, was weniger als die Hälfte der Gewerkschaftsforderungen ausmachte.

Sie wusste genau, dass letzterer Vertrag im Senat niemals durchkommen würde. Er wurde mit acht Stimmen Mehrheit abgelehnt, während das Gesetz zur Durchsetzung des Vertrags den Senat mit 80 zu 15 Stimmen passierte. Auf diese Weise wurden die Eisenbahner:innen ihres Streikrechts beraubt, und es wurde ein für die Bosse vorteilhafter Vertrag durchgesetzt, „um einen möglicherweise lähmenden nationalen Stillstand des Schienenverkehrs abzuwenden“.

Da die wirtschaftliche Bedrohung durch einen landesweiten Bahnstreik die einzige Kraft war, die die Arbeiter:innen gegen ihre Milliardärsbosse wie Warren Buffett einsetzen konnten, hatten Biden und Pelosi sie entwaffnet. Die Partei und der Präsident, die für sich in Anspruch nehmen, „Freund:innen der Arbeit,nehmer’:innen“ zu sein, hatten die Frage des berühmten Pete-Seeger-Songs „Which Side Are You On“ (Auf welcher Seite stehst Du?) fair und ehrlich beantwortet – nicht auf ihrer!

„Sozialistische“ Streikbrecher:innen

Noch aufschlussreicher ist, dass die fünf Mitglieder der linken „Riege“ – die Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez (AOC), Cori Bush, Ilhan Omar und Jamaal Bowman – mit einer Ausnahme die Hand für die Annahme der Resolution gehoben  haben, mit der die Vereinbarung durchgesetzt wurde, ebenso wie der „sozialistische“ Senator Bernie Sanders, obwohl sie erkannt haben, dass sie schlecht für die Arbeiter:innen ist. Natürlich haben sie auch für die Entschließung gestimmt, die sieben Krankheitstage vorsah. Aber sie wussten bereits, dass dies ein Blindgänger war.

Die einzige Gegenstimme eines Mitglieds der „Riege“  kam von der Abgeordneten Rashida Tlaib. Bush, Omar und AOC sind ebenfalls Mitglieder der Democratic Socialists of America (DSA). Die Hauszeitschrift der Partei, Jacobin, versuchte, diesen Verrat zu vertuschen. Der Redakteur Branko Marcetic behauptete, dass die Abstimmung von Bernie Sanders und der „Truppe“ für sieben Tage Krankenstand „ein weiteres Zeichen für den bescheidenen, aber bedeutenden politischen Wandel im politischen Leben der USA ist, der dank der größeren Bekanntheit von Sanders und seinen progressiven Verbündeten im Kongress stattgefunden hat“.

Die Arbeiter:innen müssen die bittere Lektion lernen, dass die Demokratische Partei für die Kapitalist:innen und nicht für die Arbeiter:innenklasse kämpft. Und zu dem von der DSA-Mehrheitsführung befürworteten „schmutzigen Bruch“ gehört auch die Abstimmung über die Verweigerung des Streikrechts für Arbeiter:innen. DSA-Mitglieder sollten fordern, dass die Organisation die Mehrheit der Stimmen dieser „Riege“ verurteilt und den Prozess der Abspaltung von der zweiten Partei des US-Imperialismus einleitet, um eine unabhängige Partei für alle US-Arbeiter:innen und die sozial und rassisch Unterdrückten zu bilden – eine, die antirassistisch, antisexistisch und antikapitalistisch ist.




USA: Zwischenwahlen zeigen Notwendigkeit einer unabhängigen Arbeiter:innenpartei

Andy Yorke, Infomail 1205, 1. Dezember 2022

Die Zwischenwahlen in den USA am 8. November waren ein Schock für die Kommentator:innen, die Präsident Biden und der Demokratischen Partei eine Katastrophe voraussagten. Tatsächlich war der Umschwung gegen die etablierte Partei so gering wie seit vielen Jahren nicht mehr, obwohl Biden in den Meinungsumfragen rekordverdächtig unbeliebt ist.

Die von Ex-Präsident Trump vorhergesagte „rote Welle“ zugunsten der Republikanischen Partei blieb aus. In der Tat haben viele der von ihm unterstützten MAGA-Kandidat:innen (Make America Great Again) verloren oder deutlich unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielt. Vielmehr kam es in beiden Parteien zu einer Verschiebung in Richtung „Mitte“. Biden ist sicherlich in seiner Fähigkeit geschwächt, den Großteil seiner innenpolitischen Agenda durch das Repräsentantenhaus zu bringen, aber die Zwischenwahlen waren eine weitaus schwerwiegendere Niederlage für Donald Trump und den von ihm unterstützten rechtspopulistischen Flügel.

Seine Erklärung über seine Kandidatur für 2024 war dementsprechend schwach und schlecht gelaunt. Er drohte seinem republikanischen Mitstreiter Ron DeSantis, der einen Erdrutschsieg bei der Wahl zum Gouverneur von Florida erzielte, mit Enthüllungen, die seine Chancen irreparabel beeinträchtigen würden.

In der Republikanischen Partei zeichnet sich nun ein wahrer Bürger:innenkrieg ab. DeSantis lehnt Trump als Person ab, nicht aber seinen Rechtspopulismus, wie seine Reden zeigen. Dies wird durch sein Eintreten für ein Anti-Woke-Gesetz (soll Gutheißen oder Billigung bestimmter Unterrichtsinhalte durch staatliche Lehrkräfte verhindern) untermauert. Mit dem reaktionären Vorstoß soll das Gutheißen oder die Billigung bestimmter Unterrichtsinhalte durch staatliche Lehrkräfte verhindert werden, so zum Beispiel das Aufgreifen von Lehren der „Critical Race Theory“. Jedes Eingeständnis der rassistischen Vergangenheit und Gegenwart Amerikas soll faktisch aus dem Unterricht verbannt werden.

Auf der anderen Seite gingen Biden und die rechte und mittlere Seite der Demokrat:innen gestärkt aus der Wahl hervor und konnten sich gegen jede ernsthafte Herausforderung von links um Sanders oder Alexandria Ocasio-Cortez und neben dieser den anderen 3 Mitgliedern der „Squad“ (Truppe) – Ilhan Omar, Ayanna Pressley, Rashida Tlaib – behaupten. Sicherlich spielte das Thema Abtreibung der Demokratischen Partei in die Hände und ermöglichte es ihnen, den Vorteil zu überwinden, den die Republikanische Partei in Bezug auf die sich verschlechternde Wirtschaftslage (8 – 9 % Inflation) zu besitzen glaubte.

Jacobin, die Website der Demokratischen Sozialist:innen Amerikas (DSA), lobt in den höchsten Tönen den Sieg von John Fetterman in Pennsylvania als Ergebnis einer starken Wahlkampfunterstützung durch den Gewerkschaftsverband Change to Win und die Aktivist:innen der Lehrer:innengewerkschaft von Pennsylvania; ein Beweis für die immer noch aktiven Verbindungen zwischen den Gewerkschaften und der Demokratischen Partei. Fetterman vertritt in der Tat relativ progressive Ansichten zu Themen wie der Legalisierung von Cannabis, Abtreibung und einem Mindestlohn von 15 US-Dollar. Aber er prangerte auch den Slogan „Defund the police“ (Keine Finanzierung der Polizei) als „absurd“ an, er erklärte, er werde „hart gegen China“ vorgehen, und er sprach sich für Fracking aus. Er ist bestenfalls ein Mitte-Links-Populist.

Zwischen den kapitalistischen Parteien

Trotz alledem bleiben die amerikanischen Arbeiter:innen, insbesondere diejenigen, die sich an der anhaltenden Streikwelle und den gewerkschaftlichen Organisierungsbestrebungen beteiligen, in dem nicht enden wollenden Wahlzyklus zwischen den beiden kapitalistischen Parteien gefangen, mit einem weiteren zweijährigen Kampf, um Trump oder DeSantis aus dem Weißen Haus und die Konzerndemokrat:innen an der Macht zu halten. Sie können die Ausrede eines festgefahrenen republikanischen Repräsentantenhauses und rechter Demokrat:innen wie Joe Manchin im Senat nutzen, um all die eher arbeiter:innenfreundlichen Versprechen aus Bidens Manifest für 2020 über Bord zu werfen.

Sanders und der linkspopulistische/demokratische sozialistische Flügel drängten auf mehr „wirtschaftliche Botschaften“, die für die Arbeiter:innen attraktiv sein sollten, um die Wahlkampfspots zu ergänzen, die sich auf die Abtreibung konzentrierten – eine versteckte Kritik, dass Biden nicht radikal genug sei. Aber in Wirklichkeit wird die Wirtschaftspolitik der Demokratischen Partei immer die Interessen der Hochfinanz und des Großkapitals in den Vordergrund stellen. Das hat sie schon immer getan, selbst unter der stark mythologisierten Roosevelt-New-Deal-„Koalition“ mit Gewerkschaftsbürokrat:innen und Bürgerrechtsführer:innen. Nur ein unabhängiger Klassenkampf, das Gespenst der Revolution, könnten der herrschenden Klasse radikale Reformen abtrotzen, nicht das fein austarierte politische System und die Hoffnung auf kleine Fortschritte.

Doch die Mehrheit der reformistischen Linken in den USA, allen voran die DSA und die Zeitschrift Jacobin, wollen Arbeiter:innen, Frauen, ethnische Minderheiten und Jugendliche in der Tretmühle der Wahlpolitik halten, indem sie für die Demokratische Partei stimmen und in vielen Fällen auch für sie kandidieren, die zweite Partei des US-Kapitalismus, in der die Spenden der Unternehmen diejenigen der Gewerkschaften in den Schatten stellen, die nur einen weiteren Minderheitenstatus bekleiden.

Das Sanders-Experiment – das zweimal, 2016 und 2020, durchgeführt wurde – hat bewiesen, dass eine „politische Revolution gegen die Milliardär:innenklasse“ nicht durch die Demokratische Partei stattfinden kann, obwohl das Organisationsgremium, das Demokratische Nationalkomitee, die mächtigste und am besten platzierte Herausforderung für ihre Autorität seit Jahrzehnten enthält.

Ein Teil der Jakobiner:innen und einige kleine linke Fraktionen sagen, sie wollen einen „schmutzigen Bruch“ mit der Demokratischen Partei und schließlich eine Arbeiter:innenpartei aufbauen. Wahl für Wahl verzögern sie jedoch die tatsächliche Umsetzung dieser Strategie. Ihr jüngster Vorschlag besteht darin, Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez aufzurufen, diesen Bruch anzuführen, trotz der offensichtlichen Tatsache, dass sie jetzt mehr denn je in der DP integriert sind.

Eine Strategie des „sauberen“ Bruchs bedeutet andererseits, alle Befürworter:innen einer wirklichen Unabhängigkeit zugunsten der Arbeiter:innenklasse zu vereinen, um bei den kommenden Bundesstaats- oder Kommunalwahlen und im Jahr 2024 Arbeiter:innen- und/oder sozialistische Kandidat:innen zu unterstützen. Dies sollte innerhalb der DSA und in den Gewerkschaften verfolgt werden, aber auch die radikalen Aktivist:innen unter den Kämpfer:innen für die Rechte von Frauen, Farbigen, Klimagerechtigkeit usw. einbeziehen.

Es bedeutet, dies auf der Grundlage eines kämpferischen Aktionsprogramms zu tun, um eine unabhängige Arbeiter:innenpartei mit allen laufenden Auseinandersetzungen zu verbinden, einschließlich der Kämpfe gegen Rassismus und die populistische Rechte und ihre faschistischen Ränder. Das Ziel sollte sein, entweder einen DSA-Konvent 2023 zu gewinnen, um ein solches Programm zu verabschieden und einen sofortigen Bruch mit der Demokratischen Partei zu beschließen, oder einen Kongress all derer einzuberufen, die dazu bereit sind.




Schweden nach den Wahlen: Rechte Kräfte müssen durch Massenkampf geschlagen werden

Arbetarmakt Schweden, Infomail 1202, 18. Oktober 2022

Das Wahlergebnis von 2022 bedeutet mehr als nur einen parlamentarischen Sieg der Rechten. Schweden wird nun eine Regierung haben, die sich auf den militanten Klassenkampf von oben konzentriert. Der Lebensstandard und die Rechte der arbeitenden Menschen werden angegriffen werden. Die parlamentarische Abhängigkeit von einer rassistischen rechtspopulistischen Partei mit nationalsozialistischem Hintergrund garantiert, dass einige der am stärksten unterdrückten Gruppen der Gesellschaft zur Zielscheibe werden. Die rassistische Hetze während des Wahlkampfes gibt einen Vorgeschmack auf das, was uns bevorsteht.

Der Sieg der rechten Kräfte ist größer, als die Medienberichterstattung vermuten lässt. Die Zentrumspartei ist nicht Teil eines linken Blocks, sie ist eine neoliberale, kapitalistische Partei mit massiven Kürzungen im Sozialbereich als zentralem Thema. Es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass sie sich den anderen Koalitionsparteien anschließen und den rechten Flügel im Parlament weiter stärken wird.

