Bahn: 35 Stunden für die 35-Stunden-Woche!

Martin Suchanek, Infomail 1246, 5. März 2024

Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit der Bahn AG nimmt die GDL die Streiks zur Durchsetzung ihrer Tarifforderungen wieder auf. Die Arbeitsniederlegung beginnt am 6. März, 18.00, im Güterverkehr, am 7. März, 2.00 morgens, folgt der Personenverkehr.

Befristet ist der Streik auf 35 Stunden, um damit noch einmal der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung für die Beschäftigten im Schichtdienst Nachdruck zu verleihen.

Warum scheiterten die Verhandlungen?

Nach gut einem Monat Geheimverhandlungen samt Friedenspflicht verließ die Gewerkschaft die bis zum 3. März terminierten Unterredungen am 29. Februar vorzeitig. Offizieller Grund: Der DB-Vorstand hätte Interna an die Bild-Zeitung weitergegeben und damit die vereinbarte „Vertraulichkeit“ gebrochen. Was immer man davon halten mag, so lässt diese Begründung tief in die Bürokrat:innenseele der GDL-Spitze um Weselsky blicken. Wie die GDL bei Tarifabschlüssen mit der privaten Konkurrenz selbst immer wieder hervorhebt, stellen für sie Geheimverhandlungen und Sozialpartner:innenschaft nicht das Problem dar, sondern der mangelnde „Respekt“ des Bahnvorstandes für ihre Gewerkschaft. Schon deswegen – aber noch vielmehr wegen ihrer unkritischen Haltung zur AfD, der Gründung einer eigenen GDL-Verleihfirma und ihrer Unterstützung der Bahnprivatisierung – ist ein unkritisches Abfeiern von Weselsky und Co. unangebracht.

Doch immerhin. Die Verhandlungen sind gescheitert, ein fauler Kompromiss konnte bei den Geheimgesprächen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und „natürlich“ auch der GDL-Mitglieder nicht erzielt werden. Und das ist eine gute Nachricht für alle Gewerkschafter:innen und Linken.

Der Bahnvorstand, die bürgerliche Presse und die Bundesregierung schieben die Schuld dafür natürlich einseitig der GDL zu. Diese habe nur stur ihre Maximalforderungen wiederholt, statt diese am Verhandlungstisch aufzuweichen. Selbst das ist Unsinn. Die GDL hatte schon vor Beginn der Verhandlungen einen Kompromiss gegenüber einer sofortigen Umsetzung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich ins Spiel gebracht – nämlich die Tarifvereinbarungen bei den Privatbahnen, die eine schrittweise Umsetzung der Forderung vorsehen.

So beinhalten die Abschlüsse bei Netinera Deutschland (u. a. ODEG und vlexx; Töchter der italienischen Staatsbahn Trenitalia), metronom und Go-Ahead, dass dort ab 2028 die 35-Stunden-Woche kommt. Bis dahin sollen eine schrittweise Anpassung der Arbeitszeit, eine Inflationsausgleichsprämie über 3.000 Euro in zwei Schritten, eine Entgelterhöhung 2024 in zwei Schritten um brutto 420 Euro und Zuschläge von +5 % erfolgen. Die Entgeltlaufzeit beträgt 24 Monate, die Laufzeit der Arbeitszeit geht bis Ende 2027. Erkauft wird das Ganze wohl damit, dass das Wahlmodell mit zusätzlichem Urlaub wegfällt – die kürzere Arbeitszeit bringt unterm Strich zwar mehr Freizeit, aber eben bestimmt durch Dienstpläne und nicht nach den selbst ausgewählten Urlaubszeiträumen, wobei über diese letztlich auch die Disponent:innen und Personaleinsatzplaner:innen entscheiden.

Die GDL wäre sicher bereit gewesen, einen solchen Abschluss mit den dazu gehörigen Kröten auch bei der DB AG hinzunehmen und abzufeiern. Er hätte die Umsetzung der 35-Stunden-Woche deutlich gestreckt, die geforderte Laufzeit hätte sich von einem Jahr auf 2 Jahre verdoppelt und die Entgelterhöhung wäre klar unter den 550 Euro für alle geblieben.

Ebenso wie die Mär von der ultrasturen GDL können wir die psychologisierenden Einschätzungen beiseitelassen, die die Länge bzw. Kürze der Verhandlungen nur der Profilierungssucht des GDL-Vorsitzenden Weselsky zuschreiben.

