Tarifrunde Öffentlicher Dienst: Streik – die einzige Sprache, die sie verstehen!

Gegenwehr! Betriebs- und
Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Februar 2019

Auch nach der zweiten
Verhandlungsrunde am 6./7. Februar lehnen die öffentlichen Arbeit„geber“Innen
die Forderungen der Gewerkschaften als überzogen und nicht finanzierbar ab. Selbst
ein eigenes Angebot haben sie bisher nicht vorgelegt.

Das zeigt: In dieser Tarifrunde
bekommen die ca. 3,3 Millionen Beschäftigten der Länder – darunter rund 2,3
Millionen BeamtInnen und VersorgungsempfängerInnen in Ländern und Kommunen –
nichts geschenkt. Dabei sind die Forderungen nach Jahren des Personalbbaus, von
Auslagerungen, Kürzungen, steigender Kosten und zurückbleibender Löhne nur
allzu berechtigt. Ver.di und GEW fordern 6 % mehr Lohn, mindestens aber
200 Euro, und für die Pflegekräfte in Krankenhaus- und Altenpflege die Anhebung
der Tabellenwerte um 300 Euro, zudem eine Verbesserung der Entgeltordnung.

Angesichts von sprudelnden
Steuereinnahmen der letzten Jahre, die sich bei ca. 3–6 Prozent bewegen, und
einem Nachholbedarf im Vergleich zur Privatwirtschaft scheint es naheliegend,
dass auch die Beschäftigten beteiligt werden sollen. Übereinstimmend weisen Betroffene
und ver.di in den sozialen und Gesundheitsberufen darauf hin, dass mehr Lohn
und eine bessere Eingruppierung dringend nötig sind, um den Personalengpass
auffangen zu können. Diese Berufe sind aufgrund der schlechten
Arbeitsbedingungen bei geringer Bezahlung nicht mehr attraktiv. Gerade ihre
Aufwertung ist mehr als dringend notwendig.

Die Misere in der Pflege oder
anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes wollen zwar auch Bundes- und
Landesregierungen angehen – nur „zu viel“ kosten darf das nicht. Als  Hauptbegründung für die Ablehnung der
berechtigten und notwendigen Forderungen der Beschäftigten müssen der
Schuldenberg und vor allem die Schuldenbremse herhalten. „Das bedeutet, dass es
Vorgaben an die Länder gibt, von ihren 750 Milliarden Schulden etwas
zurückzubezahlen“, bringt der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft der
Länder (TdL) – Berlins Innensenator Matthias Kollatz (SPD) die Haltung der
Arbeit„geber“Innen auf den Punkt (nd.de vom 6.2.19).

Wie reagieren auf die Kampfansage?

Die VertreterInnen der Länder
wollen den Sparkurs der letzten Jahre fortsetzen. Kein Wunder, denn sie
vertreten die Kapitalinteressen, nicht die der Beschäftigten. Sollen die
Forderungen durchgesetzt werden und die Runde nicht in einem faulen Kompromiss
am Verhandlungstisch enden, so kann die Antwort nur lauten: Mobilisierung der
vollen Kampfkraft!

Schon vor Beginn der
Auftaktverhandlungen am 21. Januar wurden drei Verhandlungstermine angesetzt:
die dritte und bisher letzte soll am 28. Februar und 1. März stattfinden. Angesichts
der knallharten Haltung der Arbeit„geber“seite wird am Verhandlungstisch wenig
mehr als ein Kompromiss rauszuholen sein, der hinter dem Notwendigen
zurückbleibt. Der Appell an die wirtschaftliche Vernunft der LänderdienstherrInnen
oder an die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes wird erst recht nicht
ausreichen.

In den bisherigen Warnstreiks
legten GewerkschafterInnen von Kiel bis München, von Köln bis Magdeburg die
Arbeit nieder und gingen zu Zehntausenden auf die Straße – darunter
Pflegekräfte aus den Unikliniken, ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen, LehrerInnen,
aber auch Beschäftigte aus den Landesverwaltungen. In einigen Bundesländern kam
es zu mehrstündigen oder ganztägigen Schließungen von Behörden, Schulen, Kitas
und anderer Einrichtungen. Der bundesweiten Aktionstage vom 26. – 28.2. werden
ein wichtiges Signal bezüglich der Kampfbereitschaft werden.

Die Forderungen sollen voll
durchgesetzt und nicht wieder Kompromisse vereinbart werden, die die
Haushaltskassen nicht zu sehr belasten. Dazu braucht es aber einen
Durchsetzungsstreik, um die gesamte Kampfkraft der KollegInnen in den Ländern
zu mobilisieren.

Damit dieser unbefristete
Vollstreik aller Beschäftigten Wirklichkeit wird, ist es notwendig, dass die
KollegInnen Basisorgane, Streik- und Aktionskomitees aufbauen, mit Hilfe derer
sie jeden Kampfschritt, jede Verhandlung anführen und kontrollieren und
möglichst viele weitere ArbeitskollegInnen in die Aktion einbezogen werden
können

  • Kein Abschluss bei der nächsten Runde der Tarifverhandlungen ohne Diskussion und Abstimmung durch die Mitglieder der Gewerkschaften! Gläserne, öffentliche Tarifverhandlungen – keine Mauscheleien hinter verschlossenen Türen!
  • SPD und Linkspartei geben vor, die Beschäftigten zu unterstützen. Wir brauchen keine Worte, sondern Taten! Wenn sie glaubwürdig sein wollen, müssen SPD und Linkspartei in den Landesregierungen die Forderungen der Gewerkschaften ohne Wenn und Aber unterstützen!
  • Organisiert Euch in lokalen Streikkomitees, die bundesweit koordiniert werden müssen, damit der Kampf unter Kontrolle der Masse der einfachen Mitglieder geführt werden kann!
  • Baut Solidaritätskomitees in den Stadtteilen auf! Der Kampf der Beschäftigen im öffentlichen Dienst verdient die Solidarität aller Lohnabhängigen, aller GewerkschafterInnen in allen Branchen!
  • Die Vorstände von ver.di und GEW müssen die Urabstimmung über den Beginn eines Durchsetzungsstreiks jetzt sofort einleiten!
  • Keine Laufzeit über ein Jahr hinaus, damit 2020 ein gemeinsamer Kampf aller Beschäftigten des öffentlichen Dienstes möglich wird! 2020 endet die Friedenspflicht für die Bundes- und Gemeindebediensteten.

Wo Organisationsgrad und damit
Kampfkraft der Länderbeschäftigten nicht sehr hoch sind, muss und kann die
Runde zur Gewinnung neuer Mitglieder genutzt werden. Der Kampf der
Beschäftigten im öffentlichen Dienst braucht aber auch die Solidarität anderer
Lohnabhängiger. Es drängt sich geradezu auf, den Konflikt zum Ausgangspunkt zu
nehmen, um auch andere mit in die Auseinandersetzungen einzubeziehen: So stehen
z. B. die KollegInnen aus der Druckbranche vor einem Generalangriff ihrer
Unternehmerverbände, die versuchen, jahrzehntelang erkämpfte Errungenschaften
anzugreifen. So findet zur Zeit auch die Tarifrunde der Beschäftigten bei der
Nahverkehrsgesellschaft BVG Berlin statt.