Entwicklung des Reformismus

Ein weiterer Aspekt des Sieges der Rechten ist die Art und Weise, wie es ihnen gelungen ist, die reformistischen bürgerlichen Arbeiter:innenparteien, die sozialdemokratische und die Linkspartei, nach rechts zu ziehen. Als viele Sozialist:innen und klassenbewusste Arbeiter:innen dachten, dass es für sie nicht möglich sei, weiter nach rechts zu gehen, taten ihre Führungen genau das. Die Sozialdemokraten übernahmen zentrale Elemente der rassistischen Rhetorik in der vergeblichen Hoffnung, den Zustrom von Stimmen zu den Schwedendemokraten (SD) zu stoppen. Die Linkspartei wiederum versuchte, sich als „verantwortungsbewusst“ zu profilieren, und scheiterte kläglich daran, bei der Mehrheit der Arbeiter:innen Fuß zu fassen, während sie einen Teil ihrer linken Wähler:innenschaft verlor.

Darüber hinaus hat die kürzlich gegründete Nuance-Partei, eine islamische, wertkonservative, rechtsgerichtete Partei, zwei kommunale Sitze errungen und damit die Sozialdemokratie in einigen Wahlbezirken mit hohem Migrant:innenanteil geschwächt. Auch dies ist Teil des Vormarsches der rechten Kräfte.

Wie immer ist das Bild nicht einheitlich. Einige Teile der Arbeiter:innenklasse und sicherlich auch andere Schichten erkannten die Gefahr von rechts und wandten sich der sozialdemokratischen und Linkspartei zu oder hielten an ihnen fest, um die Rechten abzulehnen. In einigen Gebieten, vor allem in Stockholm, wo die Mehrheit in der Kommune auf sie übergehen wird, haben diese Parteien sogar zugelegt.

Dass die beiden Parteien insgesamt auf dem Rückzug sind, ist jedoch kein Wunder. Ihre Basis ist die Arbeiter:innenklasse und ihr Einfluss hängt von ihrer Fähigkeit ab, die Bedingungen für diese Klasse zu verbessern und für fortschrittliche Ziele zu stehen. Wenn sie dies nicht tun, sondern im Gegenteil die Arbeiter:innenklasse angreifen, wie es insbesondere bei der Sozialdemokratischen Partei der Fall ist, sägen sie den Ast ab, auf dem sie selbst sitzen.

Jahrzehnte rechter Politik von Sozialdemokraten, gefolgt von der Linkspartei, haben beide geschwächt und auch große Teile der Arbeiter:innenklasse politisch und ideologisch desorientiert. Die Wahlergebnisse von 2022 sind eine Folge dieses Prozesses.

Vor diesem Hintergrund ist es absurd, davon zu sprechen, dass die Liberalen eine Art Verrat begehen, wenn sie mit den Schwedendemokraten zusammenarbeiten. Dieses Argument beruht auf der Illusion, dass es eine anständige Bourgeoisie gibt, und davon abgesetzt gibt es die Rechtsaußenpartei SD. Die Liberalen sind eine aggressive kapitalistische Partei, die alle Tendenzen in der Gesellschaft verstärken will, die objektiv die SD begünstigen.

Diejenigen in der Linken, die sagen, dass „der Liberalismus eine stolze Geschichte des Widerstands gegen den Faschismus aufweist“, lügen oder sind unwissend. Das wichtigste Beispiel sind die deutschen Liberalen, die im März 1933 für die Sondergesetze (Ermächtigungsgesetz) stimmten, die Hitler und den Nazis die uneingeschränkte Macht gaben. Die Liberalen waren und sind eine völlig unzuverlässige Kraft gegen Rassismus und Rechtsextremismus, was die schwedischen eindeutig bestätigen. Sie „verraten kein Erbe“, wenn sie die SD unterstützen. Das ist ihr Erbe, sie haben immer die Bourgeoisie und das Wohl des Kapitalismus an die erste Stelle gesetzt, selbst wenn das eine Zusammenarbeit mit der antiliberalen rechten Reaktion bedeutet.

Auf jeden Fall bedeutet der Erfolg der Schwedendemokraten nicht, dass wir in Schweden ein faschistisch dominiertes Regime erleben werden. Der Begriff Faschismus sollte nicht verwässert werden, er gilt nur für die gewalttätigste Form der bürgerlichen Reaktion wie das Dritte Reich, die Herrschaft Mussolinis oder den Aufstieg des Islamischen Staates. Als rassistisch-populistische Partei ist die SD natürlich extrem reaktionär, aber wir stehen nicht vor einer nahen Auflösung der liberalen bürgerlichen Demokratie. Auf der anderen Seite erwartet uns eine harte und repressive rechte Politik im Rahmen der bürgerlichen Demokratie, die auch in eine nichtliberale Richtung umgestaltet werden kann.

Bei aller Warnung vor dem kommenden Vormarsch rechter Kräfte sollten wir die Bedeutung eines Wahlergebnisses nicht überbewerten. Bei Parlamentswahlen in einem kapitalistischen Staat geht es im Grunde nur darum, welche politische Fraktion die Interessen der herrschenden Klasse verwalten darf. Die große Schlacht findet nun außerhalb des Parlaments statt, auf den Straßen, an den Arbeitsplätzen und in den Wohnvierteln.

Was tun?

Die vorrangige Aufgabe besteht darin, sich dort zu organisieren, wo sich die Arbeiter:innenklasse befindet, um gegen jeden kommenden Angriff mobilisieren zu können. Wenn es gelingt, außerhalb des Riksdag (schwedisches Parlament)  genügend Kräfte zu mobilisieren, spielt es keine Rolle, wer die Mehrheit hat. Keine parlamentarische Mehrheit kann dem Druck von Massendemonstrationen und Streiks standhalten – und das sind die Methoden, die in Zukunft gebraucht werden.

Die Führungen der Sozialdemokratie und der Linkspartei meiden den außerparlamentarischen Kampf wie die Pest. Sie können bestehende Protestbewegungen unterwandern und sie dann ablenken und neutralisieren. Für beide gerät die Unterstützung eines starken außerparlamentarischen Kampfes in Konflikt mit ihren strategischen Zielen. Beide werden immer dem Kapital und seinem Staat gegenüber loyal sein, wenn es wirklich darauf ankommt. Es handelt sich um reformistische Parteien, die von Bürokrat:innen geführt werden, die sich in entscheidenden Situationen als Klassenverräter:innen betätigt haben.

Der Kampf kann sich also nicht auf das beschränken, worauf sich diese beiden Parteien einigen können, denn dann wird nicht viel erreicht. Langfristig muss sich die Arbeiter:innenklasse in einer neuen Partei organisieren, um die rechten Kräfte grundlegend zurückzuschlagen.




Wahlen in Brasilien – der Kampf geht in eine neue Etappe

Markus Lehner, Neue Internationale 268, Oktober 2022

Seit fast einem Jahrzehnt befindet sich die brasilianische Wirtschaft in der Krise. Das einstige „Schwellenland“ wird von Stagnation, Inflation und Arbeitslosigkeit gebeutelt. Weit über die offiziellen Zahlen hinaus sind über 50 Millionen Brasilianer:innen ohne Arbeit, weitere mehr als 30 Millionen prekär beschäftigt – für einen großen Teil der brasilianischen Bevölkerung ist das tägliche Überleben damit zur Hölle geworden.

Diese Situation hat sich durch den teilweisen Zusammenbruch des Gesundheitssystems während der Pandemie noch verschärft. Nicht nur, dass über 700.000 Menschen im Gefolge von Corona gestorben sind, haben sich durch die praktisch nicht vorhandene Pandemiepolitik die Arbeitsausfälle so gehäuft, dass auch wirtschaftlich ein schwerer Einbruch erfolgte. Zu dieser ökonomischen, sozialen und gesundheitspolitischen Krise kommt die Verschärfung der ökologischen, die neben der wahnwitzigen Abholzung im Amazonas-Regenwald auch vermehrt zu durch den Klimawandel bedingten Katastrophen führt. Die soziale Spaltung in Brasilien betrifft auch verstärkt Indigene, Nicht-Weiße, Frauen und LGTBIAQ+-Menschen, die nicht erst seit der Bolsonaro-Regierung unter verstärkten Angriffen auf ihre Rechte leiden.

Politische Dauerkrise

Zu dieser Gemengelage gesellt sich seit dem Sturz der letzten PT-Regierung (Partido dos Trabalhadores; Partei der Arbeiter:innen) die politische Krise. Das mit dem „Übergang“ von der Militärdiktatur in den 1980er Jahren geschaffene politische System funktioniert nur durch ein komplexes Geflecht an politischen Parteien, die über mehr oder weniger offene Korruption mit den unterschiedlichen Kapitalgruppen verbunden sind. Über diese Form der „Kooperation“ wird ihre Unterstützung für Regierungen vermittelt.

Während des Wirtschaftsaufschwungs der frühen 2000er Jahre war die PT unter Lula in der Lage, für eine gewisse Zeit die Arbeiter:innenklasse in dieses System einzubinden und somit die sozialen, ökologischen und politischen Konflikte zu kanalisieren. Weil sie im Gegensatz zu den meisten offen bürgerlichen Parteien über eine Massenorganisation verfügte, war sie unter Kontrolle einer reformistischen Führung sogar eine gewisse Stabilitätsgarantin für den brasilianischen Kapitalismus.

Mit Beginn der Krise zwischen 2012 und 2015 setzte die Bourgeoisie jedoch zunehmend auf den Bruch mit der PT und eine neoliberale Radikalkur. Der Putsch gegen Dilma ermöglichte unter Temer „Reformen“ der Arbeitsbeziehungen (weitgehende Informalisierung der Arbeitsverträge), Austrocknung der öffentlichen Haushalte (Verankerung von Schuldenbremsen in der Verfassung) und eine Beschleunigung von Privatisierungen. Die Unbeliebtheit Temers und die wachsende Protestbewegung drohten, 2018 die PT wieder an die Macht zu bringen – worauf die Bourgeoisie auf die Karte des Rechtspopulismus in Gestalt des bis dahin unbedeutenden Rechtsaußen Jair Bolsonaro setzte.

Bolsonaro und die Bourgeoisie

Auch wenn die Ideologie Bolsonaros und seine Rhetorik Anklänge an den Faschismus aufweisen, so hatte er bei der Wahl keine Massenbewegung und faschistische Milizen in einer Zahl hinter sich, die notwendig gewesen wäre, um tatsächlich ein faschistisches Regime zu errichten. Auch wenn Kräfte im bewaffneten Staatsapparat seine rechte Politik unterstützen und auch in der Regierung die Zahl der Militärs anstieg, so wurde doch in Brasilien keine faschistische Diktatur errichtet, die die Arbeiter:innenbewegung insgesamt zerschlägt und atomisiert, auch wenn die wachsende Zahl an repressiven Aktionen und politischen Morden nicht verharmlost werden darf.

Die Regierung Bolsonaro war zudem durch große Widersprüche zwischen den verschiedenen bürgerlichen Kräften geprägt, die dieses Regime unterstützen. Der Rechtsaußen war nie in der Lage, diese divergierenden Interessen und Machtzentren zu einer einheitlichen Politik zu formen. Das Ergebnis war ein absurdes Chaos von halbherzigen Maßnahmen, die ihren Gipfel in der völlig wirren Coronapolitik fanden. Es ist kein Wunder, dass auch große Teile der Bourgeoisie inzwischen Bolsonaro nicht mehr als Präsidenten haben wollen. Im Vorlauf zur Präsidentenwahl kam es bei einschlägigen Meetings von Unternehmer:innen und Vertreter:innen der US-Administration zu eindeutigen Stellungnahmen gegen eine erneute Präsidentschaft Bolsonaros, die zunächst in der Suche nach einem/r „dritten“ Kandidat:in mündeten. Als dies scheiterte, kam die PT wieder ins Spiel.

Nach dem Dilma-Putsch wurde versucht, die PT auszugrenzen, wenn nicht gar zu zerschlagen. Zentral dabei waren der Prozess und die Inhaftierung von Lula. Als wenn die Korruption nicht im Zentrum des politischen Systems des Kapitalismus in Brasilien stünde, wurden die PT und allen voran Lula zu ihrem Zentrum erklärt und ihr dafür stellvertretend der Prozess gemacht („Lava Jato“-Prozesse, benannt nach der sog. Autowaschaffäre). Doch die PT überlebte und blieb sogar Kern von Protesten gegen die Temer-Reformen und ihre Fortsetzung unter Bolsonaro.

PT, Lula und Alckmin

Die PT und der von ihr geführte Gewerkschaftsdachverband CUT erwiesen sich auch als wichtig, um die wachsenden Massenproteste zu kanalisieren und wieder in Richtung Alternativen bei Wahlen zu lenken. Die Angst vor weiteren Protesten und die Unzufriedenheit mit Bolsonaro führten die Bourgeoisie wohl dazu, die PT wieder als Teil der Lösung ihrer Probleme zu sehen. Plötzlich wurde „entdeckt“, dass bei den Prozessen gegen Lula Unregelmäßigkeiten passiert waren. Das oberste Gericht annullierte seine Verurteilung und stellte seine vollen politischen Rechte wieder her.

Lula begann danach, sofort die Karte des „Anti-Bolsonaro“ zu spielen. Unter dem Motto, dass es vor allem darauf ankomme, eine weitere Präsidentschaft Bolsonaros zu verhindern, sollte es oberstes Ziel der PT und ihrer Unterstützer:innen sein, nicht auf die Straße zu gehen, sondern ein „breites Bündnis“ für die kommende Präsidentschaftswahl zu schmieden. Für dieses fand sich denn auch einer der wichtigsten Vertreter der brasilianischen Bourgeiosie, Geraldo Alckmin, als „running mate“ für die Kandidatur zur Präsidentschaft (für die nun die Liste Lula-Alckmin von der PT unterstützt wird).

