Trotz alledem – warum und wie wir uns an den Anti-AfD-Protesten beteiligen

Georg Ismael, Infomail 1244, 2. Januar 2024

Mit Bestürzung, Schmerz und Wut haben wir die rassistischen Übergriffe auf Palästinenser:innen auf Demonstrationen gegen die AfD erlebt. Den tragischen Tiefpunkt bildeten körperliche und verbale Übergriffe am Sonntag, den 21. Januar, auf der Reichstagswiese in Berlin.

Hier wurde deutlich, wie tief der Rassismus gegen Geflüchtete, Muslim:innen und Araber:innen auch in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen ist. Dieser Rassismus wird heute im Besonderen durch antipalästinensischen Rassismus befeuert.

Antipalästinensischer Rassismus

Während der Internationale Gerichtshof Anzeichen für einen Genozid in Gaza sieht, liefert die deutsche Regierung Waffen an die rechtsradikale israelische Regierung, stellt humanitäre Hilfe für die Palästinenser:innen ein, schiebt ab, kriminalisiert kritische Stimmen und hebelt Grundrechte aus. Zur gleichen Zeit werden auf Initiative der CDU Gesetze, die die Ausbürgerung von Staatsbürger:innen erlauben und eine massive Einschränkung des Organisations- und Versammlungsrechtes nach sich ziehen würden, im Bundestag diskutiert.

Deutschland unterstützt einen Genozid und sichert diese Politik mit Repression im Inland ab. Von dieser waren neben Palästinenser:innen besonders Muslim:innen, Araber:innen und migrantisierte Menschen betroffen, die trotz ihrer besonders prekären Lage in den vergangenen Monaten ihre Solidarität mit den Menschen Gazas auf Deutschlands Straßen zum Ausdruck brachten.

Wir müssen anerkennen, dass die Bundesregierung, aber auch Landesregierungen mit Billigung der meisten Parlamentarier:innen und Abgeordneten gegen Palästinenser:innen vieles von dem umsetzen, was die AfD für die gesamte Gesellschaft fordert.

Gerade weil wir die Unterdrückung, die Gewalt und die Apartheid gegen die Palästinenser:innen durch den ethnonationalistischen israelischen Staat und die rechtsradikale israelische Regierung kennen, haben wir eine besondere Verpflichtung uns gegen die ethnonationalistische und rechtsradikale AfD in Deutschland zu stellen.

Wir tun dies in Solidarität mit den Palästinenser:innen und in internationalistischer Verpflichtung, nicht für das gute Gewissen deutscher Biedermeier:innen. Wir denken nicht, dass die Anti-AfD-Proteste in ihrer heutigen Form die multiethnische, religionsübergreifende, antikoloniale und antiimperialistische Solidarität der Palästinenser:innen verdient hätten. Aber wir sind es uns politisch schuldig, unsere Stimmen und unsere Körper auf diesen Protesten zu präsentieren.

Wir beteiligen uns an diesen Protesten, weil es hier auch um uns geht. Wir sind es uns schuldig, gegen die AfD zu kämpfen, und wir sind es den Menschen in Palästina schuldig, ihre Stimmen den selbsternannten antirassistischen Protesten in Deutschland gegenüber sichtbar zu machen.

Es waren nicht einheimische, sondern migrantisierte Menschen, die seit Oktober auf den Straßen Berlins und Deutschlands geschlagen, gedemütigt und kriminalisiert wurden. Wir wissen, dass deutsche Medien und deutsche Regierungspolitiker:innen über uns und den Genozid in Gaza lügen.

Daher wollen wir den vorrangig weißen Menschen auf diesen Protesten eine Chance geben, uns und unsere Perspektiven kennenzulernen und unsere Erfahrungen zu teilen. Wir wollen daran glauben, dass unter ihnen etliche der mehr als 60 Prozent Deutschen sind, die das Vorgehen Israels in Gaza ablehnen. Wir sind es den Menschen in Gaza schuldig, durch direkten Dialog diese stille Ablehnung in praktische Solidarität zu verwandeln.

Daher haben wir den für uns emotional äußerst schmerzlichen und für viele in der Palästinasolidarität vielleicht nicht intuitiven Weg gewählt und den Austausch mit den Organisator:innen von „Hand in Hand“ in Berlin gesucht.

Forderungen

Wir hatten diese drei Forderungen gemeinsam mit Genoss:innen von „Palestinians and Allies“ und REVOLUTION erarbeitet und vorgetragen:

  1. Ordner:innen schützen Palästinenser:innen und ihre Verbündeten konsequent gegen rassistische Übergriffe. Rassistische Individuen oder Gruppen werden unverzüglich gebeten, den Protest zu verlassen. Bei Missachtung werden Rassist:innen aktiv vom Protest entfernt. Hierzu gehört neben körperlichen Attacken und ungewollten Berührungen beispielsweise auch die rassistische Diffamierung von Muslim:innen, Araber:innen und Palästinenser:innen als „Terrorist:innen“, „Terrorunterstützer:innen“ oder „Mörder:innen“. Systematische Übergriffe werden auch von der Bühne aus verurteilt.
  2. Es wird ein deutliches Willkommen explizit an palästinensische Teilnehmer:innen geäußert. Darüber hinaus ist es notwendig, deutlich zu Beginn der Demonstration von der Bühne aus  die rassistischen Übergriffe gegen Palästinenser:innen auf der vergangenen Demonstration zu verurteilen und anzukündigen, dass derartige Übergriffe nicht erneut erduldet und unverzüglich geahndet werden.
  3. Die stellvertretende Vorsitzende der Jüdischen Stimme und anerkannte Psychologin Iris Hefets und die palästinensische Rechtsanwältin Nadija Samour halten eine gemeinsame Rede gegen antipalästinensischen und antimuslimischen Rassismus, Antisemitismus und Krieg. Sie zeigen auf, wie im konkreten gemeinsamen Kampf gegen Unterdrückung und Entrechtung die gemeinsame Menschlichkeit unabhängig von Religion oder Herkunft hervortritt.

Reaktion

Die erste Forderung wurde weitestgehend angenommen. Wir werden ihre Umsetzung genau beobachten, denn auch das ist traurige Wahrheit: Niemand wollte bestreiten, dass es zu erneuten Übergriffen kommen könnte. Die zweite Forderung wurde nur insofern aufgenommen, dass Palästinenser:innen in einer Aufzählung begrüßt werden. Dies ist zwar ein Entgegenkommen, letztlich aber vollkommen unzulänglich. Es waren ausschließlich Palästinenser:innen und ihre Verbündeten, die auf vergangenen Protesten systematisch verbal und körperlich angegriffen und von der Polizei kriminalisiert wurden. Zu einem Zeitpunkt, an dem eine bestimmte Gruppe eine spezielle Diskriminierung auf den eigens organisierten Protesten erfährt, diese nicht besonders zu verurteilen, stellt unseres Erachtens nach einen politischen Skandal dar, weil man sich so vor dem konkreten Problem drückt.

Unsere dritte Forderung wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt. Dies ist uns unverständlich. Es wurde an uns herangetragen, dass es von Gegensprecher:innen die „Befürchtung“ gab, dass „problematische Aussagen“ wie „Genozid“ getätigt werden könnten. Es zeigt, dass hier, freundlich formuliert, ein unerhörter Selbstbildungsbedarf besteht. Unfreundlich formuliert, handelt es sich um das Verharmlosen eines drohenden Völkermordes.

Gleichzeitig ist zentrale Gastrednerin, Frau Düzen Tekkal, die noch vor Kurzem als solche auf einer von der Springerpresse und der Jerusalem Post, beides rechte Medienhäuser, ausgerichteten Konferenz namens „Joint Perspectives“ sprechen sollte. Neben Justizminister Marco Buschmann war unter anderem auch der rechtsradikale israelische Minister Amichai Chikli geladen. Chikli hatte vor Kurzem an einer Konferenz zur „Umsiedlung“ (man könnte auch im AfD-Jargon Remigration sagen) der Palästinenser:innen aus Gaza teilgenommen. Dass Herr Chikli mittlerweile ausgeladen wurde und Frau Tekkals Name nicht mehr auf der Redner:innenliste der Konferenz erscheint, kann dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Proisraelische Stimmen, die den Genozid in Gaza aktiv leugnen, die zu Konferenzen gehen, an denen auch Rechtsradikale Interesse zeigen, werden als Redner:innen in Erwägung gezogen, während anerkannte linke palästinensische und jüdische Stimmen von hoher moralischer Autorität nicht akzeptabel für eine aktuelle Mehrheit des „Hand in Hand“-Bündnisses zu sein scheinen.

Diese Personen sollten tief in sich gehen, nach ihrer Menschlichkeit suchen und falls sie sie finden sollten, beginnen, sich selbst zu bilden. Wir schlagen vor, mit der Lektüre der Anklageschrift Südafrikas gegen Israel und dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes zu beginnen. Diese Selbstbildung sollte dadurch fortgesetzt werden, endlich mit anstatt über Palästinenser:innen zu reden. Dies beinhaltet auch, sie auf Bühnen antirassistischer Proteste in Deutschland einzuladen. Nicht wir, sondern diese Gegensprecher:innen haben einen Bedarf an antirassistischer Bildung vonnöten. Wir formulieren dies in jener Schärfe, weil wir die zu erwartende Argumentation nicht anerkennen, dass unsere Forderungen „zu kurzfristig“ formuliert wurden.

Der brutale und genozidale Krieg gegen die Palästinenser:innen hält mit deutscher Unterstützung seit vier Monaten an. Die Nakba und seitdem andauernde Entrechtung der Palästinenser:innen dauern nun fast 80 Jahre. Wir haben uns darüber nicht erst kurzfristig informiert. Diese Gegensprecher:innen haben es seit Langem nicht zur Kenntnis genommen. Es handelt sich hier auch nicht um „irgendeinen Krieg“, von denen es „ja etliche gäbe“, wie ein Gegensprecher meinte. Es handelt sich aktuell um den Krieg mit den meisten zivilen Opfern, einen genozidalen, der maßgeblich von Deutschland unterstützt wird. Wer auch nach physischen Übergriffen auf Palästinenser:innen während antirassistischer Proteste die Warnsignale noch nicht gehört hat, ist so verroht, dass man die Dinge in aller Deutlichkeit formulieren muss.

Wir nehmen aber auch zur Kenntnis, dass es eine relevante Minderheit in der Diskussion und Abstimmung gab, die unsere Anliegen unterstützen möchte. Wir gehen daher davon aus, dass dies auch auf viele Teilnehmer:innen des Protestes zutrifft.

Beteiligt Euch an der Solidaritätsdelegation am 3. Februar!