Die Tarifrunde muss politisch
geführt werden. Uns Beschäftigten muss klar sein: Es geht um einen Kampf Klasse
gegen Klasse. Die Haushalte stehen – auch wenn derzeit (noch) die Steuereinnahmen
sprudeln – immer in der Gefahr, finanziell ausgeblutet zu werden aufgrund der
jahrzehntelangen Umverteilungspolitik zugunsten der Unternehmen. Deswegen
müssen folgende Forderungen über die rein gewerkschaftlichen hinaus aufgestellt
werden:

  • Abschaffung der gesetzlichen Schuldenbremse!
  • Wiedereinführung der Vermögenssteuer, massive Besteuerung von Unternehmensgewinnen und großen Vermögen!
  • Stopp aller Privatisierungen und Auslagerungen in Servicetochtergesellschaften und Rücknahme dieser wie Wiedereingliederung in den Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge unter Kontrolle der Beschäftigten!



Solidarität mit den Beschäftigten der BVG!

Gegenwehr! Betriebs- und
Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Februar 2019

Nicht nur die Beschäftigten im öffentlichen
Dienst führen derzeit einen Arbeitskampf. Auch die VerkehrsarbeiterInnen bei
der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) kämpfen um höhere Löhne und bessere
Arbeitszeitbedingungen. Konkret gefordert werden von ver.di: eine 36,5-Stunden-Woche,
Weihnachtsgeld, Wegfall der unteren Lohngruppen in Verbindung mit schnelleren
Gehaltssprüngen sowie eine Einmalzahlung von 500 Euro für
Gewerkschaftsmitglieder. Als Maßstab werden die deutlich höheren Löhne bei der
Deutschen Bahn oder den Berliner Wasserbetrieben angeführt.

Angesichts der explodierenden Mieten in der
Stadt und der geringeren Entlohnung der BVG-ArbeiterInnen gegenüber anderen
InfrastrukturarbeiterInnen (DB, BWB, BSR/Berliner Stadtreinigung) sind die
Forderungen mehr als berechtigt. Zudem müssen die BVG-Beschäftigen seit Jahren die
verfehlte Personalpolitik ausbaden. Auch deshalb ist die Arbeitszeitverkürzung
um 2,5 Stunden pro Woche so wichtig und richtig. Die Chefin des Unternehmens,
Sigrid Nikutta, lehnt vor allem diese mit einem Verweis auf geplante 1100
zusätzliche Stellen ab, da bei einer 36,5 Stunden-Woche zusätzlich weitere 500
Personalkräfte benötigt würden.

Berlin bildet dabei nur die Spitze des
Eisberges, denn laut ver.di fehlen bundesweit im ÖPNV mehr als 30.000
Beschäftigte. Hier zeigen sich die Folgen von Privatisierungen und der
sogenannten Schuldenbremse, die die Kommunen zum Sparen verdonnert und damit
die Kosten der Finanzkrise 2008 vor allem auf die ArbeiterInnen abwälzt, sei es
durch geringe Löhne, Überlastung, fehlendes Personal oder durch hohe Fahrpreise.

Wie kämpfen?

Die Lage wird sich – nicht nur in der Berlin – weiter
zuspitzen. Von den Geschäftsführungen ist kein Kurswechsel zu erhoffen. Nur ein
entschlossener Arbeitskampf kann die Lage ändern – und das heißt: vom
Warnstreik zum unbefristeten Vollstreik. Damit ein solcher breit getragen wird
und erfolgreich sein kann, braucht es Vollversammlungen der Beschäftigen.
Ver.di soll so rasch wie möglich die Urabstimmung vorbereiten und einleiten.

Da die Beschäftigten im öffentlichen Dienst
genauso unter dem Sparkurs des Landes Berlin leiden und derzeit ebenfalls
Tarifverhandlungen führen, liegt nichts näher als ein gemeinsamer Kampf der
Beschäftigen der BVG und des öffentlichen Landesdienstes!

Inhalt einer Vollversammlung bei der BVG muss vor
allem eine Diskussion sein, wie die Forderungen ohne faule Kompromisse
erzwungen werden können. Dazu braucht es rechenschaftspflichtige Streikleitungen,
die aus der Belegschaft heraus gewählt werden und diesen koordinieren. Die
Verhandlungskommission muss diesen Versammlungen gegenüber rechenschaftspflichtig
und von diesen abwählbar sein. Es darf keinen Abschluss ohne Zustimmung der
Gewerkschaftsmitglieder geben!

Verkehrspolitik im Interesse der Bevölkerung

Sigrid Nikutta lehnt eine Arbeitszeitverkürzung
mit Verweis auf den Personalmangel ab. Das zeigt nur, dass der BVG- Vorstand,
aber auch das Land Berlin und der Senat (SPD, Linke, Grüne) nicht gewillt sind,
den Beruf der FahrerInnen entscheidend aufzubessern und attraktiver zu machen.
Im Gegenteil: Sie wollen weiter am Sparkurs festhalten, die 1.100 geplanten
Stellen reichen nicht.

Deswegen muss auf einer Vollversammlung auch
eine massive Investition in Netz und Fahrzeuge sowie eine große
Neueinstellungskampagne im Berliner ÖPNV diskutiert und gefordert werden.
Anstelle einer kapitalistischen Verwaltung durch Land und BVG-ChefInnen brauchen
wir dafür eine demokratische Kontrolle durch die VerkehrsarbeiterInnen und lohnabhängigen
Fahrgäste in Form eines gewählten Verkehrsplanungskomitees. Da dies auch die
EisenbahnerInnen im Regionalverkehr und bei der S-Bahn betrifft, müssen die
anderen Verkehrsgewerkschaften GdL und EVG einen erneuten Streikbruch (Einsatz
zusätzlicher Regionalzüge und S-Bahnen für die ausgefallenen U-Bahnzüge)
verhindern. Stattdessen sollten sich die EisenbahnerInnen an Diskussionen über
den ÖPNV bei der BVG beteiligen und sie im Arbeitskampf solidarisch
unterstützen.

Die BVG-Spitze und auch der Senat werden
behaupten, dass diese Forderungen nicht finanzierbar sind bzw. das Personal
fehle. In der Vergangenheit wurden Lohnerhöhungen im Verkehrsbereich immer
wieder als Grund vorgeschoben, die Ticketpreise zu erhöhen, obwohl die Qualität
im Schnitt in den letzten Jahrzehnten zurückging. Deswegen fordern wir, dass
nicht die Fahrgäste und PendlerInnen Personaleinstellungen und ÖPNV-Ausbau
durch höhere Fahrpreise bezahlen. Im Gegenteil: Wir fordern einen kostenlosen
ÖPNV, finanziert durch hohe Besteuerung der Reichen und KapitalistInnen,
insbesondere der Automobil- und Ölindustrie sowie privater
Verkehrsgesellschaften.




8. März: Beteiligt Euch am Frauenstreik!

Gegenwehr! Betriebs- und
Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Februar 2019

Am 8. März, dem internationalen Frauenkampftag, demonstrieren weltweit Millionen Frauen gegen Unterdrückung, Ungleichheit, Sexismus, Diskriminierung, Gewalt, geringere Löhne und die Last der Hausarbeit.

Gründe gibt es genug. Trotz jahrzehntelanger Kämpfe der
Frauenbewegung und der ArbeiterInnenbewegung verdienen Frauen noch immer
deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen – für die gleiche Arbeit und auch
in Deutschland. Der Lohnunterschied beträgt hier über 20 Prozent. Das bedeutet
nicht nur Diskriminierung im Arbeitsleben, sondern auch geringere Renten im
Alter. Das „Armutsrisiko“ von alleinerziehenden Frauen ist deutlich höher als
das ihrer Kollegen – obwohl (oder weil) sie den Großteil der Hausarbeit leisten
müssen.