Alckmin ist nicht nur einer der prominentesten Politiker der wichtigsten Partei der brasilianischen Bourgeoisie, der PSDB (auch wenn er formell für die Wahl zu einer kleineren bürgerlichen Partei übergetreten ist). Er war für diese nicht nur 2006 Präsidentschaftskandidat gegen Lula, sondern auch langjähriger Gouverneur der wichtigsten Region Brasiliens, Sao Paulo. In Sao Paulo unterdrückte er nicht nur auf brutale Weise Streiks (wie den großen Lehrerstreik) und Demonstrationen (wie die gegen Preiserhöhungen im öffentlichen Verkehr), er war auch Mitverantwortlicher für das „Pinheirinho-Massaker“ bei der Zwangsräumung einer der größten Favelas in der Region. Alckmin ist nicht nur als Wirtschaftsliberaler bekannt, er bringt auch eine entsprechende Koalition von Parteien (oder besser gesagt Abgeordneten) in das „breite Bündnis“ ein, die letztlich bei einer Regierung Lula-Alckmin die wesentlichen politischen Linien vorgeben werden (d. h. ohne die die PT nicht die Spur einer Mehrheit im Kongress haben würde). Zudem verkörpert Alckmin als Vizepräsident wieder die Möglichkeit, im Ernstfall den Dilma-Putsch diesmal gegen Lula durchzuführen.

Polarisierung und Putschgefahr

Die Wahl ist klar zwischen Lula/Alckmin und Bolsonaro polarisiert. Andere Kandidat:innen werden es nicht in den zweiten Wahlgang schaffen, sollte Lula nicht sowieso schon im ersten Wahlgang gewinnen. Natürlich stellt eine zweite Amtszeit von Bolsonaro eine große Bedrohung dar, da er inzwischen beachtliches repressives Potenzial angesammelt hat. Er hat seine Stellung im Staatsapparat und gegenüber den bewaffneten Organen genutzt, um nicht nur dort seine Anhängerschaft auszubauen, sondern auch große bewaffnete Unterstützerorganisationen aufzubauen (von pensionierten Militärpolizist:innen, über Jägervereine, bis zu Biker:innen und bewaffneten Milizen der Agrobosse). Ein Sieg Bolsonaros würde daher sicherlich eine Steigerung der Repression bedeuten.

Für den wahrscheinlichen Fall einer Wahlniederlage wird jetzt von immer abenteuerlicheren Putschdrohungen aus dem Bolsonaro-Lager berichtet. Ein solcher Putsch wäre angesichts der mangelnden Unterstützung durch große Teile der Bourgeoisie und der US-Administration zwar tatsächlich reines Abenteurertum – ist aber deswegen nicht ausgeschlossen. Gegen diese rechte Gefahr muss die Arbeiter:innenklasse ihre Einheitsfront aufbauen und sie mit ihren Mitteln bekämpfen (inklusive dem Aufbau von Selbstverteidigungskräften und eigenen Milizen). Sollte es tatsächlich zu einem Putsch und einer folgenden Repressionswelle kommen, müsste sofort eine Massenbewegung bis hin zum Generalstreik diesen sofort zu Fall bringen. Es wäre hier fahrlässig, auf die „demokratischen“ Teile in Armee, Parteien, Gerichten und Staatsapparat zu setzen (wie jetzt in den verschiedenen offenen Briefen suggeriert wird). Die Gefahr eines solchen halbfaschistischen Putsches könnte nur durch entschlossene Massenaktion gestoppt werden. Diese würde zugleich die Allianz von PT und CUT mit der Bourgeoise massiv unter Druck bringen, weil Alckmin ganz sicher keine bewaffneten Selbstverteidigungseinheiten der Arbeiter:innenklasse auf der Straße sehen will.

Volksfront und Wahltaktik

Eine Lula/Alckmin-Regierung dagegen würde tatsächlich eine Fortsetzung der Temer’schen „Reformen“ bedeuten. Auch wenn Lula eine Revision der Arbeitsmarkt- und Haushaltsdekrete verspricht, ist angesichts seines Bündnisses klar, dass dies höchstens Kosmetik bleiben wird. Dies betrifft auch die Fortsetzung der Privatisierungspolitik und lässt angesichts der Haushaltslage auch keine wesentliche Verbesserung der Sozialleistungen für die Millionen von notleidenden Brasilianer:innen erwarten. Angesichts der zu erwartenden weiteren Verschlimmerung der wirtschaftlichen und ökologischen Krise wird somit die Enttäuschung über die nächste Lula-Präsidentschaft sehr schnell einsetzen.

Mit Lula als Präsident werden zugleich die PT und die CUT wachsende Massenproteste noch weiter zurückzuhalten versuchen. Wenn es dann der Linken nicht gelingt, eine alternative Führung zu PT/PCdoB aufzubauen, wird der Massenunmut notwendigerweise wiederum den rechtsextremen Rattenfänger:innen in die Hände spielen (ob mit Bolsonaro, seinen Söhnen oder welchem Clown auch immer an der Spitze).

Wie Trotzki schon an Hand der Volksfront in Frankreich in den 1930er Jahren nachgewiesen hat, stellen diese und ihr Elektoralismus samt bürgerlicher Koalitionspolitik die beste Vorbereitung für die nächste Welle der rechten Mobilisierung bis hin zum Faschismus dar. Für Volksfronten als solche kann es daher niemals auch nur eine kritische Wahlunterstützung geben. Das trifft aber wie in Frankreich in den 1930er Jahren natürlich nicht für die Kandidat:innen der reformistischen Parteien in der Volksfront zu, sofern deren Wahl möglich ist, ohne die offen bürgerlichen gleich mitzuwählen. Revolutionär:innen können daher nicht für die Liste Lula/Alckmin bei den Präsidentschaftswahlen stimmen, weil diese nur im Paket ankreuzbar ist. Eine Stimme für Lula/Alckmin kommt daher unwillkürlich nicht nur einer für Lula, sondern auch für den bürgerlichen Kandidaten, also die gesamte bürgerliche Koalition, gleich.

Anders verhält es sich mit einzelne Kandidat:innen der PT, aber auch der mit ihr verbündeten PCdoB oder der PSOL für Sitze im Kongress. Für die Wahl dieser Kandidat:innen fordern wir ihre Wähler:innen jedoch auf, sie zum Bruch mit der bürgerlichen Koalition, zum Widerstand gegen die neoliberale Regierungspolitik unter welcher Führung auch immer und zur Unterstützung der Massenproteste gegen Krise und rechte Gefahr zu zwingen. Wir fordern von PT, PCdoB, PSOL und CUT, eine Minderheitsregierung gestützt auf die Mobilisierung ihrer Anhänger:innen zu bilden.

Brasilianische Linke

Die brasilianische Linke hat eine intensive Auseinandersetzung mit der Kandidatur Lulas hinter sich. Ausgehend von den Kampagnen zu seiner Befreiung haben sich nach seiner Entlassung bald Initiativen zu „Lula Presidente“ gebildet, die das mit Massenprotesten und einer reinen PT-Kandidatur verbinden wollten (z. B. so die PCO). Tatsächlich war dies auch geeignet, um dann gegen die sich abzeichnende Lula/Alckmin-Liste Widerstand in der PT und den anderen Parteien (insbesondere der PSOL) zu entfalten. Dieser fand tatsächlich breite Resonanz, wurde jedoch letztlich durch die undemokratischen Manöver von Parteiapparat und Lula selbst umgangen und kaltgestellt.

In der PSOL trat deren bekannteste Führungsfigur, Guilherme Boulos (ihr letzter Präsidentschaftskandidat und Kandidat als Gouverneur für Sao Paulo), sofort mit Begeisterung für die Unterstützung der Lula/Alckmin-Koalition ein. Doch in der Partei gab es beträchtlichen Widerstand, der auch in der Frage der Aufstellung einer eigenen Kandidatur kumulierte. So argumentierte eine der 25 Tendenzen innerhalb der PSOL, die „Esquerda Marxista“ (in der die Sektion der IMT aktiv ist), dass es gegen die Volksfront notwendig sei, im ersten Wahlgang eine/n eigene/n Kandidat:in aufzustellen – um dann im zweiten Wahlgang notwendigerweise gegen Bolsonaro für Lula/Alckmin, also auch für den offen bürgerlichen Kanidaten, zu stimmen. Die MAIS (aus der PSTU 2016 wegen deren Weigerung, gegen den Temer-Putsch zu mobilisieren, ausgeschlossen und heute eine PSOL-Tendenz) argumentierte dagegen, dass die Massenmobilisierungen zu schwach seien, und daher Lula/Alckmin zu wählen, zur Abwehr der faschistischen Gefahr nötig wäre. Letztlich wurde der Disput undemokratisch auf einer dazu eigentlich nicht legitimierten „Delegiertensitzung“ mit 35:25 Stimmen für die Lula-Unterstützung entschieden.

Als „linke Alternative“ zu Lula/Alckmin kandidiert jetzt vor allem (wie immer) die PSTU im Zusammenhang des „Revolutionär Sozialistischen Pols“. Die Kandidatinnen für die Liste (darunter mit Raquel Temembé die einzige indigene Vizepräsidentschaftskandidatin) haben im brasilianischen Wahlsystem keine Chance. Parteien, die nicht im Kongress vertreten sind, verfügen außerdem über keinen Zugang zu Medien und TV-Debatten. PCB und PU werden auch unter einem Prozent der Stimmen bleiben. Doch sind diese Parteien nicht nur ungenügend in der Klasse verankert (auch wenn die PSTU eine Rolle in den Gewerkschaften spielt), sie sind auch gegenüber den großen Illusionen der Massen in Lula und PT blind.

Dabei spielt die PT auch aufgrund ihrer Rolle in der CUT eine entscheidende Rolle in der Organisierung und Kanalisierung aller klassenbasierten Proteste in Brasilien. Damit werden bestimmte Teile der PT natürlich auch bei Protesten gegen eine Lula/Alckmin-Regierung dabei sein. Es kann daher nicht nur darum gehen, eine eigenständige, neue Partei aufzubauen (oder wie die PSTU sich als solche zu präsentieren), sondern man muss auch Taktiken entwickeln, die Massen von ihrer bisherigen Führung zu brechen. Daher ist es ein Fehler, solche schlecht verankerten Eigenkandidaturen (auf letztlich linksreformistischen Programmen) auch noch mit einer sektiererischen Position gegenüber der Wahl einzelner PT/TCdoB/PSOL-Kandidat:innen für die Kongresswahlen zu verbinden. Dies trifft auch auf die MRT (brasilianische Sektion der FT) zu, die zwar eine richtige Kritik an der Lula/Alckmin-Liste (und auch an der falschen „Faschismus“-Analyse eines großen Teils der linken Lula-Untersützer:innen) übt, aber als Wahlposition nur die Option der Unterstützung der PSTU sieht – und natürlich der Vorbereitung der Kämpfe nach der Wahl. Die MRT-Vision der Verbindung aller gegenüber Lula kritischen Kräfte von MRT, PSTU, PCB, PU ist in diesem Zusammenhang nicht nur unrealistisch, sondern verkennt auch, dass beträchtliche Teile der Aktivist:innen und Avantgardeelemente, die jetzt mit Bauchschmerzen Lula wählen, entscheidend sein werden für den Kampf um den Aufbau der Protestbewegung nach der Wahl.

Letzteres mussten wir auch in der Diskussion mit unserer eigenen Sektion erkennen. Auch wenn wir programmatisch bezüglich der zentralen Forderungen eines revolutionären Aktionsprogramms mit ihr vollkommen übereinstimmen, gibt es taktische Differenzen. Nachdem der Kampf gegen die Unterstützung der Lula/Alckmin-Liste in der PT und PSOL verloren war, stellte sie fest, dass ein überwältigender Teil der Arbeiter:innenavantgarde und der Vertreter:innen sozial Unterdrückter nunmehr trotz aller Bedenken zur Wahl von Lula/Alckmin entschlossen ist, um Bolsonaro zu verhindern. Hinzu kommt, dass in der polarisierten Situation die Gefahr eines „faschistischen Putsches“ in der Linken (vor allem durch die PT) so überzeichnet wird, dass alle, die nicht für Lula/Alckmin stimmen wollen, sofort als indirekte Unterstützer:innen von Bolsonaro gebrandmarkt werden.

So richtig die Erkenntnis ist, dass die aktuelle Polarisierung massenhafte Illusionen in die PT befördert hat und diese große Teile der Klasse wie der Avantgarde organisiert, so begingen unsere Genoss:innen den Fehler, für eine kritische Unterstützung von Lula-Alckmin einzutreten, auch wenn sie gleichzeitig vor dem sicheren Verrat einer solchen Regierung warnen und zum Kampf dagegen aufrufen. Aus den oben genannten Gründen halten wir eine kritische Wahlunterstützung für eine Volksfront für einen schweren taktischen Fehler. Nachdem sich diese Differenz nicht lösen ließ, legte die Liga Socialista ihre Mitgliedschaft in der Liga für die Fünfte Internationale als Sektion nieder. Wir hoffen allerdings, dass sich im Zuge der Auseinandersetzungen nach der Wahl diese Differenzen wieder lösen lassen, und wir unterhalten weiter geschwisterliche Beziehungen zu den Genoss:innen. Ungeachtet dieser Differenz unterstützen wir sie jedoch im Kampf gegen rechts und die schweren Auswirkungen der Krisen in Brasilien. Wir rufen dazu auf, den Kampf der brasilianischen Arbeiter:innen und Unterdrückten gegen Verelendung und faschistische Gewalt weltweit vor und nach der Wahl zu unterstützen.