Unter diesen Gesichtspunkten und auch angesichts der Notwendigkeit einer möglichst großen Aktionseinheit gegen die AfD haben wir uns dazu entschieden, als Teil einer Solidaritätsdelegation an dem „Hand in Hand“-Protest vor der Reichstagswiese teilzunehmen. Der gemeinsame Treffpunkt ist um 12 Uhr an dem U5-Ausgang „Bundestag“. Wir laden euch ein, euch uns anzuschließen. Diese Einladung schließt auch die Möglichkeit für Interessierte ein, uns ernsthaft gemeinte Fragen zu stellen, in eine gemeinsame, auch kontroverse Diskussion zu treten. Wir erwarten allerdings, dass dies mit grundlegendem Respekt und ohne eine rassistische oder stereotype Einordnung geschieht.

Solange palästinensische und propalästinensische Stimmen allerdings kein Gehör auf den Bühnen der Anti-AfD-Proteste finden, können wir die eigenständigen Proteste der Palästinasolidarität nicht vernachlässigen, geschweige denn absagen. Wir rufen daher alle dazu auf, sich ab 14 Uhr am Potsdamer Platz in Solidarität mit Palästina zu versammeln. Dies ist auch ein Aufruf an jene, die gegen die AfD und jede rassistische Politik in Deutschland kämpfen wollen, verunsichert sind oder Fragen haben. Kommt auf unsere Proteste, stellt Fragen, bildet euch, ob am Samstag, den 03.02., oder in der Zukunft! Erlebt und seht mit eigenen Augen die Polizeigewalt, die wir seit vier Monaten erleiden! Hört euch die diversen Reden an! Seht, wie Palästinenser:innen, Juden und Jüd:innen so wie Menschen unterschiedlichster Herkunft auf Kundgebungen und Demonstrationen, die von linken Slogans und Inhalten geprägt sind, gemeinsam tatsächlich „Hand in Hand“, trotz Verleumdung und Polizeigewalt seit vier Monaten protestieren!

Wir verbleiben in der Hoffnung, dass wir den Tag sehen werden, an dem getrennte, parallele Proteste der Vergangenheit angehören. Die Verantwortung hierfür liegt allerdings nicht in unserer Hand. Wir haben zum aktuellen Zeitpunkt unser Bestes, viele von uns, insbesondere unsere palästinensischen Genoss:innen, auch emotional mehr als das gegeben, um ihre Anliegen erst an Fridays for Future Berlin, dann „Hand in Hand“ zu tragen.

Dass wir diese Zeilen schreiben, das muss noch einmal deutlich gesagt werden, ist daher kein Zeichen der Spaltung. Es ist ein Zeichen, dass wir trotz alledem, trotz unseres eigenen Schmerzes, der häufig auch aus dem Verlust von Geliebten und Familie herrührt, die Hoffnung nicht aufgeben wollen, dass ein Antirassismus, der sich wirklich gegen jede Unterdrückung richtet, in Zukunft möglich sein kann.

Die Verantwortung hierfür liegt nun aber in der Hand insbesondere der weißen, deutschen Organisator:innen der Anti-AfD-Proteste. Ihnen stellt sich die dringende Aufgabe, sich mit Kolonialismus und Imperialismus als Triebfedern des Rassismus in Deutschland und international auseinanderzusetzen. Sie stehen in der Verpflichtung, nicht nur die Rolle der deutschen Regierung in diesen Prozessen anzukreiden, sondern auch aktiv zu bekämpfen. Gaza steht unserer Einschätzung nach heute im Zentrum dieser Fragen, sowohl innen- als auch außenpolitisch. Wer zu Ausbürgerungsgesetzen aus der „Mitte“, Kolonialismus, Apartheid und Genozid, vom deutschen Imperialismus schweigt, der wird den Rassismus nie vernichten können.




Offener Brief an die Klimabewegung in Deutschland

Erstunterzeichnende Organisationen, Infomail 1243, 25. Januar 2024

Wir veröffentlichen und unterstützen den folgenden offenen Brief. Wir rufen alle linken, internationalistischen und klassenkämpferischen Organisation sowie gewerkschaftliche Linke und Gliederungen auch, diesen Brief zu unterstützen und weiter zu verbreiten. Eine englischsprachige Fassung findet ihr am Ende des Posts.

Erstunterzeichnende/First signatories

Organisationen/Organisations: End Fossil International, REVOLUTION Germany, palestine speaks, pa_allies, MigrAntifa Braunschweig, Jüdische stimme für gerechten Frieden im nahen Osten, Ende Gelände Düsseldorf , FightforFalastin, Gruppe Arbeiter:innenmacht

Einzelpersonen/Persons: Betül Çınar,  Georg Ismael,  Hasan Özbay(@migrantischewut), Ela Sommer

Wer den Brief unterzeichnen will, unterzeichnet hier: Offener Brief an die Klimabewegung

Liebe deutsche Klimabewegung,

hiermit distanzieren wir uns von Fridays for Future Deutschland. Unter dem Deckmantel einer Stellungnahme gegen Antisemitismus hat FFF-Deutschland in den vergangenen Wochen mehrmals die Sache eines gemeinsamen, globalen Kampfes gegen die Klimakrise und für Gerechtigkeit & Freiheit verraten. Sie brechen dadurch nicht nur das Vertrauen der anderen FFF-Sektionen, die sich seit dessen Beginn gegen einen genozidalen Krieg in Gaza gestellt haben. Sie lassen auch herzlos die Menschen Palästinas im Stich und damit nicht nur von Krieg und Besatzung, sondern auch von der Klimakrise „most affected people and areas“. Wir sind der Meinung, dass Klima-Aktivismus ohne Internationalismus nicht funktionieren kann! Imperialistische Länder wie Deutschland oder USA exportieren Klimaschäden in die Länder des Globalen Südens, die in künstlicher Abhängigkeit gehalten werden. Dies geschieht z.B. indem besonders umweltschädigende Abschnitte von Produktionsketten in diese Länder verlegt werden oder indem direkt Müll und giftige Abfälle dort abgeladen werden. Es sind auch diejenigen, die am härtesten durch Dürren und Überschwemmungen, das Artensterben oder den steigenden Meeresspiegel bedroht sind, während ihnen die Mittel, sich dagegen zu schützen, verwehrt bleiben. Die Antwort darauf kann nur in einer internationalen Bewegung bestehen. Wir dürfen nicht auf die Taschenspielertricks der deutschen Regierung reinfallen, wenn sie uns ihren Green New Deal verkaufen wollen. Und genauso wenig, wenn sie über das „Selbstverteidigungsrechts Israels“ reden, es in Wirklichkeit jedoch nur um geopolitische und wirtschaftliche Interessen geht. FFF International veröffentlichte schon im Oktober ein Statement, in welchem sie sich solidarisch mit dem palästinensischen Kampf, dem Widerstand, der Befreiung und der Selbstverteidigung erklären. Sie schreiben sehr deutlich, dass sie im Angesicht von Aggression, Genozid und Faschismus nicht neutral bleiben können. Sie benennen die Besatzung als Resultat eines kolonialen Prozesses, angestoßen durch die westlichen Imperialmächte, damit diese ihre geopolitischen Interessen umzusetzen. FFF international schreibt deutlich, dass sie nicht schweigen werden, während die westlichen Mächte den Genozid in Palästina beklatschen. Wir unterstützen dieses klare Statement der internationalen Strukturen und lehnen die Position des deutschen Verbands und die unfundierte und politisch nicht begründete Abgrenzung von den internationalen Strukturen ganz klar ab. Außerdem solidarisieren wir uns mit dem Aktivisten Hasan, der für die Internationalen Statements verantwortlich gemacht wurde und dann von diesen Medien angegriffen wurde. Diese Hetzkampagne unterstützt Fridays for Future Deutschland. Wir sehen, wie FFF Deutschland Hand in Hand mit dem Deutschen Staat für Israel kämpft.

Nachdem FFF Deutschland schon seit Jahren linke oder antikapitalistische Kräfte systematisch aus der Bewegung drängt, zeigen sie mit diesen Statements erneut, dass antikapitalistische und antiimperialistische Positionen in dieser Bewegung nicht zur Diskussion stehen. Die Nutzlosigkeit von fünf Jahren Appellen an die Politik und das Nachlassen der Mobilisierungen in Folge dessen führen offenbar nicht zu einem radikalen Bruch mit dem deutschen Klimaimperialismus, sondern zu fortgesetzter Anbiederung an Grüne & Co.

Wir rufen alle linken Kräfte in der Klimabewegung, die dieser Kritik zustimmen, auf, den offenen Brief zu unterstützen und zu teilen. Tretet mit uns in Kontakt und lasst uns gemeinsam in Diskussion treten, wie die Klimabewegung mit antikolonialen Kämpfen weltweit verbunden werden kann und wie wir vom Kuschelkurs mit dem Grünen Kapitalismus hin zu einem vereinten Kampf für Klimagerechtigkeit und Befreiung international kommen.

Dafür wollen wir uns schon am 24.02.24 um 10 Uhr in Berlin treffen, um darüber gemeinsam zu diskutieren und uns zu vernetzen! Wenn ihr kommen wollt, gebt uns Bescheid.

Wann: 24.02.24 // 10 Uhr

Wo: Rungestr. 20, 10179 Berlin

Brief unterschreiben?! Hier.

Open letter to the climate movement in Germany

Dear German climate movement,

We hereby distance ourselves from Fridays for Future Germany. Under the guise of a statement against antisemitism FFF Germany has repeatedly betrayed the cause of a common, global fight against the climate crisis and for justice & freedom. In doing so, they are not only breaking the trust of the other FFF sections, which have fought against a genocidal war in Gaza since its inception. They also heartlessly abandon the Palestinian people and thus not only the people most affected by war and occupation, but also the people most affected by the climate crisis.

We are of the opinion that climate activism cannot work without internationalism!

Imperialist countries like Germany or the USA export climate damage to the countries of the Global South, which are kept in artificial dependency. This happens, for example, by transferring particularly environmentally damaging sections of production to these countries or by dumping waste and toxic waste there directly. It is also these countries which are hit hardest by droughts and floods, the extinction of species or rising sea sea levels, while at the same time they are denied the means to protect themselves against these catastrophes. The answer to this can only be an international movement. We must not fall for the not fall for the sleight of hand of the German government when they try to sell us their Green New Deal. And just as little when they talk about Israel’s „right to self-defense“, while in reality it’s all about geopolitical and economic interests. FFF International published a statement back in October in which it expressed its solidarity with the Palestinian struggle, resistance, liberation and self-defense. They write very clearly that they cannot remain neutral in the face of aggression, genocide and fascism. They name the occupation as the result of a colonial process, initiated by the Western imperial powers to realize their geopolitical interests. FFF international writes clearly that they will not remain silent while the Western powers applaud the genocide in Palestine.

We support this clear statement by the international structures and reject the position and the politically unfounded distancing from the international structures by FFF Germany. We also show our solidarity with the activist Hasan, who was made responsible for the international statements by the German media and was then attacked by this same media. A smear campaign is supported by Fridays for Future Germany. We see how FFF Germany fights hand in hand with the German state for Israel.