Frauen sind bis heute von sexueller und physischer Gewalt,
von sexistischen Sprüchen und Belästigung betroffen – auch und gerade in der
Familie und im Freundeskreis.

Grund genug, am 8. März auf die Straße zu gehen und die
Arbeit niederzulegen. In den letzten Jahren fanden in vielen Ländern
Frauenstreiks statt – mit bis zu 6 Millionen Streikenden im letzten Jahr in
Spanien. 2019 soll der Funke auch auf Deutschland überspringen – beteiligt Euch
daher am Frauenstreik! Die Männer können und sollen durch Solidaritätsaktionen
und Streiks ihre Kolleginnen unterstützen! Die Gewerkschaften und Betriebsräte
sollten zu Streiks und Betriebsversammlungen aufrufen. Im öffentlichen Dienst
könnten auf diesen Tag Warnstreiks gelegt werden! So kann ein erster Schritt
getan werden, ArbeiterInnenklasse, Gewerkschaften, Studierende, Auszubildende,
SchülerInnen und Frauenbewegung in der Aktion zu vereinen!

Auf der Seite des bundesweiten Bündnisses findet ihr dessen
Aufruf und die Termine der Demonstrationen und Aktionen in den einzelnen
Städten unter: https://frauenstreik.org/event/streik/




Für eine klassenkämpferische Basisbewegung!

Gegenwehr! Betriebs- und
Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Februar 2019

Immer wieder ähnliche Erfahrungen: In Tarifrunden kämpft
jede Branche für sich, die Auseinandersetzungen werden nicht gebündelt. Streiks
werden halbherzig angegangen und mit unnötigen Zugeständnissen beendet. Die
Entscheidungen fällen häufig Menschen, die nicht von dem Geld leben müssen und
die vom Abschluss nicht selbst betroffen sind. Die Basis bleibt bei den
Entscheidungen außen vor.

Das liegt nicht an einzelnen Fehlentscheidungen oder dem
Versagen bestimmter GewerkschaftssekretärInnen oder Personalratsmitglieder. Es
liegt daran, dass die Gewerkschaften von einer Bürokratie, einem Apparat
geführt und kontrolliert werden, der seine Aufgaben nicht im Kampf gegen
Kapitalinteressen, sondern in der Vermittlung zwischen Lohnarbeit und Kapital,
nicht im Klassenkampf, sondern in der sog. „Sozialpartnerschaft“ sieht.

Diese akzeptiert letztlich die finanziellen Vorgaben des
Staates und eine Politik, die die Steuern für die Großunternehmen senkt und die
Belastungen für die Arbeitenden erhöht; eine Politik, die die Interessen der
Exportindustrie und das Diktat der Finanzmärkte akzeptiert und den Interessen
der Bevölkerung voranstellt.

Für die Gewerkschaften bedeutet dies, sich mit dem zufriedenzugeben,
was das Kapital hergibt. Je kranker aber dieses kapitalistische System wird,
desto weniger wird das und desto dicker werden die Kröten, die wir schlucken
sollen. Die Zusammenarbeit mit dem Kapital und seinem Staat fesselt die
Gewerkschaften!

Das Eintreten für kämpferische Aktionen in den Tarifrunden
und für Abschlüsse entsprechend den Forderungen, dafür, dass die Basis über
Aktionen entscheidet und über die Annahme von Abschlüssen, kann deshalb erst
dann wirklich erfolgreich sein, wenn dieser Kampf branchen- und
gewerkschaftsübergreifend geführt wird. Dabei geht es nicht nur um Vernetzung
und gegenseitige Unterstützung, sondern auch um den Austausch darüber, warum
die Gewerkschaftsführungen so handeln, wie sie es tun. Es geht darum, dass sich
alle GewerkschafterInnen, alle KollegInnen, die für eine Politik des
Klassenkampfes und der internationalen Solidarität eintreten, zu einer
Opposition, zu einer Basisbewegung zusammenschließen. Nur so wird es möglich
sein, die Gewerkschaften von unten zu erneuern, eine klassenkämpferisch Politik
durchzusetzen und die Kontrolle der Bürokratie zu brechen.

  • Für demokratische, klassenkämpferische Gewerkschaften! Schluss mit der Klassenzusammenarbeit!



Solidarität mit den brasilianischen KollegInnen!

Gegenwehr! Betriebs- und
Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Februar 2019

Seit dem 1. Januar regiert in Brasilien ein halb-faschistischer
Präsident, gegen den Donald Trump wie ein Liberaler wirkt. Jair Bolsonaro hat
sich durch Beleidigungen und Ausfälle gegenüber Frauen, Homosexuellen,
Schwarzen und die indigene Bevölkerung einen Ruf als gnadenloser „Populist“
gemacht. Als Bewunderer der letzten Militärdiktatur Brasiliens (1964–1985), in
der mehrere tausend Menschen getötet und ungezügelt politische Gegner gefoltert
wurden, hat der Ex-Fallschirmjäger nunmehr eine Mehrheit an Militärs in seiner
Regierung. Zusätzlich verdankt Bolsonaro seine Wahl auch ultra-konservativen
evangelikalen Kirchen, die nunmehr eine herausragende Rolle in Fragen der
Bildung und der Frauenpolitik spielen. Vor allem aber verdankt er seinen Weg an
die Macht der Unterstützung durch große Kapitalgruppen von Bergbaukonzernen,
des Agrobusiness bis hin zu ausländischen (auch deutschen) InvestorInnen in der
brasilianischen Industrie. Zu den ersten großen Projekten der neuen Regierung
zählt daher eine Rentenreform, die für Millionen armer BrasilianerInnen den Weg
zur Alterssicherung verunmöglichen wird. Zusätzlich soll der Rohstoffreichtum
des Landes (vor allem das Erdöl) durch Privatisierung und Ausverkauf an ausländische
Konzerne zu Geld gemacht werden. Vor allem aber bedroht die freie Hand für das
Agrobusiness das sozio-ökologische Gleichgewicht des für das globale Klima so
wichtigen Amazonasgebietes (natürlich gilt Bolsonaro und seiner Regierung der
menschengemachte Klimawandel als „marxistische Erfindung“).

Viele in Deutschland lebende brasilianische KollegInnen sind
inzwischen aktiv geworden, um die Angriffe des Bolsonaro-Regimes auf
Frauenrechte, soziale Sicherungen, Schwarze, Indigene etc. weltweit
anzuprangern. Im Gedenken an die ermordete schwarze Abgeordnete Marielle Franco
und die unzähligen anderen Opfer reaktionärer Gewalt veranstalten in Berlin
lebende brasilianische AktivistInnen einen „schwarzen März“ mit verschiedenen
Veranstaltungen. Vor allem am 14.3. soll es eine Kundgebung/Demonstration zum
Protest gegen Bolsonaro geben – bitte erscheint zahlreich zur Unterstützung und
Solidarität!

Berlin, 14. März: Protest gegen die Bolsonaro-Regierung in Brasilien – und deren deutsche UnterstützerInnen

15.30, Vor dem
Haus des BDI/DIHK, Breite Straße 29

16.30, Kundgebung vor der
Brasilianischen Botschaft, Wallstraße 57

Unterschriftenliste von GewerkschafterInnen in Solidarität mit der brasilianischen ArbeiterInnenbewegung




Kampf gegen Pflegenotstand: Perspektive Massenstreik!

