Trotz alledem – warum und wie wir uns an den Anti-AfD-Protesten beteiligen

Georg Ismael, Infomail 1244, 2. Januar 2024

Mit Bestürzung, Schmerz und Wut haben wir die rassistischen Übergriffe auf Palästinenser:innen auf Demonstrationen gegen die AfD erlebt. Den tragischen Tiefpunkt bildeten körperliche und verbale Übergriffe am Sonntag, den 21. Januar, auf der Reichstagswiese in Berlin.

Hier wurde deutlich, wie tief der Rassismus gegen Geflüchtete, Muslim:innen und Araber:innen auch in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen ist. Dieser Rassismus wird heute im Besonderen durch antipalästinensischen Rassismus befeuert.

Antipalästinensischer Rassismus

Während der Internationale Gerichtshof Anzeichen für einen Genozid in Gaza sieht, liefert die deutsche Regierung Waffen an die rechtsradikale israelische Regierung, stellt humanitäre Hilfe für die Palästinenser:innen ein, schiebt ab, kriminalisiert kritische Stimmen und hebelt Grundrechte aus. Zur gleichen Zeit werden auf Initiative der CDU Gesetze, die die Ausbürgerung von Staatsbürger:innen erlauben und eine massive Einschränkung des Organisations- und Versammlungsrechtes nach sich ziehen würden, im Bundestag diskutiert.

Deutschland unterstützt einen Genozid und sichert diese Politik mit Repression im Inland ab. Von dieser waren neben Palästinenser:innen besonders Muslim:innen, Araber:innen und migrantisierte Menschen betroffen, die trotz ihrer besonders prekären Lage in den vergangenen Monaten ihre Solidarität mit den Menschen Gazas auf Deutschlands Straßen zum Ausdruck brachten.

Wir müssen anerkennen, dass die Bundesregierung, aber auch Landesregierungen mit Billigung der meisten Parlamentarier:innen und Abgeordneten gegen Palästinenser:innen vieles von dem umsetzen, was die AfD für die gesamte Gesellschaft fordert.

Gerade weil wir die Unterdrückung, die Gewalt und die Apartheid gegen die Palästinenser:innen durch den ethnonationalistischen israelischen Staat und die rechtsradikale israelische Regierung kennen, haben wir eine besondere Verpflichtung uns gegen die ethnonationalistische und rechtsradikale AfD in Deutschland zu stellen.

Wir tun dies in Solidarität mit den Palästinenser:innen und in internationalistischer Verpflichtung, nicht für das gute Gewissen deutscher Biedermeier:innen. Wir denken nicht, dass die Anti-AfD-Proteste in ihrer heutigen Form die multiethnische, religionsübergreifende, antikoloniale und antiimperialistische Solidarität der Palästinenser:innen verdient hätten. Aber wir sind es uns politisch schuldig, unsere Stimmen und unsere Körper auf diesen Protesten zu präsentieren.

Wir beteiligen uns an diesen Protesten, weil es hier auch um uns geht. Wir sind es uns schuldig, gegen die AfD zu kämpfen, und wir sind es den Menschen in Palästina schuldig, ihre Stimmen den selbsternannten antirassistischen Protesten in Deutschland gegenüber sichtbar zu machen.

Es waren nicht einheimische, sondern migrantisierte Menschen, die seit Oktober auf den Straßen Berlins und Deutschlands geschlagen, gedemütigt und kriminalisiert wurden. Wir wissen, dass deutsche Medien und deutsche Regierungspolitiker:innen über uns und den Genozid in Gaza lügen.

Daher wollen wir den vorrangig weißen Menschen auf diesen Protesten eine Chance geben, uns und unsere Perspektiven kennenzulernen und unsere Erfahrungen zu teilen. Wir wollen daran glauben, dass unter ihnen etliche der mehr als 60 Prozent Deutschen sind, die das Vorgehen Israels in Gaza ablehnen. Wir sind es den Menschen in Gaza schuldig, durch direkten Dialog diese stille Ablehnung in praktische Solidarität zu verwandeln.

Daher haben wir den für uns emotional äußerst schmerzlichen und für viele in der Palästinasolidarität vielleicht nicht intuitiven Weg gewählt und den Austausch mit den Organisator:innen von „Hand in Hand“ in Berlin gesucht.

Forderungen

Wir hatten diese drei Forderungen gemeinsam mit Genoss:innen von „Palestinians and Allies“ und REVOLUTION erarbeitet und vorgetragen:

  1. Ordner:innen schützen Palästinenser:innen und ihre Verbündeten konsequent gegen rassistische Übergriffe. Rassistische Individuen oder Gruppen werden unverzüglich gebeten, den Protest zu verlassen. Bei Missachtung werden Rassist:innen aktiv vom Protest entfernt. Hierzu gehört neben körperlichen Attacken und ungewollten Berührungen beispielsweise auch die rassistische Diffamierung von Muslim:innen, Araber:innen und Palästinenser:innen als „Terrorist:innen“, „Terrorunterstützer:innen“ oder „Mörder:innen“. Systematische Übergriffe werden auch von der Bühne aus verurteilt.
  2. Es wird ein deutliches Willkommen explizit an palästinensische Teilnehmer:innen geäußert. Darüber hinaus ist es notwendig, deutlich zu Beginn der Demonstration von der Bühne aus  die rassistischen Übergriffe gegen Palästinenser:innen auf der vergangenen Demonstration zu verurteilen und anzukündigen, dass derartige Übergriffe nicht erneut erduldet und unverzüglich geahndet werden.
  3. Die stellvertretende Vorsitzende der Jüdischen Stimme und anerkannte Psychologin Iris Hefets und die palästinensische Rechtsanwältin Nadija Samour halten eine gemeinsame Rede gegen antipalästinensischen und antimuslimischen Rassismus, Antisemitismus und Krieg. Sie zeigen auf, wie im konkreten gemeinsamen Kampf gegen Unterdrückung und Entrechtung die gemeinsame Menschlichkeit unabhängig von Religion oder Herkunft hervortritt.

Reaktion

Die erste Forderung wurde weitestgehend angenommen. Wir werden ihre Umsetzung genau beobachten, denn auch das ist traurige Wahrheit: Niemand wollte bestreiten, dass es zu erneuten Übergriffen kommen könnte. Die zweite Forderung wurde nur insofern aufgenommen, dass Palästinenser:innen in einer Aufzählung begrüßt werden. Dies ist zwar ein Entgegenkommen, letztlich aber vollkommen unzulänglich. Es waren ausschließlich Palästinenser:innen und ihre Verbündeten, die auf vergangenen Protesten systematisch verbal und körperlich angegriffen und von der Polizei kriminalisiert wurden. Zu einem Zeitpunkt, an dem eine bestimmte Gruppe eine spezielle Diskriminierung auf den eigens organisierten Protesten erfährt, diese nicht besonders zu verurteilen, stellt unseres Erachtens nach einen politischen Skandal dar, weil man sich so vor dem konkreten Problem drückt.

Unsere dritte Forderung wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt. Dies ist uns unverständlich. Es wurde an uns herangetragen, dass es von Gegensprecher:innen die „Befürchtung“ gab, dass „problematische Aussagen“ wie „Genozid“ getätigt werden könnten. Es zeigt, dass hier, freundlich formuliert, ein unerhörter Selbstbildungsbedarf besteht. Unfreundlich formuliert, handelt es sich um das Verharmlosen eines drohenden Völkermordes.

Gleichzeitig ist zentrale Gastrednerin, Frau Düzen Tekkal, die noch vor Kurzem als solche auf einer von der Springerpresse und der Jerusalem Post, beides rechte Medienhäuser, ausgerichteten Konferenz namens „Joint Perspectives“ sprechen sollte. Neben Justizminister Marco Buschmann war unter anderem auch der rechtsradikale israelische Minister Amichai Chikli geladen. Chikli hatte vor Kurzem an einer Konferenz zur „Umsiedlung“ (man könnte auch im AfD-Jargon Remigration sagen) der Palästinenser:innen aus Gaza teilgenommen. Dass Herr Chikli mittlerweile ausgeladen wurde und Frau Tekkals Name nicht mehr auf der Redner:innenliste der Konferenz erscheint, kann dennoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Proisraelische Stimmen, die den Genozid in Gaza aktiv leugnen, die zu Konferenzen gehen, an denen auch Rechtsradikale Interesse zeigen, werden als Redner:innen in Erwägung gezogen, während anerkannte linke palästinensische und jüdische Stimmen von hoher moralischer Autorität nicht akzeptabel für eine aktuelle Mehrheit des „Hand in Hand“-Bündnisses zu sein scheinen.

Diese Personen sollten tief in sich gehen, nach ihrer Menschlichkeit suchen und falls sie sie finden sollten, beginnen, sich selbst zu bilden. Wir schlagen vor, mit der Lektüre der Anklageschrift Südafrikas gegen Israel und dem Urteil des Internationalen Gerichtshofes zu beginnen. Diese Selbstbildung sollte dadurch fortgesetzt werden, endlich mit anstatt über Palästinenser:innen zu reden. Dies beinhaltet auch, sie auf Bühnen antirassistischer Proteste in Deutschland einzuladen. Nicht wir, sondern diese Gegensprecher:innen haben einen Bedarf an antirassistischer Bildung vonnöten. Wir formulieren dies in jener Schärfe, weil wir die zu erwartende Argumentation nicht anerkennen, dass unsere Forderungen „zu kurzfristig“ formuliert wurden.

Der brutale und genozidale Krieg gegen die Palästinenser:innen hält mit deutscher Unterstützung seit vier Monaten an. Die Nakba und seitdem andauernde Entrechtung der Palästinenser:innen dauern nun fast 80 Jahre. Wir haben uns darüber nicht erst kurzfristig informiert. Diese Gegensprecher:innen haben es seit Langem nicht zur Kenntnis genommen. Es handelt sich hier auch nicht um „irgendeinen Krieg“, von denen es „ja etliche gäbe“, wie ein Gegensprecher meinte. Es handelt sich aktuell um den Krieg mit den meisten zivilen Opfern, einen genozidalen, der maßgeblich von Deutschland unterstützt wird. Wer auch nach physischen Übergriffen auf Palästinenser:innen während antirassistischer Proteste die Warnsignale noch nicht gehört hat, ist so verroht, dass man die Dinge in aller Deutlichkeit formulieren muss.

Wir nehmen aber auch zur Kenntnis, dass es eine relevante Minderheit in der Diskussion und Abstimmung gab, die unsere Anliegen unterstützen möchte. Wir gehen daher davon aus, dass dies auch auf viele Teilnehmer:innen des Protestes zutrifft.

Beteiligt Euch an der Solidaritätsdelegation am 3. Februar!

Unter diesen Gesichtspunkten und auch angesichts der Notwendigkeit einer möglichst großen Aktionseinheit gegen die AfD haben wir uns dazu entschieden, als Teil einer Solidaritätsdelegation an dem „Hand in Hand“-Protest vor der Reichstagswiese teilzunehmen. Der gemeinsame Treffpunkt ist um 12 Uhr an dem U5-Ausgang „Bundestag“. Wir laden euch ein, euch uns anzuschließen. Diese Einladung schließt auch die Möglichkeit für Interessierte ein, uns ernsthaft gemeinte Fragen zu stellen, in eine gemeinsame, auch kontroverse Diskussion zu treten. Wir erwarten allerdings, dass dies mit grundlegendem Respekt und ohne eine rassistische oder stereotype Einordnung geschieht.

Solange palästinensische und propalästinensische Stimmen allerdings kein Gehör auf den Bühnen der Anti-AfD-Proteste finden, können wir die eigenständigen Proteste der Palästinasolidarität nicht vernachlässigen, geschweige denn absagen. Wir rufen daher alle dazu auf, sich ab 14 Uhr am Potsdamer Platz in Solidarität mit Palästina zu versammeln. Dies ist auch ein Aufruf an jene, die gegen die AfD und jede rassistische Politik in Deutschland kämpfen wollen, verunsichert sind oder Fragen haben. Kommt auf unsere Proteste, stellt Fragen, bildet euch, ob am Samstag, den 03.02., oder in der Zukunft! Erlebt und seht mit eigenen Augen die Polizeigewalt, die wir seit vier Monaten erleiden! Hört euch die diversen Reden an! Seht, wie Palästinenser:innen, Juden und Jüd:innen so wie Menschen unterschiedlichster Herkunft auf Kundgebungen und Demonstrationen, die von linken Slogans und Inhalten geprägt sind, gemeinsam tatsächlich „Hand in Hand“, trotz Verleumdung und Polizeigewalt seit vier Monaten protestieren!

Wir verbleiben in der Hoffnung, dass wir den Tag sehen werden, an dem getrennte, parallele Proteste der Vergangenheit angehören. Die Verantwortung hierfür liegt allerdings nicht in unserer Hand. Wir haben zum aktuellen Zeitpunkt unser Bestes, viele von uns, insbesondere unsere palästinensischen Genoss:innen, auch emotional mehr als das gegeben, um ihre Anliegen erst an Fridays for Future Berlin, dann „Hand in Hand“ zu tragen.

Dass wir diese Zeilen schreiben, das muss noch einmal deutlich gesagt werden, ist daher kein Zeichen der Spaltung. Es ist ein Zeichen, dass wir trotz alledem, trotz unseres eigenen Schmerzes, der häufig auch aus dem Verlust von Geliebten und Familie herrührt, die Hoffnung nicht aufgeben wollen, dass ein Antirassismus, der sich wirklich gegen jede Unterdrückung richtet, in Zukunft möglich sein kann.

Die Verantwortung hierfür liegt nun aber in der Hand insbesondere der weißen, deutschen Organisator:innen der Anti-AfD-Proteste. Ihnen stellt sich die dringende Aufgabe, sich mit Kolonialismus und Imperialismus als Triebfedern des Rassismus in Deutschland und international auseinanderzusetzen. Sie stehen in der Verpflichtung, nicht nur die Rolle der deutschen Regierung in diesen Prozessen anzukreiden, sondern auch aktiv zu bekämpfen. Gaza steht unserer Einschätzung nach heute im Zentrum dieser Fragen, sowohl innen- als auch außenpolitisch. Wer zu Ausbürgerungsgesetzen aus der „Mitte“, Kolonialismus, Apartheid und Genozid, vom deutschen Imperialismus schweigt, der wird den Rassismus nie vernichten können.