FFF Germany has been systematically pushing left-wing or anti-capitalist forces out of the movement for years. They show once again with these statements that anti-capitalist and anti-imperialist positions are not up for discussion in this movement. The uselessness of five years of appeals to politicians and the decline in mobilizations as a result of this are obviously not leading to a radical break with German climate imperialism, but to continued pandering to the Greens etc.

We call on all left forces in the climate movement who agree with this criticism to support and share the open letter. Get in touch with us and let’s get together to discuss how the climate movement can be linked to anti-colonial struggles worldwide and how we can move from cuddling up to green capitalism to a united struggle for climate justice and liberation internationally.

For this we want to meet on February 24th at 10am in Berlin to discuss this together and to network! If you want to come, let us know.

When: 24.02.24 // 10:00

Where: Rungestr. 20, 10179 Berlin

Wanna sign the letter? Here.




Britannien: Für Arbeiter:innenaktionen gegen den Gaza-Genozid!

Dave Stockton, Workers Power (Britannien), Infomail 1242, 17. Januar 2024

Das Jahr begann mit dem anhaltenden Martyrium der Menschen im Gaza-Gebiet. Bis zum Neujahrstag gab es über 22.000 Tote – davon 8.633 Kinder – und 57.000 Verletzte zu beklagen. Etwa 29.000 Bomben haben 300.000 von 493.000 Häusern zerstört. Die Weltgesundheitsorganisation meldete, dass nur neun von 36 Gesundheitseinrichtungen im Gazastreifen in Betrieb sind, und zwar alle nur teilweise und sämtlich im Süden.

Zwei Millionen der 2,3 Millionen Einwohner:innen sind in den Süden getrieben worden. Rund um Rafah sind riesige Zeltstädte entstanden, und bei strömendem Regen und knappen Wasser- und Lebensmittelvorräten könnten bald Krankheiten grassieren. Bombardierungen und Drohnenangriffe verfolgten die Menschen auf ihrer Flucht nach Chan Yunis und dann nach Rafah, die laut israelischen Flugblättern „sichere Zonen“ sein sollen. Der Gazastreifen ist auch nicht der einzige Schauplatz zionistischer Gräuel. Im besetzten Westjordanland wurden 350 Menschen getötet, und das Flüchtlingslager von Dschenin wurde aus der Luft bombardiert.

Rassismus

Israelische Regierungsminister aus den unverhohlen rassistischen „religiösen Parteien“, wie der Minister für Nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir und der Finanzminister Bezalel Smotrich, haben zur „freiwilligen Migration“ nach Ägypten und in andere Nachbarländer aufgerufen. Avi Dichter, Landwirtschaftsminister des Likud, sagte: „Wir sind dabei, die Nakba des Gazastreifens auszurollen“, während der Minister für Heimaterbe, Amihai Eliyahu, im 103FM-Radio erklärte, dass Israel „Wege für die Menschen im Gazastreifen finden muss, die schmerzhafter sind als der Tod“, so wie es die USA mit Japan getan haben, um seine Moral zu brechen und „seinen nationalen Traum zu beenden“.

Das Ziel solcher Parteien, auf die Netanjahu seine Mehrheit in der Knesset, dem israelischen Parlament, stützt, ist eindeutig die vollständige Vertreibung der einheimischen Bevölkerung Palästinas. Israels westliche Unterstützer:innen befürworten dies aufgrund ihrer Beziehungen zu ihren Verbündeten wie Saudi Arabien, Jordanien oder den Emiraten nicht, was Israel jedoch nicht daran hindert, das Projekt voranzutreiben. Zumindest beabsichtigt es, die palästinensische Bevölkerung in immer kleinere Zonen zu drängen, die von der IDF (Israelische Armee) und den immer schwerer bewaffneten Siedler:innen im besetzten Westjordanland umgeben sind.

Natürlich verurteilen US- und EU-Politiker:innen die extremen Ansichten dieser Minister, aber sie bleiben in einer Regierung, die in der Praxis das tut, was nur sie zu sagen wagen. Unterdessen berichten mutige israelische Friedensaktivist:innen, dass jüdischen Bürger:innen die Schrecken, die sich in Gaza abspielen, nicht vor Augen geführt werden und sie glauben, dass der Tod von Zivilist:innen ein unbeabsichtigter, aber unvermeidlicher Kollateralschaden der Kampagne gegen die Hamas ist.

Die Tötung von Zivilist:innen auf breiter Front ist das bewusste Ziel der israelischen Taktik; die Auslöschung ganzer Stadtteile dient dem strategischen Ziel, „den nationalen Traum zu beenden“. Die immer strengere Belagerung des Gazastreifens, die systematische Zerstörung seiner Infrastruktur und die Lähmung seiner Wirtschaft haben den Widerstand jedoch nicht gebrochen. Im Gegenteil, sie haben die Unterstützung für die Hamas als die unnachgiebigste und zum Gegenschlag fähigste Partei verstärkt. Ihre Verankerung in der Bevölkerung wird sich als unausrottbar erweisen, wenn nicht die Menschen selbst ausgerottet werden.

Vor diesem schrecklichen Hintergrund ist die Weigerung westlicher Regierungen, zu einem Waffenstillstand aufzurufen unter dem Mantra, dass Israel das Recht hat, sich selbst zu verteidigen, eine kriminelle Absprache. Dies sollte uns nicht überraschen. Die USA, Großbritannien, Deutschland und Frankreich haben alle völkermörderische Kriege auf ihrem Gewissen, nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch in der Gegenwart, in Afghanistan, oder im Irak.

Labour

Die Vereinigten Staaten, Schirmherr und Geldgeber Israels und all seiner Aggressionen seit den 1950er Jahren, haben alle Versuche der Mehrheit in der UN-Vollversammlung und im Sicherheitsrat, ein Ende des Tötens zu fordern, mit ihrem Veto blockiert. Großbritannien unter Rishi Sunak folgt der Linie aus Washington, ebenso wie die Labour-Partei unter Keir Starmer. Dies passt zu seinem Interview mit der Times of Israel nach seiner Wahl zum Labour-Vorsitzenden, in dem er betonte: „Ich unterstütze den Zionismus ohne Einschränkung.“ Darauf folgte eine Hexenjagd auf Antizionist:innen, die als Antisemit:innen verleumdet wurden, darunter viele jüdische Verteidiger:innen der palästinensischen Rechte.

Dennoch sind Starmers Ansichten nicht die der Labour-Basis oder der Parteipolitik. Die Jahreskonferenz hat wiederholt Entschließungen verabschiedet, die Israel verurteilen und Maßnahmen gegen Israels Gräueltaten unterstützen. Erst 2021 verabschiedete sie einen Antrag, in dem es hieß:

„Die Konferenz beschließt, die von der palästinensischen Zivilgesellschaft geforderten ,wirksamen Maßnahmen’, einschließlich Sanktionen, gegen die völkerrechtswidrigen Handlungen der israelischen Regierung zu unterstützen, insbesondere um sicherzustellen, dass Israel den Siedlungsbau stoppt, jegliche Annexion rückgängig macht, die Besetzung des Westjordanlands und die Blockade des Gazastreifens beendet, die Mauer abbaut und das im Völkerrecht verankerte Recht der palästinensischen Bevölkerung auf Rückkehr in ihre Heimat respektiert.“

Diese Entschließungen bleiben die offiziell beschlossene Politik der Labour Party und der ihr angeschlossenen Gewerkschaften, die für sie gestimmt haben. Wie viele andere Entschließungen werden sie natürlich vom Schattenkabinett und dem Nationalen Exekutivkomitee völlig ignoriert. Und nur einige dieser Gewerkschaften wagen es noch, sie zu äußern, weil sie damit erpresst werden, dass jede Kritik an Starmer die Wahlchancen von Labour gefährdet. Nichtsdestotrotz sind eine Reihe von kommunalen Labour-Abgeordneten aus Protest zurückgetreten oder drohen damit, bei den nächsten Wahlen auf einer Plattform für Palästina gegen Labour zu kandidieren.

Aktionen

In Großbritannien und anderen Ländern gab es wöchentliche Massendemonstrationen, die einen Waffenstillstand und das Ende der Blockade forderten. In London marschierten Hunderttausende, und in den meisten britischen Großstädten fanden beträchtliche Mobilisierungen statt. Dutzende von lokalen Gaza-Solidaritätsgruppen sind entstanden und organisieren regelmäßig Kampagnen. Aktivist:innen haben auch direkte Aktionen gegen Elbit Systems, den größten israelischen Waffenhersteller, der mindestens 85 Prozent der vom israelischen Militär verwendeten Drohnen liefert, geplant.

An einer Aktion in Sandwich in Kent am 26. November nahmen Gewerkschaftsmitglieder von Unite, Unison, der National Education Union, der University and College Union, der British Medical Association und der Bakers‘ Union teil und trugen ein Transparent mit der Aufschrift „Workers for a free Palestine (Arbeiter:innen für ein freies Palästina)“. Sie haben auch eine gleichnamige Gruppe  gegründet.

Solche Maßnahmen sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einer landesweiten Kampagne für den Boykott aller Institutionen und Firmen, die Material liefern, das Israels Gräueltaten in Gaza unterstützt. Wir müssen diese Forderung in den Gewerkschaftsgruppen in Fabriken und Büros, an Universitäten und Schulen aufgreifen.

Wir müssen die Informationsverbote über den Gazastreifen durchbrechen, die von Verwaltungen und Bildungsbehörden verhängt werden. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da der Gesetzesentwurf der Regierung „Economic Activity of Public Bodies (Overseas Matters) Bill“ (Gesetz zur ökonomischen Aktivität öffentlicher Körperschaften in Außenangelegenheiten), der darauf abzielt, Boykotte, Desinvestitionen und Sanktionen zu verbieten, demnächst im Unterhaus eingebracht werden soll. Dieser Angriff auf die Redefreiheit muss aufgedeckt, bekämpft und, falls er verabschiedet wird, abgewehrt werden.




Berliner Polizei attackiert LL-Demonstration 2024

Martin Suchanek, 16. Januar 2024

Mindestens 16 Personen mussten nach Angaben von Demo-Sanis infolge brutaler Angriffe der Polizei mit Knüppeln und Pfefferspray am 14. Januar mit Knochenbrüchen und anderen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Besonders schwer hatte es einen 65-jährigen Mann getroffen, der ohnmächtig, aus Mund und Nase blutend am Boden lag.

Ursache – oder genauer Vorwand – für den Einsatz mehrerer Hundertschaften war die Solidarisierung mit Palästina durch die Demonstration. Angeblich, so die Polizei-Erzählung wäre die verbotene Losung „From the river to the sea, Palestine will be free“ von einem Redner und Demonstrationsteilnehmer gerufen worden. Infolgedessen wurden eine Reihe Personen festgenommen.