Gegenwehr! Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Oktober 2018

Vom 19. – 21. Oktober findet in Stuttgart ein Kongress auf Einladung des Bündnisses „Krankenhaus statt Fabrik“ zum Thema „Was kommt nach den Fallpauschalen?“ statt. Das Bündnis besteht derzeit aus den ver.di-Landesfachbereichen 03 Baden-Württemberg, Berlin-Brandenburg und Nordrhein-Westfalen, dem Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte, der Soltauer Initiative sowie Einzelpersonen und wendet sich gegen die Ökonomisierung des Gesundheitswesens und insbes. das deutsche System der Krankenhausfinanzierung durch sog. Fallpauschalen (DRGs). Schließlich lädt das Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus zu einem bundesweiten Treffen aller Bündnisse gegen den Pflegenotstand am 9./10. November in Hamburg ein.

Dieses Flugblatt soll allen KollegInnen und Interessierten, die es nicht bei Diskussionen belassen, sondern den Kampf gegen den Pflegenotstand aufnehmen wollen, unsere Ziele und Vorschläge, wie dieser effektiv geführt werden kann, unterbreiten. Nutzen wir die Konferenzen gemeinsam zu einem Startsignal für aktives Handeln statt ergebnisloser Debattenrunden!

Aktionen und Initiativen

Grob gesagt gibt es 3 Stoßrichtungen: Lobbypolitik gegenüber den Regierenden, Tarifkämpfe und eine Ausrichtung auf Volksentscheide. Ver.di als potenziell mächtigste Kraft reitet mittlerweile auf allen drei Pferden. In Berlin gelang es dem Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus, in der 1. Stufe des Volksentscheids für ein Volksbegehren, dem Senat mehr als doppelt so viele Unterschriften wie nötig (über 40.000) zu präsentieren. Der Senat prüft die Zulässigkeit des Antrags juristisch. Das kann eine Ewigkeit dauern. Wir unterstützen Volksentscheidsinitiativen kritisch und beteiligen uns nach Kräften an ihnen. Wir weisen aber darauf hin, dass selbst bei einem positiven Ausgang die Regierung(en) nicht daran gebunden ist/sind.

Streiken – aber richtig!

Wäre mit der gleichen Begeisterung, mit der zahlreiche Aktive sich jetzt für Volksentscheide ins Zeug legen, gestreikt worden, sähen die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal bedeutend besser aus. Der Arbeitskampf an der Berliner Charité spielte eine Vorreiterrolle. Neuartige Streikformen (Bettenstreik, TarifberaterInnen) führten 2016 dort zu einem Tarifvertrag (TV) Entlastung. Die Achillesferse neben einer nur für Teilbereiche geltenden Personalregelung stellte jedoch die schwerfällige sog. Interventionskaskade dar.

Das Personal besaß keine Kontrolle über seine Arbeitsbedingungen, durfte z. B. keine Betten sperren. Nach einjährigem Testlauf kündigte ver.di den TV. Doch 2 Streiktage im September 2017 führten zu keiner besseren Regelung. Das Beispiel ihres ins Stocken geratenen Paradepferds veranlasste darum mutmaßlich die ver.di-Bürokratie, die Gäule zu wechseln und das Terrain des ökonomischen Klassenkampfs zu verlassen – zugunsten bürgerlich-demokratischer „Kampf“formen. Doch das sind selbstgemachte Leiden!

Auseinandersetzungen und beachtliche Teilerfolge

Nach der Gesundheitsministerkonferenz am 20. Juni 2018 gab es Warnstreiks an den Unikliniken Homburg/Saar und im Klinikum Niederlausitz. Die Vollstreiks an den Unikliniken Essen und Düsseldorf kamen ebenso zu einem Abschluss wie ein 51-tägiger Ausstand der Vivantes Service GmbH (VSG Berlin). Am 22. September demonstrierten 1.500 in Hamburg und forderten, die Vorschläge der Volksinitiative gegen den Pflegenotstand im Krankenhaus sofort umzusetzen.

Seit Mai gibt es für 27.000 Beschäftigte an den 4 Universitätskliniken Baden-Württembergs eine Einigung über 120 neue „SpringerInnen“, wenn der Personalschlüssel unterschritten wird. In Düsseldorf und Essen währte die Tarifauseinandersetzung seit Juni. In beiden Regionen führten Streiks zu beachtlichen Resultaten!

Eine PatientInneninitiative sammelte in Düsseldorf 5.000 Euro und Unterschriften für die Unterstützung des Streiks. Während die VSG-Berlin-Beschäftigten auf sich allein gestellt kämpften, war das hier anders. Es traten nahezu alle Berufsgruppen in den Ausstand, was erheblich dazu beitrug, alle Widrigkeiten zu überwinden (lange Streikdauer, anfänglich verweigerte Verhandlungsbereitschaft der Klinikdirektionen – zuständig sei die Tarifgemeinschaft der Länder, diese drohte mit Abbruch der Verhandlungen der Gehaltstarifrunde im gesamten öffentlichen Dienst der Länderbeschäftigten NRWs).

Das führte zu einem Schlichtungsergebnis, das mit über 70 % in der Urabstimmung angenommen wurde: bis Oktober 2019 je 180 Stellen mehr pro Haus, Auszubildende werden nicht auf den Schichtplan angerechnet, müssen unter Aufsicht einer Fachkraft arbeiten, 10 % ihrer Ausbildung besteht aus Praxisanleitung. Der Pferdefuß ähnlich wie an der Charité Berlin: Besetzungsregelung und Interventionsregime liegen in der Hand des Managements!

Fazit

  1. Relativ isolierte Einzelstreiks des Pflegepersonals haben bisher mehr gebracht als alle Volksentscheidsinitiativen und jedes Katzbuckeln mit Unterschriftenlisten bei „der Politik“!
  2. Nicht Streiks sind das Problem, sondern ihre Beschränktheit auf einzelne Haustarifverträge!
  3. Nicht die politische Bedeutung des Kampfs gegen Pflegenotstand ist falsch, sondern zahnlose Lobbypolitik, die Orientierung auf dessen VerursacherInnen als Erlösung davon! Wir brauchen unsere eigenen politischen Kampfmethoden mit politischen Massenausständen, – besetzungen und -solidaritätsaktionen bis hin zum Generalstreik!
  4. Plan- statt Marktwirtschaft von unten (nicht nur) im Krankenhaus!



Schluss mit Privatisierungen und Fallpauschalen!

Gegenwehr! Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Oktober 2018

In mehreren Stadtstaaten und nun auch im Flächenstaat Bayern gibt es Initiativen für ein Volksbegehren gegen Pflegenotstand, deren Ziel es ist, über einen Volksentscheid einen verbindlichen und festen Personal-PatientInnen-Schlüssel auf gesetzlicher Ebene durchzusetzen.

Allen Initiativen ist gemein, dass sie in relativ kurzer Zeit mehrere 10.000 Unterstützerunterschriften erreicht haben, was zeigt, dass der Pflegenotstand für die Mehrheit der Bevölkerung ein akutes Problem darstellt, das nach einer Lösung schreit!

