Stellungnahme zum Angriff auf den antiimperialistischen Block auf der Demo des „Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR)“

9. Dezember 2018, Infomail 1034, 12. Dezember 2018

Am 07. November 2018 beteiligte sich unter dem Motto „Hinter dem Faschismussteht das Kapital! Kampf dem Faschismus international!“ ein antiimperialistischer Block an den Protesten gegen die rechte „Merkel-muss-weg“-Kundgebung.Wegen seiner Positionen wurde er von sogenannten Antideutschen mehrfach tätlich angegriffen, TeilnehmerInnen wurden unter anderem als »Antisemiten« beschimpft. Der Anlass für das verbal und physisch aggressive Verhalten war ein Transparent, das innerhalb des Blocks getragen wurde und die Aufschrift „Israelerklärt sich per Gesetz zum Apartheidstaat“ trug. Schon kurz nach Beginn der Demonstration starteten „Antideutsche“ den ersten Versuch, das Transparent in ihre Gewalt zu bringen. Sie wiederholten den Versuch mehrmals vergeblich. Während der Abschlusskundgebung kam es mehrfach zu körperlichen Attacken gegen Mitglieder des Blocks.

Zu diesen Ereignissen veröffentlichte das „Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR)“ eine Stellungnahme, in der es diese gewalttätigen Angriffe unerwähnt lässt und den Antisemitismusvorwurf wiederholt. Seine Anschuldigung und die damit verbundene Aufforderung, in Zukunft den „Protestveranstaltungen fernzubleiben“, begründet das HBgR damit, dass, wer zwei Tage vor dem 80. Jahrestag der Pogromnacht den „Zufluchtsort von Jüdinnen und Juden“ kritisiere, „Antisemit“ sei.

Hinter diesen Vorwürfen steht die grundfalsche, aber bei deutschen Nazi-GegnerInnen weit verbreitete Gleichsetzung von Israelkritik und Antisemitismus. Wie israelische Linke zu Recht bemerkt haben (s. die Erklärung „Kritik an israelischer Politik und Antisemitismus sind nicht das Gleiche“), sind Israelkritik und Antisemitismus nicht dasselbe und dürfen nicht gleichgesetzt werden. Auch nicht am Jahrestag der Pogromnacht, und auch nicht an allen anderen Tagen, an denen sich in Deutschland antisemitische Verbrechen jähren. „Antideutsche“ instrumentalisieren das Leiden von Juden und Jüdinnen, um linke Kritik an Israels ultranationalistischer Regierung mundtot zu machen. Objektiv ist ein solches Verhalten darauf ausgerichtet, dass die Besatzungs- und Kriegspolitik gegenüber den PalästinenserInnen und die Autorisierung der israelischen Gesellschaft fortgesetzt werden kann, ohne dass sich international Widerstand dagegen regt. Mit seiner Stellungnahme unterstützt das HBgR diese Position.

Konkret versuchen die »Antideutschen« und das HBgR Kritik am Nationalitätengesetz zu unterbinden, mit dem die Mehrheit des israelischen Parlaments die palästinensische und andere Minderheiten in Israel im Juli per Beschluss zu BürgerInnen zweiter Klasse erklärt hat.

Zudem ist Israel für viele, insbesondere progressive und linke Juden, Jüdinnen und Israelis (Peace Now, Breaking the Silence, Anarchists Against the Wall, KriegsdienstverweigerInnen, KommunistInnen – um nur einige zu nennen) kein sicherer Zufluchtsort. Viele Oppositionelle verlassen Israel aufgrund ihrer politischen Überzeugungen. Unsere Solidarität gilt diesen und anderen GenossInnen, FreundInnen und fortschrittlichen Kräften, die gegen neoliberale Sozial- und Wirtschaftspolitik, staatlichen Rassismus und die autoritär-militaristische Kriegs- und Besatzungspolitik der israelischen Staatsapparate kämpfen.

Wir verurteilen die Übergriffe gegen den antiimperialistischen Block und das Vorgehen der AngreiferInnen, die mit ihrem Verhalten gezeigt haben, dass es ihnen wichtiger ist, linke AntifaschistInnen und PalästinenserInnen zu attackieren, als gegen die (neue) Rechte zu kämpfen. Wir lehnen die Positionierungen des HBgR, seine Unterstützung für »antideutsche« SchlägerInnen und die Übernahme „antideutscher“ Positionen ab.

Diese Entwicklungen sind allerdings wenig überraschend. Große Teile der deutschen Linken haben sich über die letzten Jahrzehnte vom Kampf gegen den Faschismus als Form bürgerlicher Herrschaft abgewendet. Dabei brauchen wir einen solchen vor dem Hintergrund der erstarkenden (teils neofaschistischen) Rechten auf der ganzen Welt – zu denen nicht nur Bolsonaro und Trump, Weidel, Strache, Orbán und Co gehören, sondern auch Netanjahu – im Zuge der globalen Krise des Kapitalismus dringender denn je in der Nachkriegsgeschichte.