Nachdem weiter vorne laufende Demonstrant:innen und ganze Blöcke zurückliefen, um sich zu solidarisieren, schlug die Polizei richtig los. Zweifellos wird die Polizeiführung, deren Einsatzkräfte nicht zum ersten Mal provokativ die Demonstration angriffen, einen Grund zurechtzimmern, warum auch dieser Einsatz „verhältnismäßig“ gewesen wäre und eigentlich die behelmten Knüppeleinheiten Opfer und nicht Täter:innen gewesen wären.

Klar wird auch das Abgeordnetenhaus über die Provokation, über den Angriff auf das Demonstrationsrecht beraten – mit vorhersehbarem Ausgang: Schuld sind die Demonstrant:innen. Schließlich wird die Solidarität mit Palästina, die immer schon öffentlich denunziert wurde, seit Monaten von Regierungen und Parlamenten kriminalisiert. Auch der „Zivilgesellschaft“, also der bürgerlichen Öffentlichkeit, kann es davon nicht genug geben. So setzt eben die Polizei den politischen Marschbefehl – natürlich nicht nur am 14. Januar – um.

Während antiimperialistische Solidarität kriminalisiert und verprügelt wird, sorgen sich Zehntausende nach den jüngsten Enthüllungen über die rassistischen Deportationspläne von Vertreter:innen der AfD, der Identitären und der Werteunion bei einem „privaten“ Treffen in Potsdam um die deutsche Demokratie. Zweifellos ist die Sorge und Angst um die Errichtung eines rassistischen Abschiebe- und Ausweisungsregimes berechtigt. Die AfD und diverse faschistische Gruppierungen bilden dabei die extreme Speerspitze einer Politik, die den stetigen Forderungen nach einer immer rigideren Migrations- und Flüchtlingspolitik und der geplanten faktischen Abschaffung des Asylrechts durch die EU Vorschub leistet. Vorschub leistet dem Rechtsruck dabei aber auch die Diffamierung der Palästina-Solidarität, von Palästinenser:innen, Araber:innen, Muslim:innen als undemokratisch und antisemitisch sowie die Gleichsetzung von Antisemitismus und Antirassismus. Wer den immer stärker werdenden antimuslimischen Rassismus und die Kriminalisierung und Diffamierung der Palästina-Solidarität nicht bekämpft, der wird letztlich auch den Rechtsruck nicht stoppen können.

Die LL-Demonstration hat sich hier vollkommen richtig verhalten. Sie ließ sich nicht einschüchtern, sondern vielmehr haben sich ihre Teilnehmer:innen gegen die Polizeigewalt gestellt.




Gemeinsame Erklärung zu Palästina

Internationale Trotzkistische Opposition (ITO) und Liga für die Fünfte Internationale (LFI), 4. Januar 2024, Infomail 1241, 4. Januar 2024

Die Internationale Trotzkistische Opposition (ITO), die Liga für die Fünfte Internationale (LFI) und die Revolutionary Workers Party (RRP) of Russia, die sich über revolutionäre Perspektiven für Palästina einig sind, haben diese gemeinsame Erklärung verabschiedet.

Die ständige Unterdrückung, Vertreibung und Ermordung von Palästinenser:innen in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen haben durch den Gegenangriff der Hamas und anderer Widerstandskämpfer:innen am 7. Oktober und die brutale Antwort Israels auf die gesamte Bevölkerung im Gazastreifen, die größer ist als seine früheren Angriffe dort, erneut die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit erregt. Dies hat Millionen von Menschen auf der ganzen Welt empört und gegen den zionistischen Staat und die uneingeschränkte Unterstützung, die er von seinen imperialistischen und rassistischen Unterstützer:innen erhält, mobilisiert.

Es ist die dringende Pflicht aller Revolutionär:innen, diese weltweite Bewegung maximal zu unterstützen und gleichzeitig eine klare revolutionäre antikapitalistische Perspektive für ihre Entwicklung aufzuzeigen. Zu diesem Zweck legen wir die folgende Erklärung vor und rufen alle, die die Situation so sehen wie wir, auf, sich uns in diesem Bemühen anzuschließen.

Zionismus und Imperialismus

Der Zionismus ist seit seinen Anfängen ein Siedlungskolonialprojekt. Sein Ziel ist es, die einheimische arabische Bevölkerung Palästinas zu vertreiben, um Platz für jüdische Siedler:innen zu schaffen. Eine zionistische Kolonie in Palästina schien weit hergeholt, bis der Holocaust sechs Millionen europäische Juden und Jüdinnen ermordete und viele der übrigen drei Millionen verzweifelt nach einem Zufluchtsort suchten. Der Antisemitismus hinderte die meisten Juden und Jüdinnen an der Auswanderung in die USA und nach Westeuropa. Zionistische Organisationen brachten viele nach Palästina.

In einer der größten Tragödien des zwanzigsten Jahrhunderts fügte ein schrecklich unterdrücktes Volk, die europäischen Juden/Jüdinnen, einem anderen unterdrückten Volk, den palästinensischen Araber:innen, schreckliche Unterdrückung zu. In der Nakba von 1948 eroberten die Zionist:innen 78 Prozent des Mandatsgebiets Palästina und erklärten es zu Israel. Zionistische Milizen und die israelische Armee vertrieben 750.000 Palästinenser:innen und viele Tausende mehr flohen. Durch die Nakba verringerte sich die arabische Bevölkerung in dem von Israel beanspruchten Gebiet von 1.324.000 im Jahr 1947 auf 156.000 im Jahr 1948.

Der US-amerikanische und europäische Imperialismus, Israels Verbündete, verfolgen zwei Hauptinteressen im Nahen Osten: seine strategische Lage an der Schnittstelle zwischen Asien, Europa und Afrika sowie sein Öl und Gas. Seit mehr als einem Jahrhundert versuchen sie, die Region durch eine Kombination aus Gewalt und dem Ausspielen von Teilen der Bevölkerung gegeneinander zu beherrschen.

Im Laufe der 1950er und 1960er Jahre verdrängten die USA Großbritannien und Frankreich als dominierende imperialistische Mächte in der Region und diese wurden zu Juniorpartnerinnen. Das Trio unterstützte Monarchien und Militärdiktaturen von Marokko bis Iran und fand Wege, nationalistische Regierungen wie die von Algerien, Ägypten, Syrien und Irak in ihre neokoloniale Weltordnung einzubinden.

Israel erwies sich bei der Schaffung der neokolonialen imperialen Ordnung als äußerst nützlich, insbesondere nachdem es Ägypten, Syrien und Jordanien im arabisch-israelischen Krieg von 1967 besiegt hatte. Die USA haben Milliarden von Dollar an Hilfe und Waffen geschickt, um Israel als Gendarm im Zentrum der arabischen Welt aufzubauen. Israel hat auch eine politische Funktion, denn es ermöglicht den USA, ihre militärischen Operationen zu verschleiern, und hilft den reaktionären arabischen Kompradorenregierungen, die Aufmerksamkeit von ihrer eigenen Misswirtschaft auf einen äußeren Feind, Israel, zu lenken.

Intifada

Im Krieg von 1967 eroberte Israel den Gazastreifen, das Westjordanland und die Golanhöhen und schloss damit die Besetzung Palästinas vom Jordan bis zum Mittelmeer ab. Außerdem besetzte es die ägyptische Sinaihalbinsel. Im Krieg von 1973 kämpften Ägypten und Syrien gegen Israel bis zum völligen Stillstand. Ägypten gewann den Sinai zurück und erkannte Israel 1979 an.

Seitdem hat sich ein Muster herausgebildet: Israel, unterstützt von den USA und seinen europäischen Verbündeten, besetzt Palästina; die arabischen Staaten protestieren, tun aber nichts; und die Palästinenser:innen erheben sich in regelmäßigen Abständen, um ihre Marginalisierung anzufechten.

Die erste Intifada von 1987 – 1993 führte zu den Osloer Verträgen, mit denen die Palästinensische Nationalbehörde (PNA) zur Verwaltung des Westjordanlands und des Gazastreifens gegründet wurde. Die Abkommen sahen eine Zwei-Staaten-Lösung für den arabisch-israelischen Konflikt in Palästina vor, aber Israel stimmte weder dieser Lösung noch einer Teilung zu, mit der die Palästinenser:innen leben könnten.

Die Zweite Intifada von 2000 – 2005 zwang Israel zum „Rückzug“ aus dem Gazastreifen, indem es seine Truppen abzog und die israelischen Siedlungen dort auflöste. Bei den palästinensischen Parlamentswahlen 2006 traten die im Westjordanland ansässige Fatah und die im Gazastreifen ansässige Hamas gegeneinander an. Die Hamas gewann eine Mehrheit, was die Fatah zur Spaltung der PNA veranlasste. Nach einem kurzen Bürgerkrieg festigte die Fatah ihre Position im Westjordanland, während die Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen übernahm.

Israelische Expansion

Israel unterdrückt die Palästinenser:innen in allen drei Sektoren seiner Apartheidbesatzung: im Westjordanland, im Gazastreifen und in Israel selbst.

Seit 2007 hat sich Israel im Westjordanland und auf den Golanhöhen weiter ausgebreitet. 450.000 israelische Siedler:innen sind in das Westjordanland (außer Ostjerusalem), 220.000 in Ostjerusalem und 25.000 in die Golanhöhen gezogen. Die Siedler:innen sind eine bewaffnete paramilitärische Kraft. Unterstützt von der israelischen Armee mit Begünstigung durch die Polizei der Palästinensischen Autonomiebehörde terrorisieren sie ihre palästinensischen Nachbar:innen und rauben ihnen ihr Land.

Im Gazastreifen gibt es keine Siedler:innen, aber Israel kontrolliert den Luftraum, die Küste und sechs der sieben Landübergänge des Gebiets. Es kontrolliert die Wasserversorgung, die Elektrizität und die Telekommunikation in Gaza. Das israelische Militär hält innerhalb des Gazastreifens eine No-go-Zone aufrecht und betritt das Gebiet nach Belieben. Israel führte 2008 – 2009 und 2014 große Kriege gegen den Gazastreifen und griff gewaltlose Demonstrant:innen während des Großen Marsches der Rückkehr 2018 – 2019 an.

Israel behauptet, eine Demokratie zu sein, aber es verweigert nicht nur den 5,5 Millionen Palästinenser:innen, die im Westjordanland und im Gazastreifen leben, und einer ähnlichen Anzahl, die als Flüchtlinge außerhalb Palästinas leben, demokratische Rechte, sondern auch den 2,1 Millionen Palästinenser:innen, die in Israel leben. Juden und Jüdinnen, die irgendwo auf der Welt leben, können nach Israel ziehen und die volle Staatsbürger:innenschaft erlangen. Palästinenser:innen, deren Familien schon lange vor der Existenz Israels in Palästina gelebt haben, können niemals die volle Staatsbürger:innenschaft erlangen. Sie werden systematisch diskriminiert, wirtschaftlich und politisch ausgegrenzt und als Feind:innen behandelt.