So richtig es ist, auf politischer Ebene gegen den Pflegenotstand aktiv zu werden, so eingeschränkt ist aber auch ein Volksbegehren, denn seine wirklichen Ursachen kann es nicht aufheben:

Zum einen ist das die Privatisierung der ehemals kommunal verwalteten Krankenhäuser und die Öffnung dieser für die Übernahme durch privatwirtschaftlich organisierte Konzerne, denen es in erster Linie um Profit geht.

Zum anderen ist dies das 2003 gesetzlich eingeführte System der Fallpauschalen (DRGs). Diese refinanzieren nicht die gesamten Kosten einer Behandlung, sondern bezahlen nur eine bestimmte Pauschale pro diagnostiziertem Fall. Alle Krankenhäuser müssen damit ihre laufenden Betriebskosten abdecken.

Privatisierungen rückgängig machen und …

Noch in den 1970igern bis Anfang der 1980iger Jahre befanden sie sich zum größten Teil in kommunaler Hand. Sie hatten damit auch den Auftrag, die Bevölkerung – egal ob reich oder arm, jung oder alt, ob in Land oder Stadt, chronisch krank oder nicht, die Behandlung teuer ist oder nicht – gleichwertig zu behandeln.

Von 1972 bis 1985 galt das vollständige Selbstkostendeckungsprinzip, nach dem die Krankenhäuser ihre Behandlungskosten vollständig von den Krankenkassen refinanziert bekamen. Sie durften keinen Gewinn machen, standen noch nicht in unmittelbarer Konkurrenz zueinander, wie das heute der Fall ist, denn unter den DRGs machen einige Gewinne, andere Verluste.

Der Einstieg in die Verschlechterung und schließlich das Auslösen einer massiven Privatisierungswelle erfolgte über die Finanzierungskrise der Sozialsysteme. Ab den 1970er Jahren setzte die Dauerwirtschaftskrise Staatsfinanzen und Sozialversicherungen unter Druck.

Sinkende Reallöhne führten dazu, dass die Gesundheitsausgaben den Einnahmen der Sozialversicherungen enteilten. Die paritätische Finanzierung wurde zugunsten der „ArbeitgeberInnen“ verändert, ihr Beitrag auf 7,3 % eingefroren. Seitdem zahlen die Versicherten alle Mehrkosten (Krankenkassenzusatzbeiträge) und Zuzahlungen bei sehr vielen Behandlungskosten und Medikamenten.

Bereits in den 1980iger Jahren wurde das Verbot, Gewinne zu machen, aufgehoben und damit begonnen, erste Fallpauschalen für bestimmte Behandlungen einzuführen. Das bedeutete nichts anderes, als einen Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge, der unter staatlicher Verwaltung stand, profitorientierten Konzernen zu öffnen. Das Privatkapital sollte wieder direkt auf bis dahin für es verschlossene Bereiche Zugriff erhalten.

Aber mit der Öffnung der Krankenhäuser für private Konzerne, deren erstes Ziel der maximal mögliche Profit ist und nicht die optimale Gesundheitsversorgung der Bevölkerung oder gute Arbeitsbedingungen für das Personal und der Einführung der Fallpauschalen gerieten die Krankenhäuser stärker in Konkurrenz zueinander und unter weiteren Kostendruck.

… weg mit dem Fallpauschalen-System!

Dieses System der Fallpauschalen hatte Auswirkungen auf zwei Ebenen:

Kommunale Krankenhäuser konkurrieren nun mit den privaten um möglichst viele „profitable Fälle“, denn nur diese gewährleisten Kostendeckung bzw. sogar Gewinne (das sind vor allem planbare chirurgische Eingriffe ohne großes Risikopotential). Ansonsten droht Insolvenz. Zwar steht im Hintergrund noch der gesetzliche Auftrag der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Dieser wird aber praktisch nicht mehr eingehalten, denn dadurch können Krankenhäuser nicht mehr rentabel arbeiten. (Sehr deutlich bei der Geburtshilfe, in den Kinderkliniken und internistischen Abteilungen.) Droht die Insolvenz, stehen die privaten Konzerne zur Übernahme parat – mit allen Verschlechterungen.

Auf diesen verstärkten Sparzwang reagierten die Krankenhäuser – ob privatwirtschaftlich oder kommunal organisiert – mit folgenden Maßnahmen:

  • Behandlung einer größeren Anzahl von PatientInnen in kürzerer Zeit bei gleichbleibendem oder weniger Personal.
  • Bettenabbau bei gleichzeitiger gesteigerter Bettenbelegung.
  • Bevorzugte Behandlung von Fällen, die am meisten Gewinn versprechen.
  • Personalabbau: Zwischen 1995 und 2016 wurden über 25.000 Pflegekräfte abgebaut (7,3 %). 2010 bildete Deutschland zusammen mit Polen im europäischen Vergleich das Schlusslicht beim Verhältnis Pflegekräfte zu PatientInnen (Deutschland: 1:9,9 – Norwegen: 1:3,7).
  • Auslagerung von Abteilungen wie Küche, Reinigung mit schlechterer Bezahlung und Tarifflucht.
  • Schlechtere Bezahlung der Beschäftigten im Kernbetrieb – z.B. durch Tarifflucht oder Abschluss eines schlechteren Haustarifvertrags als der geltende TVöD-K.
  • Schließungen.

Schlechtere Versorgung der PatientInnen ist eine Folge von …

Die Folgen sind bekannt, eine gute Versorgung der PatientInnen ist nicht mehr gewährleistet. In vielen Bereichen kommt es zu einer Belegung von 110 – 120 % (PatientInnen auf dem Flur oder in Badezimmern etc.). Vor allem die Pflegekräfte geraten verstärkt unter Druck, burn out oder andere Krankheiten nehmen zu. Viele sehen keinen anderen Ausweg, als in Teilzeit zu gehen oder ganz aus ihrem Beruf auszuscheiden. Nach ver.di-Angaben fehlen bundesweit um die 70.000 Pflegekräfte.

… Kostendruck, Personalabbau, Arbeitsstress und führt zu …

Die Krankenhäuser kommen aber auch noch dadurch weiter unter Kostendruck, dass die Bundesländer, die für die Investitionskosten zuständig sind, von Jahr zu Jahr ihre Beiträge kürzen. Der notwendige Investitionsbedarf, der 2018 bei 6 Mrd. Euro liegt, wovon die Länder gerade mal die Hälfte zahlen, wird dann von den Krankenhäusern aus den Mitteln, die eigentlich für die Betriebskosten vorgesehen sind – also durch die Krankenkassen-Beiträge -, finanziert. Damit fehlen diese Mittel wiederum beim Personal, dies führt direkt zu Personalabbau.

Die Umstellung auf DRGs hat viele Kommunen ihre Kliniken an private Träger verkaufen lassen, wenn sie mit den Fallpauschalen nicht auskamen und zusätzlich noch aus laufenden Einnahmen dringend notwendige Investitionen tätigen mussten. Die privatisierten Betreiber schlossen übrigens Verträge mit den Ländern/Kommunen, um auch diese aus Steuergeldern finanziert zu bekommen, oft mehr als zuvor, als sie noch staatlich waren!

… hohen Profiten für die Krankenhauskonzerne!