Halle: 4. Jahrestag des faschistischen und antisemitischen Terrorangriffs – Kein Vergeben, kein Vergessen!

Leonie Schmidt, ursprünglich veröffentlicht auf www.onesolutionrevolution.de, Infomail 1233, 9. Oktober 2023

Antisemitismus, Mord, Rassismus

Am 9.10.2019 griff der bewaffnete Nazi B. erst eine Synagoge an, in welcher sich ca. 50 Personen befanden, wofür er sich den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur aussuchte. Da aber die Türen der Synagoge glücklicherweise gegen sein Eindringen standhielten, zog er weiter, um letztendlich zwei scheinbar wahllos ausgesuchte Personen auf offener Straße und in einem Dönerladen zu erschießen. Neben einigen Schusswaffen und scharfer Munition hatte der Nazi auch vier Kilo Sprengstoff in sein Auto geladen und zudem eine Kampfmontur aus einem Stahlhelm, einer schusssicheren Weste sowie einer Art „Uniform“. Letztendlich wurde er nach einer stundenlangen Verfolgungsjagd von der Polizei gestellt und verhaftet.

Motiv & Hintergründe

Ursprünglich wollte der Täter wohl ein linkes Zentrum angreifen, hatte sich jedoch anders entschieden und sich laut seinem eigenen wirren Manifest vom Attentäter in Christchurch (Neuseeland) inspirieren lassen, wenngleich dieser Moscheen angriff. Auch der Attentäter von Halle überlegte wohl zuerst, eine Moschee anzugreifen, da laut seinem faschistischen Weltbild Muslim:innen schlimmer als Linke seien. Entsprechend seiner Ideologie wählte er dann aber aus einem antisemitischen Motiv heraus eine Synagoge, da er den Islam nur als Symptom und nicht als Ursache seines eigenen Elends ansehen würde. Da die Person, die er auf offener Straße erschoss, eine Frau war, kann auch vermutet werden, dass ein Motiv hier Frauenhass und Antifeminismus gewesen sein könnte, da er in seinem Manifest auch den Feminismus zu seinem Feind erklärte. Das wurde jedoch nicht im Abschlussbericht der Bundesregierung zur Tat vermerkt, wenngleich Frauenhass ein gängiger Bestandteil rechtsradikaler Ideologien ist. Im Gerichtsverfahren erklärte der Täter, Jana L. habe ihn beleidigt und da er seine Tat auf Twitch livestreamte, rechtfertigte er den Mord damit, dass er nicht von seinen Zuschauer:innen ausgelacht werden wollte. Das Mordopfer Kevin S., welches er im Dönerladen erschoss, habe er aufgrund seiner Haarfarbe für einen Muslim gehalten, wie er vor Gericht darlegte. Des Weiteren sagte er im Gerichtsprozess aus, dass er nicht wollte, dass weiße Menschen sterben, er es insofern bedauere und breitete seine rechtsextreme Gesinnung für alle hörbar aus. Das alles untermauert nur das perfide Weltbild des Täters, welches die ideologische Basis für sein Verbrechen bildete. Es darf nicht unbeachtet gelassen werden, dass er definitiv versuchte, mehr Personen zu ermorden, was ihm aber glücklicherweise nicht gelang.

Radikalisierung bei der Bundeswehr und im Internet

Der Täter wurde im Grundwehrdienst 2010 – 2011 an der Waffe ausgebildet. Aussagen im Prozess zufolge habe er bereits da das Wort „Jude“ als Schimpfwort verwendet, was in der Truppe so üblich gewesen sei. Immer wieder verschwinden Waffen bei der Bundeswehr, werden rechte Netzwerke aufgedeckt. Dass es sich hier um keinen Einzelfall, sondern mindestens um staatlich geduldeten Rechtsextremismus handelt, muss uns klar sein.

Darüber hinaus radikalisierte sich B. in diversen Internetforen, wo er Hitlers „Mein Kampf“, antisemitische Propaganda und gewaltvolle Mordvideos des IS downloadete. Dort chattete er mit anderen Männern, die ähnlich wie er sozial isoliert waren und sein rechtsradikales Weltbild teilten. So konnten sie sich gegenseitig in ihrer menschenverachtenden Ideologie bestärken und bekamen Anerkennung von Gleichgesinnten, was sie immer weiter radikalisieren konnte. Auch hier ähnelt B. dem Attentäter von Christchurch. Dieser hatte sich ebenfalls in einschlägigen Internetforen herumgetrieben und mit anderen Rechtsradikalen connectet.

Das Versagen der Polizei

Wie immer hat sich die Polizei nicht mit Ruhm bekleckert. Dass es, wenn es um Rechtsradikalismus geht, immer wieder passiert, dass den staatlichen Behörden sehr grobe Fehler unterlaufen, kann wahrlich kein Zufall sein, wie wir schon seit dem NSU-Komplex und dem Attentat in Hanau ahnen können. In Halle war das erste Problem, dass die Polizei nicht die Sorge der jüdischen Community vor Angriffen ernst nahm. Diese hatte seit Jahren die Polizei um Schutz an jüdischen Feiertagen für die Synagogen gebeten, war jedoch in ihrer Sorge ignoriert worden. Wie spätestens am 9.10.19 zu sehen war, eine mehr als berechtigte Sorge. Auch vor dem Gerichtsprozess gegen B. kam es wieder vermehrt zu Angriffen und Einschüchterungsversuchen gegen die hallesche jüdische Gemeinde. Am Tag der Tat musste sich der Rabbiner, der die Polizei nach den Schüssen auf die Synagoge anrief, erst unnötigen, zeitverzögernden Fragen stellen, bevor er überhaupt zur Notrufzentrale durchgestellt wurde. Zusätzlich kritisiert wurde das Verhalten der Polizei gegenüber den Juden und Jüdinnen, die sich zum Tatzeitpunkt in der Synagoge aufgehalten hatten. Bei der Vernehmung waren die Beamt:innen empathie- und insbesondre ahnungslos hinsichtlich der jüdischen Religion, erklärten den Betroffenen nicht, was überhaupt passiert war, und hefteten den evakuierten Juden und Jüdinnen Zettel mit Nummern an, was einige von ihnen an die NS-Zeit erinnerte. Das ist natürlich ein Schlag ins Gesicht für die Betroffenen, welche gerade so um Haaresbreite dem antisemitischen Mordanschlag des Täters entkommen konnten.

Des Weiteren unterliefen Fehler beim Sichern von Beweismitteln: So konnte die Polizei nicht alle Onlineaktivitäten in einem Bilderforum von B. vor der Löschung am 11.10.19 sichern, welche von einem Moderator beseitigt wurden. Das inkludiert auch die Interaktion mit anderen Teilnehmer:innen des Forums sowie Verweise auf sein Manifest und Waffenbauanleitungen. Die Löschung wirft außerdem die Frage auf, welche Verbindungen durch den Moderator vertuscht werden sollten. Immerhin ging die Polizei anfangs nicht von einem Einzeltäter aus. So durchsuchte sie am 14.10.19 eine Wohnung in Mönchengladbach, von welcher IP-Adresse aus B.s Manifest zeitnah zum Anschlag hochgeladen worden war. Die Bewohner bestritten jedoch, B. gekannt und etwas vom Anschlag gewusst zu haben. Auch das Überprüfen der Gaming-Kontakte als Bestandteil von B.s Ideologie und seiner Radikalisierung wurde von der Polizei unzureichend durchgeführt. B. hatte mehrere Steam-Accounts und spielte Egoshooter. Der Verfassungsschutz teilte mit, in seiner Kontaktliste wären weitere Ermittlungsansätze vorhanden, welche aber nicht weiterverfolgt wurden. Des Weiteren wurde für die Auswertung des Steam-Accounts eine Beamtin eingesetzt, die angab, wenig Ahnung von den Mechanismen der Plattform gehabt zu haben.

Die Gefahr ist nicht gebannt

Nach langwierigem Gerichtsprozess wurde B. im Dezember 2020 zu einer lebenslangen Haftstrafe mit Sicherheitsverwahrung verurteilt. Doch gelöst hat er sich von seiner Ideologie und Gewaltbereitschaft natürlich nicht. Das zeigen auch die Geschehnisse in seiner Haftzeit. So versuchte er mehrmals zu flüchten: einmal 2020, indem er einen Hofbesuch zum Überqueren einer Mauer nutzte, nachdem die JVA eigenmächtig seine Sicherheitsmaßnahme heruntergefahren hatte, und einmal, indem er im Dezember 2022 zwei JVA-Beamte mit einer selbstgebauten Waffe über Stunden als Geisel nahm. Danach wurde er in ein Gefängnis in Bayern verlegt, welches auf besonders schwerwiegende Straftäter spezialisiert ist.

Des Weiteren wurden in seiner Zelle Briefe von polizeibekannten Nazis sowie von einer 20-jährigen Kriminalkommissarin aus Dessau-Roßlau gefunden. Diese war aufgefallen, nachdem sie sich gegenüber einem Kollegen positiv auf B.s Taten und Weltanschauung bezog.

Wir können also sehen: Nur weil der Täter im Gefängnis ist, ist die Gefahr nicht gebannt. Er konnte weiterhin seine Kontakte zu anderen Rechtsradikalen aufrechterhalten und so in seiner Ideologie und Tat weiterhin bestärkt werden. Auch sind in Sachsen-Anhalt weiterhin Naziterrornetzwerke aktiv, so zum Beispiel das aus Großbritannien stammende Netzwerk „Blood and Honour“. Auch die Identitäre Bewegung (IB), deren österreichischer Anführer Martin Sellner mit dem Attentäter von Christchurch in Kontakt stand, hatte bis vor einigen Jahren noch ihr Hausprojekt in der Nähe des Steintor Campus in Halle, wo sie mit Propaganda gegenüber Studierenden, Einschüchterungen in der Mensa und einem Angriff auf Zivilpolizisten auffielen. Hier hatte auch der AfD-Politiker Hans-Thomas Tillschneider sein Abgeordnetenbüro, obwohl die AfD offiziell eine Unvereinbarkeitserklärung mit der IB hat.

Hier kommen wir auch zu des Pudels Kern: Die Tat von Halle darf nicht als einzelne gewertet werden, sie muss im Kontext von erneuter Zunahme von Naziterror in Deutschland verstanden werden, auch wenn nach wie vor nicht bekannt ist, welche Netzwerke den Täter bei seinem Vorhaben eventuell unterstützt haben könnten. Ob Halle, Hanau oder München: Diese Taten nehmen zu. Auch 4 Jahre später finden wir uns in einer Gesellschaft, welche noch weiter nach rechts gerückt ist, wie wir an den hohen Stimmenprozenten für die AfD sehen, aber auch an der Teilhabe der Grünen an rassistischer Geflüchtetenpolitik. Dementsprechend können wir auch kein Vertrauen in den bürgerlichen Staat haben, in welchem rechtsextreme Strukturen zum Alltag gehören. Denn dieser bürgerliche Staat als ideeller Gesamtvertreter der Kapitalist:innenklasse gehört zum Produzenten des Rechtsrucks. Rechte Ideologien und Faschismus sind Produkte der kapitalistischen Produktionsweise und gewinnen häufig nach und während Krisen kräftig an Zulauf. Der Rechtsruck entstand im Zuge der Nachwehen der Weltwirtschaftskrise von 2007/08 und wurde ursprünglich von Mittelschichten, v. a. dem Kleinbürger:innentum, getragen, welche sich davor fürchten, in die Arbeiter:innenklasse abzusteigen, da sie in der Krise nicht mehr mit den Großkonzernen mithalten können. Aber auch die desillusionierte und ebenfalls von der Krise geschüttelte Arbeiter:innenklasse war empfänglich für rechte Propaganda. So war es den rechten Akteur:innen möglich, ein Feindbild zu schaffen, welches zu begründen versuchte, warum es der Arbeiter:innenklasse so schlecht geht, obwohl der reale Grund in der Krise selbst und dem Umgang damit lag: beispielsweise Kürzungen im Sozialbereich, Entlassungen, der Agenda 2010 inkl. Leih- und Zeitarbeit, Privatisierungen, der Schuldenbremse usw. Heute nimmt die kapitalistische Krise erneut an Fahrt auf und ist alles andere als gebannt. Daher ist klar: Wenn wir den Faschismus schlagen wollen, wenn sein Terror der Vergangenheit angehören soll, dann müssen wir auch den Kapitalismus zerschlagen! Dafür müssen wir linke Antworten auf die Krisen unserer Zeit finden und populär machen.

Widerstand und Selbstschutz

Was wir gegen den Rechtsruck im Allgemeinen und gegen faschistischen Terror im Besonderen brauchen, ist eine bundesweit gut vernetzte und lokal verankerte Bündnisstruktur aus allen linken und Organisationen der Arbeiter:innenklasse. Unabhängig von inhaltlichen Differenzen muss eine solche Einheitsfront gemeinsam und massenhaft Widerstand auf allen Ebenen organisieren, auch durch militante Selbstverteidigungsstrukturen. Auf den Staat und seine Behörden, wie Polizei oder Verfassungsschutz, ist dabei kein Verlass. Im Gegenteil, diese sind selbst von faschistischen Netzwerken durchzogen.

  • Kampf dem Rassismus und Antisemitismus auf allen Ebenen!

  • Für massenhafte gemeinsame Aktionen der gesamten Linken und der Arbeiter:innenbewegung!

  • Kein Vertrauen in staatliche Behörden! Zerschlagt die faschistischen Netzwerke selbst und organisiert militante Selbstschutzstrukturen!



Faschist:innen blockieren: Gemeinsam gegen die Naziaufmärsche in Dresden!