7. Oktober

Seit den Camp-David-Vereinbarungen von 1978 haben die USA versucht, die Regierungen der arabischen Staaten dazu zu bewegen, die Beziehungen zu Israel zu normalisieren, trotz der Behandlung der Palästinenser:innen durch Israel und des Hasses, den dies in der arabischen Bevölkerung hervorruft. Im Jahr 2020 vermittelten die USA Abkommen, die die Beziehungen Israels zu Bahrain, Marokko, Sudan und den Vereinigten Arabischen Emiraten normalisierten. Saudi-Arabien nahm Gespräche auf, um das Gleiche zu tun.

Der Anschlag vom 7. Oktober ließ die israelischen und imperialistischen Pläne platzen. Nach einem Jahr sorgfältiger Planung, die von den israelischen Sicherheitskräften unterschätzt wurde, überrannten palästinensische Kämpfer:innen unter Führung der Hamas die israelische Grenzverteidigung und griffen Dutzende von militärischen sowie einige zivile Ziele an. Sie nahmen Hunderte von Geiseln, bevor sie über die Grenze zurückgedrängt wurden.

Die Misshandlung, Folter und Tötung von unbewaffneten Zivilist:innen, insbesondere jenen, die nicht im wehrfähigen Alter sind, muss ohne Umschweife verurteilt werden, auch wenn wir anerkennen, dass dies zum Teil Ausdruck der Wut der Palästinenser:innen über die israelischen Massaker und die Enteignung ihres Volkes war. Es spielte der zionistischen Propagandamaschinerie in die Hände, die Palästinenser:innen zu entmenschlichen und ihre eigenen Kriegsverbrechen zu „rechtfertigen“, die ein größeres Ausmaß annehmen als die der Hamas oder der anderen Widerstandskräfte. Der größte Teil der Operation war jedoch militärisch legitim.

Der Angriff stoppte den von den USA geförderten Prozess der „Normalisierung“ der Beziehungen Israels zu arabischen und muslimischen Staaten, enthüllte den zugrundeliegenden Siedlerkolonialkrieg Israels gegen das palästinensische Volk und brachte Palästina wieder auf die Tagesordnung der Weltöffentlichkeit.

In den darauffolgenden Wochen hat Israel einen völkermörderischen Krieg gegen den Gazastreifen begonnen. Das israelische Militär hat Häuser, Krankenhäuser, Schulen und Gemeindezentren bombardiert und dabei ein Vielfaches der Zahl der Opfer des Angriffs vom 7. Oktober getötet. Die Hälfte der Opfer waren Kinder, ein weitaus größerer Anteil als bei dem Angriff am 7. Oktober. Das israelische Militär stimmte einem kurzen Waffenstillstand zu, um Gefangene auszutauschen, und hat danach seinen völkermörderischen Angriff wieder aufgenommen, der die 2,3 Millionen Einwohner:innen in einen immer kleiner werdenden Winkel des Gazastreifens drängt und eine neue Nakba androht.

Solidarität

Die Kühnheit des palästinensischen Widerstands und die Grausamkeit des israelischen Gegenangriffs haben die weltweite Palästina-Solidaritätsbewegung wieder in Gang gebracht. Überall in der arabischen Welt, aber auch in Europa, den USA und anderswo kam es zu großen Demonstrationen. Die Solidaritätsbewegung war durch die langsame Strangulierung Palästinas und die Normalisierung der diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und vier weiteren arabischen Staaten eingeschläfert worden. Der 7. Oktober hat die Bewegung wieder zum Leben erweckt.

Revolutionäre Marxist:innen sollten sich an Solidaritätsaktionen aller Art beteiligen. Ein Waffenstillstand in Gaza und der Rückzug der israelischen Verteidigungskräfte (IDF), um den Völkermord zu stoppen, ist die dringendste Priorität, aber die Solidaritätsbewegung sollte auch humanitäre Hilfe für Gaza, die Eindämmung der israelischen Siedler:innen im Westjordanland, den Schutz der Rechte der israelischen Araber:innen und der antizionistischen Juden und Jüdinnen in Israel, das Rückkehrrecht der Flüchtlinge und den Abbruch der militärischen Beziehungen zu Israel fordern.

Zu den laufenden Aktionen gehören bereits Demonstrationen, ziviler Ungehorsam, öffentliche Veranstaltungen, Medienpräsenz und Kampagnen für Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) gegen Israel. Gewerkschaften und andere Organisationen nehmen Entschließungen an, in denen sie einen Waffenstillstand und die Einstellung der Militärhilfe fordern. An einigen Orten folgen die Beschäftigten dem Aufruf der Palestinian General Federation of Trade Unions (PGFTU), die Produktion und Lieferung von Waffen an Israel zu unterbrechen.

Perspektive

Revolutionäre Marxist:innen sollten sich zwar an Solidaritätsaktionen beteiligen, wo immer wir können, aber unsere einzigartige Aufgabe besteht darin, das Verständnis der Arbeiter:innenklasse für die Krise und die Lösung zu fördern.

Dies beginnt damit, die Wahrheit auszusprechen. Ein Waffenstillstand in Gaza ist notwendig, aber nicht ausreichend, da die Zionist:innen ihre Kampagne zur Vertreibung der Nicht-Jüd:innen aus Palästina fortsetzen werden. Eine Verhandlungslösung ist unmöglich, da Israel nicht genug Land für einen lebensfähigen palästinensischen Staat abtreten wird, und es wird die zionistische Vorherrschaft nicht für eine säkulare Demokratie in einem binationalen Staat aufgeben. Der US-amerikanische und der europäische Imperialismus werden Israel weder zu einer Zwei-Staaten- noch zu einer Ein-Staaten-Lösung zwingen, da sie es brauchen, um ihre Vorherrschaft in der Region zu sichern.

Der Kapitalismus bietet keine Lösung für Palästina. Die Alternativen sind entweder die Abschlachtung und Enteignung der Palästinenser:innen oder das Eingreifen der Arbeiter:innenklasse in die Geschichte.

Die Arbeiter:innen in Israel könnten die israelische Gesellschaft zum Stillstand bringen, die Armee spalten und die Zionist:innen daran hindern, ihre Atomwaffen einzusetzen. Aber im Moment ist die große Mehrheit der israelischen Arbeiter:innenklasse dem Zionismus ergeben und hält Ausbeutung mit zionistischer Vorherrschaft für besser als Ausbeutung ohne zionistische Vorherrschaft, eine alte Geschichte in Siedlerkolonialstaaten. Nur die Aussicht auf ein demokratisches, säkulares, sozialistisches Palästina könnte ihnen einen Grund geben, mit ihren herrschenden Klasse zu brechen.

Die Lohnabhängigen in den USA und Europa könnten Israel die wirtschaftliche und militärische Unterstützung entziehen, die es braucht, um seine völkermörderische Politik fortzusetzen. Die Sympathie für die Palästinenser:innen wächst, da sie nicht nur leiden, sondern auch Widerstand leisten. Sie könnte das Ausmaß der Opposition gegen den Vietnamkrieg Ende der 1960er Jahre erreichen, die eine Fortsetzung des Krieges unmöglich machte. Revolutionäre Marxist:innen und andere Aktivist:innen der Palästina-Solidarität – einschließlich Zehntausender antizionistischer Juden/Jüdinnen und Zehntausender Gewerkschafter:innen – sollten alles in ihrer Macht Stehende tun, damit dies geschieht.

Die Arbeiter:innen in den arabischen Ländern könnten ihre kollaborierenden Regierungen stürzen, die US-amerikanischen und europäischen Imperialist:innen zwingen, Israel aufzugeben, und der israelischen Arbeiter:innenklasse die Aussicht auf eine säkulare, demokratische Zukunft frei von kapitalistischer Herrschaft und endlosem Krieg bieten. Der Arabische Frühling hat das Potenzial gezeigt.

Wir können nicht wissen, wie die Ungerechtigkeit der zionistischen Herrschaft über Palästina enden wird, oder ob sie überhaupt endet, bevor der Kapitalismus die Welt in eine ökologische Katastrophe oder einen Atomkrieg stürzt. Was wir tun können, ist, ein Aktionsprogramm vorzuschlagen und dafür zu kämpfen, das von unmittelbaren Forderungen ausgeht und in der einzigen wirklichen Lösung gipfelt: der Arbeiter:innenrevolution in der gesamten Region. Hier ist unser Vorschlag:

  • Beendet den völkermörderischen Angriff auf Gaza. Waffenstillstand jetzt. Abzug der israelischen Truppen. Beendet die Blockade. Öffnet die Grenzübergänge.

  • Wiederaufbau der zerstörten Häuser, Krankenhäuser, Schulen, Universitäten und Infrastruktur von Gaza auf Kosten Israels und seiner imperialistischen Unterstützer:innen.

  • Beendigung der zionistischen Besetzung des Westjordanlandes. Abzug des israelischen Militärs und der Siedler:innen.

  • Freilassung aller palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen. Volle Gleichberechtigung für Palästinenser:innen im israelischen Staat.

  • Beendigung der US-amerikanischen und anderen imperialistischen Hilfe und Waffenlieferungen an Israel. Unterstützung von Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS) gegen Israel.

  • Solidarität mit dem palästinensischen und arabischen Volk. Kein Frieden mit Zionismus und Imperialismus.

  • Für die revolutionäre Überwindung des zionistischen Staates. Für ein säkulares, demokratisches, sozialistisches Palästina.

  • Für das Recht auf Rückkehr aller palästinensischen Flüchtlinge. Gleiche Rechte für die arabische Mehrheit und die jüdische Minderheit in Palästina.

  • Nieder mit den arabischen Kapitalist:innen, Grundbesitzer:innen, Monarchien und Staaten, den Agent:innen des Imperialismus. Für die revolutionäre Einheit des arabischen Volkes.

  • Für die Arbeiter:innenrevolution im Nahen Osten und in Nordafrika. Für eine sozialistische Föderation in der Region.



Heute ist kein Tag zum Feiern!

Arbeiter:innenmacht-Rede auf der Solidaritätsdemonstration mit Palästina am 31. Dezember in Berlin, Infomail 1240, 1. Januar 2024

Für die Menschen in Gaza und in der Westbank, für alle, die mit der palästinensischen Bevölkerung solidarisch sind, für alle, die für das sofortige Ende der israelischen Angriffe und der Besatzung, für alle, die für einen gerechten Frieden eintreten, ist heute kein Feiertag.

Wir sind hier versammelt, weil wir an diesem Tag unsere Trauer, unser Mitgefühl, unsere Wut über die Massaker und den genozidalen Angriff auf Gaza zum Aufdruck bringen wollen.

Wir sind hier versammelt, weil wir gegen die Diffamierung unserer Solidaritätsbewegung, gegen die tagtägliche rassistische Hetze und Demonstrationsverbote auf die Straße gehen.