Die Konzerne dagegen profitieren von diesem Fallpauschalen-System, da sie am rigorosesten oben angeführte Kostensenkungsmaßnahmen durchziehen. Der Anteil der Krankenhäuser, die sich in Besitz der großen Konzerne befinden, hat sich von 2002 bis 2013 von 23,7 auf 34,8 Prozent erhöht, während der in öffentlicher Trägerschaft von 37 auf 30 Prozent gesunken ist. Die deutschen Krankenhauskonzerne (Fresenius-Helios, Asklepios, Sana) überrundeten alle anderen in Europa und zählen heute zu den zehn größten weltweit. (Alle Zahlen nach: Fakten und Argumente zum DRG-System und gegen die Kommerzialisierung der Krankenhäuser, hrsg. von „Krankenhaus statt Fabrik“, März 2018). Oftmals gehen sie aus Pharma- und Geräteherstellern hervor, die schon vor 2003 die Ausrichtung der Medizin bestimmten. Dieser Vorteil verschaffte einigen wie dem Pharma- und Dialysekonzern Fresenius SE & Co. KGaA weiteren Marktzugang als Betreiber zahlreicher Kliniken.




Stückwerk Pflegepolitik

Gegenwehr! Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Oktober 2018

Der Pflegenotstand spitzt sich zu. Bis zum Jahr 2015 werden 4 Millionen Menschen in Deutschland auf Pflege angewiesen sein. Die Zahl der Pflegefachkräfte müsste bis dahin um 44 % steigen. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) konnten sich bis zum 30.6.2018 nicht auf Personaluntergrenzen auf sog. pflegesensitiven Stationen einigen, die Anfang 2019 in Kraft treten sollten. Laut einer Gesetzesänderung von 2017 müsste jetzt eigentlich das Bundesgesundheitsministerium eine Verordnung dazu erlassen. Wahrscheinlicher ist aber eine Zwangsschlichtung.

Eine Einbeziehung von PatientInnenorganisationen und Gewerkschaften in die Verhandlungen erfolgte nicht. Für die Ermittlung der Untergrenzen sollen die personell am schlechtesten besetzten 25 % der Krankenhäuser als Maßstab bestimmt werden – eher ein Anreiz zum Stellenabbau in den übrigen 75 % als zur Personalaufstockung! GKV und DKG haben sich zudem nur auf 6 Fachabteilungen mit Untergrenzen einigen können.

Koalitionsvertrag und Spahns „Reformen“

Der Entwurf des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG) des Bundesgesundheitsministers Spahn von Ende August sieht sogar nur 4 vor! Ver.di bemängelt außerdem, dass die Quote für Hilfskräfte zu hoch sei und für den Nachweis der Einhaltung der Mindestbesetzung nur ein monatlicher Durchschnittswert reichen soll.

Das Grundlagenwerk der Koalition sieht für die Altenpflege eine gesetzlich geregelte Personalbemessung vor. Ein Sofortprogramm soll zeitnah 8.000 Stellen schaffen, Spahn kündigte 13.000 an. In 13.000 Einrichtungen fehlen 63.000! Gibt’s denn wenigstens bessere Löhne? Tarifverträge sollen flächendeckend zur Geltung kommen. Es fehlt aber jede Angabe, welcher Leittarifvertag zugrunde liegen und wie er für allgemeinverbindlich erklärt werden soll. Ver.di verhandelt seit 28. September mit nichtkirchlichen Trägern der Altenhilfe. Sollen Caritas und Diakonie davon ausgenommen werden?

Für die Krankenhauspflege will der Koalitionsvertrag Untergrenzen auf alle bettenführenden Bereiche anwenden. Eine politische Regelung ist nicht vorgesehen. Wie viele Stellen geschaffen werden sollen, darüber schweigt die GroKo sich ganz aus. Pflegewissenschaftler Michael Simon errechnet einen Bedarf von 100.000.

Finanzierung

Die Krankenhausinvestitionen, von den Ländern zu tragen, sollen lediglich „deutlich erhöht“ werden. Woher die Mittel kommen sollen, wird nicht gesagt. Steuererhöhungen werden aber ausgeschlossen!

Das PpSG will zwar bis Mitte 2020 die Pflegepersonalkosten aus den DRGs herausnehmen, jedoch ohne Personalbemessungsgrenzen. In einem komplizierten bürokratischen Verfahren sollen vielmehr ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Pflegeaufwands das Verhältnis von Personal zu vorgegebenen Kostengrößen ermittelt und „schlechte“ Kliniken mit Abschlägen bestraft werden.

Es ist zu befürchten, dass selbst etwaige geringfügige Verbesserungen wie zukünftige vollständige Finanzierung von Tarifsteigerungen, Ausbildungskosten und (viele zu wenigen) neu eingestellten Pflegekräfte im Jahr 2019 durch die Krankenkassen von den Versicherten, also Lohnabhängigen und RentnerInnen, aufzubringen sein werden.

Die Pflegeversicherung übernimmt als Teilversicherung nur einen Kostenanteil, den Rest zahlen HeimbewohnerInnen bzw. Angehörige. Ein dringend notwendiger Umbau zu einer Pflegevollversicherung, eine GKV-Versicherungspflicht für alle bei Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenzen, eine Besteuerung der Gewinne und Vermögen – all dies ist nicht angedacht.

Ein Umbau des Gesundheitswesens mittels Umverteilung von oben nach unten fehlt vollständig. Der Pflegenotstand wird so nicht bekämpft, sondern festgeschrieben!




Für welche Ziele kämpfen?

Gegenwehr! Betriebs- und Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Oktober 2018

  • Schluss mit den Privatisierungen im Gesundheitswesen!
  • Entschädigungslose Rückverstaatlichung der bereits privatisierten Krankenhäuser; die ausgelagerten Bereiche müssen wieder dort integriert werden!
  • Fortführung dieser unter Kontrolle von Beschäftigten, Gewerkschaften und VertreterInnen aller weiteren Lohnabhängigen!
  • Weg mit dem System der Fallpauschalen – die real entstehenden Kosten einer Behandlung müssen refinanziert werden!
  • Volle Übernahme der notwendigen Investitionskosten durch den Staat!
  • Offenlegung aller Bilanzen!
  • Für massiv erhöhte und tarifgebundene Bezahlung der Beschäftigten im Pflegebereich!
  • Für ein ausreichendes Pflegepersonalgesetz in allen Sektoren, auch der Altenpflege! Personalbedarf für die PatientInnenversorgung, errechnet durch die Beschäftigten sowie PatientInnen und ihre Organisationen selber! Laufende Personalbesetzungs- und Betriebsregelungen unter ArbeiterInnenkontrolle!
  • Für flächendeckende Vollstreiks wie z. B. während Gehaltstarifrunden, die alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes einbeziehen! Kontrolle über Streik und Umsetzung des Ergebnisses durch die Basis! Einbeziehung aller Berufsgruppen! Wiedereingliederung der ausgegliederten Bereiche zu vollen TVöD-Ansprüchen!
  • Für einen politischen Massenstreik gegen Pflegenotstand!
  • Plan- statt Marktwirtschaft: Erstellung eines Plans für ein integriertes Gesundheits-, Rettungs- Kur- und Rehabilitationswesen von unten durch Beschäftigte und PatientInnen unter Hinzuziehung von ExpertInnen ihresVertrauens!
  • Weg mit Beitragsbemessungsgrenzen und Ausstiegsmöglichkeiten aus der gesetzlichen Krankenversicherung! Für weitere Finanzierung des Plans durch progressive Steuern auf Kapital, Gewinne und Vermögen!