REVOLUTION, Aus: Widerworte #2, antikapitalistische Schüler:innenzeitung, Januar 2023, Infomail 1213, 10. Februar 2023

Auch 2023 finden vom 10. – 13.2. wieder die alljährlichen rechtsextremen Proteste in Dresden statt, die das Thema der Bombardierung dieser Stadt im 2. Weltkrieg für sich instrumentalisieren. Hierbei betreiben die Nazis offenen Geschichtsrevisionismus und nennen die Bombardierung Dresdens „den Bombenholocaust“, der 250.000 Opfer gefordert haben soll, so zumindest laut Fronttransparent vom letzten Jahr. Dabei ist die Bombardierung Dresdens ein Ereignis, das tatsächlich stattgefunden hat: Im Jahre 1945, am Ende des 2. Weltkrieges bombardierten britische Flugzeuge es in der Nacht zum 13. Februar. Über Jahre hinweg gab es verschiedenste Schätzungen zu Opferzahlen mit den unterschiedlichsten Ergebnissen, doch laut Ermittlungen starben bei der Bombardierung etwa 22.700 – 25.000 Menschen.

Diese Fakten interessieren die Nazis aber nicht. Sie haben mit der Bombardierung Dresdens ein Ereignis gefunden, das man mit verdrehten Fakten für sich instrumentalisieren und emotionalisieren kann. Denn das Gerede von einem angeblichen „Bombenholocaust“ relativiert schlicht und ergreifend den Holocaust, indem es einen übertriebenen Opfermythos erzeugt, der die Bombardierung Dresdens mit ihm gleichsetzt.

Doch mit diesem Thema haben es die Nazis in den letzten Jahrzehnten geschafft, rund um den 13.2. viele Rechte auf ihre Demo zu mobilisieren. Begonnen hat diese Tradition 2000 mit einem durch eine rechtsextreme Organisation initiierten „Trauermarsch“. Lagen die Teilnehmer:innenzahlen 2000 noch bei knapp 500, stiegen sie bis zu ihrem Höhepunkt im Jahre 2005 auf 6.500 an und stellten den zur damaligen Zeit größten Neonaziaufmarsch in Europa dar. In den darauffolgenden Jahren verkleinerte sich die Zahl der rechten Demonstrant:innen, auch aufgrund des Gegenprotestes, der immer präsenter wurde. Vor allem während der Pandemie sank sie immer mehr, sodass auf rechter Seite im letzten Jahr lediglich 400 – 750 Menschen mobilisiert werden konnten.

Warum betrifft uns der Rechtsruck als Jugendliche und Schüler:innen?

Dass es seit den späten 2000er Jahren in ganz Europa einen starken Rechtsruck gibt und dieser in den letzten Jahren noch mal einen gewaltigen Aufschwung erlebt hat, ist kein Zufall. Das lag an der Finanzkrise 2008, die nie wirklich bewältigt wurde, und dem erneuten Zusammenbruch der Wirtschaft im Zuge der Coronapandemie. In Zeiten wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Unsicherheit wie Kriegen oder Krisen des Kapitalismus beginnen mehr und mehr Menschen am „Weiter wie bisher!“, am kapitalistischen Status quo zu zweifeln.

Leider führen diese Zweifel nicht bei allen dazu, das gesamte System zu hinterfragen und sich für eine komplett neue gerechtere Gesellschaftsordnung einzusetzen. Bei vielen ist der Glaube an den Kapitalismus als Naturgesetz so tief verankert, dass sie nach anderen Erklärungen suchen. Für sie leben wir in einem fundamental gerechten System. Wenn es ihnen und ihrem Umfeld beginnt, schlechter zu gehen, dann liegt das nicht an ihm selbst, sondern daran, dass es missbraucht wird: an einzelnen korrupten Politiker:innen, einer großen Verschwörung, „Eliten“, Schattenregierungen und „Globalist:innen“ (womit übrigens fast immer Jüdinnen und Juden gemeint sind). Für sie müssen einfach die richtigen starken Männer an die Macht, die all die Verschwörer:innen verjagen und wieder Frieden und Wohlstand ins Reich einkehren lassen.

Und die, die gerne solche starken Männer wären, wissen, wie sie die Zeiten der Unsicherheit nutzen können: indem sie weiter Angst und Hass schüren, um Menschen zu sich zu treiben.

Und sollten sie das tatsächlich schaffen, sieht es für uns Jugendliche finster aus. Was noch mehr und offener Rassismus für nichtweiße Jugendliche bedeutet, muss man gar nicht erst ausführen, aber auch darüber hinaus ist mit einigem zu rechnen. So greifen Rechte auch massiv in jedes einzelne Leben ein. Sie propagieren die bürgerliche Kleinfamilie mit der fürsorglichen und aufopfernden Mutter, dem strengen, gerechten Vater, der als allmächtiger Patriarch über die Familie verfügt, und ihren braven weißen Kindern. Platz für abweichende Geschlechtsidentitäten, Sexualitäten oder schlicht und einfach Jugendliche mit einem eigenen Willen ist hier nicht.

Die finanzielle und rechtliche Abhängigkeit Jugendlicher von den Eltern und Frauen von ihren Ehemännern ist für sie begrüßenswert und alles, was sie schmälern könnte, lehnen sie ab. Sie versuchen, uns Rollenbilder aufzuzwingen und all die bereits erkämpften Fortschritte wieder einzustampfen.

Auch die Krise selbst, für die die Rechten keine Lösung haben, trifft uns als Jugendliche besonders hart. Bildung ist das Erste, an dem gespart wird, und auch die Jugendarbeitslosigkeit liegt meist noch deutlich über dem Durchschnitt. Azubis und studentische Hilfskräfte sind die Ersten, die gefeuert werden, und dadurch auch oft gezwungen, zu ihren Eltern zurück- oder gar nicht erst auszuziehen. So können sie sich nicht frei entfalten und ins selbstständige Leben übergehen. All das sind Konsequenzen von Krise, Kapitalismus und Rechtsruck und sie treffen uns alle. Deswegen müssen wir uns auch alle kollektiv dagegen wehren!

Geht auf die Gegenkundgebungen und beteiligt euch an Aktionen rund um den 13.2., um den Nazis zu zeigen, dass wir ihnen ihren Opfermythos nicht abnehmen!

Aber lasst es nicht dabei! Wir müssen auch selbst Perspektiven aufzeigen und eine internationale Bewegung als Antwort auf die Krise aufbauen. Wir müssen uns organisieren, an Schulen, Unis und in Betrieben, antirassistische Komitees gründen, uns kollektiv selbst schützen und Nazis keinen Raum mehr lassen, auf der Straße oder anderswo. Wir müssen ankämpfen gegen Sparmaßnahmen in der Bildung und im Sozialen. Nicht wir sollten die Krise zahlen, sondern die, die an ihr noch reicher geworden sind! Gegen sexuelle Unterdrückung und für die körperliche Selbstbestimmung aller! Gegen aufgezwungene Rollenbilder, unausweichliche Ausbeutung und unfreiwillige Abhängigkeit von einer Familie, die man sich nicht selbst ausgesucht hat!




Der Aufstieg der extremen Rechten und des Faschismus

Markus Lehner, Neue Internationale 270, Dezember 2022/Januar 2023

Die Polarisierung zwischen einem „autoritären“, konservativen und einem „demokratischen“ bürgerlichen Lager kennzeichnet die Situation in vielen imperialistischen wie auch halbkolonialen Ländern. Die aktuelle kapitalistische Krise selbst befördert diese Polarisierung und die Tendenz zum Populismus, zur Radikalisierung im bürgerlichen Lager, dem ein vorgeblich demokratisches gegenübersteht.

Letzteres versucht, sich als „fortschrittliche Alternative“ zu präsentieren, und reicht von der liberalen Bourgeoisie (einschließlich Teilen der Konservativen) über die Grünen bis hin zur Sozialdemokratie und Teilen der Linksparteien und des Linkspopulismus.

Scheinalternative

Politisch steht es für Elemente der staatlichen Intervention, des Korporatismus, der Einbeziehung von Unternehmer:innen und Gewerkschaften oder anderen Vertretungsorganen der Lohnarbeit in die Sozialpartner:innenschaft.

Ökologische und ökonomische Versprechen wie der Green (New) Deal, begrenzte Sozialreformen, formale demokratische Verbesserungen für Frauen oder rassisch Unterdrückte sollen die Masse der Lohnabhängigen und Unterdrückten bei der Stange halten, ohne jedoch die Akzeptanz des Finanzkapitals und eine Erneuerung des Kapitalstocks in den jeweiligen Ländern in Frage zu stellen. All dies wird mit einer demokratisch verbrämten imperialistischen Außenpolitik kombiniert.

Es ist kein Zufall, dass eine solche Politik vor allem in den reicheren imperialistischen Ländern mit einer relativ großen Arbeiter:innenaristokratie und umfangreichen lohnabhängigen Mittelschichten eine gewisse Grundlage finden kann. In den Halbkolonien, aber auch in den bonapartistischen imperialistischen Regimen, muss die „Demokratie“ durch nationalistische und chauvinistische Ideologie ersetzt werden. Die populistisch organisierte Massenunterstützung muss dort auf solche Ideologien zurückgreifen, wie z. B. den zunehmenden völkisch konnotierten Nationalismus in Russland oder den Hinduchauvinismus in Indien.

Die Polarisierung im bürgerlichen Lager ist jedoch auch das Ergebnis der inneren Krise der Bourgeoisie und der veränderten Lage der Mittelschichten und des Kleinbürgertums. Die Krise untergräbt nämlich ihre Stellung in der Gesellschaft und drückt ihre wirtschaftlich aktiven Teile an die Wand. Die Kombination aus internen Konflikten in der Bourgeoisie und der Führungskrise der Arbeiter:innenklasse führt dazu, dass die Mittelschichten und das Kleinbürgertum, enttäuscht von den Hauptklassen der Gesellschaft, eine scheinbar unabhängige Kraft hervorbringen – sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite, zusammen mit einer Reihe von Schwankungen zwischen den Polen.

Vor diesem Hintergrund präsentieren sich rechtspopulistische, scheinbar gegen das Establishment gerichtete Parteien und Organisationen als Scheinalternative des „kleinen Mannes“, der „normalen“ Menschen.

Faschismus

Neben dem bedrohlichen Anstieg rechtspopulistischer, rassistischer und rechtsextremer Organisierung darf die faschistische Gefahr in ihren verschiedenen Gestalten nicht vergessen werden. Nachdem die Linke lange Zeit in allen möglichen politischen Tendenzen und Verschärfungen staatlicher Repression bereits den „Faschismus“ ante portas (vor den Toren zur Machtergreifung) sah, stand sie lange Zeit fassungslos dem wachsenden populären Massenanhang für Antimigrationsmobilisierungen, Protesten gegen liberale Gesetzgebungen in Gender- oder Antidiskriminierungsfragen, Klimaschutzregeln, Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung gegenüber. Die Konfrontation mit diesen rechten Massenphänomenen war für die sogenannte „antifaschistische“ Linke viel schwieriger als das Stoppen kleiner Neonaziaufmärsche oder -aktionen der Vergangenheit. Dabei können sich gerade Faschist:innen im Windschatten dieser Bewegungen in viel wirksamerer Weise aufbauen als früher.

Der Faschismus ist nicht bloß eine bestimmte, besonders reaktionäre ideologische Strömung innerhalb bürgerlicher Politik. Er stellt vielmehr die äußerste Form des konterrevolutionären Bürgerkriegs gegen die Gefahr der sozialen Revolution in Zeiten zugespitzter sozialer Krisen dar. In den 1920er/-30er Jahren war er das letzte Mittel der Bourgeoisie, um durch Massenmobilisierung die revolutionäre Arbeiter:innenbewegung zu zerschlagen. Normalerweise vertraut bürgerliche Politik auf die Integration der Massen durch politisch-demokratische Institutionen, die bürgerliche Öffentlichkeit („Zivilgesellschaft“) und repressive Mittel des Staatsapparates. Darüber hinaus sollen radikalere Klassenkämpfe und damit verbundene reformistische und gewerkschaftliche Organisationen auch durch Mittel des Bonapartismus im Zaum gehalten werden – und sei es, um „Schlimmeres zu verhindern“.

Doch ab einem gewissen Punkt der Zuspitzung des Klassenkampfs bedarf die Wiederherstellung der bürgerlichen Ordnung radikalerer Mittel, die auf die Zerschlagung nicht nur der sich selbst organisierenden und revolutionären Bewegungen der Klasse und Unterdrückten, sondern der gesamten organisierten Arbeiter:innenbewegung zielen. Der Zweck der organisierten und militanten Massenbewegung des Faschismus besteht dabei darin, über die staatliche Repression hinaus eine politische Atomisierung der Arbeiter:innen und Unterdrückten herbeizuführen. Für die faschistische Herrschaft ist nicht einfach die Übernahme der Machtpositionen im bestehenden Staat entscheidend, sondern auch die Bewegung hin zur Machtübernahme, die die Unterklassen durchdringt und jeglichen Widerstand im Keim erstickt. Es ist daher für den Faschismus charakteristisch, dass er als Bewegung des rabiaten Kleinbürger:innentums samt demoralisiertem Anhang in anderen Klassen beginnt und diese gesellschaftliche Kraft zu einer Bewegung, einem Rammbock gegen die Arbeiter:innenbewegung – und oft zuerst gegen deren unterdrückteste Teile – zusammenschweißt.

Eine solche totalitäre Form des Kampfes um die Macht erfordert eine organisierte Massenbewegung, die sich auf verzweifelte, von Aggression und Irrationalismus getriebene Teile von Unterklassen stützt, die in der sozialen und ökonomischen Krise aus ihrer bisherigen „bürgerlichen“ Scheinwelt entwurzelt wurden. Traditionell waren dies Teile des Kleinbürger:Innentums und des Lumpenproletariats. Mit der sich seit einigen Jahrzehnten entwickelnden Krise der Arbeiter:innenklasse selbst, ihrer größer werdenden Differenzierung und Spaltung sind es auch vermehrt Schichten der von der Krise betroffenen Lohnabhängigen, die, vom Reformismus enttäuscht, sich den rechten Rattenfänger:innen anschließen. So z. B. die Teile der Arbeiter:innenaristokratie, die vom Abstieg durch Veränderungen des Produktionsprozesses ins Abseits geschoben wurden. Umgekehrt können der Faschismus – und als Vorstufe der Rechtspopulismus – eine Anziehungskraft für deklassierte, marginalisierte Teile der Lohnabhängigen, die aus tariflich gebundenen Arbeitsverhältnissen ausgeschlossen sind und von den Gewerkschaften nicht organisiert werden, verkörpern. Für diese Schichten erscheinen reformistische Teile der Arbeiter:innenbewegung als die „Krisengewinner:innen“ in der Klasse, die sich mit den Mittelschichtsgrünen arrangieren, als besondere Verräter:innen ihrer Interessen und damit neben den Migrant:innen als primäre Ziele ihres gesellschaftlichen Hasses.