In seiner Neujahrsansprache spricht der Berliner Regierende Bürgermeister, Kai Wegner, davon, dass wir „gemeinsam die Stimme erheben, wenn sich Hass, Spaltung und Hetze breitmachen.“

Das sind die Worte eines Brandstifters, der sich als Biedermann verkleidet. So spricht ein Spalter, der die Hetze und den Hass unter den Teppich kehren will, die SPD, Grüne, FPD, CDU/CSU und AfD verbreiten.

Seit Monaten werden palästinensische, arabische, muslimische Mitbürger und Mitbürgerinnen unter Generalverdacht gestellt, terroristisch, antisemitisch, kriminell zu sein. Seit Monaten werden palästinensische Organisationen verfolgt und verboten. Über Wochen wurden Solidaritätsdemonstrationen verboten – und Verbote erleben wir auch heute in Neukölln, aber auch in anderen Bundesländern.

All das zeigt: Die Herrschenden und Regierenden scheuen auch im ach so demokratischen Deutschland nicht davor zurück, demokratische Rechte einzuschränken oder gar abzuschaffen, wenn es ihre wirtschaftlichen, politischen und geostrategischen Interessen erfordern. Sie erklären ihre bedingungslose Solidarität mit Israel, weil es die imperialistische Ordnung – und damit auch deutsche Interessen – verteidigt.

Daher weigert sich die Regierung, völkerrechtswidrige Bombardements und Angriffe auf die Zivilbevölkerung in Gaza offen zu verurteilen. Daher liefert sie Waffen für das Morden.

Die Angriffe auf demokratische Rechte und die rassistische Hetze stellen die Fortsetzung dieser Politik im Inneren dar. Sie geht einher mit Angriffen auf das Asylrecht, mit Abschiebungen in immer mehr sog. sichere Drittstaaten, der rassistischen Abschottung der EU-Außengrenzen, an denen schon in den letzten Jahren Zehntausende gestorben sind.

Doch uns werfen ausgerechnet die Wegners, die Giffeys und andere „Spaltung“ und Hetze vor. Die deutschen Biedermänner und -frauen präsentieren sich als Verteidiger:innen der Demokratie, die sie selbst mit Füßen treten.

Dabei treten wir seit Jahren für einen demokratischen, säkularen und sozialistischen Staat Palästina ein, in dem alle, Juden/Jüdinnen und Palästinenser:innen gleichberechtigt leben können. Sie werfen uns im Grunde vor, für einen Frieden einzutreten, der auf Gerechtigkeit und Gleichheit beruht, einen Frieden, der mit einem Apartheidstaat und der imperialen Ordnung unvereinbar ist, die sie verteidigen.

Sie werfen uns vor, das Morden an unschuldigen Zivilist:innen nicht zu verurteilen. Dabei haben wir unsere Anteilnahme am 7. Oktober und seither unzählige Male zum Ausdruck gebracht. Aber wir haben auch nicht zum Mord an Tausenden und Abertausenden Palästinenser:innen in Gaza geschwiegen, die für die israelischer Regierung und ihre Unterstützer:innen noch als Tote Menschen zweiter Klasse darstellen.

Diese Politik ist rassistisch, imperialistisch und barbarisch. Die falsche und reaktionäre Gleichsetzung von Antizionismus mit Antisemitismus dient zur Rechtfertigung dieser Barbarei, der imperialistischen Politik nach außen und des Rassismus nach innen. Und sie verharmlost damit auch den wirklichen Antisemitismus, der zum industriellen Massenmord an 6 Millionen Juden und Jüdinnen führte und der in der Rechten in Deutschland weiter wächst und gedeiht.

Die Lügen und Hetze der Herrschenden laufen bei Lichte betrachtet auf Folgendes hinaus: Sie werfen uns vor, dass wir jene Demokratie und Freiheit, die der große Masse der Weltbevölkerung vorenthalten wird, für alle Menschen, für alle Ausgebeuteten und Unterdrückten fordern. Sie werfen uns vor, dass wir für eine Welt kämpfen, in der Freiheit und Gleichheit für alle Menschen gilt. Denn wir werden selbst nur frei sein, wenn Palästina frei ist, wenn jede Ausbeutung und Unterdrückung beseitigt ist.

Wenn sie gegen uns hetzen, dann tun sie das, weil wir gegen ein politisches und wirtschaftliches System kämpfen, das auf Ausbeutung und Unterdrückung beruht. Und sie hetzen gegen uns, weil es uns trotz der Repression und Verbote gelungen ist, eine Solidaritätsbewegung aufzubauen. Eine Bewegung, die Teil einer viel größeren in den arabischen Staaten, in den Ländern des globalen Südens, aber auch in Britannien oder den USA ist.

2023 war für uns kein Jahr zum Feiern, aber wir sind hier, weil wir 2024 unseren Kampf, unseren Widerstand weiterführen werden. Wir sind hier, weil wir uns 2024 bundesweit und international besser koordinieren und effektiver werden wollen. Wir sind hier, weil wir uns vermehrt darum bemühen wollen und werden, die Masse der Bevölkerung, die Lohnabhängigen zu erreichen und für eine Solidaritätsbewegung zu gewinnen, die den Waffenlieferungen an Israel und der Unterstützung des Krieges ein Ende bereiten kann.

Wir sind hier, weil es für uns heute nichts zu feiern gibt. Aber wir können und werden 2024 zu einem Jahr des Kampfes machen für eine andere, für eine gerechte Welt, für eine Welt ohne Kapitalismus und Imperialismus, ohne Rassismus und Ausbeutung – für eine sozialistische Welt.

Hoch die internationale Solidarität!




Widerstand gegen Israels Unterdrückung und Krieg! Solidarität mit den Palästinenser:innen!

Erklärung einer Gruppe von Revolutionären Kommunist:innen in China, 15. November 2023, Infomail 1240, 22. Dezember 2023

Wir veröffentlichen die folgende Erklärung in Solidarität mit ihren Verfasser:innen und als Beitrag zur Entwicklung revolutionärer Gruppen in China und um deren internationalistische Positionen bekannt zu machen.

Das Jahr 2023 ist geprägt von einer Eskalation des Konflikts zwischen Israel und Palästina. Israel ist ständig in Konflikte mit Palästinenser:innen im Westjordanland und Gazastreifen verwickelt, die am 7. Oktober 2023 zu einem ausgewachsenen Krieg führten. Dieser von Israel angezettelte Krieg hat zu brutalen und unmenschlichen Aktionen gegen die Zivilbevölkerung geführt und über zehntausend Tote im Gazastreifen gefordert. Wir verurteilen den Krieg Israels gegen das palästinensische Volk auf das Schärfste und sind mit ihm solidarisch.

Der unmittelbare Auslöser für diesen Krieg waren zwar die bewaffneten Angriffe der Hamas auf Israel, doch die eigentlichen Ursachen liegen in der britischen Kolonialzeit, die zionistische Bewegungen förderte, um antikoloniale Bewegungen unter den Palästinenser:innen zu unterdrücken. Seit der Gründung Israels im Jahr 1948 ist die kontinuierliche Unterdrückung des palästinensischen Volkes offensichtlich. Israel hat in ganz Palästina Siedlungen errichtet, die arabischen Bewohner:innen vertrieben, den (auch friedlichen) palästinensischen Widerstand gezielt bekämpft, Kriege gegen Palästina geführt und eine Politik der rassistischen Segregation betrieben. Diese Maßnahmen haben viele Palästinenser:innen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, was dazu führte, dass ein erheblicher Teil der palästinensischen Bevölkerung in andere Länder abwanderte. Die israelische Politik der rassistischen Segregation hat zu massiver Armut geführt und den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in Palästina behindert. Die anhaltende Unterdrückung hat zum bewaffneten Widerstand des palästinensischen Volkes geführt. Wir unterstützen das palästinensische Volk in seinem Kampf gegen den Siedlerkolonialismus und das rassistische Regime Israels.

Die Unterstützung des Widerstands des palästinensischen Volkes gegen Israel bedeutet jedoch nicht, die Hamas zu unterstützen. Wir sind dagegen, dass Israel und die westlichen imperialistischen Regierungen die Hamas unter der Bezeichnung „Terrorismus“ angreifen. Dennoch erkennen wir die Hamas als eine ultrarechte, obskurantistische Organisation an, die eine korrupte, arbeiter:innen und geschlechterfeindliche Politik in Gaza fördert. Sie leistet zwar aktiven Widerstand gegen die israelische Invasion, aber ihre wahllosen Angriffe auf israelische Zivilist:innen und ihr Festhalten am islamischen Fundamentalismus behindern die Sache der palästinensischen Befreiung. Wir unterstützen auch nicht die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO-Fatah), da das Fatah-Regime, das die Osloer Abkommen akzeptiert hat, zu einem von Israel geförderten Marionettenregime in Palästina geworden ist, das Israel die „friedliche“ Hand reicht, während es eine repressive Faust gegen das palästinensische Volk schwingt.

Imperialistische Regierungen wie die der Vereinigten Staaten, Frankreichs, des Vereinigten Königreichs und Deutschlands behaupten heuchlerisch „Humanität“, während sie Israels Kolonialherrschaft standhaft unterstützen. Sie schieben die Hauptverantwortung für diesen Krieg auf die Schultern Palästinas und der Hamas, indem sie Israels uneingeschränkte Bombardierung des Gazastreifens zulassen und damit zu den Hauptverursacher:innen der humanitären Krise in Palästina gehören. Ihr Engagement in Palästina zielt darauf ab, ihre imperialistische Hegemonie im Nahen Osten aufrechtzuerhalten. Unter dem Deckmantel der „Bekämpfung des Antisemitismus“ schränken sie nun die Freiheit und die demokratischen Rechte in ihren eigenen Ländern ein, um Israel zu unterstützen. China und Russland unterstützen Palästina vorgeblich, weil sie nicht wollen, dass der Nahe Osten vollständig vom westlichen Imperialismus kontrolliert wird, was ihre regionale hegemoniale Expansion beeinträchtigen könnte. Unter seinem monopolkapitalistischen System unterstützt China jedoch nicht mehr die Befreiung Palästinas. Mit der Anerkennung der Grenzen von 1967 zwischen Israel und Palästina erkennt die chinesische Regierung im Wesentlichen die israelische Kolonisierung Palästinas als legitim an. Solange Kolonisierung und Besatzung andauern, kann es keinen dauerhaften Frieden in Palästina geben. Daher ist der von China vorgeschlagene „Frieden zwischen Israel und Palästina“ äußerst heuchlerisch, da er auf regionale Stabilität abzielt, um Kapital besser nach Palästina und in andere Länder des Nahen Ostens zu exportieren und kapitalistische Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Israel zu entwickeln. Sich auf irgendeine imperialistische Macht zu verlassen, wird daher weder die Befreiung des palästinensischen Volkes noch den Frieden in Palästina bringen. Der Kampf des palästinensischen Volkes muss jede Abhängigkeit von imperialistischen Kräften zurückweisen und ablehnen. Darüber hinaus unterstützen wir weltweit Bewegungen, die sich gegen Israel und für das palästinensische Volk einsetzen, sich mit den Kämpfen zur Verteidigung und Durchsetzung der Freiheit und demokratischen Rechte der Länder verbünden, die gegen Rassismus kämpfen und die Antikriegsbewegung der Arbeiter:innen unterstützen.