Diese Forderungen können einen Schritt darstellen zur Sozialisierung der gesamten Care- und Reproduktionsarbeit einschließlich der unbezahlten in Privathaushalten. Das kann auch die prekär Beschäftigten auf unterster Stufenleiter unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit, ferner alle Azubis mitnehmen und die Tür aufmachen zu einem vernünftigen Gesellschaftssystem, das den arbeitenden Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt der Produktionszwecke stellt: Sozialismus statt Kapitalismus!




Wie weiter im Kampf für einen Tarifvertrag aller studentisch Beschäftigten?

Vorschläge der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Gegenwehr! ArbeiterInnenmacht-Flugschrift für Studierende 2,  1. Februar 18

Tausende Studierende haben sich an den Streiktagen, Aktionen und Demonstrationen der letzten Wochen beteiligt. Die Warnstreiks, zu denen GEW und ver.di aufgerufen haben, zeigten erste Wirkung.

Die Gewerkschaften haben über 1000 neue Mitglieder gewonnen. Damit wurde die Basis für den Arbeitskampf unter den über 8000 studentisch Beschäftigten massiv erweitert.

Die Wirkung zeigt sich auch bei den Reaktionen der Gegenseite. Die VertreterInnen der „Kommunalen Arbeitgeber“ und die Hochschulen reagieren mit Zuckerbrot und Peitsche: einer Mischung aus Einschüchterungs- und Diffamierungsversuchen einerseits, mit „Angeboten“ an Teile der Streikenden – einen Haustarifvertrag an der TU – andererseits.

Zur Zeit scheinen die Diffamierungsversuche, Einschüchterungen und Drohungen mit disziplinarischen Schritten – zumal oft auch stümperhaft vorgetragen – die Proteste eher zu beflügeln als zu schwächen. Das kann aber von den Spaltungsversuchen nicht gesagt werden. Die Versammlungen an den Unis – also die der aktivsten Kämpfenden – haben diese zwar überall zurückgewiesen. Auch die Tarifkommission (TK) lehnt diese zur Zeit ab.

Das bedeutet jedoch nicht, dass sie bei Teilen der Gewerkschaftsmitglieder oder bei der Masse der gewerkschaftlich nicht organisierten Beschäftigten nicht verfangen könnten. Manche mögen auch die Verhandlungen um das Angebot der TU als ein Druckmittel auf andere Unis begreifen – aber das kann leicht nach hinten losgehen, wenn sich der Arbeitskampf länger hinzieht und Gespräche um einen Haustarif als ein Schritt in die richtige Richtung erscheinen. Hinzu kommt, dass der Druck auf Einzelne wachsen wird, die Uni-Leitungen versuchen werden, die Studierenden wegen Ausfalls von Tutorien usw. gegen die Streikenden in Stellung zu bringen.

Wenn wir die drei Hauptforderungen – einen Stundenlohn von 14 Euro brutto, tariflich abgesicherte Vertragslaufzeiten von mindestens 4 Semestern und die Gleichbehandlung aller Hochschul-Beschäftigten bezüglich des Urlaubsanspruchs sowie dynamische Anpassung an Gehaltssteigerungen anderer Beschäftigtengruppen – für alle studentisch Beschäftigten erkämpfen wollen, wird eine Fortsetzung der bisherigen Aktionsformen nicht reichen. Zur Erzwingung unserer Ziele wird vielmehr ein unbefristeter Vollstreik notwendig sein!

Die bisherigen Aktionen haben eine sehr positive Rolle gespielt, die (potentielle) Kampffähigkeit zu steigern. Ohne sie wäre die Bewegung nicht so sehr gewachsen. Aber die aktuellen eintägigen Warnstreiks, Demonstrationen und symbolischen Aktionen werden nur bis zu einem bestimmten Punkt zu einer steigenden Mobilisierung führen können. Um die Basis für die Kämpfe auszuweiten, d. h. die unorganisierten Beschäftigten in die Gewerkschaften zu holen und für den Streik zu gewinnen, wird eine Fortschreibung der aktuellen Formen nicht reichen. Im Gegenteil, sie wird den Druck auf Abschlüsse an den einzelnen Unis erhöhen.

Nein zu allen Haustarifen! Nein zu jeder Spaltung!

Schon jetzt gibt es offen oder unterschwellig Diskussionen um einzelne Verträge, konkret um einen Haustarifvertrag an der TU Berlin. Dieser „Vorschlag“ muss zurückgewiesen werden. Die TU ist zur Zeit die kampfstärkste Universität. Dort trifft der Streik die Gegenseite, die sog. ArbeitgeberInnen am meisten. Es ist also kein Wunder, dass die dortige Hochschulleitung mit einem „großzügigen“ Angebot an die Öffentlichkeit trat.

Ein Abschluss an der TU wäre ein Schlag für die gesamte Bewegung, weil die anderen Unis und Hochschulen auf sich allein gestellt natürlich weniger durchsetzungsfähig wären und den Kampf nur schwer aufrechterhalten könnten. Am wahrscheinlichsten wäre es, dass an schlechter organisierten Unis schlechtere Tarifverträge durchgesetzt und manche Hochschulen überhaupt zu gewerkschaftsfreie Zonen würden. Doch selbst für den überaus unwahrscheinlichen Fall, dass sie ähnliche Abschlüsse wie die TU erzielen könnten, hätten die studentisch Beschäftigten danach unterschiedliche Verträge mit unterschiedlichen Laufzeiten und Friedenspflichten. Das würde einen gemeinsamen Tarifkampf für die Zukunft zusätzlich massiv erschweren.

Die negativen Auswirkungen unterschiedlicher Verträge zeigen sich schon heute, wenn wir die Lage von studentischen und anderen Beschäftigtengruppen an der Uni betrachten. Ursprünglich galt ein Tarifvertrag an den Unis auch für die studentisch Beschäftigten. Es gab daher eine gemeinsame Tarifrunde, gemeinsame Aktionen wie auch gemeinsame gewerkschaftliche Organisationsstrukturen. Der TV Stud selbst brachte eine Verschlechterung der Bedingungen gegenüber Vollzeitbeschäftigten, war aber für die Unis und deren EigentümerInnen überaus sinnvoll, weil so die Lohnkosten gesenkt werden konnten.

Eine solche Spaltung und erst recht jede weitere Zersplitterung bedeutet, dass die Arbeitskämpfe nur schwer zusammengeführt werden können. Selbst die „Arbeitgeberverbände“ sind schon heute verschieden. So wird der TV Stud mit dem Kommunalen Arbeitgeberverband verhandelt, während die Masse der Uni-Beschäftigten als Landesbeschäftigte gilt, also den VertreterInnen der Länder gegenübersteht. In diesem Sinn kann natürlich auch der TV Stud III, selbst wenn alle Forderungen erfüllt würden, nur ein Schritt hin zu einem gemeinsamen Tarifvertrag sein. Die letzten Jahrzehnte verdeutlichen, wie schwer es ist, eine solche Spaltung wieder rückgängig zu machen. Daher wäre ein Haustarifvertrag – selbst wenn die TU-VerhandlerInnen ihr Angebot deutlich verbessern würden – langfristig ein enormer Rückschlag, der die Kampfbedingungen gegenüber dem aktuellen TV Stud verschlechtern würde.

Vollstreik!

Um eine solche Spaltung zu verhindern, werden jedoch Argumente und der Ruf nach Solidarität alleine nicht reichen. Um die Ziele in ihrer Gesamtheit zu erreichen, aber auch um Zögernde zu überzeugen, müssen wir auch einen Schritt vorwärts, zur Ausweitung der Aktionen machen.