Diese Formen der Entwurzelung, des Aufbaus von Ersatzhassobjekten, des Weltbildes von Verschwörungen eines „volksfremden“ Establishments gegen die eigentlich gute „bürgerliche“ Gesellschaft führen zu extrem aggressiven Formen von Massenmobilisierungen, die sich letztlich auch in bewaffneten Organen, von „Bürgerwehren“ bis hin zu Milizen, bündeln lassen. Zumeist besteht auch eine Nähe zum Personal der bewaffneten Kräfte des „normalen“ bürgerlichen Staatsapparates, wo es einen überdurchschnittlichen Anteil an Sympathien für rechte politische Strömungen gibt. So baut sich mit der Zeit ein Netzwerk von Waffenarsenalen, rechtem Terror und schließlich bewaffneten Organisationen auf, das zum Kampf um die Macht bereit ist.

Diese Form kam vielen Linken gerade in den westlichen Demokratien lange als Relikt der Vergangenheit vor und über Jahrzehnte hinweg bestand in vielen Ländern auch nicht die gesellschaftliche Basis für eine faschistische Massenbewegung (auch wenn es durchaus bedeutsame Ausnahmen gibt).

Faschistische Frontorganisationen

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren faschistische Parteien in Europa und Nordamerika nach den Erfahrungen des Nazi- und italienischen Faschismus außerdem weitgehend diskreditiert. Die überlebenden faschistischen Kräfte hatten daher drei Optionen: erstens das Überleben als mehr oder weniger unauffälliges Netzwerk in bürgerlich-parlamentarischen Parteien; zweitens als kleine, sektenartige Randgruppen; drittens aber auch durch den Aufbau von faschistischen Frontorganisationen. Insbesondere in Italien wurde mit der MSI (Movimento Sociale Italiano) eine Organisation gebildet, die weiterhin einen faschistischen Kern und entsprechende Ideologien enthielt, aber darüber hinaus als „normale“ Partei im parlamentarischen Rahmen agierte. MSI und später in Frankreich der FN (Front National) des Jean-Marie Le Pens konnten beschränkte Massenwirksamkeit erreichen, ohne die eigentlichen faschistischen Formen des Kampfes einzusetzen. Ihre respektable bürgerliche Fassade, ihr gewöhnlicher Rechtspopulismus konnten trotzdem faschistische Kerne an sich binden, die diese Form der Frontorganisation als Mittel ihres langfristigen Aufbaus für den eigentlichen militanten Kampf sahen.

Faschistische Frontorganisationen tragen somit wesentlich widersprüchliche Tendenzen in sich. Zwischen reinem Verbreiten „faschistischer Ideologie“ (die letztlich immer einen Mischmasch verschiedener, schon vorgefundener extrem reaktionärer Ideen darstellt) und dem tatsächlichem Kampf des Faschismus um die Macht besteht ein weites Feld. Sofern solche Fronten dann tatsächlich Funktionen im bürgerlichen Staat übernehmen ohne die entsprechenden Formen der faschistischen Machtergreifung, transformieren sich Teile ihrer Führung schnell zu gewöhnlichen rechtspopulistischen oder rechtskonservativen Politiker:innen und die faschistischen Kräfte spalten sich ab. So geschehen in den 1990er Jahren in der ersten Regierung Berlusconi in Italien, als seine Partei zusammen mit der Lega Nord und der zur Alleanza Nazionale (AN) gewandelten MSI eine Koalition einging. Dies war natürlich keine „faschistische Machtübernahme“. Die Regierungsbeteiligung führte vielmehr zur „Verbürgerlichung“ eines Teils der MSI und der Abspaltung der „traditionellen Faschist:innen“, aus denen später die Fratelli d’Italia (FdI) entstand. Offenbar wiederholt sich gegenwärtig derselbe Prozess mit letzterer – auch wenn die faschistische Front diesmal sogar die stärkste Kraft in der Koalition ist. Der FN in Frankreich machte schon vor der möglichen Regierungsbeteiligung einen solchen Wandlungsprozess durch, in dem er sich in das Rassemblement National (RN) umbaute.

Während der Globalisierungsperiode entwickelte sich ein breites Spektrum von rechtspopulistischen, rechtsextremen bis hin zu faschistischen Organisationen, die an diese Vorgeschichte anknüpften. War nationale Abschottung zwar angesichts der faktischen Gewalt der kapitalistischen Globalisierung kein realistisches Politikprojekt, so wurden nationalistische Scheinantworten auf die sozialen Folgen der Globalisierung immer verbreiteter. Dies betraf nicht nur Phänomene wie verstärkte Standortverlagerungen oder Arbeitsmigration, sondern auch wachsenden Verlust nationaler Gesetzgebungskompetenz angesichts der übermächtigen Kapitalströme. Mit dem Aufkommen verstärkter Krisentendenzen am Ende der Globalisierungsperiode haben irrationale nationalistische Alternativen zur Globalisierung immer mehr an politischem Gewicht gewonnen. Dies ist nicht nur in der völligen Überhöhung von Fragen der Migration oder von „Genderwahn“ & Co. zu sehen, sondern in Europa insbesondere an Fragen der EU-Integration. Letzteres führt im EU-Raum zu verschiedenen Formen von Austrittsbewegungen, zu Bewegungen oder Kampagnen gegen bestimmte EU-Vorgaben, an denen sich rechte und faschistische Kräfte aufrichten können. Die Rechte benutzt teilweise berechtigte EU-Kritik zur Selbstinszenierung als Antiestablishmentkämpferin gegen „Globalismus“, „EU-Establishment“, den „woken Totalitarismus“ etc.

Die AfD

Der Aufstieg der AfD muss im Rahmen dieser allgemeinen Tendenz betrachtet werden, auch wenn sich ihre Entstehung und Entwicklung deutlich von jener faschistischer Frontparteien unterscheidet. Gegründet wurde sie weitgehend von EU-kritischen rechten U-Booten in den etablierten konservativen Parteien (CDU, CSU, FDP), insbesondere aus der Ablehnung des Euro heraus. Massenwirksam wurde die AfD jedoch vor allem durch extrem rassistische Mobilisierung rund um Migrationsfragen. Dadurch konnten sich auch rechtsextreme Kreise in der Führung der AfD immer mehr durchsetzen. Einer Wählerschaft von 10 – 20 % in Deutschland sind angesichts der Wirkung von kritischer Demagogie bezüglich EU- und Migrationspolitik die offensichtlich rechtsextremen Figuren in verschiedenen Führungspositionen der Partei immer unwichtiger. Inzwischen wird die Partei durch den rechtsextremen „Flügel“ unter dem neuen „Führer“ Bernd Höcke dominiert. Er weist tatsächlich viele Merkmale einer faschistischen Frontorganisation auf, auch wenn sein Verhältnis zu offenen Naziorganisationen wie den „Freien Sachsen“ durchaus auch konfliktbehaftet ist. Gerade wo sich der AfD und auch den vom „Flügel“ geführten Organisationen parlamentarische Möglichkeiten eröffnen (z. B. bei parlamentarischen Manövern mit CDU und FDP in Thüringen), ist auch letzterer dem Spannungsverhältnis von bürgerlichem Politikbetrieb und offenem Faschismus ausgesetzt. Das Konstrukt der AfD erlaubt den faschistischen Kernen jedoch, sich genügend fern von der Diskreditierung durch etablierte bürgerliche Politik zu halten, aber gleichzeitig genügend nahe am bestehenden Politikbetrieb zu bleiben, um neue Anhängerschaft und Geldmittel zu rekrutieren. So bauen sie sich auf, als reale politische Kraft, die im Fall der Fälle für den Kampf um die politische Macht im faschistischen Sinn bereit steht. Auch wenn die AfD insgesamt als rechtspopulistische Partei charakterisiert werden muss, die ihre Klientel vor allem als Wähler:innen organisiert und weiter auf eine Koalition mit Konservativen und anderen Rechten abzielt, so enthält sie auch einen stärker werdenden inneren Teil, der eine faschistische Frontorganisation darstellt.

Anderswo in Europa gibt es verschiedene Formen ähnlicher „Konstrukte“, in denen sich Faschist:innen auf ihre zukünftige Rolle vorbereiten. Die „Schwedendemokraten“ entstanden direkt aus einer offen faschistischen Organisation, die sich ähnlich MSI/AN/FdI im letzten Jahrzehnt in eine rechtspopulistische Partei mit extrem rassistischen Positionen umwandelte. Erhalten blieben jedoch jeweils faschistische Kerne, die entsprechende Frontorganisationen innerhalb der „gemäßigten“ etablierten Partei bilden und sich oft auch auf eine breitere Unterstützung innerhalb der Mitgliedschaft dieser Organisationen stützen können. Bei Diskreditierung durch Teilnahme an Koalitionsregierungen oder deren Duldung besitzen die faschistischen Kerne genügend Spielraum, um weiterhin als „Opposition“ zu agieren oder eventuell auch Neugründungen anzustoßen. Auch hier wird mit diesen Konstrukten eine reale faschistische Machtalternative zumindest vorbereitet.

Halbkolonien

In Halbkolonien ist der Aufbau faschistischer Organisationen als Kampfmittel zur entsprechenden Machteroberung weiterhin schwieriger, da die entsprechenden vom Abstieg betroffenen Mittelschichten, die von reformistischen Organisationen enttäuscht sich nach alter nationaler Größe zurücksehnen, nicht so ausgeprägt sind wie in den imperialistischen Zentren. Solche faschistischen Kräfte treten daher eher in ökonomisch entwickelteren Halbkolonien wie Brasilien auf. In der islamischen Welt erfüllen extrem islamistische Kräfte oft die Rolle der Atomisierung und Zerschlagung von progressiver Organisierung der Arbeiter:innen und Unterklassen. Dabei rekrutierte z. B. der Islamische Staat (Daesch) seine Militanten tatsächlich sehr stark unter deklassierten Jugendlichen aus imperialistischen Ländern. Der Aufstieg Bolsonaros in Brasilien ist verbunden mit der Bildung verschiedener reaktionärer Organisationen z. B. rund um evangelikale Kirchen, bewaffnete Milizen von Agrarunternehmer:innen, Teile von Vereinigungen Angehöriger von Polizei und Armee, reaktionäre Transportunternehmer:innen und ihre Beschäftigten, offen rechtsextreme Organisationen (z. B. Movimento Direita in Minas Gerais) etc. Diesem Amalgam von bewaffneten Gruppierungen fehlte jedoch bisher die vereinigende politische Organisierung. Die reaktionäre Clownerie des Bolsonaro genügte zwar, um Wahlkämpfe zu führen und eine Welle von rechtem Terror auszulösen, aber nicht für eine faschistische Form der Machtübernahme – daher als (vorläufig) ultimative Losung der Aufruf zum Militärputsch. Ob die neuen Parteien des Bolsonarismus, die PL und die Republikaner:innen, faschistische Frontorganisation werden, hängt davon ab, ob sich jenseits der politischen Figuren im üblichen Politikbetrieb von Kongress, Einzelstaaten und Lokalverwaltungen tatsächliche faschistische Kader mit stabilen Organisationsstrukturen herausbilden, die in diesen Parteien eine wesentliche Rolle spielen können. Gerade bei Ex-Militärs und im Umfeld der Agrarbosse haben sich in den Mobilisierungen nach der Niederlage Bolsonaros bereits entsprechende Personen profiliert.

Auch wenn sich faschistische Kräfte heute vor allem im Windschatten reaktionärer rechter Parteien aufbauen, werden die Opfer der extremen Rechten immer zahlreicher. Zunächst bedeutet die allgemeine Rechtsverschiebung eine repressivere Politik gegenüber Migrant:innen und Minderheiten aller Art ebenso wie ein brutaleres Vorgehen rechtslastiger „Sicherheitskräfte“. Durch die Unterstützung von rechten Medienkonzernen oder die Kampagnen in den „sozialen Medien“ wird ein Klima der Angst und Hetze gegen Linke, unliebsame Journalist:innen und Lokalpolitiker:innen, Wissenschaftler:innen, Migrant:innen, Minderheiten etc. erzeugt, das sich auch über Drohungen hinaus bewegt. Verstärkt tritt rechter Terror nicht nur in Einzeltaten, sondern auch in geplanten Aktionen zutage. Es verwundert nicht, dass in diesen Gewaltakten auch der Antisemitismus wieder eine Rolle spielt. Rechte Parteien und ihre Sympatisant:innen im Polizeiapparat verharmlosen diesen Gewaltanstieg bzw. kriminalisieren den Widerstand dagegen.

Reformistische Irrwege

Die Reaktion der reformistischen Organisationen bzw. von progressiven Mittelschichtparteien wie den Grünen besteht zumeist in der Forderung nach Schulterschluss der „Demokratie“ zur Verhinderung der Machtbeteiligung der Rechtsextremen. Im Windschatten vertreten auch Teile der extremen Linken neue Varianten der Volksfrontpolitik in Form von „demokratischen Allianzen“ (wie jüngst bei der Wahl in Brasilien). Das Problem des Verbündens mit offen bürgerlichen Parteien, die noch nicht zur Zusammenarbeit mit der extremen Rechten bereit sind, liegt darin, dass sie die reformistischen Organisationen und die Linke zu noch mehr Zugeständnissen an die bürgerliche Krisenpolitik zwingen und sowieso viele Forderungen der extremen Rechten z. B. in der Migrationspolitik mit aufgegriffen werden. Die extreme Rechte kann so die Enttäuschung über den Reformismus noch weiter vorantreiben und sich als die „wahre Opposition“ des „kleinen Mannes“ gegenüber dem vereinigten Establishment der „Volksfeind:innen“ präsentieren. Wie schon in den 1930er Jahren geschehen, gerät die Volksfront so zur Wegbereiterin des Aufstiegs des Faschismus.