Viele reaktionäre Kräfte, einschließlich konservativer Liberaler in China, preisen Israel als Vertreter der Zivilisation und des Friedens und benutzen Islamophobie, um palästinensische Araber:innen als „Terrorist:innen“ zu bezeichnen. Dies ist eine völlige Verzerrung. Der Zionismus opfert die Interessen der einheimischen Palästinenser:innen, um einen rassistischen jüdischen Staat von Siedler:innen zu errichten. Viele chinesische Nationalist:innen unterstützen zwar oberflächlich betrachtet Palästina, aber im Grunde stehen sie auf einer Linie mit den geopolitischen Interessen Chinas und Russlands. Einige sind sogar antisemitisch eingestellt und sympathisieren mit Hitlers Judenvernichtung. Unterdrückung sollte niemals eine Rechtfertigung für noch mehr Unterdrückung sein. Wir wenden uns gegen alle Formen des Rassismus, nicht nur gegen bestimmte Rassen und Ethnien.

Seit über siebzig Jahren leidet das palästinensische Volk unter der israelischen Unterdrückung, die vom Weltimperialismus unterstützt wird. Diesmal haben wir jedoch den Verrat der arabischen herrschenden Klassen am palästinensischen Volk erlebt: die ägyptische Regierung, die mit Israel zusammenarbeitet, um Mauern um den Gazastreifen zu errichten, Syrien und Jordanien, die palästinensische Flüchtlinge und Andersdenkende unterdrücken, der Iran, der in erster Linie die Hamas fördert, um seinen Einfluss in Palästina auszuweiten, und der Libanon, der linke Organisationen unter palästinensischen Flüchtlingen unterdrückt. Sich allein auf lokale palästinensische Bemühungen zu verlassen, reicht nicht aus, um Israels Kolonialismus und Apartheid zu beenden. Das palästinensische Volk braucht die Unterstützung von Massenbewegungen im Nahen Osten und in der ganzen Welt. Die Welle der Revolte gegen reaktionäre Kräfte in Westasien und Nordafrika sowie gegen die iranische Theokratie wird den Weg für den autonomen Widerstand des palästinensischen Volkes ebnen. Die Sache der Befreiung Palästinas ist die der Arbeiter:innenklasse und unterdrückten Völker auf der ganzen Welt.

Die Kämpfe der Arbeiter:innen im Nahen Osten und der palästinensischen Flüchtlinge, die in verschiedenen Ländern leben, sind oft miteinander verflochten. Ein solcher Widerstand darf sich keinesfalls für eine Seite der verschiedenen imperialistischen oder regionalen Mächte entscheiden, sondern stützt sich auf Kämpfe, die von der Selbstorganisation der Arbeiter:innenklasse unabhängig geführt werden, mit dem Ziel der gemeinsamen Niederlage aller imperialistischen Mächte. Verschiedene selbstorganisierte Basiskomitees in der syrischen Revolution, Volksvertretungen in der algerischen Volksbewegung, Arbeiter:innenbewegungen in Tunesien, Frauenproteste und Arbeiter:innenstreiks im Iran, der sudanesische Berufsverband, der den Kampf der Arbeiter:innenklasse gegen die Militärdiktatur im Sudan vertritt, sie alle dienen als notwendiger Ausgangspunkt für künftige Kämpfe, die schließlich die Macht der bürgerlichen Staaten im Nahen Osten brechen, dem israelischen Zionismus die Grundlage entziehen und die Errichtung eines multiethnischen, gleichberechtigten, demokratischen, säkularen und sozialistischen Palästinas ermöglichen werden, das Araber:innen, Juden, Jüdinnen und andere einschließt. Um die Befreiung Palästinas zu erreichen und zu verhindern, dass die Früchte des Kampfes von reaktionären Kräften wie der Muslimbruderschaft oder der Hamas ausgebeutet werden, plädieren wir für die Gründung von revolutionären Arbeiter:innenparteien in der Region und darüber hinaus.

Wir schlagen hiermit folgende Forderungen vor:

  • Schluss mit der zionistischen Herrschaft in Israel!

  • Nieder mit Kolonialismus und Rassismus!

  • Widersetzt euch der Einmischung der imperialistischen Kräfte in Palästina!

  • Freiheit für ganz Palästina!

  • Strebt nach der Errichtung eines säkularen, ethnisch gleichberechtigten, demokratischen und sozialistischen palästinensischen Staates!

  • Arbeiter:innen und Menschen in Westasien und Nordafrika vereinigt euch!



Wir haben uns aber auch versammelt, um anzuklagen!

Rede von Georg Ismael auf der Demonstration „Keine Waffen für den Genozid“ am 10. Dezember, Infomail 1238, 11. Dezember 2023

Wir haben uns heute versammelt, um den Verlust unschuldiger Leben und zehntausender Toter zu beklagen, die in der Tragödie, die sich seit dem 07. Oktober entfaltet, ihr Leben verloren haben.

Wir haben uns aber auch versammelt, um anzuklagen!

Wir klagen Sie an: Herr Scholz, Herr Habeck, Frau Baerbock, Herr Lindner. Wir klagen die deutsche Bundesregierung und den deutschen Staat an. Wir klagen Sie an, sich der Volksverhetzung und der Unterstützung zum Völkermord schuldig zu machen.

Sie haben keine Gelegenheit versäumt, die diskursive Frage des Existenzrechtes von Staaten in den vergangenen Wochen zu betonen. Aber sie leugnen nicht nur das Existenzrecht der palästinensischen Nation und der palästinensischen Staatlichkeit – bis heute erkennt der deutsche Staat diese nicht an. Sie unterstützen aktiv einen genozidalen Krieg gegen die Palästinenser:innen in Gaza. Frau Baerbock und die deutsche Regierung blockieren nicht nur bis heute einen Waffenstillstand. Die deutsche Regierung hat ihre Waffenlieferungen an Israel seit Kriegsbeginn verzehnfacht.

Stimmungsmache

Die Stimmungsmache von deutschen Politiker:innen und deutschen Medien ist nichts anderes als die Einstimmung auf einen Genozid an den Palästinenser:innen, der von hochrangigen israelischen Militärs und Vertretern der israelischen Regierung bereits angekündigt ist und vor unseren Augen durchgeführt wird.

Seit Jahrzehnten unterstützt der deutsche Staat ein koloniales Apartheidregime. Nun hat er diese Unterstützung zur Staatsräson erklärt. Während die Palästinenser:innen sich seit 75 Jahren einer immer aggressiveren ethnischen Diktatur ausgesetzt sehen, regiert heute eine autoritäre Clique um Netanyahu in Israel. Diese stützt sich auf eine wachsende faschistische und bewaffnete Siedler:innenbewegung in der besetzten Westbank.

Diese Kräfte verschärfen seit langem das Besatzungsregime, dehnen illegale Siedlungen aus, führen willkürliche und rechtswidrige Verhaftungen durch, begehen Pogrome an der palästinensischen Bevölkerung in der Westbank und töten willkürlich Palästinenser:innen: 2023 waren es mehr als 200 bis Ende September.

Israel hat seit 2006 bereits sechs brutale Kriege in Gaza und dem Libanon ausgeführt, sowie massive Bombardements in Syrien ausgeführt. Kein Staat der Welt hat mehr UN Resolutionen gebrochen als Israel. Es ist dieser Staat, dem sie ihre bedingungslose Solidarität aussprechen und den Sie endlos mit Waffen beliefern.

In diesem Kontext – den sie der Weltöffentlichkeit und der deutschen Bevölkerung verheimlichen –  wagen Sie es, Palästinenser:innen, linken Jüd:innen und deutschen Sozialist:innen, die sich für eine demokratische, säkulare und sozialistische Einstaatenlösung einsetzen, Antisemitismus vorzuwerfen?

Sie beweisen damit nur, dass die deutsche Kapitalistenklasse und ihre politischen Eliten in Wahrheit bis heute nicht mit ihrer reaktionären Lebensraumideologie von Blut und Boden gebrochen haben. Eine Ideologie, die rechtsradikale und antisemitische Kräfte weltweit mit erneuter Leidenschaftlichkeit unter Schlagworten wie „Ethnopluralismus“ oder „Ethnischer Demokratie“ herausschreien.

Indem Sie ein friedliches Zusammenleben von Palästinenser:innen und Jüd:innen in einem gemeinsamen demokratischen Staat ablehnen und verleugnen, sind Sie es, die sich der Volksverhetzung schuldig machen. Sie vollbringen das Kunststück zugleich tatsächlich antisemitisch und rassistisch zu sein, indem Sie der jüdischen und palästinensischen Bevölkerung absprechen, in Harmonie koexistieren zu können.

Es ist daher kein Wunder, dass Sie für Ihre Israel-Politik frenetisch von der rassistischen und antisemitischen AfD im Parlament beklatscht werden. Diese üble Kriegspolitik ergänzen sie mit umso aggressiveren Unterdrückungspraktiken an der von ihnen praktisch erklärten Heimatfront im Inland.

Sie haben es erlassen und erlaubt, dass in den vergangenen Wochen trauernde Palästinenser:innen auf offener Straße von Polizeibeamten zusammengeschlagen wurden.

Sie haben kritische Jüd:innen, Palästinenser:innen und deutsche Sozialist:innen kriminalisiert und das Recht auf Versammlungs-, Meinungs- und Organisationsfreiheit genauso ausgehebelt, wie die akademische Freiheit.

Nun diskutieren Sie die Verschärfung politisch motivierter Abschiebungen und Ausbürgerungen. Ermutigt von diesem Klima der Angst haben sich in den vergangenen Wochen sowohl antimuslimische als auch antisemitische Angriffe durch deutsche Rechtsradikale massiv vermehrt.

Ich richte mich daher nun insbesondere an die schweigende deutsche Gesellschaft:

Nie wieder ist Jetzt!

Lasst nicht zu, dass die deutsche Regierung vor euren Augen nicht nur einen Genozid leugnet, sondern zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg in einer nie dagewesenen Aggressivität unterstützt.

Ich schäme mich heute mehr denn je ein deutscher Staatsbürger zu sein. Ich fürchte mich vor dem Tag, an dem nicht nur meine palästinensischen Genoss:innen, sondern auch meine linken jüdischen Genoss:innen, deren Verwandte in der Shoah ihr Leben verloren, ausgebürgert werden sollen, weil Sie sich weigern ein koloniales Apartheidregime anzuerkennen.