Das kann nur der Erzwingungsstreik sein. An die Stelle der aktuellen Warnstreiks müssen unbefristete Streiks aller Gewerkschaftsmitglieder treten. Dazu ist eine Urabstimmung unter den Mitgliedern von GEW und ver.di notwendig und diese sollte so rasch wie möglich durchgeführt werden.

Die Urabstimmungsphase sollte von Aktionstagen und einer Kampagne zur Organisierung der Unorganisierten begleitet sein. Ein einwöchiger Warnstreik Anfang Februar könnte dazu genutzt werden. Alle studentisch Beschäftigten, die GEW oder ver.di beitreten, sollen von Beginn an das volle Streikgeld erhalten. Um die gewerkschaftlichen Strukturen zu stärken, aber auch die Basis längerfristig zu einer aktiven und demokratischen Kontrolle zu befähigen, braucht es gemeinsame gewerkschaftliche Gruppen an den Unis bzw. den einzelnen Fachbereichen oder Instituten. Die Aktiventreffen an den einzelnen Unis sollten von den Gewerkschaften als solche anerkannt werden (natürlich unter der Voraussetzung des Beitritts zu einer der beiden DGB-Gewerkschaften).

Streikversammlungen und demokratische Kontrolle

Die Aktiventreffen, hunderte Studierende, viele AktivistInnen – ob nun studentische Beschäftigte oder nicht – haben Enormes für die Entwicklung der Bewegung geleistet. Ihre Kreativität, ihr Einfallsreichtum, ihre Zuverlässigkeit waren und sind unersetzbar.

Zugleich gibt es jedoch einen merkwürdigen Dualismus zwischen diesen Strukturen und den Gewerkschaften GEW und ver.di. Deren Apparat arbeitet zwar offen mit diesen AktivistInnen zusammen und unterstützt sie. Letztlich kontrolliert er aber die Tarifbewegung der studentisch Beschäftigten. Die Tarifkommission ist zwar gewählt, über die Frage, wer die Tarifverhandlung wie führt, wer etwaige Kompromisse annimmt oder nicht, bestimmt der Apparat. So hat auch die Vollversammlung am 2. Februar an allen Berliner Unis letztlich nur eine beratende Funktion. Für die Gewerkschaften oder für die Tarifkommission ist deren Ergebnis nicht bindend. Es wäre besser gewesen, wenn diese ordentlich eingeladen worden wäre, um eine Diskussion und bindende Beschlussfassung der streikenden Gewerkschaftsmitglieder zu gewährleisten. (UnterstützerInnen hätten auch dann als Gäste mit Rederecht eingeladen werden können.)

Trotz dieser Schwäche sollte die Vollversammlungen erklären, dass ihre Beschlüsse für den weiteren Kampf bindenden Charakter haben. Sollte dort ein Haustarif abgelehnt werden, so muss dies anerkannt und nicht als bloße Empfehlung betrachtet werden. Sollte dort eine Urabstimmung für einen Vollstreik beschlossen werden, so muss das Ergebnis bindenden Charakter haben. Die VertreterInnen von GEW und ver.di müssen ohne Wenn und Aber erklären, dass sie sich an solche Beschlüsse halten und in ihren Organisationen dafür eintreten. In ver.di beispielsweise bedarf jede Durchführung einer Urabstimmung der Genehmigung durch den Bundesvorstand. Von den VertreterInnen von ver.di muss daher eingefordert werden, dass sie sich (a) für eine solche Genehmigung einsetzen (und diese am besten schon vor dem 2. Februar für den Fall des Beschlusses einholen) und (b) die Gewerkschaftsdemokratie, also das Abstimmungsergebnis, in jedem Fall respektieren und verteidigen.

Um den Vollstreik durchzuführen, braucht es auch aktive Kampfstrukturen. Die Aktivengruppen und Versammlungen an einzelnen Unis stellen eine Keimform dar, die bei einem Vollstreik ausgebaut, auf verschiedene Institute und Fachbereiche ausgedehnt werden muss.

Zugleich braucht es bei einem allgemeinen Streik regelmäßige, d. h. tägliche Streikversammlungen an den verschiedenen Universitäten. Dort wäre nicht nur der Ort für die Auszahlung des Streikgeldes, sie wären auch das Zentrum der Organisierung des Streiks: der Einteilung und Unterstützung von Streikposten für die „eigene“ Uni, aber auch zur Unterstützung anderer; der Bildung von Aktionsgruppen für die (universitäre) Öffentlichkeit; der Diskussion und Beschlussfassung über weitere Aktionen; der laufenden Information über den Stand des Arbeitskampfes sowie etwaiger Angebote der Gegenseite. Alle Verhandlungen sollten öffentlich geführt werden, also beispielsweise durch Live-Übertragung im Internet, damit sich alle Streikenden ein Bild über den Verhandlungsstand und insbesondere die Rolle der „Arbeitgeber“ machen können.

Auf den Vollversammlungen müssen auch alle wesentlichen Entscheidungen zur Streiktaktik, über Verhandlungsergebnisse gefällt werden. Sie sollten auf dieser Basis die Mitglieder der Streikleitungen und der Tarifkommission wählen, abwählen und – wenn notwendig– erneuern.

Koordinierung mit anderen Arbeitskämpfen

Um den Kampf erfolgreich zu führen, brauchen wir auch Solidarität. Das bedeutet natürlich zuerst, dass wir andere Beschäftigtengruppen an den Universitäten und die Studierenden zur Unterstützung auffordern, die Vollversammlungen und auch die Aktionsgruppen für diese öffnen. Erstens brauchen wir mehr aktive UnterstützerInnen z. B. für Streikposten an kritischen Punkten. Zweitens müssen wir auch sicherstellen, dass die Studierenden und anderen Beschäftigten an der Uni nicht durch Lügen und Halbwahrheiten gegen uns aufgehetzt oder auch nur verunsichert und daher passiv werden. Wir brauchen ihre Unterstützung – und die Teilnahme möglichst vieler erleichtert auch die Einbindung in die Aktionen.

Ebenso sollten wir die Linkspartei und die SPD – insbesondere die zahlreichen GegnerInnen einer Großen Koalition – auffordern, aktiv den Kampf für einen TV Stud zu unterstützen. Das würde nicht nur uns Studierenden im Arbeitskampf helfen, es würde den Kampf gegen die Große Koalition über die Urabstimmung hinaus stärken.

In den letzten Jahren haben verschiedene Gruppen prekär Beschäftigter (z.B. CFM in Berlin) begonnen, gegen ihre Entrechtung zu kämpfen. Wir sollten daher aktiv den Schulterschluss mit ihnen suchen, um gemeinsam der Prekarisierung Einhalt zu gebieten.

Schließlich sollten uns aber auch mit den Streikenden in der Metall- und Elektroindustrie oder mit den Tarifkämpfen im öffentlichen Dienst, die in den kommenden Monaten laufen werden, koordinieren. Die Delegationen, die Warnstreiks der IG Metall besuchten, sind ein Schritt in diese Richtung. Noch wichtiger wäre aber, dass IG Metall und ver.di ihre Streiks mit den studentisch Beschäftigten verbinden. Als ersten Schritt in diese Richtung schlagen wir einen gemeinsamen Streiktag an der Uni und in Berliner Großbetrieben vor, der in einer gemeinsamen Demonstration mündet.