USA: „Unsere“ Demokratie retten!??

Christian Gebhardt, Infomail 1199, 20. September 2022

Die Republikanische Partei ist darauf aus, „unsere“ Demokratie zu stürzen. Die bevorstehenden midterm elections (Zwischenwahlen) werden eine Wahl zwischen einer extremistischen Autokratie und der „besten Demokratie“ sein, die wir je auf Erden gesehen haben. Zumindest versucht die Demokratische Partei, uns das drei Monate vor den Zwischenwahlen im November weiszumachen. Aus Angst, ihre hauchdünne Mehrheit zu verlieren, verweisen die Demokrat:innen auf die Tatsache, dass immer mehr republikanische Vorwahlen auf den von Trump unterstützten und nicht auf den „gemäßigten“ Kandidaten hinauslaufen. Diese radikalen Anhänger:innen Trumps würden nicht nur eine Bedrohung für die demokratischen Rechte (z. B. Abtreibungsrechte oder die Homo-Ehe), sondern auch für die Demokratie als Ganzes darstellen.

Und da ist ein Körnchen Wahrheit dran. Die Ergebnisse der Vorwahlen zugunsten der Hardcore-Trumpanhänger:innen bei den kommenden Zwischenwahlen sind nicht nur ein Zeichen für den anhaltenden Einfluss des Trumpismus innerhalb der Republikanischen Partei, sondern auch ein Zeichen für einen anhaltenden Einfluss auf Politik und Gesellschaft, selbst nachdem Trump sein Amt niedergelegt hat. Die Republikanische Partei befindet sich mitten in einem Rechtsruck, der von einer Basis von Wähler:innen angeheizt wird, die an die „große Lüge“ des Wahlbetrugs glauben und Druck auf „gemäßigte“ Republikaner:innen ausüben, damit diese sich entweder vorerst zurückhalten oder ihre Politik ändern. In jedem Fall spricht dies für einen Rechtsruck der Republikanischen Partei, der für Revolutionär:innen nicht allzu überraschend kommt. Unabhängig davon, ob dieser Rechtsruck aus echter Überzeugung oder Opportunismus erfolgt, stellt er dennoch eine reale Bedrohung für viele demokratische Rechte der US-Arbeiter:innenklasse insgesamt dar: z. B. Angriffe auf Abtreibungsrechte, die Homo-Ehe, das Wahlrecht usw.

Insgesamt lässt sich die derzeitige Situation in den USA als eine Polarisierung charakterisieren, in der die extreme Rechte in Zusammenarbeit mit der christlichen Rechten immer mehr Einfluss gewinnt und bestimmte Punkte ihrer Agenda durchsetzen kann.

Aber wer sind diese „Gemäßigten“?

Die Demokratische Partei fordert die gemäßigten republikanischen Teile auf, zur Vernunft zu kommen und die Realität der derzeitigen Republikanischen Partei zu erkennen. Eine Person, die in diesem so genannten moderaten Haufen am beliebtesten ist, ist Liz Cheney, eine Politikerin, die in 93 % der Fälle für die Politik von Donald Trump gestimmt hat und nicht als Teil des „progressiven Flügels“, was immer dieser Begriff auch bedeuten mag, innerhalb der Republikanischen Partei bekannt war. Mit ihrer Verteidigung der härtesten Formen des wirtschaftlichen Neoliberalismus gegen die Arbeiter:innenklasse und von Waterboarding (Kopf unter Wasser Drücken) und anderer Folter als legitime außenpolitische Optionen hätte sie noch vor zwei Jahren von keinem Mitglied der Demokratischen Partei als „gemäßigt“ bezeichnet werden können.

Was hat sich also geändert? Cheney hat sich in die Herzen der Demokrat:innen gespielt, indem sie gegen Trumps Verwicklung in den Angriff auf den Kongress am 6. Januar Stellung bezog, ihre Rolle im Ausschuss „6. Januar“ übernahm und für Trumps zweites Amtsenthebungsverfahren stimmte. Obwohl dies wichtige politische Positionen gegen Trumps Form des Autoritarismus waren, können sie ihr früheres politisches Leben als Hardcorepolitikerin des rechten Flügels, die politisch genauso ruchlos war wie ihr berüchtigter Vater, der ehemalige republikanische Vizepräsident Dick Cheney, nicht vergessen machen.

Wahlstrategie der Demokratischen Partei für die Zwischenwahlen

Es stellt sich also die Frage: Warum loben die Demokrat:innen jetzt Cheney? Zwar könnten wir ihnen zugute halten, dass sie glauben, Liz Cheneys Politik hätte sich grundlegend geändert und sie sei nun eine respektvolle Verbündete. Doch selbst wenn die Demokrat:innen dumm genug sind, das zu glauben, deutet das eher auf ihre übergreifende, fehlgeleitete Strategie für die Zwischenwahlen hin, ein Thema, das viel wichtiger ist.

Cheney als gemäßigt darzustellen und sie und ihre Anhänger:innen aufzufordern, nach Gemeinsamkeiten zu suchen und diese zu stärken, bedeutet, dass die Demokrat:innen einerseits versuchen, Druck auf republikanische Gesetzgeber:innen auszuüben, damit diese entweder in bestimmten Fragen mit ihnen stimmen oder aus der Reihe tanzen und die Partei ganz wechseln. Andererseits beschwören sie diese republikanischen „Gemäßigten“ sowie Unabhängige und unentschlossene Wähler:innen, für die Demokratie, und das bedeutet genauer gesagt, für die Demokratische Partei zu stimmen.

Für uns Revolutionär:innen ist es wichtig festzustellen, dass die Arbeiter:innenklasse – wenig überraschend – in dieser Strategie keine Rolle spielt. Statt sich an der Arbeiter:innenklasse zu orientieren, um den Aufstieg der extremen Rechten und des Trumpismus in den USA zu bekämpfen, versuchen die Demokrat:innen, uns davon zu überzeugen, sich mit Leuten zusammenzutun, die für den politischen Rechtsruck, mit dem wir es zu tun haben, mitverantwortlich sind. Das demokratische Establishment nimmt zudem eine Haltung ein, die den Interessen der Arbeiter:innenklasse zuwiderläuft, indem es diese Debatte derzeit nutzt, um den progressiven Flügel innerhalb der Demokratischen Partei anzugreifen, weil er „zu radikal“ und in Wirklichkeit nicht besser als die radikalen Republikaner:innen sei – eine widerliche Form der Gleichsetzung „beider Seiten“. Auch wenn wir die politische Strategie dieses progressiven Flügels ebenfalls grundlegend ablehnen, sehen wir es als notwendig an, auf diesen Angriff hinzuweisen und die Mitglieder dieses Flügels aufzufordern, die richtigen Schlüsse zu ziehen und mit der Demokratischen Partei zu brechen!

Die bürgerliche Demokratie – der Klebstoff, der sie zusammenhält

Die DemokratIsche Partei verkündet natürlich nicht offen, dass ihre Strategie eigentlich nicht darin besteht, den Trumpismus im Namen der Arbeiter:innen zu bekämpfen. Sie behauptet, dass der Kampf für Demokratie der wichtigste sei und sich alle um ihn scharen sollten. Wer sich gegen die Demokratische Partei stellt, auch wenn er/sie von links kommt, gehört zum falschen Lager und ist es daher nicht wert, mit jenen Kräften zusammenzuarbeiten. Dieser Aufruf, „unsere Demokratie“ zu verteidigen, ist der Klebstoff, der diese Strategie zusammenhalten und die Aktivist:innen der Arbeiter:innenbewegung an die Demokratische Partei binden soll, auch wenn  diese nicht auf der Seite der Arbeiter:innenklasse steht.

Doch niemand erwähnt den Charakter dieser „Demokratie“. Sie wird als abstraktes, natürliches Gesetz dargestellt statt als das, was sie wirklich ist: ein Form der Demokratie, die der herrschende Klasse, der Bourgeoisie nützt! Eine gesellschaftliche Struktur, die dazu da ist, den Kapitalismus und seine zerstörerischen Kräfte zu beherrschen und zu verteidigen. Eine „Demokratie“, die die Krisenlast auf die Schultern der Arbeiter:innenklasse legt, während sie dafür sorgt, dass die Profite für die Kapitalist:innen weiter fließen. Kurz gesagt, eine Demokratie, die wir als Revolutionär:innen überwinden und durch eine Arbeiter:innendemokratie und einen Arbeiter:innenstaat ersetzen wollen! Einen Staat, der wirklich vom Volk und für das Volk geführt wird und nicht durch ein Marionettenspiel, das die Kapitalist:innen vollständig begünstigt.

Wir brauchen eine Arbeiter:innenpartei!

Der Kampf für eine abstrakte Demokratie, in Wirklichkeit einer für eine bürgerliche Herrschaftsform, liefert keine Option für US-Arbeiter:innen. Anstatt innerhalb der Demokratischen Partei zu arbeiten und versuchen, für fortschrittlichere Positionen und Einfluss innerhalb einer Partei zu kämpfen, die sie nicht will – wie Bernie Sanders, die DSA oder Vertreter:innen wie die Squad uns glauben machen wollen –, brauchen wir einen offenen und sauberen Bruch mit der Demokratischen Partei. Dieser sollte zu einer Arbeiter:innenpartei führen, einer Partei, die wirklich die Perspektive der Arbeiter:innenklasse und ihre Kämpfe in den Vordergrund stellt, nicht nur, wenn es darum geht, mehr Einfluss oder Stimmen bei Wahlen zu gewinnen, sondern die auch die täglichen Kämpfe der arbeitenden Menschen in den USA führen kann. Eine Partei, die sich mit den laufenden Streikwellen, den Kämpfen gegen die Abschaffung der reproduktiven Rechte, der Wahlrechtsbeschränkungen, der Homo-Ehe und all den anderen Angriffen auf die demokratischen Rechte, die derzeit stattfinden, befasst. Eine Partei, die eine Koalition aus Vertreter:innen all unserer aktuellen Kämpfe für einen vereinten Gegenschlag bilden wird. Eine Partei, die den Arbeiter:innen endlich die Möglichkeit gibt, über ihre Politik und ihr politisches Programm selbst zu entscheiden.

Organisationen wie die Demokratischen Sozialist:innen Amerikas oder das Arbeiter:innennetzwerk Labor Notes sollten eine solche Initiative anführen und lokale Zweigstellen bilden, um eine Struktur für eine politische Debatte zu schaffen, die sich auf die Ausarbeitung eines Programms und eines Kampagnenplans konzentrieren sollte. Diese Debatten sollten nicht nur die Basisorganisationen der Arbeiter:innenklasse einbeziehen, sondern auch die Gewerkschaften auffordern, sich zu beteiligen, ihre Verbindungen zu der Demokratischen Partei zu lösen und sich einer solchen Initiative mit voller Kraft anzuschließen. Auch wenn wir wissen, dass sich die Gewerkschaftsführung nicht freiwillig an einer solchen Initiative beteiligen oder sie gegebenenfalls sabotieren wird, sollten wir zu ihrer Beteiligung aufrufen. Auf diese Weise wird  der Mitgliedschaft der faule Kern der Gewerkschaftsführung vor Augen geführt und liefert uns die perfekten Argumente, um mit ihr zu brechen und sich unserer Sache anzuschließen.

Wir Revolutionär:innen müssen uns in einer solchen Initiative engagieren und für eine revolutionäre Perspektive kämpfen. Wir sollten uns als revolutionäre Strömung innerhalb einer solchen Initiative organisieren, basierend auf einem revolutionären Aktionsprogramm. Wir argumentieren für dieses Programm und versuchen, so viele Mitglieder wie möglich zu sammeln, um für dieses Programm sowohl innerhalb als auch außerhalb der Partei zu kämpfen. Eine solche Taktik würde unweigerlich zu zwei möglichen Ergebnissen führen: Entweder wir gewinnen am Ende die Mehrheit der Partei für unser revolutionäres Programm und schaffen so eine revolutionäre Arbeiter:innenpartei, oder sie führt zu einer offenen Spaltung innerhalb der Initiative mit reformistischen und zentristischen Kräften. Eine Spaltung, die jedoch eine stärkere und gezieltere revolutionäre Organisation in den USA hervorbringen würde. Eine Organisation, die es uns Revolutionär:innen ermöglichen würde, in den aktuellen Kämpfen der Arbeiter:innenklasse mit einer stärkeren Stimme für unsere revolutionären Ideen zu streiten, z. B.: die Notwendigkeit der Überwindung der bürgerlichen Demokratie durch die Einführung der Arbeiter:innendemokratie und Bildung eines Arbeiter:innenstaates!




Sri Lanka: Für eine konstituierende Versammlung!

Peter Main, Infomail 1188, 15. Mai 2022

„Rajapaksa schickt seine Schläger:innen, um uns zu töten“, so lautete die einzeilige Botschaft, die ein Unterstützer des Protestcamps an der Strandpromenade Galle Face Green in Colombo am 9. Mai an die Liga schickte. Bei dem fraglichen Rajapaksa handelte es sich um Mahinda, den Premierminister, aber der Angriff wurde zweifellos von seinem Bruder Gotabaya, dem Präsidenten, unterstützt.

Die Tötung von Gegner:innen war ein ständiges Merkmal des Aufstiegs des Rajapaksa-Clans zur Macht, aber nicht dieses Mal. Diesmal drehten die politischen Oppositionellen, die Masse der Demonstrant:innen, die sieben Wochen lang vor dem Büro des Präsidenten kampierten, den Spieß um. Rajapaksas Schläger:innen wurden schnell überwältigt, einige wurden gefangengenommen, der Rest floh.