Stattdessen aber ist in der Bundesrepublik Antifaschismus weitgehend zu liberalem und selektivem Anti-Nazi-Aktivismus verkommen. An die Stelle kapitalismuskritischer Faschismusanalysen, internationaler Solidarität und des Kampfs gegen den wieder erstarkenden deutschen Imperialismus sind bürgerliche Ideologiekritik, „Aufstand der Anständigen“ und Solidarität mit einer sraelischen Rechtsregierung getreten. Alles drei ist mit der deutschen Staatsräson problemlos kompatibel. Mit Antifaschismus hat das nichts mehr zu tun.

Politik gegen „Rechts“ muss den Widerstand gegen Krieg, Faschismus und Kapitalismus endlich wieder als untrennbare Einheit begreifen. Wer vom Faschismus redet, darf vom Kapitalismus nicht schweigen. Für einen linken Antifaschismus!

  • Nie wieder Krieg!
  • Nie wieder Faschismus!
  • Hoch die internationale Solidarität!

UnterzeichnerInnen

Bündnis „Bildung ohne Bundeswehr (BoB)“

Bündnis gegen imperialistische Aggressionen

Gruppe ArbeiterInnenmacht (GAM)

No pasarán Hamburg

Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Hamburg

Zusammenhang Antiimperialistische Bewegung

& einzelne TeilnehmerInnen des antiimperialistischen Blocks




Protest gegen AfD-Landesparteitag in Oldenburg: Nein zur rassistischen Ausgrenzung von Anti-ZionistInnen!

Nina Awarie, Infomail 1027, 30. Oktober 2018

Am vergangenen Wochenende fand in Oldenburg der Landesparteitag der niedersächsischen AfD statt. Obwohl erst wenige Tage davor der Veranstaltungsort bekannt gegeben wurde, konnte innerhalb kürzester Zeit ein breites Bündnis aus Parteien, Gewerkschaften, NGOs, LGBTIA-Organisationen und Kirchen zu Gegenaktionen mobilisieren. Allein am Samstagvormittag wurden fünf Kundgebungen rund um die Weser-Ems-Halle abgehalten. Zeitgleich bildeten AktivistInnen Menschenketten an den Hamburger Gittern, um den Zugang zum Veranstaltungsgebäude zu versperren. Vielen Delegierten war es nur unter Polizeigeleit möglich, in die Halle zu gelangen. Hierbei kam es immer wieder zu kleineren Rangeleien, aber auch zu heftiger Polizeigewalt. So wurde etwas abseits des Geschehens einem linken Aktivisten von einem Polizisten mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Später erfolgte noch ein Angriff der Polizei auf zwei BlockiererInnen, wobei ein Mann und eine junge Frau zu Boden gezerrt wurden und liegend getreten und geschlagen wurden. Laut Online-Ticker musste mindestens eine Person im Krankenhaus behandelt werden.

Demonstration

Nachmittags fand schließlich die vom Bündnis organisierte Demonstration statt. Die erwartete TeilnehmerInnenzahl von 2.500 wurde mit bis zu 8.000 DemostrantInnen deutlich übertroffen. Auch hier war ein breites Spektrum vertreten, das von Gewerkschaften, Grünen, SPD und Linkspartei bis zu zahlreichen Autonomen rund um das Oldenburger Aktions- und Kommunikationszentrum Alhambra reichte. Die Demonstration zog lautstark vom Bahnhofsvorplatz über den Julius-Mosen-Platz zum Europaplatz vor die Weser-Ems-Halle, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Angesichts der kurzen Mobilisierungszeit und des kalten, regnerischen Wetters ist die Demonstration durchaus als Erfolg zu bewerten, da es gelang, neben den „üblichen Verdächtigen“ des linken Spektrums auch zahlreiche unorganisierte OldenburgerInnen die gegen die AfD auf die Straße zu bringen.

Antideutscher Spaltungsversuch

Dennoch muss auch das mehr als kritikwürdige Verhalten einiger AktivistInnen thematisiert werden. Bereits bei der Auftaktkundgebung kam vom Lauti des Alhambras eine Durchsage, in der auf die Anwesenheit eines Oldenburger BDS-Aktivisten aufmerksam gemacht wurde. Dieser wurde nicht nur bei seinem Klarnamen genannt, sondern auch als Antisemit diffamiert und aufgefordert, sich von der Demo „zu verpissen“. Außerdem wurde auf der Abschlusskundgebung durch eine antideutsche Gruppe auf die Notwendigkeit einer bedingungslosen Israelsolidarität im Kampf gegen die AfD aufmerksam gemacht. In diesem Zusammenhang wurde von „linkem und muslimischem Antisemitismus“ gefaselt, dem man mehr entgegensetzen müsse. An dieser Stelle wird jetzt nicht noch einmal eine ausführliche Argumentation kommen, weswegen Kritik und Ablehnung des Zionismus nicht antisemitisch ist und weswegen Israelsolidarität nichts, aber auch gar nichts mit linker Politik zu tun hat. Dies ist schon mehrfach an anderer Stelle deutlich gemacht worden. Hier geht es um eine Kritik an dem Spaltungsmanöver der antideutschen Kräfte und ihre Parteinahme für die rassistische Politik des zionistischen Staates und ihre bedingungslose Unterstützung durch die Bundesregierung und, im Übrigen, auch durch die AfD!