Gewisse Teile der bürgerlichen Öffentlichkeit und auch der Linken vertreten die Ansicht, dass sich die extremen Rechten am besten durch tatsächliche Regierungsbeteiligung entlarven ließen, in der sie demonstrieren müssten, dass sie für den Großteil ihrer ärmeren Wähler:innen nicht nur nichts bewirken würden, sondern sogar weitere Verschlechterungen betreiben. Dies verkennt den irrationalen Kern der Basis der extremen Rechten, die durch solche Tatsachen nur davon überzeugt werden, dass der „tiefe Staat“ und die Machthaber:innen „hinter den Kulissen“ die eigenen Führer:innen an der Durchsetzung ihrer Politik hindern würden. Auch dies führt letztlich nur zur weiteren Radikalisierung und Bildung neuer, noch rechterer Organisationen. So wurde die österreichische FPÖ bei ihren Regierungsbeteiligungen jedes Mal in fürchterlicher Weise entlarvt – um dann kurze Zeit später in neuem, weiter rechts stehendem Gewand in alter Stärke wiederaufzuerstehen. Auch das Debakel der „Dänischen Volkspartei“, die während ihrer Regierungstolerierung von 20 % auf heute unter 3 % abstürzte, brachte nur die noch rechtere Partei der „Dänendemokraten“ hervor, die von ihr die Führungsrolle übernahm.

Das dänische Beispiel zeigt auch ein weiteres ungeeignetes Modell: Hier übernahm die größte reformistische Partei, die Sozialdemokratie, wesentliche Teile des rassistischen Migrationsprogramms der Rechten, um es mit klassischer Sozialpolitik für die „eigenen“ Unterschichten zu verbinden. Dieses Modell einer rechtsnationalen Sozialdemokratie wurde tatsächlich für einige sozialdemokratische Parteien nicht nur in Skandinavien zu ihrem modernen Weg ernannt. Auch wenn es teilweise in Wahlen erfolgreich war, verhindert es nicht, dass sich dadurch der rechte Irrationalismus weiter bestärkt fühlt und letztlich doch wieder das „Original“ gewählt wird – insbesondere wenn die so nach rechts gewendete Sozialdemokratie dann doch wieder klassische bürgerliche Krisenpolitik betreibt. Ähnlich verfehlt ist die Strategie, links von der Sozialdemokratie linkspopulistische Organisationen aufzubauen, die ebenso eine offene Flanke gegenüber Rassismus und sozialchauvinistischer Migrationspolitik aufweisen. Auch wenn Mélenchon in Frankreich oder Wagenknecht in Deutschland zeitweise in der Lage sind, Wähler:innen von den Rechten in ihre Richtung zu lenken, so bestärken sie ihrerseits die gesellschaftlichen Spaltungen in den Unterschichten, die gerade zum Aufstieg der Rechten führen.

Kampf

Mit dem Faschismus gibt es letztlich keine „diskursive“ politische Auseinandersetzung. Faschistische Kader müssen je nach Kräfteverhältnis in direkter Aktion an ihrer politischen Aktivität gehindert werden. Ihnen darf keine öffentliche Plattform gestattet werden. Dies betrifft auch Faschist:innen am Arbeitsplatz oder in Gewerkschaften, wo wir für ihren Ausschluss eintreten. Auch ihr Antritt bei Wahlen muss mit gebotenen Mitteln ver- oder behindert werden. Dabei vertrauen wir nicht auf den bürgerlichen Staat oder seine Organe (da etwaige Verbote sowieso vor allem gegen Linke eingesetzt werden), sondern auf die Einheitsfront von Arbeiter:Innenorganisationen und Vereinigungen anderer gesellschaftlich Unterdrückter.

Bei den rechtspopulistischen Organisationen wie der AfD oder auch der breiteren Wähler:innenschaft von Frontorganisationen ist ein differenzierteres Vorgehen notwendig, da ihre Anhängerschaft nur zu einem gewissen Teil aus Faschist:innen besteht. Entscheidend ist aber auch hier die Einheitsfront, insbesondere die Forderung an die führenden reformistischen Organisationen,  mit der bürgerlichen Krisenpolitik (die mit den „demokratischen Allianzen“ noch verstärkt wird) zu brechen und sich in einen gemeinsamen Kampf gegen kapitalistische Angriffe und rechte Hetze einzureihen. Den Rechten darf der Krisenprotest nicht überlassen werden aus lauter Angst vor „Querfronten“. Dabei muss in solchen Einheitsfrontaktionen auf den Ausschluss rechter Kräfte und die Verteidigung der Aktionen gegen Unterwanderung durch Rechte gedrängt werden. Aktionen der rechten Frontorganisationen, in denen faschistische Kader eine wichtige Rolle spielen, z. B. Mobilisierungen gegen Geflüchtete müssen ähnlich wie direkt faschistische Aktionen konfrontiert werden. Politische Veranstaltungen der klassischen Art wie z. B. Wahlkundgebungen oder Diskussionsveranstaltungen können je nach Kräfteverhältnis rein propagandistisch angegriffen oder gestört werden. Dabei steht das Aufzeigen der politischen Alternative und die Schwäche der Rechten bei den entscheidenden Fragen gerade gegenüber unentschlossenen, verunsicherten Personen aus den sozial bedrängten Unterschichten im Vordergrund.

Die wichtigste Waffe gegen den Aufstieg der extremen Rechten und des Faschismus ist jedenfalls das konsequente Vorantreiben einer internationalistischen antikapitalistischen Alternative und das Aufzeigen des revolutionären Weges dahin. Nur dies kann die Scheinalternativen der nationalen Abschottung, des Vorantreibens gesellschaftlicher Spaltungen und des Aufbaus von Ersatzfeind:innen für den/die eigentliche/n Klassenfeind:in als Irrwege entlarven. Die Einheitsfront bildet ein zentrales Instrument zur Überwindung der gesellschaftlichen Spaltungen, wie sie von den Rechten benutzt werden. In der Einheitsfront erleben die Arbeiter:innen und Unterdrückten die Solidarität über Grenzen der nationalen Herkunft, Geschlechteridentitäten, Verdienst- und Bildungsunterschiede, kulturellen und schichtspezifischen Verschiedenheiten hinaus.

Sie ist aber vor allem auch ein wichtiges Instrument, um die weiterhin bestehende Mobilisierungsfähigkeit reformistischer Organisationen und der Gewerkschaften zu nutzen und ihre Führung vor den Massen dem Test der Praxis zu unterziehen. Trotzki wies 1932 in „Was nun?“ darauf hin, dass die Lage der Arbeiter:innenbewegung angesichts von Niederlagen, Krise und Aufstieg der Nazis aussichtslos zu sein schien, dass aber gerade die aus der Situation der Defensive entstehenden Kämpfe eine Perspektive der Offensive eröffnen würden: „Man darf nicht vergessen, dass die Einheitsfrontpolitik im Allgemeinen in der Defensive viel wirksamer als in der Offensive ist. Konservativere oder zurückgebliebenere Schichten des Proletariats lassen sich leichter in den Kampf ziehen, um das zu verteidigen, was sie bereits besitzen, als um Neues zu erobern.“

Bei einem klaren strategischen Plan der revolutionären Partei für den erfolgreichen Aufbau der Einheitsfront besteht die weitergehende Perspektive: „Der Widerstand der Arbeiter gegen die Offensive von Kapital und Staat wird unvermeidlich eine verstärkte Offensive des Faschismus hervorrufen. Wie bescheiden die ersten Verteidigungsschritte auch sein mögen, die Reaktion des Gegners wird unverzüglich die Reihen der Einheitsfront zusammenschließen, die Aufgaben erweitern, die Anwendung entschiedenerer Maßnahmen erforderlich machen, die reaktionären Schichten der Bürokratie von der Einheitsfront abschütteln, den Einfluss des Kommunismus steigern, die Barrieren innerhalb der Arbeiterschaft schwächen und damit den Übergang von der Defensive zur Offensive vorbereiten.“




Ein Jahr nach Hanau: kein Vergeben, kein Vergessen!

Jonathan Frühling, Infomail 1139, 19. März 2021

In der Nacht vom 19. auf den 20. Februar 2020 erschoss in Hanau ein faschistischer Attentäter neun Menschen, weitere wurden schwer verletzt. Dabei nahm der Rassist Tobias Rathjen gezielt MigrantInnen ins Visier. Nach den Anschlägen flüchtete er nach Hause, tötete seine Mutter und nahm sich selbst das Leben.

Rechtsruck und faschistischer Terror

Der Attentäter von Hanau war aller Wahrscheinlichkeit nach in einschlägigen Incel-Foren unterwegs, wo sich Männer austauschen, radikalisieren und gegenseitig zu (terroristischen) Gewalttaten anstacheln. (Incel: Abkürzung für „involuntary celibate“; „unfreiwilliges Zölibat“) Tiefer Hass auf Frauen, eliminatorischer Rassismus und wahnhafte Verschwörungstheorien, angetrieben von tiefem Narzissmus, waren Teil von Rathjens menschenfeindlicher Ideologie, die er vor der Tat im Internet ähnlich anderen Rechtsterroristen wie Breivik (Norwegen), Balliet (Halle a. d. Saale) oder Tarrant (Christchurch/Neuseeland) auslebte und propagierte.

Die etablierte Politik hatte natürlich sofort das Märchen vom psychisch kranken Einzeltäter bemüht. Ein verwahrloster und dissozialer Mann, der durch Frust auf die schiefe Bahn geraten und dann auf eigene Rechnung aktiv geworden sei. Dieser Ansatz greift aber viel zu kurz.

Das Massaker fand nicht unabhängig von der Gesellschaft im luftleeren Raum statt, sondern ist Teil eines nationalen und internationalen Rechtsrucks, der von faschistischen bis rechtspopulistischen Parteien und Organisationen, aber auch von Parteien der sogenannten „Mitte“ aktiv befördert wird. Dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre, kriminelle AusländerInnen abzuschieben seien, Warnungen vor deutschem „Identitätsverlust“, all das wird auch immer wieder vom bürgerlichen Mainstream von Union über FDP bis Grüne vertreten. Dass die Migration kontrolliert werden müsse und die Geflüchteten nicht noch einmal in Massen nach Europa kommen dürften – dem widersprechen auch SPD, Gewerkschaftsführungen, ja selbst bedeutende Teile der Linkspartei nicht.

Antisemitismus feiert derzeit durch die CoronaleugnerInnen ein unheimliches Comeback. Dass geheime Mächte unsere Welt steuern und es einen Überlegenheitsanspruch einer sogenannten „weißen Rasse“ gibt, das sind nicht nur die Vorstellungen eines psychisch kranken Terroristen. Sie bilden auch das ideologische Futter einer neuen rechten Massenbewegung, die sich aus weiten Teilen des KleinbürgerInnentums und der Mittelschichten zusammensetzt, die, wirtschaftlich zunehmend entgleist und individualisiert, anfällig werden für Verschwörungstheorien, Rassismus und den Glauben an eine höhere Volksidentität.

Was tun?

Auf die Polizei können wir uns im Kampf gegen den Rechtsruck nicht verlassen. Das zeigt gerade der Anschlag von Hanau. Obwohl sie mehrmals gerufen wurde, kam der Notruf nicht durch. Auch andere Vorwürfe wurden ihr gegenüber laut. Zudem hatte der Täter bereits Ende 2019 einen Brief an die Hanauer Staatsanwaltschaft geschrieben, in dem er seine rechtsextremen Ansichten offenlegte. Seinen Waffenschein durfte er trotzdem behalten.

Außerdem ist die Polizei mit der Umsetzung der rassistischen Regierungspolitik betraut, setzt Abschiebungen, „racial profiling“ und das Abriegeln der Außengrenzen um. Zahlreiche FaschistInnen sind in der Polizei, wie das Auffliegen diverser rechter Netzwerke hier beweist. Folglich ist das Gerede von Einzelfällen genauso lächerlich wie gegenüber den Attentätern von Halle und Hanau.

Die Hinterbliebenen und Angehörigen der Opfer vom 19. Februar fordern Aufklärung, Konsequenzen und Gerechtigkeit, doch diese werden von Staat und Regierung wohl kaum kommen. Die Frage des Selbstschutzes und der Aufklärung gegen rechten Terror und Drangsalierung durch Polizei und Staat wird deshalb gerade seit Hanau vermehrt durch die nicht-weiße Community aufgeworfen. Wir halten dies für einen richtigen Schritt, aus dem dauerhafte antirassistische und antifaschistische Selbstverteidigungsstrukturen weiter entwickelt werden sollten.

Faschismus und Rassismus können geschlagen werden. Aber dazu braucht es einen politischen Kurswechsel in der Linken und ArbeiterInnenbewegung. Dass der Rechtspopulismus zu einer Massenkraft geworden ist und in seinem Schlepptau auch faschistische Organisationen und Terrorismus verstärkt ihr Unwesen treiben, resultiert auch daher, dass sich die reformistische ArbeiterInnenbewegung als bessere Systemverwalterin zu profilieren versucht. In Wirklichkeit frustriert sie mit ihrer Politik der Klassenzusammenarbeit nicht nur die eigene Basis, sie stößt auch jene Lohnabhängigen, die sie in den letzten Jahren verloren hat, weiter ab. GewerkschafterInnen wählten überdurchschnittlich die AfD. Wir setzen dem die Aktionseinheit der ArbeiterInnenbewegung, von SPD, der Linkspartei, der Gewerkschaften und der MigrantInnen gegen rechten Terror, Populismus und Rechtsruck, verbunden mit einem Kampf gegen die Auswirkungen der aktuellen Krise, für bessere Gesundheitsversorgung, Aufteilung der Arbeit auf alle hier Lebenden entgegen!

Wir rufen alle AntifaschistInnen auf, sich an den Gedenkkundgebungen zu beteiligen, um den Angehörigen unser Beileid und unsere Anteilnahme zu zeigen. Aber die Teilnahme muss auch eine Machtdemonstration von linken Kräften gegen die rechte Bedrohung beinhalten. Die große Anzahl an angemeldeten Demos zeigt, dass das gelingen kann. Lasst uns unsere Wut, Trauer, Zorn und Solidarität auf die Straße tragen!