Bankrottes System

Der Angriff im Stadtpark Galle Face erwies sich als letzter verzweifelter Schlag des Premierministers. Innerhalb weniger Stunden trat er zurück und überließ dem Präsidenten die Bewältigung der größten Krise in der Geschichte Sri Lankas. Im Mittelpunkt dieser Krise steht der wirtschaftliche Bankrott, der auf die Politik der Regierung zurückzuführen ist. Berichten zufolge verfügt die Zentralbank nur noch über 50 Millionen US-Dollar. Die Schulden belaufen sich jedoch auf einen zweistelligen Milliardenbetrag.

Das gesamte System ist politisch ebenso bankrott. Ein Beweis dafür waren die Versuche Gotabayas, eine Koalitionsregierung aus den wichtigsten Parlamentsparteien zu bilden. Eine nach der anderen lehnten deren Führungen seine Vorschläge ab. Das heißt, alle bis auf eine. Am Ende reichte die Aussicht auf das Amt aus, um den Vorsitzenden der United National Party (Vereinigte Nationalpartei, UNP), Ranil Wickremesinghe, dazu zu bewegen, das Angebot anzunehmen. Er ist mit der Rolle vertraut, denn er war bereits fünfmal Premierminister – obwohl er noch nie eine volle Amtszeit absolviert hat.

Einst galt die UNP als „natürliche Regierungspartei“ in Sri Lanka, da sie die städtische Elite vertrat, der die britischen Kolonialherr:innen die Macht überließen, als sie das Land 1948 verließen. Bei den letzten Parlamentswahlen im August 2020 erhielt sie jedoch gerade so viele Stimmen, dass sie einen Abgeordneten stellen konnte. Das reicht nun aus, um diesem Abgeordneten, Wickremesinghe, das Amt des Premierministers zu geben. So viel zur Demokratie.

Zweifellos werden der Präsident und der Premierminister nun gemeinsam versuchen, eine Regierung zusammenzustellen. Ebenso wahrscheinlich ist, dass andere führende Parlamentarier:innen die Regierung zwar öffentlich verurteilen, aber im Stillen andeuten werden, dass sie bestimmte Maßnahmen, mit denen sie einverstanden sind, dennoch unterstützen könnten. In der gegenwärtigen Situation, in der es im ganzen Land zu Massenprotesten und Demonstrationen kommt, werden die meisten zustimmen, dass das Letzte, was sie wollen, Neuwahlen sind.

Repression und Widerstand

Die Repression der Massenbewegung ist eine ständige Bedrohung. Die Armee wurde bereits angewiesen, ohne Vorwarnung auf jede/n zu schießen, die/der die erneute Ausgangssperre bricht. Darüber hinaus bliebe Gotabaya Rajapaksa nur noch die Möglichkeit, das Militär einzuschalten, um entweder die Auflösung der Demonstrationen und einen strengen Ausnahmezustand durchzusetzen oder sogar das Kriegsrecht zu verhängen. Es ist nicht klar, ob der Generalstab dem zustimmen würde, aber die bestehende Massenbewegung muss diese Möglichkeit eindeutig erkennen.

Abseits der Regierungsmanöver haben Organisationen wie das Trade Union Coordinating Centre (Gewerkschaftskoordinationszentrum) und das Collective of Trades Unions and Mass Organisations (Kollektiv der Gewerkschaften und Massenorganisationen) für den 11. Mai zu einem Generalstreik aufgerufen. Dies ist der vielversprechendste Aspekt der gesamten Krise in Sri Lanka. In dieser Bewegung kann die Saat für eine veränderte sri-lankische Gesellschaft aufgehen.

Die für die Ausbreitung und Aufrechterhaltung des Streiks notwendigen Basisorganisationen, die Versorgung der Streikenden mit Lebensmitteln und anderen Gütern sowie der Aufbau von Verbindungen über die lokale Ebene hinaus können dazu dienen, eine Arbeiter:innenbewegung, die nach der Niederlage des Generalstreiks von 1980 zusammengebrochen war, wiederzubeleben und neu aufzubauen.

Dieses Potenzial ist jedoch weder automatisch noch garantiert. Es gibt Tausende von kleinen Gewerkschaften, die eine Schlüsselrolle bei dieser Wiederbelebung spielen könnten. Viele von ihnen unterhalten jedoch Verbindungen zu liberalen und bürgerlichen politischen Parteien. Ihre Mitglieder sollten die Beendigung aller dieser Verbindungen fordern. Sozialist:innen sollten nicht nur für den Zusammenschluss kleiner und ineffektiver Gewerkschaften zu demokratisch kontrollierten Massenorganisationen eintreten, sondern auch für die Bildung einer neuen Arbeiter:innenpartei, die in den Gewerkschaften verwurzelt ist.

Die Arbeiter:innenbewegung sollte auch Frauen- und Student:innenorganisationen mit einbeziehen. Die Inter-University Student Federation, (Universitätsübergreifende Student:innenföderation), die stark von der Front Line Socialist Party beeinflusst ist, hat bereits eine führende Rolle in der „GotaGoHome“ (Gota, geh nach Hause)-Bewegung gespielt. Es sollten alle Anstrengungen unternommen werden, um solche Jugendbewegungen zu koordinieren und in die Arbeiter:innenbewegung auf allen Ebenen zu integrieren.

Was all die verschiedenen Stränge der Bewegung derzeit eint, ist die Forderung nach dem Rücktritt von Gotabaya Rajapaksa als Präsident. Sozialist:innen sollten diese Forderung sicherlich unterstützen, aber sie müssen auch darüber hinausgehen – wenn er geht, was dann? Die Krisen, die Sri Lanka seit Jahrzehnten erschüttern, beweisen, dass das bestehende politische System den Interessen der Masse des Volkes nicht dienen kann.

Verfassunggebende Versammlung

Die Bewegung sollte die Forderung nach einer souveränen verfassunggebenden Versammlung erheben, die bestimmen kann, wie das Land in Zukunft regiert werden soll. Die Bewegung, die gegründet wurde, um den Rajapaksa-Clan abzusetzen, sollte selbst die Einberufung einer solchen Versammlung kontrollieren und allen, die auf der Insel leben und arbeiten, das gleiche Stimmrecht garantieren.

In diesem Rahmen werden die Sozialisten für eine Arbeiter:innen- und Bauern- und Bäuerinnenregierung eintreten, die sich nicht auf parlamentarische Wahlkreise, sondern auf ihre eigenen Organisationen stützt und das Recht der tamilischen Bevölkerung auf Selbstbestimmung und, wenn sie es wünscht, auf Sezession anerkennt.

Zur Bewältigung der Wirtschaftskrise ist es notwendig, alle wichtigen Sektoren entschädigungslos zu verstaatlichen und einer demokratisch verantworteten Planung im Interesse der breiten Masse der Bevölkerung zu unterwerfen. Alle Schulden bei ausländischen Banken und Konzernen, die von den aufeinanderfolgenden kapitalistischen Regierungen aufgenommen wurden, sollten annulliert und ein Appell an die Arbeiter:innen der Welt für Unterstützung und Solidarität gerichtet werden.




Sri Lanka: Präsident verhängt den Notstand

Peter Main, Infomail 1184, 3. April 2022

Zwei Tage, nachdem er sich im Fernsehen an die Nation gewandt hatte, um sein jüngstes Versprechen zur Wiederbelebung der Wirtschaft zu verkünden, hat Präsident Gotabaya Rajapaksa den Notstand ausgerufen. So will er die Flut der Proteste, die seine Herrschaft bedrohen, eindämmen.

Was war der Grund für diese plötzliche Ankündigung? Tausende Verzweifelte demonstrierten vor seinem Haus und forderten nicht nur seinen Sturz als Präsident, sondern auch seine Ausweisung aus dem Land.

Wirtschaftskrise

Ihre Verzweiflung wird durch den faktischen Zusammenbruch der Wirtschaft der Insel angetrieben. Die Währung hat allein in den letzten zwei Wochen mindestens 30 Prozent ihres Wertes verlorgen. Die Devisenreserven waren im Februar auf 2,2 Mrd. US-Dollar gesunken, aber in diesem Jahr müssen 7 Mrd. zurückgezahlt werden. 12-stündige Stromausfälle sind jetzt die Norm. Vier Menschen sind an Erschöpfung gestorben, während sie in immer längeren Schlangen auf Lebensmittel warteten.

Rajapaksa und seine Brüder, der Premierminister und der Finanzminister, sind hauptverantwortlich für diesen raschen Absturz in die Hölle nach Jahren des langsamen, aber unerbittlichen Niedergangs. Diese Schuldenrückzahlungen sind das direkte Ergebnis der Herrschaft von Mahinda Rajapaksa, als er riesige Prestigeprojekte wie den Hafen von Hambantota und einen neuen „internationalen Flughafen“ mit Darlehen aus China finanzierte.

Allein die Zinszahlungen für diese Kredite – 53 Millionen US-Dollar an die China Development Bank, 77 Millionen US-Dollar an die Export Import Bank – zeigen, was diese „weißen Elefanten“, die Monumente ihrer Herrschaft sind, kosten.

Die schiere wirtschaftliche Rücksichtslosigkeit, mit der sie das Land ausgeraubt haben, wird durch eine einzige Statistik unterstrichen: Zwischen Januar 2020 und März 2022 hat die Zentralbank 23 Mal mehr Geld gedruckt als im gesamten Zeitraum 1952 bis 2020! Der Zusammenbruch der Rupie war garantiert, und die große Masse des Volkes sieht sich nun mit der Aussicht auf eine Hyperinflation konfrontiert.

Kein Wunder also, dass Tausende das Haus des Präsidenten belagerten. In den Medienberichten wird betont, dass der Protest „spontan“ war. Es gab keine Parteifahnen, keine Reden von Politiker:innen, nur Tausende von wütenden Einwohner:innen. Aber wie Trotzki über die Februarrevolution von 1917 sagte, bedeutet „spontan“ nur, dass wir nicht wissen, wer ihn organisiert oder zumindest die Initiative ergriffen hat, ihn Freund:innen, Nachbar:innen und Arbeitskolleg:innen vorzuschlagen. Tausende von Menschen beschließen nicht plötzlich, alle zur gleichen Zeit das Gleiche zu tun.

Krise der Arbeiter:innenbewegung

Sicher ist leider, dass es nicht die Arbeiter:innenparteien oder Gewerkschaften waren, die ihn organisiert haben. Das macht nur allzu deutlich, dass es den Sozialist:innen in Sri Lanka trotz der vielen Krisen der letzten Jahrzehnte nicht gelungen ist, die Organisierung der Arbeiter:innenklasse wiederzubeleben. Die Gewerkschaftsbewegung ist in Hunderte von Organisationen zersplittert, von denen die meisten winzig und ineffektiv sind, während diejenigen, die sich mit der revolutionären Tradition identifizieren, in eine Reihe von kleinen Gruppen gespalten sind, auch wenn sie sich oft Parteien nennen.

Dennoch erfordern soziale Krisen des Ausmaßes, mit dem Sri Lanka konfrontiert ist, drastische Lösungen, die zu einer Wiederbelebung der Linken führen könnten. Unter diesen Gruppen und Gewerkschaften gibt es Hunderte, wahrscheinlich Tausende von Menschen, Männer und Frauen, die nicht nur die Notwendigkeit einer Organisation der Arbeiter:innenklasse sehen, sondern auch über eine Fülle von praktischen Erfahrungen verfügen, um diese trotz aller Widrigkeiten aufrechtzuerhalten. Das Gleiche gilt zweifellos für viele lokale Gemeindegruppen, Mieter:innen-, Frauen- und Student:innenorganisationen.

Die Aufgabe der Sozialist:innen besteht jetzt darin, all diese Aktivist:innen zu ermutigen, sich kollektiv und demokratisch zu organisieren, um ihre Interessen und Rechte zu verteidigen, trotz des Notstands und sogar der Gefahr der Verhängung des Kriegsrechts.

Alle diese massenhaften, demokratischen Organisationen sind wichtig, aber am wichtigsten ist die Organisierung am Arbeitsplatz. Die Gewerkschaften sollten sicherlich Rekrutierungskampagnen starten, aber Massenversammlungen aller Beschäftigten sollten die Grundlage für die Wahl von Ausschüssen bilden, die die gesamte Belegschaft vertreten. Wenn sich die Gewerkschaften als effektiv erweisen, werden sie Mitglieder werben, wenn nicht, haben sie keinen Anspruch auf eine automatische Führungsrolle.

Die bestehenden Gewerkschaftsführungen, insbesondere die größeren und einflussreicheren, haben sich oft als Hindernis für wirksame Maßnahmen zur Verteidigung von Löhnen, Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätzen erwiesen. Allzu oft sind sie über politische Parteien, deren einziger Zweck es ist, die Interessen der Geschäftswelt zu vertreten, in Regierungs- und Wirtschaftskreise eingebunden.

Haltung zu Gewerkschaften

Dies ist eine fatale Schwäche der Gewerkschaftsbewegung und hat einige Sozialist:innen zu der Idee geführt, dass die Gewerkschaften ignoriert werden sollten, oder, wie die Socialist Equality Party (Sozialistische Gleichheitspartei), zu dem Glauben, dass die Gewerkschaften nur existieren, um ihre Mitglieder zu betrügen. Ihre Antwort beseht darin, solche Führer:innen zu denunzieren und zu versuchen, eine alternative Arbeiter:innenbewegung aufzubauen.