Sollte dieser Tag kommen, dann bitte ich Sie, bleiben Sie sich auch in dieser Hinsicht Ihren Vorvätern treu. Entziehen Sie diesem deutschen Kommunisten zuerst die Staatsbürgerschaft!

Dieser Pass, den ich in meinen Händen halte, ist erneut zu einem Pass der Schande geworden.




Österreich: Solidarität gegen den Funke-Ausschluss

Arbeiter*innenstandpunkt, Infomail 1238, 4. Dezember 2023

Die SPÖ-Ausschlusskampagne auf rechten Zuruf befördert Rassismus und Kriegshetze

Die Sozialistische Jugend hat ihre Bezirksgruppe im Alsergrund ausgeschlossen, weil dort Aktivist:innen der Organisation „Der Funke“ führend aktiv sind. Damit kommt die SJ Wien einem Antrag der Bezirks-SPÖ zuvor, die öffentlich den Ausschluss der Jugendgruppe gefordert hatte. Auch in Vorarlberg hat die SPÖ ein Schiedsgericht gegen die Vorsitzenden der Sozialistischen Jugend eingesetzt, die zwar nicht dem Funke angehören sollen, aber ein Statement der Organisation geteilt hatten.

Gegen die Ausschlüsse!

Die sozialdemokratische Führung beginnt eine interne Säuberungskampagne, weil den Genoss:innen vom Funken ihre Position in der palästinasolidarischen Bewegung vorgeworfen wird. Diese Vorwürfe kommen von Journalist:innen, Online-Aktivist:innen, aber auch von ÖVP und FPÖ. Die Kampagne gegen den Funken ist undemokratisch und reaktionär. Sie soll an einem scheinbaren Extrembeispiel ausdrücken, was allen passiert, die sich nicht in die Regierungslinie der unbedingten Israelsolidarität einreihen.

Der Funke wird ausgeschlossen, weil er sich mit dem Widerstand gegen die israelische Besatzung solidarisiert, und weil einer ihrer Vertreter in einer Rede Israel als Apartheid- und Terrorstaat bezeichnet hat, der „weg“ müsse. Der Funke-Sprecher hat später gegenüber dem PROFIL klargestellt, dass er das Existenzrecht von Israel verteidigt, nicht aber das „Recht“ Israels, andere Nationen zu besiedeln, zu besetzen oder zu annektieren. Die Rhetorik kann man gut finden oder nicht, es ist aber egal. Die SPÖ beginnt ihre Ausschlusskampagne wegen dem rechten Druck, und nicht wegen einem 30-Sekunden-Videoausschnitt, der auf Twitter herumgereicht wird.

Wir als Arbeiter*innenstandpunkt solidarisieren uns mit den Funke-Aktivist:innen gegen die undemokratischen Ausschlüsse und gegen die mediale Verleumdungskampagne. Vorwürfe des „aggressiven Antisemitismus“ aus dem SPÖ-Parteivorstand sind an den Haaren herbeigezogen. Es muss auch klar sein, dass diese bürokratischen Methoden gegen jede Parteifraktion eingesetzt werden können, die inhaltlich widerspricht.

Türkis-Grüner Außenpolitik-Extremismus

Die sozialdemokratischen Spitzen drängen jetzt die parteiinterne Opposition heraus, aufgehängt an den Zurufen von Bundesregierung und FPÖ. Auch sonst stellen sich Babler und die Partei außenpolitisch vollinhaltlich hinter den reaktionären Regierungskurs.

Die Bundesregierung profiliert sich mit einer sogar international extremen Haltung gegen die palästinensischen Zivilist:innen und jegliche palästinensische Selbstbestimmung. Zusammen mit nur dreizehn anderen Ländern stimmte Österreich gegen eine UNO-Resolution für einen Waffenstillstand. Nehammer und Kogler unterstützen die Bombenkampagne der israelischen Armee, die schon mehr als 10.000 Zivilist:innen ermordet hat.

Rassistische Kampagne

In Österreich wird der Angriff der Hamas auf Israel und die Debatte um die israelischen Bombardements mühelos in antimuslimischen Rassismus übersetzt. ÖVP und FPÖ fordern geschlossene Grenzen und Massenabschiebungen, bezeichnen Geflüchtete als Antisemit:innen. Die Verschwörungstheorie über „importierten Antisemitismus“ ignoriert, dass Antisemitismus in Österreich fast ausschließlich von österreichischen Rechten ausgeht. Die rechten Parteien nutzen den antimuslimischen Rassismus auch, um den Antisemitismus ihrer eigenen Mitglieder unter den Teppich zu kehren. Das geht so weit, dass die niederösterreichische FPÖ, die eine Registrierung von Jüdinnen und Juden beantragt und um deren Vorsitzenden es die antisemitische Liederbuchaffäre gab, die angeblich liberale Einwanderungspolitik der SPÖ als antisemitisch bezeichnet. Auch die niederösterreichische ÖVP wirft der SPÖ vor, „eine Einladung an Antisemit:innen auszusprechen“. So wird die Solidarisierung mit der rechtsnationalen und rassistischen israelischen Regierung genutzt, um den Antisemitismus der Rechten schönzureden.

Aber auch die SPÖ wiederholt diese rassistischen Verschwörungstheorien. Der burgenländische Landeshauptmann Doskozil und der Wiener Gesundheitsstadtrat sind sich einig: Am steigenden Antisemitismus ist die Zuwanderung schuld. Nur beschuldigen die beiden das ÖVP-geführte Integrationsstaatssekretariat für die angeblich offenen Grenzen, greifen die Rechten von rechts an.

Der Mariahilfer SPÖ-Bezirksrat Götz Schrage geht noch weiter. In einem Zeitungskommentar setzt er rhetorisch den muslimischen Glauben mit Antisemitismus gleich und fordert, „Feinde Israels“ abzuschieben.

Die SPÖ unter Babler stellt sich außenpolitisch klar hinter die pro-imperialistische Linie der Bundesregierung. Babler war vor seiner Wahl mehrmals für frühere antiimperialistische Positionen kritisiert worden. Seit seiner Wahl hat er klar gemacht, dass von diesem linken Erben nichts übrig ist. Im Juni forderte er EU-Waffenlieferungen an die Ukraine, die israelischen Flächenbombardements verteidigt er als angebliche Selbstverteidigung. Nebensätze darüber, dass man die Palästinenser:innen „nicht vergessen“ dürfe und die Ablehnung des Waffenstillstands falsch wäre, können darüber nicht hinwegtäuschen.

Zur außenpolitischen nationalen Einheit gehört eben auch die Propaganda dazu. Die innerparteiliche Säuberungskampagne entspricht den rechten Forderungen, dass Palästinasolidarität ausgeschlossen und am besten verboten gehört.

Dagegen müssen Linke, Sozialist:innen und Revolutionär:innen sich klar aussprechen. Erstens, um zu verhindern, dass bürokratische Säuberungen in der Arbeiter:innenbewegung Fuß fassen. Aber auch, um der rassistischen Hetze und dem außenpolitischen Rechtsruck etwas entgegensetzen zu können.

In der Analyse der palästinensischen Befreiungsbewegung, dem Charakter des israelischen Regimes und vielem mehr ist sich die Linke sehr uneinig. In ein paar Punkten müssen wir aber zusammenstehen:

  • Solidarität mit dem Funken! Gegen unbegründete Antisemitismus-Vorwürfe und gegen den bürokratischen Ausschluss!

  • Gegen antimuslimischen Rassismus, gegen alle Abschiebungen und gegen Polizeirepression! Das Demonstrationsrecht muss für palästinasolidarische Aktionen gelten oder durchgesetzt werden.

  • Gegen Kriegsverherrlichung und entmenschlichende Hetze gegen Palästinenser:innen. Flächenbombardements haben nichts mit Selbstverteidigung zu tun!

  • Gegen die Ermordung von Zivilist:innen. Die Hinrichtungen und Massaker der Hamas helfen nicht in der Befreiung der Palästinenser:innen.



Wir sind nicht frei, bis Palästina frei ist

Arbeiter:innenmacht-Rede zur Demonstration gegen Gewalt gegen Frauen, Berlin, 25. November 2023, Infomail 1238, 27. November 2023

Berlin: Wir alle haben die Bilder gesehen, wir alle haben die Nachrichten gelesen, deswegen wissen wir: Ein Waffenstillstand ist nicht genug! 4 Tage beenden das Leid der Palästinenser:innen nicht. Und heute ist der Tag gegen Gewalt an Frauen. An diesem kämpfen wir gegen Sexismus, gegen Femizide, gegen Gewalt auf der ganzen Welt.

Das bedeutet: Wir verschließen die Augen nicht vor dem aktuellen Krieg, wie es so viele andere tun. Dabei haben wir keine Illusionen in Schwachsinn wie „feministische Außenpolitik“, denn wir sehen, dass sie für die Unterdrückten keinen Unterschied macht. Deshalb stehen wir hier in Solidarität und sagen: Wir sind nicht frei, bis Palästina frei ist.

Aber ihr fragt euch sicher, was wir noch tun können außer auf die Straße zu gehen. Hier in Deutschland müssen wir uns gegen den steigenden Rassismus stellen und jede Komplizenschaft mit der israelischen Regierung. Wir verurteilen die Bombardierung Gazas, wir verurteilen die Apartheid, wir lehnen den Zionismus ab. Und deswegen müssen wir hier gegen deutsche Waffenlieferungen kämpfen. Denn diese haben sich im Vergleich zum Vorjahr verzehnfacht. Wir müssen uns gegen Rheinmetall, Thyssenkrupp oder Hensoldt stellen, genauso wie gegen die deutsche Regierung und ihre Staatsräson.

Um erfolgreich zu sein, müssen wir gemeinsam eine Bewegung aufbauen, die in Schulen, Universitäten und Betrieben verankert ist. Die diese Frage in den Alltag jener bringt, die noch nicht auf der Straße sind. Lasst uns gemeinsam eine Bewegung aufbauen, lasst uns Aktionskomitees aufbauen, die informieren und bereit sind zu protestieren und zu streiken.

Und als Marxist:innen sagen wir klar: Wir kämpfen für ein freies, säkulares und sozialistisches Palästina. Für einen Arbeiter:innenstaat, in dem Jüd:innen und Palästinenser:innen gleichberechtigt zusammenleben können.

Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der Reproduktionsarbeit kollektiv vergesellschaftet wird, damit Frauen und LGBTIA+-Personen nicht nur in Worten, sondern auch in der Realität die gleichen Rechte haben. Und wir kämpfen für die Freilassung aller Gefangenen, für das Rückkehrrecht für alle.

Und das ist keine Utopie, das ist möglich. Denn überall auf der Welt wird protestieren. Wir müssen anfangen, uns zu koordinieren und für die gleichen Forderungen eines sozialistischen Programms zu kämpfen und gemeinsam die Regime stürzen, die die Apartheid und Unterdrückung des palästinensischen Volkes unterstützen!

Hoch die internationale Solidarität!