Liste der Kundgebungen und Demos in Deutschland und Österreich




6 Monate nach den Morden von Hanau: Kein Vergessen!

Martin Suchanek, Infomail 1115, 25. August 2020

Zehntausende solidarisierten sich am 19. und 22. August mit den 9 Opfern des rassistischen Mordes vom 19. Februar in Hanau. Damals wurden Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi, Fatih Saraçoğlu bei Anschlägen in einer Shisha-Bar in der Hanauer Innenstadt und rund um einen Kiosk mit angeschlossener Shisha-Bar im Stadtteil Kesselstadt brutal durch einen Akt faschistischer Barbarei aus dem Leben gerissen. Weitere Personen wurden verletzt. Schließlich erschoss der Mörder sich selbst und seine Mutter.

Sein Bekennerschreiben lässt keine Zweifel übrig. Er betrachtete sich als Teil eines erz-reaktionären, faschistischen „Krieges“, der das Blutbad – ähnlich wie der norwegische Attentäter Breivik oder der Massenmörder von Christchurch – als Fanal zum Pogrom an „fremden Rassen“ und „VolksverräterInnen“ betrachtete.

Die Aktionen und Demonstrationen am 19. August, die von breiten Bündnissen antirassistischer, migrantischer, linker und gewerkschaftlicher Organisationen getragen wurden, wie auch das Gedenken am 22. August setzten hier nicht nur ein Zeichen der Solidarität und des Mitgefühls. Sie setzten vor allem auch ein Zeichen gegen den grassierenden, weit verbreiteten Rassismus in Deutschland. Dieser hat in den letzten Jahren im Zuge des Rechtsrucks weiter zugenommen – nicht bloß bei Nazis, Pegida oder AfD, sondern, wie wir an der Forderung nach härteren Grenzkontrollen und repressiver Flüchtlingspolitik sehen können – auch bis tief in die „Mitte der Gesellschaft“.

Allein am 19. August wurden in mindestens 40 Städten Demonstrationen und Kundgebungen organisiert, die größten mobilisierten mit mehrere tausend TeilnehmerInnen.

Am 22. August wurde die für Hanau geplante bundesweite Demonstration jedoch abgesagt, nachdem der SPD-Oberbürgermeister Claus Kaminsky am Abend des 21. August die Versammlung mit Verweis auf steigende Corona-Infektionen verbot.

Statt der Demonstration fand eine bewegende Kundgebung mit den Angehörigen, FreundInnen, Familien der Opfer und BewohnerInnen des Hanauer Stadtteils Kesselstadt statt. Diese wurde in 30 Städte als Stream übertragen. In vielen gab es mehrere solcher Live-Übertragungen gleichzeitig, so dass es bundesweit wohl an die 100 Kundgebungen gab. Darüber hinaus verfolgten wohl weit über 100.000 Menschen die Reden der Betroffenen online. Die gesamte Kundgebung und die ergreifenden Beiträge können auch weiter auf dem YouTube-Kanal der „Initiative 19. Februar“ gehört werden.

So wurde der 22. August trotz Demonstrationsverbots in Hanau zum deutlichen, ermutigenden politischen Zeichnen. Das ist vor allem den vielen lokalen UnterstützerInnen und AktivistInnen zu verdanken, die im wahrsten Sinne des Wortes über Nacht die Technik, Infrastruktur und Bewegung für die Kundgebungen stellten.

Auf uns selbst vertrauen!

Wir müssen an dieser Stelle aber auch einen kritischen Punkt ansprechen, der uns und wohl auch Tausende andere, die nach Hanau fahren wollten und sich an den Kundgebungen im ganzen Bundesgebiet beteiligten, wütend gemacht und verärgert hat. Wie Tausende andere erfuhren wir am Abend vom 21. zum 22. August, dass der Hanauer SPD-Oberbürgermeister, der ursprünglich als Redner bei der Abschlusskundgebung vorgesehen war, die Demo kurzerhand verboten hatte.

Wir wollen die Gefahr einer 2. Corona-Welle keineswegs leugnen. Wir halten ein Demonstrationsverbot aber für absolut falsch und unangebracht. Es stellt eine inakzeptable und gefährliche Einschränkung demokratischer Rechte dar, auch wenn es mit dem Hinweis auf Schutz vor Corona begründet wurde. Erstens hatte das Demo-Bündnis über Wochen in Verhandlungen mit der Stadt Hanau ein Hygienekonzept ausgearbeitet. Zweitens ist es – anders als bei den rechten 20.000 – 30.000 Corona-SpinnerInnen, die am 1. August anstandslos durch Berlin marschieren durften – bei allen antirassistischen Demos und Kundgebungen üblich, dass die TeilnehmerInnen Masken tragen und auf gegenseitigen Schutz achten. Natürlich kann das Virus, wie bei jeder Begegnung von Menschen auch auf Demonstrationen übertragen werden. Aber es ist zynisch und verlogen, so zu tun, als gingen angesichts von brummender Party-Gastronomie, Besäufnissen, angesichts der vom Kapitalinteresse diktierten Öffnung der Betriebe – beispielhaft sei hier auf die Zustände in den Schlachthöfen verwiesen – und Schulen ausgerechnet von politischen Demonstrationen Ansteckungsgefahren aus.

Außerdem fragt sich doch, warum die Absage erst wenige Stunden vor Beginn erfolgte, also zu einem Zeitpunkt, der eine Durchsetzung der Aktion vor Gericht innerhalb kurzer Fristen extrem erschwerte.

Wir wollen dem SPD-Oberbürgermeister gar nicht absprechen, dass er ganz gerne vor tausenden Menschen gesprochen hätte und im Allgemeinen auch antirassistisch eingestellt ist. Doch was nützt das, wenn er in einer Nacht- und-Nebel-Aktion die Absage einer konkreten Demonstration erzwingt. Wahrscheinlich ist auch ihm klar, dass diese nicht der „Super-Spreader“ des Virus gewesen wäre.

Aber offenkundig hatte er vor der demagogischen „Kritik“ und Hetze aus rechten Kreisen Angst, die im Falle einer großen und kämpferischen Gedenkdemonstration unvermeidlich von der AfD und anderen offenen RassistInnen, aber auch von „respektablen“ Bürgerlichen wie CDU und FDP sowie von einigen Grünen und selbst sozialdemokratischen ParteifreundInnen gekommen wäre. Alle jene, die den Rassismus in der Gesellschaft, vor allem aber bei Polizei, Bundeswehr und staatlichen Behörden verharmlosen, die MörderInnen gern als „EinzeltäterInnen“ hinstellen, hätten sicher die „Gelegenheit“ ergriffen, allen, die zum Gedenken an 9 Ermordete und unzählige weitere Opfer rassistischer Anschläge auf die Straße gehen, „Verantwortungslosigkeit“ vorzuwerfen.

Dabei hätten solche rechten „KritikerInnen“ und ihre FreundInnen in der politischen Mitte allerdings nur getan, was sie immer tun: Die TäterInnen und den Nährboden des Rassismus relativieren, verharmlosen – und gleichzeitig die Trauer, Wut, Angst der Betroffenen ignorieren und die reale Gefahr für MigrantInnen herunterspielen. Die Absage der Demo hat unserer Meinung nach nichts mit Gesundheitsschutz zu tun, sondern stellt ein Einknicken vor der zu erwartenden Verleumdung durch Rechte und bürgerliche Kräfte dar. In Wirklichkeit wird die Kapitulation diese nicht beschwichtigen, sondern nur ermutigen, jeder anderen linken Großdemo „Verantwortungslosigkeit“ vorzuwerfen – schon allein in der Hoffnung, dass deren OrganisatorInnen ihre Aktionen gleich freiwillig absagen.

Mit dem Untersagen der Demonstration wurden zugleich die Rechte tausender Anti-RassistInnen beschnitten – eine Einschränkung, die uns auch bei anderen antifaschistischen, antirassistischen oder antikapitalistischen Mobilisierungen droht.

Wir halten daher auch das Akzeptieren des Demo-Verbotes durch das Hanauer Bündnis „Initiative 19. Februar“ für politisch falsch. In Zukunft sollten wir versuchen, unsere Aktionen auch gegen einknickende und feige sozialdemokratische Stadtoberen durchzusetzen. Die GenossInnen der Frankfurter internationalistischen und antirassistischen Linken, die nach der Übertragung der Gedenkkundgebung eine Spontandemonstration mit hunderten TeilnehmerInnen durchführten und durchsetzten, agierten in diese Situation vorbildlich. GenossInnen von ArbeiterInnenmacht und REVOLUTION beteiligten sich an der Aktion. Vielen Dank an die OrganisatorInnen der Initiative! Hoch die internationale Solidarität! One solution – Revolution!

Link zum Flugblatt von ArbeiterInnenmacht und Revolution zu den Demos und Aktionen am 19. und 22. August:

Kein Vergessen! Beteiligt Euch an den Demonstrationen im Gedenken an die Ermordeten von Hanau!




Dresden – Bericht zu den antifaschistischen Aktionen am 13. und 15. Februar

REVOLUTION Sachsen, Infomail 1090, 17. Februar 2020

Am 13. Februar 1945 wurde Dresden von der Royal Air Force bombardiert. Zum 75. Jahrestag versuchten Neonazis und die AfD, wie in den vergangenen Jahren auch schon, einseitig der Bombenopfer zu gedenken und diese für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Jedoch wird nicht nur von faschistischen Kräften und anderen Rechten, sondern auch von der sogenannten „Mitte der Gesellschaft“, von der Stadtverwaltung und den bürgerlichen Parteien seit Jahren hartnäckig ein Opfermythos um das angeblich „unschuldige Dresden“ konstruiert, an den die Neonazis und RechtspopulistInnen mit ihren sogenannten „Trauermärschen“ und Gedenkkundgebungen nahtlos anknüpfen. Daher sollte man sich auch nicht über die Beteiligung von militanten Neonazis und faschistischen Kadern an den offiziellen Gedenkveranstaltungen der Stadt, wie an der undifferenzierten Verlesung der Namen aller Bombenopfer auf dem Heidefriedhof oder an der Menschenkette, wundern. Dass am 13. Februar beim Gedenken auf dem Friedhof undifferenziert Namen von Bombenopfern verlesen wurden, unter denen neben denen von ZivilistInnen auch viele NSDAP-Mitglieder und andere faschistische TäterInnen genannt wurden, ist für sich genommen schon bizarr. Dass aber Mitglieder von FDP (Stefan Scharf) und CDU zusammen mit der AfD beim Verlesen der Bombenopfer ausgerechnet dem stadtbekannten Neonazi Sebastian P. A. lauschten, stellte dabei die Spitze des Eisbergs dar (https://twitter.com/j_mkhk/status/1227976637700038657?s=21). Natürlich war vor allem die Bombardierung der ArbeiterInnen-Viertel durch die Alliierten zum Ende des Zweiten Weltkriegs ein unnötiges (aus heutiger Sicht) Kriegsverbrechen. Insbesondere, weil zu diesem Zeitpunkt die Rote Armee bereits vor Görlitz stand, also kaum mehr 100 Kilometer von Dresden entfernt war und immer weiter vorstieß. Jedoch stellt das einseitige Gedenken der Bombenopfer eine Form des Geschichtsrevisionismus dar, da dieses ausblendet, dass der Zweite Weltkrieg durch das faschistische Deutschland begonnen wurde und der Bombardierung Dresdens die Luftangriffe der Wehrmacht auf Städte wie Coventry und Rotterdam vorausgingen. Ein solches Gedenken kann nur als perfider Versuch einer Täter-Opfer-Umkehr verstanden werden.

Wir haben uns auch dieses
Jahr wieder der AfD und den Neonazis in den Weg gestellt und uns an den
antifaschistischen Gegenaktivitäten beteiligt. Am 13. Februar hatte die AfD
wieder zu einer Kranzniederlegung auf dem Altmarkt mobilisiert, an der sich
etwa 150–200 Rechte, unter ihnen auch militante Neonazis, beteiligten. An der
Gegenkundgebung nahmen etwa gleich viele AntifaschistInnen teil. Durch den
lautstarken Protest gegen die AfD konnte die Vereinnahmung der Bombardierung
der Stadt an diesem Abend zumindest akustisch teilweise erheblich gestört
werden.

Am 15. Februar fand dann
der alljährliche „Trauermarsch“ der FaschistInnen statt. Dieses Jahr hatte der
NPD-Kreis- und stellvertretende Landesvorsitzende Maik Müller die Demonstration
angemeldet, die 14 Uhr am Skatepark in der Nähe des Hauptbahnhofs beginnen
sollte. Aufgrund des 75. „Jubiläums“ der Bombardierung Dresdens und des
gesellschaftlichen Rechtsrucks, unter dem auch faschistische Kräfte wieder
erstarken, wurden dieses Jahr bis zu 1.500 TeilnehmerInnen erwartet.
Tatsächlich beteiligten sich allerdings „nur“ etwa 1.000 Menschen am
Fackelmarsch der Neonazis, darunter wie in der Vergangenheit auch schon viele
aus den umliegenden Nachbarländern. Erfreulich hingegen war dieses Jahr die
Beteiligung an den antifaschistischen Gegendemonstrationen und Aktionen. Laut dem
Bündnis „Dresden Nazifrei“ nahmen hieran sogar bis zu 5.000 Menschen teil. Dies
stellt für sich bereits einen enormen Mobilisierungserfolg dar, wenn man
bedenkt, dass sich im Vorjahr gerade mal 1.000 Menschen an der
antifaschistischen Gegendemo beteiligten. Hierdurch und durch das entschlossene
Handeln vieler AntifaschistInnen konnte der Naziaufmarsch mittels Blockaden
erheblich gestört werden. Trotz der 1.500 PolizistInnen, die an dem Tag im
Einsatz waren und auch nicht gerade zurückhaltend und zimperlich im Umgang mit
den AntifaschistInnen vorgingen, gelang es der Polizei nicht, den „Trauermarsch“
wie geplant durchzusetzen. Das Ziel der Neonazis, durch die Innenstadt zu
laufen, konnte erfolgreich verhindert werden. Stattdessen mussten die
FaschistInnen eine alternative, weitaus kürzere Route vom Skatepark über die
Wiener Straße, Strehlener Straße hin zur Hochschule für Technik und Wirtschaft
ablaufen, wo dann der Aufmarsch bereits endete. An der Abschlusskundgebung gab
es dann schließlich Protest in Hör- und Sichtweite, an dem sich rund um den
Hauptbahnhof so viele Menschen beteiligten, dass die Nazis unter massivem
Polizeischutz von der HTW zum Hauptbahnhof geführt werden mussten.