Das ist eine bankrotte Strategie. Die Denunziation von der Seitenlinie aus ändert nichts an der Fähigkeit dieser Führer:innen, zu betrügen und in die Irre zu führen. Ihre Stärke liegt in der einfachen Tatsache, dass sie wichtige Teile der Klasse kontrollieren, deren Arbeit die Grundlage für die gesamte Gesellschaft stabilisiert. Die andere Seite der Medaille ist jedoch, dass diese Arbeiter:innen einen gewissen Nutzen von ihrer Mitgliedschaft erwarten.

In der gesamten internationalen Geschichte der Arbeiter:innenbewegung hat sich immer wieder gezeigt, dass die Beseitigung solcher Führer:innen am besten durch die Mobilisierung dieser Erwartungen gegen sie erfolgt. Statt zielloser Denunziationen sollten die Arbeiter:innen klare Forderungen an diese Führer:innen stellen, zum Beispiel, wie derzeit, Lohnforderungen, die einen Schutz vor Inflation beinhalten.

Jedes Gewerkschaftsmitglied kann erkennen, wie wichtig das ist. Die entscheidende Rolle des Sozialist:innen besteht darin, die Arbeiter:innen zu warnen, sich nicht auf ihre Führer:innen zu verlassen, sondern sich zu organisieren, um ihre Forderungen selbst durchzusetzen, wenn die Führer:innen nicht liefern, was sie im Allgemeinen nicht tun. Hier zeigt sich der Wert einer demokratischen Betriebsorganisation, die alle über Fortschritte oder deren Ausbleiben informiert, Taktiken erörtert, Aktionen wie Demonstrationen organisiert und eine direkte Vertretung bei Verhandlungen fordert.

Auf diese Weise kann eine andere, zuverlässigere und demokratischere Führung aufgebaut werden – stark genug, um nicht nur die falschen Anführer:innen zu ersetzen, sondern es mit den Bossen selbst aufzunehmen.

Programm

Wo immer möglich, sollten betriebliche Organisationen ihre Aktivitäten koordinieren, mit der Perspektive, andere Massenorganisationen einzubeziehen, um lokale oder städtische Delegiert:innenräte zu bilden. Solche Organisationen sind unerlässlich, aber sie sind kein Selbstzweck. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht darin, eine Strategie, ein Programm für die gesamte Arbeiter:innenklasse und die Unterdrückten zu diskutieren und beschließen, um die Offensive der Regierung zu bekämpfen und besiegen.

Ein Vorschlag für ein solches Programm wurde bereits von der Vereinigten Sozialistischen Partei (VSP) unterbreitet. Zu Recht fordert sie gegen die Entscheidung Rajapaksas, das Diktat des Internationalen Währungsfonds zu akzeptieren, zum Beispiel den Erlass der Schulden bei den imperialistischen Banken, die Kontrolle des Kapitalverkehrs, Investitionen in wichtige Industrien, die Verstaatlichung von Banken und Schlüsselindustrien unter Arbeiter:innenkontrolle, Preisüberwachung und einen Mindestlohn.

Was jedoch fehlt, ist eine klare politische Strategie für die Umsetzung dieser wesentlichen Maßnahmen – denn Rajapaksa wird sie sicher nicht durchführen. Zwar ruft die VSP zum Sturz der gegenwärtigen Regierung auf, zu Streiks, sogar Generalstreiks durch die Gewerkschaften und sie fordert auch eine „nationale Volksversammlung, um alle am Kampf Beteiligten zusammenzubringen“. Gut, aber wenn ein Generalstreik Rajapaksa zu Fall bringen würde, was dann?

Das VSP-Programm wird als Vorschlag und nicht als Ultimatum präsentiert, und in diesem Sinne schlagen die Unterstützer:innen der Liga für die Fünfte Internationale vor, die Arbeiter:innenkontrolle in alle ihre Forderungen zu integrieren, sowohl um ihre Umsetzung zu gewährleisten als auch um die Fähigkeit der Arbeiter:innen zur Kontrolle der Wirtschaft zu entwickeln. In Anbetracht des Ausnahmezustands möchten wir auch die Notwendigkeit betonen, dass die proletarischen Organisationen die Sicherheit ihrer eigenen Demonstrationen und Versammlungen durch die Bildung und Ausbildung von Selbstverteidigungsstrukturen gewährleisten.

Darüber hinaus sollten wir den Aufbau demokratischer Arbeiter:innenorganisationen, letztendlich von Arbeiter:innenräten, in allen Bezirken betonen, und dass es diese Gremien sind, die ihre eigene „Nationalversammlung“ einberufen sollten, um den Kampf auf nationaler Ebene zu führen. Dieser Kampf wird nicht nur auf den Sturz des Rajapaksa-Clans abzielen, sondern auch darauf, dass der landesweite Arbeiter:innenrat selbst zur Grundlage der Regierung wird und mittels der Organisationen regiert, die in dem aktuellen Kampf aufgebaut wurden, der nicht so schnell vorbei sein wird.

Die Unterstützung für eine solche Strategie zu gewinnen, wird nicht spontan oder automatisch erfolgen, sondern erfordert einen entschlossenen Kampf gegen alternative, vermeintlich sicherere oder schnellere Strategien. Diejenigen, die die Notwendigkeit einer revolutionären Strategie erkennen, müssen sich organisieren, unabhängig davon, welcher Gewerkschaft oder Gruppierung sie heute angehören, um dafür in allen Organisationen der Arbeiter:innenklasse sowie unter den unterdrückten Schichten der Gesellschaft, den Frauen, der Jugend und den nationalen Minderheiten zu kämpfen. Auf diese Weise kann die herannahende Krise zum Dynamo für die Entstehung einer neuen, revolutionären Arbeiter:innenpartei in Sri Lanka werden.




Südafrika: 155.000 StahlarbeiterInnen im unbefristeten Streik

Jeremy Dewar, Infomail 1167, 18. Oktober 2021

Ein Massenstreik hat die Stahlproduktion in Südafrika seit dem 5. Oktober zum Stillstand gebracht. Aufgrund der Just-in-Time-Produktion, bei der die Lagerbestände auf ein Minimum reduziert werden und ein ständiger Zustrom von Vorprodukten erforderlich ist, hat der Streik bereits einige BMW-Montagebänder lahmgelegt und die Fertigstellung von 700 Fahrzeugen verhindert. Weitere Einbußen für die wichtige Autoindustrie des Landes (5 % des Bruttoinlandsprodukts) werden zweifellos folgen.

Der Konflikt ist seit dem ersten Tag von Gewalt geprägt, als ein wütender Autofahrer seinen Wagen absichtlich in eine Gruppe von Streikenden auf dem Weg zu einer Streikpostenkette in der Nähe von Johannesburg rammte und dabei einen von ihnen tötete und ein Dutzend andere verletzte. Für die meisten Verletzungen ist jedoch die Polizei verantwortlich, die mit Gummigeschossen auf die ArbeiterInnen schießt, selbst wenn diese sich von der Aktion entfernen.

Die Mational Union of Metalworkers of South Africa (NUMSA =Nationale Gewerkschaft der MetallarbeiterInnen von Südafrika) fordert eine Lohnerhöhung von 8 % in diesem Jahr und einen Zuschlag von 2 % plus Inflationsausgleich in den nächsten beiden Jahren. Dies folgt auf eine Vereinbarung, aufgrund der Pandemiebedingungen auf eine Lohnsteigerung im Jahr 2020 zu verzichten. Die Inflation steigt und liegt derzeit bei 4,9 %, während die südafrikanische Zentralbank ihren Zinssatz um einen dreiviertel Punkt auf 4,25 % anhebt. Das ursprüngliche Angebot der „ArbeitgeberInnen“ von 4,4 % war also in Wirklichkeit eine weitere reale Lohnkürzung.

Trotz ihrer strategischen Bedeutung für die Wirtschaft und der Beschwerlichkeit ihrer Arbeit erhalten die Beschäftigten in der Stahlindustrie und verwandten Branchen oft nur etwas mehr als 1 Euro die Stunde. Diese nackte Tatsache zwang den Unternehmerverband SEIFSA (Verband der Stahl- und Metallindustrie Südafrikas), der 1.000 Unternehmen vertritt, dazu, sein Angebot auf 6 % in diesem Jahr und eine Inflationsanrechnung plus 0,5 % in den Jahren 2022 und 2023 zu erhöhen – allerdings nur für die am schlechtesten bezahlten Schichten. Die NUMSA-Beschäftigten lehnten diese Taktik des Teilens und Herrschens ab, obwohl Generalsekretär Irvin Jim besorgniserregend angedeutet hat, dass er sich mit 6 % zufrieden geben würde, wenn sie für alle Beschäftigten gelten würden.

Kompromiss oder Eskalation?

Der unbefristete Generalstreik steht vor einer entscheidenden Phase. Die Gespräche mit der SEIFSA laufen, aber die kleineren Unternehmerverbände weigern sich, von ihren ursprünglichen Positionen abzuweichen. Irvin Jim ist eindeutig bereit, den Streik bei 6 % zu beenden, was, selbst wenn das auf alle Besoldungsgruppen ausgedehnt würde, kaum mehr als ein fauler Kompromiss wäre.

Auf der anderen Seite gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Entschlossenheit der Streikenden nachlässt. Massenkundgebungen und militante Streikposten mit roten Hemden trotzen weiterhin Polizeikugeln und Einschüchterungen.

Die ArbeiterInnen wissen, dass bei Produktivitätssteigerungen die UnternehmerInnen mehr zahlen können. Ein Streikender drückte es so aus: „Die Firmen, in denen wir arbeiten, rüsten ihre Maschinen auf. Wann werden sie unsere Löhne erhöhen?“ Die meisten MetallarbeiterInnen sind die HaupternährerInnen ihrer Familien, und da jede/r dritte Lohnabhängige und über die Hälfte der Jugendlichen arbeitslos sind, können sie sich keine Kompromisse leisten.

Der Streik ist noch lange nicht am Ende, sondern wird sogar noch ausgeweitet, da sich in der zweiten Woche 16.000 Mitglieder der Metall- und ElektroarbeiterInnengewerkschaft (MEWUSA) den Streikposten angeschlossen haben. Gleichzeitig kündigte Zwelinzima Vavi, der Vorsitzende des südafrikanischen Gewerkschaftsbundes SAFTU, aus Solidarität mit den Metall- und StahlarbeiterInnen 14 Tage im Voraus einen zweitägigen Generalstreik an. Die SAFTU-Mitglieder sollten nicht die zwei Wochen abwarten, um Solidaritätsaktionen zu starten, sondern Streiks durchführen oder ihre eigenen Forderungen vorbringen, um die Streiks zu verallgemeinern.

Es ist auch klar, dass COSATU, der wichtigste Gewerkschaftsverband und Mitglied der Koalition mit dem Afrikanischen Nationalkongress (ANC) in der Regierung, nicht immun gegen den Druck von unten ist, Streiks durchzuführen. An dem Tag, an dem die NUMSA ihren Streik begann, rief COSATU eilig zu einer zweitägigen landesweiten Arbeitsniederlegung auf, die vor allem im von einem Lohnstopp betroffenen öffentlichen Sektor wirksam war.

Der Aktivist Trevor Ngwane in den Armenvierteln (Townships) kommentierte: „Die kurzfristige Ankündigung von Arbeitsniederlegungen und Streiks wirft ein schlechtes Licht auf die Führung von COSATU. Die Basis muss ihre AnführerInnen zwingen, sich mit SAFTU und NUMSA zusammenzuschließen und den Druck auf den ANC und die Bosse zu erhöhen.“

Die südafrikanische ArbeiterInnenklasse hat sich im Laufe eines Jahrzehnts als eine der kämpferischsten der Welt erwiesen. Ihre Avantgarde hat sich in einer Reihe von epischen Kämpfen gestählt. Dennoch bleibt sie politisch schwach: COSATU ist immer noch an die Volksfrontregierung des neoliberalen ANC gebunden; die Economic Freedom Fighters (Ökonomische FreiheitskämpferInnen) halten sich von Gewerkschaftskämpfen fern, es sei denn, sie werden von ihnen selbst aufgerufen; und die Revolutionär Sozialistische ArbeiterInnenpartei von Vavi und Jim war praktisch eine Totgeburt.

Was alle diese politischen Strömungen eint, ist die politische Tradition des Stalinismus, dessen Programm sich darauf beschränkt, die „demokratische Etappe“ zu vollenden, Kompromissbereitschaft mit dem Kapital zu signalisieren und die antikapitalistische Schärfe aller Kämpfe abzuschwächen. Die sektiererische Spaltung trägt dazu bei, diese falschen FührerInnen an der Spitze ihrer Organisationen zu halten, vergeudet aber die Kraft der ArbeiterInnenklasse insgesamt. Ein erster Schritt, um diese Blockade zu durchbrechen, wäre die Ausweitung des NUMSA-Streiks zu einem umfassenden Angriff auf das kapitalistische System, das 27 Jahre nach dem Fall der Apartheid keine Freiheit gebracht hat.




USA: Unterstützt die ArbeiterInnen von Bessemer!