In Zeiten, in denen es fast täglich zu Angriffen auf Geflüchtetenunterkünfte kommt, in denen organisierte faschistische Kräfte durch die Straße marschieren, um auf Menschen Jagd zu machen, in denen echte antisemitische Übergriffe auf JüdInnen stattfinden, in denen mit der AfD eine rechtspopulistische, rassistische, antisemitische und israelsolidarische Partei im Bundestag sitzt, in diesen Zeiten haben Teile der antideutschen Linken nichts besseres zu tun, als Israel-Fahnen zu schwenken, linke AktivistInnen zu diffamieren und von antirassistischen Aktionen auszuschließen.

Die geforderte Israelsolidarität ist nicht nur politisch falsch und hilft kein Stück im Kampf gegen Antisemitismus. Sie ist auch für viele palästinensische und arabische Geflüchtete eine Zumutung und macht es diesen unmöglich, an antirassistischen Aktionen teilzunehmen. Eine solche rassistische Ausgrenzung darf daher nicht verschwiegen oder kleingeredet werden. Sie dient nur der Spaltung und somit Schwächung des antirassistischen Widerstands und muss deshalb entschieden zurückgewiesen und politisch bekämpft werden!




Kassel: Solidarität mit AntirassistInnen!

Redaktion, Neue Internationale 226, Februar 2018

Am 29. November 2017 wurden zwei Mitglieder der revolutionären Jugendorganisation REVOLUTION in der Kneipe Mutter in Kassel von als antideutsch bekannten Personen angepöbelt, woraus sich eine hitzige „Diskussion“ zu den Themen Nahost-Konflikt, Kampf gegen Rassismus und vor allem Islam entwickelte, zu der weitere Antideutsche hinzukamen. Als beide später die Kneipe verließen, wurden sie plötzlich von zwei weiteren Antideutschen verbal und körperlich angegriffen. Die Mitglieder beschränkten sich darauf, die AngreiferInnen von sich zu schubsen, und versuchten, ihren Weg nach Hause fortzusetzen. Erst als sie schon 100 Meter von der Kneipe entfernt waren, drehten sich die AngreiferInnen um und kehrten zur Kneipe zurück.

Wer waren die AngreiferInnen? Was war der Auslöser?

Die Personen lassen sich dem Umfeld der Gruppen T.A.S.K. und Raccoons zurechnen. Einige der Personen, die unsere Mitglieder bepöbelt oder angegriffen haben, gehören zum aktivsten Teil der Kassler Antideutschen. Die Gesichter sind von Bündnistreffen, Demos und Kundgebungen bekannt. Der Vorfall kann nicht getrennt von der politischen Lage in Kassel betrachtet werden. REVOLUTION tritt seit langem offen für die Rechte unterdrückter Nationalitäten wie z.B. der PalästinenserInnen oder der KurdInnen ein. Deshalb waren Revolution und ArbeiterInnenmacht schon in der Vergangenheit immer wieder Drohungen von Antideutschen, z. B. in Form von Hausbesuchen, ausgesetzt.

Politisch setzen die Anti-Deutschen „den“ Islam mit „barbarischen Zuständen“ gleich, gegen die unsere „westliche Zivilisation“ verteidigt werden müsse, wie z. B. die Gruppe Raccoons in ihrem Text „Das Problem heißt Islam“ schreibt. Ihre „Religionskritik“ ist nichts anderes als antimuslimischer Rassismus und lässt sich von den Positionen und der Rhetorik der AfD nur schwer unterscheiden. Ihre Kritik am Kapitalismus ist pro-imperialistisch und chauvinistisch. Und sie schrecken offenkundig auch vor Angriffen auf andere Linke nicht zurück.

Wem nützt das?

Wer in Zeiten des globalen Rechtsrucks gegen Muslime und Muslima hetzt und angesichts der Schwäche und Zersplitterung der Linken antirassistische AktivistInnen bedroht und physisch angreift, hat jegliches Recht auf Anerkennung in der Linken verloren.

Wir fordern deshalb alle AktivistInnen auf, die physische Angriffe gegen Linke ablehnen und jede Spielart des Rassismus bekämpfen wollen, sich klar von den Kassler Antideutschen abzugrenzen.

 

Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung der ausführlicheren Stellungnahme von REVOLUTION zu dem Angriff.