Wir bewerten vor allem
die antifaschistischen Aktionen am 15. Februar als erfolgreich. Dass es gelang,
derartig viele Menschen zu mobilisieren und in die Blockaden mit einzubinden,
war alles andere als vorher absehbar. Dass die Blockaden trotz der 1.500 Cops,
die an dem Tag im Einsatz waren, standhalten konnten und somit den Neonazis den
Tag vermiesten, kann nur als positive Entwicklung gesehen werden. Wir werden
die Ereignisse vom 13. und 15. Februar auf unserem Auswertungstreffen am 24.02.
noch mal ausführlich analysieren. Jedoch lässt sich jetzt schon sagen, dass
wohl vor allem die Ereignisse in Thüringen um die Wahl von Kemmerich zum
Ministerpräsidenten von AfD Gnaden der Mobilisierung gegen den Naziaufmarsch in
Dresden in die Hände gespielt haben. Auch die Debatte über die unglückliche
Entscheidung des #Unteilbar-Bündnisses, gleichzeitig am 15. Februar für eine
bundesweite Großdemonstration in Erfurt wegen der Causa Kemmerich zu
mobilisieren und der darauf folgende „Kompromiss“ des Bündnisses, sowohl zur
Teilnahme an der Demo in Erfurt als auch zur Beteiligung an den antifaschistischen
Gegenaktionen in Dresden aufzurufen, wird mit zum Mobilisierungserfolg
beigetragen haben. Nicht zuletzt hat sich dieses Jahr ein neues Aktionsbündnis
gegründet, um den faktischen Zusammenbruch des Bündnisses „Dresden Nazifrei“
abzufedern und die Mobilisierung und Organisation der Gegenproteste zu
organisieren. Es ist nicht auszuschließen, dass sich dieser neue
Zusammenschluss von vielen linken Gruppen ebenfalls positiv auf die Mobi
ausgewirkt hat und ein weiterer Grund für die rege Teilnahme darstellt.

Leider kam es wieder
einmal gleich zu mehreren Angriffen auf uns und Vorwürfen uns gegenüber durch
die sogenannten „Antideutschen“ und jene Linken, die deren Argumente
unreflektiert teilen. Bereits auf der Auftaktkundgebung „Nazis stören“ am
Hauptbahnhof, wo auch wir uns versammelten, kam es noch vor Beginn der
eigentlichen Demonstration zu einem Übergriff durch vermeintliche Antideutsche
auf uns. Eine Gruppe aus drei Menschen versuchte, unser Transparent zu
entwenden, und zerrte minutenlang daran, konnte ihr Ziel jedoch nicht
erreichen. Daraufhin wurde über den Lauti durchgesagt, dass antisemitische
Gruppen (gemeint waren unter anderem die MLPD und wir) auf der Demo nicht
erwünscht seien. Für diese Durchsage ist vermutlich die Gruppe HOPE verantwortlich,
die uns auch schon in der Vergangenheit regelmäßig als antisemitisch
diffamierte. Eine Begründung für diesen haarsträubenden Vorwurf wurde natürlich
nicht mitgeliefert. Als wir das Gespräch mit dem Anmelder der Demonstration
suchten, wurde behauptet, dass der Antisemitismus sich in einer angeblichen
Solidarität mit der Hamas zeigen würde. Auf den Hinweis, dass sogar in unserem
Programm wortwörtlich steht, dass die Hamas eine
theokratisch-fundamentalistische, antisemitische und sexistische, reaktionäre
Kraft darstellt, die den gemeinsamen Kampf der unterdrückten PalästinenserInnen
mit der israelischen ArbeiterInnenklasse blockiert, wurde nicht weiter
eingegangen. Es zeigte sich jedoch, dass unsere konsequente Ablehnung des
bürgerlichen Nationalismus und unsere sozialistische Perspektive, die wir im
Nahostkonflikt aufwerfen, das eigentliche Problem für die Antideutschen war.
Dies als Antisemitismus zu diffamieren, entbehrt jeglicher Grundlage und zeigt
die Schwäche in der Analyse von vielen Linken auf. Erwähnenswert ist auch, dass
auf der Demonstration nur antikapitalistische Gruppen offen angegriffen wurden,
während bürgerliche Parteien wie die Grünen und die verbürgerlichte SPD, die
mit ihrer Politik mitverantwortlich für den Rechtsruck, die rassistische
Abschiebepraxis und Asylgesetzverschärfung sind, überhaupt nicht kritisiert
wurden. Im Verlauf der Demonstration und Blockaden hatten wir dann immer wieder
Probleme mit Antideutschen und anderen Verwirrten, die meinten, uns den Verkauf
von Zeitungen und das Verteilen von Flyern verbieten zu müssen. In den darauf
folgenden Diskussionen kamen die absurdesten Argumente zum Vorschein. Neben
unseren Fahnen störten diese übereifrigen „Linken“ sich vor allem auch an
einigen GenossInnen, die eine Kufiya (arabische Kopfbedeckung) trugen, und
versuchten teilweise, diese herunterzureißen. Danach holten diese Antideutschen
wieder den Anmelder, der versuchte, die Blockade an der Prager Straße als
Versammlung anzumelden. Dieser wollte uns das Verteilen unserer Flyer verbieten
und drohte sogar damit, uns durch die Polizei von der Blockade entfernen zu
lassen, falls wir uns nicht daran halten.

Wir weisen den Vorwurf,
dass wir eine antisemitische Organisation sind, entschieden zurück. Unsere
Solidarität mit der palästinensischen Befreiungsbewegung und das Eintreten für
einen gemeinsamen, säkularen und sozialistischen Staat, in dem kein Mensch mehr
aufgrund seiner Herkunft oder religiösen Überzeugung unterdrückt wird, hat
absolut gar nichts mit Antisemitismus zu tun. Ganz im Gegenteil: Als
KommunistInnen sind wir die entschlossensten GegnerInnen des Antisemitismus, da
wir diesen nicht nur täglich auf der Straße, in der Schule, Uni und im Betrieb
bekämpfen, sondern auch dessen Wurzel, den Kapitalismus.

Wir halten den Versuch, den
antifaschistischen Gegenprotest noch vor Beginn der eigentlichen Demo zu
spalten und uns durch absurde Vorwürfe öffentlich zu diffamieren, für einen
schwerwiegenden politischen Fehler. Im Kampf gegen den Rechtsruck in der
Gesellschaft und gegen faschistische Aufmärsche brauchen wir eine gemeinsame
Aktionseinheit, wenn wir erfolgreich sein wollen. Eine Spaltung nützt letztlich
nur den Rechten und dem/der KlassenfeindIn, aber sicher nicht der Entwicklung
einer schlagkräftigen antifaschistischen Bewegung. Gerade vor dem Hintergrund
der allgemeinen Schwäche der Linken hierzulande, aber auch aufgrund der stetig
stärker werdenden Repression und Kriminalisierung von Linken durch den
bürgerlichen Staat sollten wir enger zusammenrücken und uns trotz vorhandener Differenzen
zumindest auf der Straße solidarisch zeigen. Vorhandene Kritik und Diskussionen
um die richtigen Inhalte sollten nicht verschwiegen oder abgewürgt werden,
sondern müssen und können auch öffentlich geäußert werden. Jedoch bringen uns
unbegründete, an den Haaren herbeigezogene Vorwürfe, Verbote, als
Organisationen offen aufzutreten und die eigenen Inhalte zu verbreiten und zu
bewerben bis hin zu körperlichen Übergriffen und Auseinandersetzungen, keinen
Schritt voran. Vielmehr sabotiert ein solcher „Stil“ lediglich die
Handlungsfähigkeit unserer Bewegung. Stattdessen müssen wir für eine
bedingungslose Kritik- und Propagandafreiheit in der Aktionseinheit eintreten
und uns kritisch-solidarisch miteinander über die richtigen Inhalte streiten.
Falsche Positionen innerhalb der hiesigen Linken werden nicht durch Verbote und
physische Übergriffe überwunden, sondern durch den Austausch von Argumenten.
Wir waren bisher immer zu Diskussionen bereit und sind es auch nach wie vor, um
die falschen Vorwürfe und vorhandene Vorurteile uns gegenüber aus der Welt zu
schaffen. Dass wieder einmal nicht der solidarische Streit, sondern technische
Angriffe uns gegenüber bevorzugt werden, können wir nur als Fehlen von
vernünftigen Argumenten bewerten. Daher sind wir uns nach wie vor sicher, dass
unsere sozialistischen Positionen richtig sind und dass nicht wir das Problem
innerhalb der Dresdner Linken darstellen.

Am kommenden Montag ist
Höcke bei Pegida als Gastredner angekündigt. Beim Gegenprotest wird sich
zeigen, ob die Linke hier lernfähig ist oder aber ihren falschen Stil
beibehält. Wenn sich am sektiererischen Verhalten von einigen „linken“
AktivistInnen nichts ändert, braucht sich auch keiner zu wundern, warum Pegida
auch nach über 5 Jahren noch läuft und weiterhin regelmäßig 1.500 Rechte
mobilisiert, während der Gegenprotest stets bei unter 50 TeilnehmerInnen
stagniert.

Am 24.02. führen wir ein
offenes Nachbereitungstreffen durch. Kommt vorbei, diskutiert mit uns über die
Aktionen und darüber, wie wir die Bewegung weiter aufbauen können und welche
Inhalte wir hierfür brauchen! Werdet auch über die bisherigen Aktionen hinaus
aktiv und organisiert euch revolutionär!

Nachbereitungstreffen und
Diskussion: Kampf dem Faschismus bedeutet Kampf dem Staat und Kapital! Montag, 24.02.,
um 18 Uhr im Seminarraum vom Coloradio (Zentralwerk, Riesaer Str. 32)




Prozess gegen Antifaschisten am 6. Februar: Freispruch für Jan und Lukas!

Tobi Hansen, Infomail 1088, 9. Februar 2020

Der Vorwurf gegen unsere Genossen Jan und Lukas lautete
„gefährliche Körperverletzung“, erhoben von einem Teilnehmer der AfD-Demonstration
am 27. Mai 2018 in Berlin. Ort soll der Bahnhof Friedrichstraße gewesen sein,
wo AfD-AnhängerInnen und deren faschistischer „Schutz“ mit TeilnehmerInnen der
zahlreichen Gegendemonstrationen aneinandergerieten.

Politisch hatten die rechtspopulistische AfD wie auch ihre
UnterstützerInnen aus faschistischen Strukturen am 27. Mai 2018 eine herbe
Niederlage einstecken müssen. Den etwa 5.000 Rechten standen, je nach
Schätzung, 50.000 bis 70.000 AntirassistInnen und AntifaschistInnen gegenüber.

Offenkundig versuchten einige Rechte, als „ZeugInnen“ vor
Gericht ihre politischen GegnerInnen madig zu machen und solcherart Rache für
die politische Niederlage zu nehmen, so auch im Prozess gegen Jan und Lukas am
6. Februar.

Im Zuge der Verhandlung wurde deutlich, dass weder der
rechte Zeuge der Anklage wusste, wer wirklich am Bahnhof gewesen sein sollte,
noch die Polizei, warum sie wen festgenommen oder verhaftet hatte.

Nach diesem ganz anschaulichen Beispiel von „Beweisführung“ wurden
die Genossen in fast allen Punkten freigesprochen. Ganz aber nicht. Schließlich
hätte einer Widerstand gegen die Festnahme geleistet, indem er sich an einer Griffstange
in der Bahn festgehalten hätte. Dafür wurde eine Geldbuße verhängt.

Bemerkenswert freilich, was „nebenbei“ auch deutlich wurde:
Die Polizei nahm Menschen per Fingerzeig von TeilnehmerInnen einer AfD-Demo
fest. Menschen, die „links“ aussahen, wurden aus einer Regionalbahn heraus vorläufig
festgenommen – und wer dem nicht einfach Folge leistete, der machte sich gemäß
dieser Logik des „Widerstands“ schuldig.

Die Verschärfung der Polizei- und Repressionsgesetze auf
Landes- und Bundesebene erleichtert dieses Vorgehen zusätzlich. Die Ausweitung
der Rechte der Polizei beschränkt logischerweise die demokratischen Rechte der
Bevölkerung, schränkt jede Möglichkeit ein, sich der Gewalt dieser bewaffneten
Einheiten zu erwehren.

Umso mehr müssen hier die Alarmglocken läuten, als eine
beträchtliche Zahl dieser StaatsdienerInnen auch mit rechtsextremen Netzwerken
und Organisationen verbunden ist, wie es seit Jahren immer mal wieder an die
Öffentlichkeit kommt. Wenn sich gleichzeitig ein FDP- Landeschef in Thüringen
mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten küren lässt, vollzieht sich der
Rechtsruck in einer neuen Qualität.

Für AntifaschistInnen und Linke gilt weiterhin vor, auf und nach
jeder Demonstration: Keiner geht allein, bleibt zusammen, schützt Euch gegen
Übergriffe von Polizei und Rechten!




Naziaufmärsche in Dresden verhindern – Pull em‘ up now, before they take root!

Peter Böttcher, Neue Internationale 244, Februar 2020

Kurz vor dem Ende des
Zweiten Weltkriegs, vom 13. bis 15. Februar 1945, wurde die Stadt Dresden von
der Royal Air Force bombardiert. Den Luftangriffen fielen offiziellen
Schätzungen zufolge ca. 22.700-25.000 Menschen zum Opfer.