Dave Stockton, Infomail 1142, 16. März 2021

Eine gewerkschaftliche Organisierungskampagne in der Stadt Bessemer, Alabama, (26.680 EinwohnerInnen) hat die Aufmerksamkeit von GewerkschafterInnen und SozialistInnen weltweit auf sich gezogen. Der Grund? ArbeiterInnen, GewerkschaftsorganisatorInnen und GemeindeaktivistInnen haben es dort mit einem wahren Goliath des modernen Kapitalismus aufgenommen: Jeff Bezos‘ Amazon, dem zweitgrößten Einzelhändler, hinter Walmart, in den USA, wo er immer noch 60 % seines Geschäfts macht.

Expansion und Profit

Amazon ist jetzt ein globales Unternehmen, das dank der Covid-19-Pandemie seinen weltweiten Umsatz, den Umfang seiner Belegschaft und seine Gewinne in die Höhe schnellen ließ. Im Jahr 2020 stieg der Umsatz in Deutschland um 9,8 % auf 34,88 Mrd. US-Dollar (31,15 Mrd. Euro), in Großbritannien um 15,2 % auf 29,05 Mrd. US-Dollar (22,76 Mrd. britische Pfund) und in Japan um 12,3 % auf 26,47 Mrd. US-Dollar (2,885 Billionen Yen).

Laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes lieferte das Unternehmen im Jahr 2020 ein wahres Rekordergebnis mit einem Anstieg des Jahresumsatzes um 38 % auf 386 Mrd. US-Dollar, ein jährliches Wachstum von über 100 Mrd. US-Dollar, 125 Mrd. US-Dollar Umsatz allein im vierten Quartal. Der Nettogewinn stieg im Vergleich zum Vorjahr um 84 %. Bezos, der Gründer und bis vor kurzem Vorstandsvorsitzender von Amazon, verfügt über ein Privatvermögen von 196 Mrd. US-Dollar. Laut der US-Denkfabrik Institute for Policy Studies haben allein in den ersten sechs Monaten die 643 MilliardärInnen des Landes, darunter Bill Gates und Mark Zuckerberg, einen Vermögenszuwachs von 845 Mrd. US-Dollar verzeichnet, was ihr gemeinsames Vermögen von 2,95 Billionen US-Dollar auf 3,8 Billionen US-Dollar erhöhte.

Um solche enormen Gewinne zu realisieren, hat Amazon zwischen Januar und Oktober letzten Jahres weltweit mehr als 425.000 MitarbeiterInnen eingestellt. Forbes schätzt, dass Amazon jetzt 1,2 Millionen MitarbeiterInnen hat (810.000 in den USA), nicht mitgezählt die halbe Million LieferfahrerInnen, die nicht unmittelbar unter Vertrag des Unternehmens stehen. Die Pandemie war ein Geschenk des Himmels, nicht nur für das exponentielle Wachstum der Onlineverkäufe, sondern auch für die Freisetzung eines riesigen Potenzials an jungen und qualifizierten Arbeitskräften, die von anderen Unternehmen, die von den Schließungen betroffen waren, entlassen wurden.

Lage der Beschäftigten

Dennoch behandelt Bezos seine ArbeiterInnen genauso wie die industriellen Raubritter des neunzehnten Jahrhunderts, Henry Ford, Andrew Carnegie, Rockefeller, mit teuren gewerkschaftsfeindlichen Firmen und AnwältInnen, die gegen Gewerkschaften vorgehen. Die ArbeiterInnen in Bessemer und in allen Amazon-Lagern und Logistik-Zentren haben lange Arbeitstage (zehn Stunden). Überstunden sind obligatorisch, und die Lohnabhängigen werden oft erst Stunden vor ihrem Beginn informiert, und sie enden oft zu unsozialen Zeiten, wenn der öffentliche Nahverkehr nach Hause knapp ist.

Hinzu kommen das schwere Heben, die Beschleunigung und die aggressive Kontrolle der MitarbeiterInnen, um die Zeit für das Mittagessen oder Toilettenpausen zu verkürzen. Krankenhausaufenthalte kommen häufiger als bei anderen Logistikunternehmen vor. Auch sind schon einige wegen fehlender Klimaanlagen ohnmächtig geworden. In der ersten Welle der Pandemie gab es auch einen weit verbreiteten Mangel an persönlicher Schutzausrüstung. Vor allem aber können die ArbeiterInnen aus jedem beliebigen Grund entlassen werden.

Die Löhne liegen mit 15,3 US-Dollar in der Regel über dem Durchschnitt der umliegenden Gebiete, aber unter den Tarifen in Lagerhäusern oder für AuslieferungsfahrerInnen. Infolgedessen fürchten die ArbeiterInnen in diesen Sektoren den Abwärtsdruck auf ihre Löhne durch die Ankunft von Amazon in ihrer Gegend.

Es überrascht nicht, dass Amazon, wie viele große US-Konzerne, sehr gewerkschaftsfeindlich ist – natürlich nicht nur in den USA. In den meisten Ländern gibt es überhaupt keine Organisierung der Beschäftigten. In den USA hat es wiederholt und illegal ArbeiterInnen wegen gewerkschaftlicher Aktivitäten entlassen, wie Christian Smalls, der eine Arbeitsniederlegung im Lager des Unternehmens in Staten Island, New York, anführte. John Hopkins, ein Arbeiter im Werk des Unternehmens in San Leandro, Kalifornien, wurde entlassen, weil er am 1. Mai Flugblätter der Gewerkschaft über ihre Pläne für den Juneteenth, eine jährliche Feier zur Befreiung der SklavInnen, verteilt hatte. Jeff Bezos forderte seine ArbeiterInnen übrigens auf, diesen Tag zu ignorieren, weil die SklavInnen ja vor 150 Jahren befreit worden wären. Offensichtlich konnten seine LohnsklavInnen nicht einmal für einen Tag befreit werden.

David gegen Goliath

Diesem kapitalistischen Goliath steht ein moderner David gegenüber, nämlich die 2.000 der 5.800 ArbeiterInnen in Amazons BHM1 Auslieferungszentrum in Bessemer. Sie haben bereits Berechtigungskarten für den Gewerkschaftsbeitritt unterschrieben und von der Nationalen Behörde für Arbeitsverhältnisse das Recht auf eine Urabstimmung über die Anerkennung der Gewerkschaft erhalten, die am 30. März endete. Amazon hat alles getan, um diesen Prozess zu behindern, indem es die Beschäftigten zur Teilnahme an gewerkschaftsfeindlichen Versammlungen verpflichtete und versucht hat, die Briefwahl zu verhindern. Das Werk wurde mit gewerkschaftsfeindlichen Plakaten zugekleistert und das Unternehmen hat versucht, GewerkschaftsorganisatorInnen daran zu hindern, mit den Beschäftigten in Bussen zu sprechen, wenn diese zur Arbeit fahren.

Unterstützt werden die gewerkschaftsfreundlichen ArbeiterInnen im Werk von der Gewerkschaft des Einzel-, Großhandels und der Kaufhäuser (RWDSU; 60.000 Mitglieder landesweit im Jahr 2014) und vielen kommunalen AktivistInnen aus Bessemer, aus dem nahegelegenen Birmingham und Freiwilligen aus anderen Städten und Staaten.

Bessemer kann auf eine gute gewerkschaftliche und politische Tradition der ArbeiterInnenbewegung zurückblicken, die auf Stahl-, Eisenerz-, Kohle- und Textilstreiks und die Organisierung in den 1930er Jahren zurückgeht. Die Stadt war auch das Zentrum der kommunistischen Parteiorganisation unter den FarmpächterInnen. In den 1930er Jahren hatte die Partei dort über tausend Mitglieder. Aber dies wurde durch die massiven Schließungen dieser Industrien in den 1980er Jahren weitgehend beendet. Jetzt wird an dieses Vermächtnis wieder angekünpft.

Eine weitere bemerkenswerte Tradition, auf die zurückgeblickt werden kann, ist die Birmingham-Kampagne von Martin Luther King und der BürgerInnenrechtsbewegung im Jahr 1963. Die Belegschaft des Bessemer Auslieferungszentrums besteht zu 85 % aus AfroamerikanerInen, ebenso wie 70 % der BürgerInnen von Bessemer. Die RWDSU hat sich mit der „Black Lives Matter“-Bewegung verbunden. Der Präsident der Gewerkschaft, Stuart Appelbaum, sagte: „Wir sehen diese Kampagne sowohl als BürgerInnenrechtskampf als auch als Arbeitskampf.“

Globale Bedeutung

Es liegt auf der Hand, dass ein Sieg der gewerkschaftlichen Organisierung in Bessemer eine ermutigende Wirkung in den gesamten USA und darüber hinaus auf die Amazon-Beschäftigten in Spanien, Italien, Polen, dem Vereinigten Königreich und Japan zeitigen wird. Letztes Jahr gab es bereits Aktionen wegen der Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen in den europäischen Werken. Die Organisation der Unterstützung durch die Gemeinde in Bessemer wird sich auch ausbreiten und die rassistisch und geschlechtlich Unterdrückten sowie Jugendliche und StudentInnen mit einbeziehen können.

Amazons massiver Einsatz von Hightechsystemen, kombiniert mit seiner gewerkschaftsfeindlichen Politik, könnte in der gesamten sogenannten Gig-Economy (Klein- und Gelegenheitsauftragssektor) kopiert werden. Die ArbeiterInnen werden viel flexiblere und internationale Netzwerke für Solidarität entwickeln müssen. Alte Spaltungen zwischen den Gewerkschaften sowie gewerkschaftliche Rivalitäten und das bürokratische Abwürgen von Initiativen der einfachen ArbeiterInnen haben die Gewerkschaften daran gehindert, mit den Veränderungen in alten und neuen Industrien und Dienstleistungen Schritt zu halten. Wenn dies so weitergeht, könnte es sich als fatal für die neue Bewegung erweisen. Am Ende werden militante Aktionen und die schnelle Unterstützung durch andere ArbeiterInnen und ihre Gemeinschaften die entscheidende Kraft sein, die es den Davids, wie den Bessemer Amazon-ArbeiterInnen, ermöglicht, die Goliaths zu schlagen.

Politische Organisierung und Kampagne

Jenseits der individuellen Kämpfe um gewerkschaftliche Organisierung in den Betrieben und Unternehmen müssen die ArbeiterInnen auf die Arena der Politik schauen, nicht so sehr auf die vergeblichen Versuche, die zweite kapitalistische Partei des Landes, die Demokratische Partei (DP), dazu zu bringen, etwas für sie zu tun, nachdem sie jahrzehntelang die Beiträge der ArbeiterInnen für so gut wie nichts im Gegenzug eingesackt hat. Was für den Kampf um gewerkschaftliche Organisierung gilt, gilt übrigens auch für „Black Lives Matter“ und die Frauenbewegung.

DP-Senator Bernie Sanders und die Kongressabgeordnete Ilhan Omar haben einen Gesetzentwurf für den Kongress entworfen, der die MilliardärInnen dazu bringen würde, eine Steuer von 60 % auf die Zuwächse zu zahlen, die sie während der Pandemie eingestrichen haben. Elementare Steuergerechtigkeit, wie es scheint, denn es wurde berechnet, dass Jeff Bezos jedem/r Amazon-MitarbeiterIn 105.000 US-Dollar geben könnte und immer noch so reich wäre wie vor der Pandemie.

Natürlich werden sich die millionenschweren RepublikanerInnen und DemokratInnen im Kongress das nicht gefallen lassen. Sie haben sich gerade erst geweigert, Bidens Konjunkturpaket zur Anhebung des Mindeststundenlohns von 7,25 US-Dollar auf 15 US-Dollar zuzustimmen.

Das vorgeschlagene Organisationsrechtsschutzgesetz (PRO), das Millionen von Lohnabhängigen die Möglichkeit geben würde, sich gewerkschaftlich zu organisieren , könnte bald das gleiche Schicksal erleiden. Konservative DemokratInnen und RepublikanerInnen planen eine Verschleppungstaktik, um es zu verhindern, obwohl Biden einige Schlüsselelemente des Gesetzes verbal unterstützt.

Die Politik, die US-ArbeiterInnen brauchen, kann nicht von Wahlkampf und Wahlprioritäten ausgehen. Sie muss auf eine politische ArbeiterInnenbewegung orientieren, mit einer Partei, die als Teil ihrer Ziele den Kampf für Gesetze aufnimmt, die den ArbeiterInnen das Recht zugestehen, einer Gewerkschaft beizutreten, die Arbeit„geber“Innen hart bestrafen, wenn sie ArbeiterInnen entlassen, die für bessere Löhne und Bedingungen und gegen rassistische oder sexistische Diskriminierung organisieren oder streiken. Eine wiederbelebte Gewerkschaftsbewegung, die sich mit lokalen Gewerkschaftsräten, Sektionen der schnell wachsenden Demokratischen SozialistInnen Amerikas, den Kämpfe und Communities der Unterdrückten vernetzt, muss sich zum Ziel setzen, in den USA eine ArbeiterInnenpartei mit einem Programm für einen Übergang zum Sozialismus durch eine soziale Revolution aufzubauen.




Wiener AktivistInnenkonferenz: Wie weiter mit LINKS?

Arbeiter*innenstandpunkt, Infomail 1140, 27. Februar 2021

Im Jänner 2020 haben ein paar Hundert AktivistInnen in Wien mit LINKS eine neue Partei gegründet. Ein bisschen mehr als ein Jahr später steht die zweite AktivistInnenkonferenz an, die auf den anständigen Erfolgen bei der Wienwahl aufbauen und eine Strategie für die nächsten Jahre finden muss.