Wirkliche Ursachen

Ein Licht auf die wirklichen Ursachen des Scheiterns wirft ironischer Weise die Erklärung des Bahnvorstandes. Die GDL, so heißt es, hätte sich seit Beginn der Verhandlungen Anfang Februar über Wochen nicht bewegt und „bis zuletzt dogmatisch auf der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich“ beharrt. Lassen wir einmal beiseite, dass die GDL so dogmatisch gar nicht war, so läuft der ganze Vorwurf darauf hinaus, dass die Gewerkschaft bei den Verhandlungen ihre eigenen Forderungen nicht gänzlich zurückgenommen hat oder jedenfalls nicht in einem für die DB akzeptablen Maß.

Nach Jahrzehnten sozialpartnerschaftlicher Tarifrundenrituale gilt es mittlerweile als normal, dass eine Gewerkschaft ohnedies nicht ernsthaft für ihre aufgestellten Forderungen eintritt. Das steht jetzt ein Stück weit infrage. Und das geht natürlich nicht. Daher rufen Unternehmerverbände und Unionsparteien einmal mehr nach Zwangsschlichtungen bei „kritischer Infrastruktur“. Dort sollten Streiks erst möglichst werden nach einer etwaigen gescheiteren Schlichtung und auch dann nur innerhalb enger Grenzen.

Dass sich die GDL bei der Bahn zu einer härteren Gangart gezwungen sieht, hat nichts mit einer grundsätzlich fehlenden Kompromissbereitschaft oder einem grundlegend anderen Charakter der Gewerkschaft zu tun, sondern damit, dass sie vor dem Hintergrund des reaktionären Tarifeinheitsgesetzes einen Existenzkampf nicht nur gegen das Management, sondern um ihre Anerkennung als Gewerkschaft führt. Daher muss sie sich gegen die größere und bei Lohnverhandlungen moderatere EVG zu profilieren versuchen.

Und das bringt Forderungen nach weiteren Einschränkungen des Streikrechts zutage, eine öffentliche Hetze gegen den Streik, der auf dem Rücken der Fahrgäste ausgetragen würde. Anders als bei früheren Arbeitskämpfen stimmt mittlerweile auch der Fahrgastverband Pro Bahn in diesen Chor ein. Bahn AG und GDL würden die Verkehrwende, die die Regierung ohnedies nur im Schneckentempo voranbringt und die Verkehrsminister Wissing sabotiert, wo er nur kann, kaputtmachen. Die Regierung müsse jetzt intervenieren, fordert Pro Bahn – ein Aufruf, das Streikrecht der GDL zu beschneiden!

Solidarität mit dem Streik!

In Wirklichkeit stellt der Vorwurf, die GDL (oder im Frühjahr 2023 auch die EVG) würde mit Streiks die Verkehrwende kaputtmachen und die Menschen von der Schiene vertreiben, reinen Zynismus dar. Schließlich sind die Gewerkschaften und die Beschäftigten ganz sicher nicht schuld, dass die Bahn seit Jahrzehnten kaputtgespart wird, ein unsinniger und chaotisierender Privatisierungsvorschlag dem nächsten folgt, die Preise stetig erhöht werden, statt den kostenlosen ÖPNV einzuführen oder wenigstens das Deutschlandticket für die nächsten Jahre bei 49 Euro zu fixieren. Selbst dazu sind jene nicht willens oder fähig, die jetzt über ein angeblich drohendes Streikchaos wettern.

Dabei macht die GDL nur, was jede ernstzunehmende Gewerkschaft tun sollte. Sie versucht, ihren Forderungen mit eskalierenden Streiks Nachdruck zu verleihen. Daher kündigt sie für die nächsten Wochen an, die Arbeitsniederlegungen nicht mehr längerfristig vorher bekanntzugeben, so dass die Bahn AG keine Notfahrpläne erstellen kann. Diese sog. Wellenstreiks sind eine durchaus kluge und naheliegende Taktik, um den Druck auf die Gegenseite zu erhöhen. Zugleich signalisiert sie auch, dass die GDL selbst vor einem unbefristeten Vollstreik zurückschreckt, ja, deren Vorsitzender Weselsky hat diesen wiederholt ausgeschlossen.

Die Bahn AG, die Regierung und sämtlich bürgerlichen Kräfte werden versuchen, die GDL durch öffentlichen Druck in die Knie zu zwingen – vor allem, indem sie sich als Vertreter:innen der Fahrgäste aufspielen. Die GDL hat zweifellos recht damit, wenn sie den Bahnvorstand für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich macht, weil dieser zu keinen substantiellen Zugeständnissen bei der 35-Stunden-Woche bereit ist.