Seit den 1990er Jahren
marschieren jährlich FaschistInnen durch Dresden, um die Bombardierung der
Stadt für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Mehr noch als das: sie versuchen,
die Geschichte zu verfälschen, indem sie das Dritte Reich als unschuldiges
Opfer der alliierten Bombenangriffe darstellen und zu den vorangegangenen
Kriegsverbrechen der Nazis schweigen. So wird durch das Herbeifantasieren von
mehreren hunderttausend Bombentoten, durch die ständige Rede von versuchtem
Genozid, durch die Bezeichnung der Luftangriffe als „alliierter
Bombenholocaust“ gezielt versucht, einen Opfermythos um das faschistische
Deutschland zu schaffen. Gleichzeitig wird der eigentliche Holocaust von den
AnmelderInnen der Nazidemos geleugnet.

Entwicklung

Anfangs waren die
TeilnehmerInnenzahlen der sogenannten „Trauermärsche“, die unter solch Titeln
wie „Ehre den Opfern des Bombenterrors“ beworben wurden, noch recht
überschaubar. Im Laufe der Jahre und durch die zunehmende Unterstützung aus den
Nachbarländern erhielten diese jedoch massiven Zulauf. In den Jahren 2009-2010
erreichten die faschistischen Mobilisierungen zum 13. Februar ihren Höhepunkt,
als bis zu 6.500 Rechte durch Dresden marschierten und den sogenannten
„Trauermarsch” als einen der größten Naziaufmärsche Europas etablierten.

Im Jahr 2009 gründete
sich auch auf Initiative der Interventionistischen Linken (IL) hin das
antifaschistische Bündnis „Dresden Nazifrei“. Diesem gehörten linke Parteien,
verschiedene Strömungen der radikalen Linken, Gewerkschaften, kirchliche sowie
auch „zivilgesellschaftliche“ Initiativen an. Durch die damit erreichte
bundesweite Vernetzung und Mobilisierung gelang es in den Folgejahren, die
faschistischen Demonstrationen mittels Massenaktionen und Blockaden zu
verhindern. Daraufhin ging die Beteiligung an den „Trauermärschen” bis 2015 auf
ein Minimum zurück und nahm erst infolge des Rechtsrucks wieder zu.

In den letzten Jahren
gelang es den Neonazis erneut, überregional zu mobilisieren und die Beteiligung
zu steigern. Gleichzeitig war es aufgrund einer nach den anfänglichen
Blockadeerfolgen allgemein rückläufigen und wieder regional begrenzten
Gegenmobilisierung seither nicht mehr möglich, den faschistischen Aufmärschen
effektiv etwas entgegenzusetzen. In den letzten Jahren gab es zwar auch immer
Gegenaktionen und kleinere Blockadeversuche, dennoch konnten die
„Trauermärsche“ beinahe ungehindert stattfinden und die TeilnehmerInnenzahlen
an den Demos der Rechtsradikalen wie auch an den antifaschistischen
Gegenaktionen waren nahezu gleich. Während die Beteiligung an den Neonazi-Demos
vor einigen Jahren nur noch bei wenigen Hunderten lag, ist diese bis zum
letzten Jahr wieder kontinuierlich auf etwa 1.000 angewachsen.

Hierfür gibt es
unterschiedliche Gründe: Die steigenden TeilnehmerInnenzahlen auf Seiten der
Rechten stehen im Zusammenhang mit dem allgemeinen Erstarken des
Rechtspopulismus in Deutschland und der Welt. Wahlerfolge von rechten Parteien
wie dem Rassemblement National in Frankreich (ehemals Front National), der PiS
in Polen oder der AfD hierzulande zeigen, dass nationalistisches und
rassistisches Gedankengut von breiten Teilen der Gesellschaft mitgetragen wird
und in Parlamenten und Regierungen wieder salonfähig geworden ist. Von den
Wahlerfolgen abgesehen konnten wir aber auch gerade in Dresden die Entstehung
und das Wachsen der völkisch-nationalistischen PEGIDA-Bewegung beobachten,
welche WählerInnen und PolitikerInnen der AfD, aber auch rechtsradikale
Gruppierungen wie die „Identitäre Bewegung“, die „Freie Kameradschaft Dresden“
(FKD) und die „Gruppe Freital“ in sich vereinte und zeitweise bis zu 25.000
Menschen mobilisieren konnte. Anfangs als „besorgte BürgerInnen“ abgetan konnte
so ein Schulterschluss zwischen militanten Neonazis, der „Neuen Rechten“ und
breiten Teilen der nach rechts gerückten Gesellschaft stattfinden.

Rechtsruck und
Kapitalismus

Angesichts des
gesellschaftlichen Rechtsrucks ist davon auszugehen, dass die Naziaufmärsche
weiter an Zulauf gewinnen werden. Was es aber braucht, um die Demos der
FaschistInnen rund um den 13. Februar dieses Jahr sowie in Zukunft mit
Massenblockaden zu verhindern, aber auch, um den Rechtsruck zu stoppen, ist
eine überregionale, breit aufgestellte antifaschistische Bewegung. Eine
Aktionseinheit der Gewerkschaften, linken Parteien und Gruppen wäre durch die
Einbindung einer Vielzahl der bereits organisierten ArbeiterInnen nicht nur
imstande, den „Trauermärschen“ ein Ende zu setzen, sondern könnte auch durch
das Aufwerfen von Forderungen nach Verbesserungen der Arbeits- und
Lebensbedingungen für alle und durch das Entfachen entsprechender Kämpfe um
diese Forderungen ein guter Ansatz für eine soziale Bewegung sein, die dem
Rechtsruck in der Gesellschaft tatsächlich etwas entgegensetzen kann.

Denn dieser und das damit
einhergehende Erstarken faschistischer Kräfte hat seine Wurzeln im
Kapitalismus. Konkurrenzdenken, systemimmanente Wirtschaftskrisen und die damit
einhergehende Gefahr des sozialen Abstiegs für das KleinbürgerInnentum, Sozialabbau,
Prekarisierung und soziale Ungleichheit im Allgemeinen sind der Nährboden für
rassistische Vorurteile und reaktionäre Bewegungen. Wenn die
ArbeiterInnenbewegung keine fortschrittliche Antwort und Kampfperspektive zu
weisen vermag, kann die gesellschaftliche Angst und Verzweiflung leicht zum
Nährboden für die Kräfte der Reaktion, für Rechtspopulismus, Nationalismus oder
sogar Faschismus werden.

Deshalb müssen wir den
Aufbau einer antifaschistischen und antirassistischen
ArbeiterInneneinheitsfront mit einer schonungslosen Kritik an der Politik der
herrschenden Klasse und diesem Wirtschaftssystem verbinden. Wir müssen uns
bewusst machen, dass der Faschismus seinen Ursprung im Kapitalismus hat, dass
er mitsamt all der Katastrophen, die er über die Menschheit brachte, geschehen
ist und folglich wieder geschehen kann. Wir müssen uns auch vor Augen führen,
dass der historische Faschismus nur deshalb erfolgreich war und innerhalb
kürzester Zeit die antifaschistische ArbeiterInnenbewegung zerschlagen konnte,
weil diese damals uneinig und gespalten war, weil die Sozialdemokratie ihr Heil
im Bündnis mit den bürgerlichen Parteien suchte, während sich die KPD weigerte,
systematisch für die Einheitsfront gegen den Faschismus einzutreten.

Natürlich gibt es Differenzen
zwischen den einzelnen Parteien, Gruppen und Strömungen. Diese sollten nicht in
den Hintergrund gerückt werden, sondern ganz im Gegenteil: Die
unterschiedlichen Auffassungen, Positionen und Taktiken müssen offen diskutiert
und es muss um eine effektive Strategie im Kampf gegen rechts gestritten
werden. Jedoch dürfen uns diese Differenzen nicht davon abhalten,
zusammenzuarbeiten und die vorhandenen Ressourcen in der Einheit nach außen zu
bündeln. Die antikapitalistischen Kräfte müssen vielmehr versuchen, die
reformistischen Parteien und Gewerkschaften zum Kampf zu zwingen – auch um
ihrer Kritik an den Fehlern der Gewerkschaftsbürokratie, der Führungen von SPD
und Linkspartei bei deren AnhängerInnen besser Gehör zu verschaffen.

Weiterhin dürfen wir es
nicht dabei belassen, ausschließlich den Rechten auf den Straßen
entgegenzutreten. Wir begegnen auch in unserem Alltag, an den Orten, an denen
wir lernen, arbeiten und leben, faschistischem und rassistischem Gedankengut
und solchen Organisationen. Darum ist es notwendig, dass wir uns auch an den
Schulen, Unis und im Betrieb organisieren. In Dresden versuchen wir von
REVOLUTION, vor allem Jugendliche für die Gegenaktivitäten zu mobilisieren,
werden hierzu auch einen Infovortrag durchführen und uns mit einem Demotraining
auf die bevorstehenden Aktionen vorbereiten.

  • Ob rund um den 13. Februar oder an jedem anderen Tag: Verhindern wir die faschistischen Aufmärsche! Für eine antifaschistische und proletarische Einheitsfront! Keinen Fußbreit den FaschistInnen!
  • Infoveranstaltung und Demotraining von REVOLUTION Dresden, 8. Februar, 14.00, Zentralwerk, Riesaerstr. 32



Kein Frieden mit der AfD! Solidarität mit Jan und Lukas!

ArbeiterInnenmacht und REVOLUTION, Januar 2020, Neue Internationale 244, Februar 2020

Am 27. Mai 2018 mobilisierte die AfD zu einer bundesweiten Demonstration in Berlin. Der Tag endete mit einer Niederlage der RechtspopulistInnen. Rund 5.000 AfD-AnhängerInnen samt rechtsradikalem und faschistischem Gefolge stellten sich bis zu 70.000 GegendemonstrantInnen entgegen. Bündnisse wie „Stoppt den Hass“ und „AfD wegbassen“ organisierten breiten Protest.

Danach kam es an einigen Orten in Berlin bei der Abfahrt zu
Zusammenstößen zwischen AfD-AnhängerInnen und AntifaschistInnen. Einige
AntifaschistInnen – darunter Jan und Lukas – stehen nun, nach fast zwei Jahren,
vor Gericht. Die Anklage lautet: gefährliche Körperverletzung. Zum konkreten
Geschehen kann leider bis zu einem rechtskräftigen Urteil öffentlich keine
Stellung bezogen werden.

Hintergrund

Klar ist aber schon jetzt: Den politischen Hintergrund, den
Rechtsruck in Deutschland, die dramatische Zunahme rassistischer und
faschistischer Gewalt und die Rolle der AfD wollen sowohl Anklage wie
Staatsanwaltschaft ausblenden.

Mit Elementen wie Höcke, bei dem sogar gerichtlich
festgestellt wurde, dass man ihn als Faschisten bezeichnen darf, dem „Flügel“
und anderen völkischen und faschistischen Teilen stellt die Partei ein
wichtiges Bindeglied zwischen rechtsbürgerlichen, rechtspopulistischen und
offen faschistischen Kräften dar. Es lässt sich leicht belegen, dass solche
Tendenzen in der AfD vorhanden sind. Neben den eher bekannten Zitaten von Höcke
und Gauland findet man auch folgende interessante Aussagen: „Wir sollten eine
SA gründen und aufräumen!“ (Andreas Geithe, AfD) und: „Von der NPD
unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützer-Umfeld,
nicht so sehr durch Inhalte“ (Dubravko Mandic, AfD).

Letzteres beschreibt eine Funktion der AfD eigentlich recht
gut. Sie dient nationalistischen, faschistischen und völkischen Kräften als
Scharnier und Einfallstor in eine größere Öffentlichkeit. Darüber bietet sie
die Möglichkeit, über die Beteiligung in Parlamenten, die Schaffung und
Finanzierung von sogenannten „Thinktanks“ wie dem Institut für Staatspolitik
und Medienaufmerksamkeit die Akzeptanz von rechter Ideologie in der Bevölkerung
zu stärken. Somit ist sie gewissermaßen eine Vorhut und ein Deckmantel für
solche Kräfte. Es ist deshalb auch kein Zufall, wenn bekannte Neonazis bei
AfD-Aktionen als Schläger-Trupps fungieren oder Aktionen gemeinsam mit
Organisationen wie dem „III. Weg“ veranstaltet werden, welche sich offen zum
NS-Faschismus bekennen. Gleichzeitig können diese Schläger-Truppen als
AnhängerInnen einer parlamentarisch vertretenen Partei auftreten und sich als
Opfer der Medien und der „Linken“ stilisieren.

Solidarität!

Die Zunahme rassistischer und faschistischer Gewalt
offenbart zugleich, dass der Staat und die Polizei nicht gewillt sind, dagegen
entschieden vorzugehen. Sie reicht mittlerweile bis hin zum Mordanschlag gegen
antifaschistische und linke AktivistInnen, Flüchtlinge, MigrantInnen, Jüdinnen
und Juden sowie sämtlichen üblichen Zielen von Rechten und ist wohlbekannt.
Sogar PolitikerInnen von SPD, Linkspartei, Grünen, ja selbst aus der CDU werden
zu deren Opfern.  In dieser
Situation ist es notwendig weiterzugehen, als sich lediglich auf die Polizei zu
verlassen, auf die, wie die Fälle der rechten Anschlagsserie in Berlin zeigen,
gerade kein Verlass ist. Dort wurden Todeslisten bei rechten BeamtInnen
gefunden und teilweise die „Zielpersonen“ erst nach Anschlägen darüber
informiert.

Was wir brauchen, sind Strukturen der Linken, MigrantInnen
und ArbeiterInnenbewegung, welche die Information und Verteidigung gegen die
Rechten organisieren – eine antifaschistische Aktionseinheit. Gleichzeitig
müssen wir uns solidarisch zusammenschließen mit all jenen, die sich gegen die
Rechten einsetzen, die von ihnen angegriffen werden oder sich gegen sie
verteidigen.

Solidarität mit Jan und Lukas!

  • Unterstützt die Angeklagten am ersten Prozesstag!
  • Berlin, Donnerstag, 6. Februar, 10:00 Uhr vor dem Amtsgericht Tiergarten, Turmstraße 91