Diese Konsolidierungskonferenz findet in der tiefsten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg, im Angesicht einer globalen Pandemie, drohender Massenentlassungen und einer grünlackierten BürgerInnenblockregierung statt. Das sind wahrscheinlich mehr Herausforderungen, als sich die meisten AktivistInnen erwartet haben, als sie sich für einen Wahlantritt zusammengetan haben. Aber als größte Kraft links von SPÖ und Grünen hat LINKS die politische Verantwortung, sich in den kommenden Kämpfen klar zu positionieren.

Das bedeutet, dass LINKS zu einer klassenkämpferischen Partei werden, also in den kommenden Kämpfen kompromisslos die Seite der Ausgebeuteten gegen die AusbeuterInnen ergreifen, und wo es möglich ist, mit ihnen kämpfen und gewinnen muss. Das bedeutet konkret, die politischen Widersprüche zu verstehen und selbst zuzuspitzen. Es reicht nicht zu warten, bis Kämpfe aufkommen, die man unterstützt. Es bedeutet auch konkret, sich die Verankerung unter ArbeiterInnen, unterdrückten und marginalisierten Communities zum Ziel zu setzen – diese Fragen mitzudenken, reicht nicht aus. Die Mehrheit der ArbeiterInnenklasse ist von sexistischer, rassistischer, LGBTIQ-feindlicher und anderer sozialer Unterdrückung betroffen. Die Kämpfe dagegen sind ein untrennbarer Teil des Klassenkampfes, den LINKS bewusst führen muss.

Außerdem muss die Organisation aufgebaut und gestärkt werden. Transparente demokratische Strukturen und systematische Wissensweitergabe sind wichtige Aufgaben, wenn wir den kommenden Herausforderungen gewachsen sein wollen. Die AktivistInnen, die LINKS gegründet haben, kommen aus verschiedensten kleineren politischen Strukturen, die Mehrheit aus Kampagnen und Bündnissen, die sich mit einem Thema (zum Beispiel Solidarität mit Geflüchteten oder Klimaschutz) beschäftigt hatten. Dass sie entschieden haben, eine Organisation aufzubauen, die diese Themen zusammenführt und um die Macht kämpft, statt bloß Forderungen aufzustellen, ist ein großer Schritt nach vorne. Deshalb besteht eine mindestens genauso große politische Verantwortung darin, diese Partei möglichst als revolutionäre aufzubauen.

Worauf bauen wir auf?

Die Gründungsversammlung von LINKS hatte sich auf eine praktische Aufgabe geeinigt: den Antritt zu Wienwahl. Gleichzeitig gab es natürlich auch einen politischen Grundkonsens, vor allem klar links von Grünen und SPÖ zu stehen („Wählen ohne Bauchweh“), den Kapitalismus entweder sehr kritisch zu sehen oder abzulehnen, marginalisierte Personen gezielt ansprechen und sichtbar machen, die Klimakrise ernsthaft angehen zu wollen.

Mit dem Antritt zur Wienwahl (und recht anständigen 20.000 Stimmen) wurde die gemeinsame praktische Zielsetzung erreicht. Auch deshalb waren Vorbereitung und Durchführung des Wahlkampfes die Zeit, die LINKS politisch geprägt und geschärft hat. Das gilt für das Programm, das in Aspekten klar antikapitalistisch (aber in anderen eher reformistisch) ist, für den Fokus auf Enteignungen, aber auch die Forderung, dass Wien alle Geflüchteten aus Moria die Aufnahme anbieten soll.

Gleichzeitig war das kein antikapitalistischer Wahlkampf. Es fand zwar eine öffentliche und inhaltliche Verschiebung von kapitalismuskritischem in Richtung antikapitalistischem „Grundkonsens“ statt. Aber schon der Kapitalismus selbst wurde nur selten direkt angesprochen. Die Frage, wodurch wir ihn ersetzen möchten, und auch, wer so eine Überwindung überhaupt durchführen kann, blieb weitgehend undiskutiert. Eine antikapitalistische Partei muss nicht wie eine kaputte Schallplatte alle zwei Minuten die Worte Kapitalismus und Klassenkampf abspulen. Aber sie muss nach innen und außen klarmachen, dass sie den Kapitalismus überwinden und den Sozialismus aufbauen will, und sich dafür auf die gesellschaftliche Mehrheit der ArbeiterInnenklasse (in allen ihren Facetten von Geschlecht, Rassismuserfahrungen und sozialem Ausschluss) stützen. Auch wenn das organisationsintern geklärt wäre und nur nach außen in anderen Worten kommuniziert würde (und eindeutig geklärt ist das in LINKS nicht) wird es sehr schwierig, Antikapitalismus und Klassenkampf umzusetzen, wenn man es den eigenen potentiellen MitstreiterInnen und WählerInnen nicht offen sagt.

Die Zeit nach dem Wahlkampf war für LINKS eine Phase der Konsolidierung. Das war zu erwarten. Trotzdem ist die Partei seit der Wahl deutlich gewachsen und hat inhaltlich wichtige Diskussionen geführt. Es ist weitgehend gelungen, den Wahlerfolg zu nutzen, um eine Organisation aufzubauen, die weiter vor allem außerparlamentarisch arbeiten soll – ein wirklich wichtiger Schritt.

Die politische Debatte und die aktive Teilnahme an klassenkämpferischen (beispielsweise MAN-Streik), antirassistischen (Proteste gegen Abschiebungen, Gedenken an Opfer rassistischer Gewalt) und antisexistischen Bewegungen haben eine Konferenz möglich gemacht, die die Partei nach vorne bringen wird.

Dabei gibt es wenig Potential für große Umbrüche. Das ist gut für die Stabilität der Partei, bedeutet aber auch nicht, dass man die Probleme von LINKS „in einem Aufwasch“ erledigen kann. Das wäre eh eine Illusion, bedeutet aber, dass die Herausforderungen über das nächste Jahr geduldig und stetig bearbeitet werden müssen. Nur weil es keinen Anlass für einen großen Bruch gibt, heißt das nicht, dass LINKS bestehen bleibt, wenn alles so weitergeht wie jetzt.

Klassenkampf

Weil es eine neue linke Partei braucht, ist LINKS zu den Gemeinderatswahlen in Wien angetreten und hat immerhin fast 20.000 Stimmen eingesammelt. Das ist das beste Ergebnis einer Liste links von SPÖ und Grünen seit 1974. Aber die Existenzberechtigung einer Partei zeigt sich dann, wenn sie es schafft, in den politischen Auseinandersetzungen einen Unterschied zu machen. Eine Partei, die es „eigentlich bräuchte“, braucht niemand.

Wer braucht eine neue linke Partei? Alle, die im Kapitalismus den Kürzeren gezogen haben, auf deren Ausbeutung und Unterdrückung die Profite der Herrschenden aufbauen. Das ist die ArbeiterInnenklasse, von denen die Mehrheit gleichzeitig rassistisch, sexistisch, LGBTIQ-feindlich oder sonst wie sozial unterdrückt wird. Dazu gehören auch Erwerbslose und unbezahlte SorgearbeiterInnen, ohne die die Ausbeutung der LohnarbeiterInnen gar nicht möglich wäre.

Auf die alle kommen jetzt unfassbare Angriffe der KapitalistInnen und der Regierung zu. Die UnternehmerInnen werden durch Massenentlassungen und weitere Prekarisierung versuchen, ihre Profite durch die Krise zu retten. Die BürgerInnenblockregierung wird alles daransetzen, die Kosten der Krisenbekämpfung auf uns abzuwälzen: durch Sozialabbau, Privatisierungen und Steuererhöhungen. LINKS muss es schaffen, in diesen Auseinandersetzungen immer auf der Seite der Unterdrückten zu stehen, die politischen Widersprüche geschickt zuzuspitzen und in den gemeinsamen Kämpfen einen echten Unterschied zu machen. LINKS muss diese Kämpfe als Klassenkämpfe führen und gewinnen.

Dafür muss sich LINKS in der ArbeiterInnenklasse verankern, in den Grätzln wo sie lebt, an den Arbeitsplätzen, wo sie ausgebeutet wird, und in den Gewerkschaften, wo sie aktiv ist. Das ist im letzten Jahr nur in kleinen Ansätzen gelungen und auch nicht systematisch angegangen worden.

Wo sich ArbeiterInnen bewusst als ArbeiterInnen politisch organisieren, ist ihre Führung heute reformistisch. Die Sozialdemokratie verspricht maximal kleine Verbesserungen, in der Regel sogar nur langsamere Verschlechterungen angesichts bürgerlicher Angriffe. Trotzdem dominiert sie die ArbeiterInnenbewegung organisatorisch und ideologisch.

Wir müssen LINKS als antikapitalistische ArbeiterInnenpartei aufbauen und die Dominanz der ReformistInnen brechen. Dazu reicht es nicht aus, ihre Politik zu kritisieren, und erst recht nicht, sie zu ignorieren und zu versuchen, daneben stark zu werden. Wo es geht, müssen wir in gemeinsamen Kämpfen (wie zum Beispiel bei den Protesten gegen Abschiebungen Ende Jänner) beweisen, dass wir die besseren politischen Antworten haben, und auch offen Kritik üben (was LINKS-RednerInnen auf denselben Protesten gemacht haben). Das gilt auch für die Gewerkschaften, wo sich ArbeiterInnen dauerhaft organisieren, und Kampagnen mit Basisstrukturen.

Parteiaufbau

Auch der Aufbau von stabilen Strukturen und Verankerung, demokratischen Strukturen innerhalb der Organisation, Arbeitsabläufen und Bildungsarbeit ist eine politische Verantwortung. Die Gründung von LINKS war ein entscheidender Bruch mit der Arbeit vieler linker AktivistInnen in Wien, besonders von denen, die sich an der Versammlung beteiligten: Sie war ein gemeinsames Anerkennen, dass es für nachhaltige politische Arbeit eine Partei braucht.

Statt in klugen und oft radikalen Kampagnen die Mächtigen unter Druck zu setzen, einzelne Forderungen zu erfüllen, versucht eine linke Partei, diese Macht selbst zu erobern (oder durch Verankerung aufzubauen). Statt sich gezielt auf einzelne Themen zu konzentrieren (und die gegebenenfalls mit anderen Fragen „zusammenzudenken“) geht man sie gleichzeitig mit ihrer gemeinsamen Ursache an. Außerdem sind Parteien (zumindest theoretisch) nachhaltiger: Eine erfolgreiche Kampagne löst sich auf, eine erfolgreiche Partei bleibt bestehen. Dass die Wiener Linke viele nie aufgelöste Kampagnenbündnisse und viele aufgelöste Parteiprojekte kennt, spricht für sich.

Auf der Gründungsversammlung hieß es: „Weil es eine neue linke Partei braucht“. Das ist richtig: Die sich zuspitzenden Widersprüche des Kapitalismus im 21. Jahrhundert, Klimakrise, Kriegsgefahr und Ausbeutung lassen sich nur mit einer (internationalen) revolutionären Partei lösen. 2008 hat der Arbeiter*innenstandpunkt nicht ohne Pathos auf sein Aktionsprogramm geschrieben: „Kein Sozialismus ohne Partei“ (das Programm wurde als kleines rotes Büchlein gedruckt). Deshalb ist es dringend notwendig, dass diese Partei auch funktioniert, wächst und ihre Mitglieder stärkere AktivistInnen werden.

Dazu gehört auch ein Ausbau der innerparteilichen Demokratie. Das bedeutet ein transparentes Funktionieren der Leitungs- und Arbeitsstrukturen, dass für alle Mitglieder verständlich und zugänglich berichtet wird, und klare Ansprechpersonen. Aber es bedeutet auch eine Stärkung der AktivistInnen, die diese demokratischen Prozesse füllen. Die müssen das Selbstvertrauen und die Fähigkeiten bekommen, über die Strategie zu bestimmen, und dabei das doch recht große Ganze im Auge behalten können. Dafür braucht es eine systematische Bildungsarbeit, Austausch und Wissensweitergabe, aber auch Räume für eigene Entscheidungen und Kampagnen in den Bezirks- und Interessensgruppen die weiter ausgebaut werden sollten.

Wie weiter?

Die LINKS-AktivistInnenkonferenz 2021 wird die Weichen für die Arbeit der nächsten Jahre stellen. Die Partei ist stabil und wächst. Sie wird sich auf eine inhaltliche Kampagne einigen, um die sich die Organisationsarbeit ähnlich gruppieren kann wie um den Wahlkampf. Ein erster Gradmesser wird sein, ob die Kampagnenauswahl den politischen Herausforderungen der tiefsten Krise seit 1945 entspricht und auch, ob es der erfolgreich abgestimmten Kampagne gelingt, auf dem jeweiligen Gebiet die Widersprüche klassenkämpferisch zuzuspitzen.

Eine weitere entscheidende Frage wird sein, ob das neu gewählte Koordinationsteam an der weitgehend erfolgreichen Arbeit seiner VorgängerInnen anschließen, aber mehr politische Herangehensweisen aus der Mitgliedschaft abbilden kann. LINKS ist keine sehr zentralistische Organisation und hat keine herausgebildete Bürokratie. Eine Koordination, die in der Basis verankert und ihr auch rechenschaftspflichtig ist, kann das auch weiter verhindern.

LINKS ist auch eine sehr dynamische Partei, in der die Kampagnen und Aktionsvorschläge mit Initiativen der Mitgliedschaft gefüllt werden. Wenn wir es schaffen, die Bezirks- und Interessensgruppen so aufzubauen, dass sie radikale Positionen in verständliche Aktionen umsetzen können, ist LINKS gut gerüstet, im Katastrophenjahr 2021 die Partei in Wien zu werden, die es gebraucht hat.