Aber es reicht gegen eine offensive öffentliche Medienkampagne sicher nicht, das nur bei einer Pressekonferenz zu erklären. Damit die GDL den weiteren Arbeitskampf erfolgreich bestehen kann, muss sie auch anfangen, diesen anders als bisher zu führen. Es reicht nicht, dass die Mehrzahl der Streikenden einfach zuhause bleibt. Vielmehr wird es für einen längeren Arbeitskampf nötig sein, dass diese aktiv mit Infoständen, Demonstrationen, Flugblättern, auf sozialen Medien für ihren Streik werben und erklären, warum ein Sieg der GDL im Interesse aller Lohnabhängigen liegt. Der Kampf muss auch auf öffentlicher und politischer Ebene geführt werden, nicht nur auf einer rein gewerkschaftlichen.

Das erfordert auch, dass der Streik und erst recht die Verhandlungen nicht mehr als reine Top-Down-Veranstaltungen von Claus Weselsky geführt werden können oder sollen. Das liegt zum einen daran, dass die GDL-Spitze wie schon bei Aufnahme der Geheimverhandlungen Ende Januar durchaus auch faule Kompromisse einzugehen imstande ist und daher von den Beschäftigten kontrolliert werden muss. Es ist auch deutlich, dass ein längerer Streik nur durch die Aktivierung der Mitgliedschaft in Vollversammlungen und gewählten, abwählbaren und rechenschaftspflichtigen Streikkomitees durchhaltbar sein wird, also durch eine massive Verbreiterung der Basis der aktiven Gewerkschafter:innen.

Schließlich erfordert ein solcher Arbeitskampf die aktive Unterstützung durch die gesamte Gewerkschaftsbewegung und die Bildung von Solidaritätskomitees, um Gegenöffentlichkeit zu erzeugen und Solidaritätsaktionen und -streiks durchzuführen.

Und die EVG?

Die Solidarisierung mit der GDL wäre dabei zuerst die Aufgabe ihrer „Konkurrenz“ bei der Bahn AG. Doch was tut die EVG? Sie schweigt sich aus – bestenfalls!

Wer beim Angriff auf andere Gewerkschafter:innen, die für Arbeitszeitverkürzung und höhere Löhne streiken, nichts tut, der unterstützt letztlich die Kapitalseite! Im Tarifkampf „unparteiisch“ zu bleiben, hilft nur der Konzernleitung und sonst niemand.

Es schwächt letztlich sogar die EVG selbst, die bei ihren nächsten Tarifrunden und Arbeitskämpfen dem GDL-Vorstand schon jetzt die Argumente liefert, dann seinerseits die Füße stillzuhalten. Diese wechselseitige Entsolidarisierung stellt letztlich ein Kernproblem der Bahnbeschäftigten dar – und muss durchbrochen werden.

Die durchaus berechtigten und richtigen Kritikpunkte der EVG an der GDL, wie z. B., keine klare Kante gegen die AfD und gegen Rassismus zu zeigen und der von Unionsparteien, FDP und Grünen forcierten Zerschlagung der Bahn keinen Widerstand entgegenzubringen, werden letztlich hohl und verlieren ihre Wirkung, wenn sie nur als Vorwand dienen, der GDL jede Solidarität, jede Unterstützung zu versagen, wenn sie richtig, also im Interesse der Gewerkschaftsmitglieder handelt.

Die EVG-Spitze belässt es dabei keineswegs nur bei reiner Passivität. Sie geht vielmehr offen gegen eigene Gliederungen wie die EVG-Betriebsgruppe DB Systel Frankfurt vor, die sich offen mit dem GDL-Streik solidarisierte. Statt diese Solidarität zu verallgemeinern, drohen den Vorstandsmitgliedern der Betriebsgruppen jetzt Rügen und Funktionsverbote. In Wirklichkeit müssten solche gegen die Spitze der EVG wegen ihres unsolidarischen und gewerkschaftsschädigenden Verhaltens verhängt werden.

Bei der Bahn ist Solidarität eine unerlässliche Grundvoraussetzung für den laufenden Streik und zukünftige Kämpfe. Ein GDL-Erzwingungsstreik braucht die Solidarität aller Beschäftigen, aller Gewerkschafter:innen. In der EVG und unter den Bahnbeschäftigten braucht es Versammlungen von Abteilungen und Betriebsgruppen, um nicht nur die Solidarität mit der GDL zu erklären, sondern auch die Forderung zu erheben, selbst den Kampf um eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich für den gesamten Konzern aufzunehmen, so also den Kampf und die Streikfront direkt auszuweiten – und letztlich auch gemeinsame, gewerkschaftsübergreifende Streikkomitees zu bilden.




Claus Weselsky – ein Gewerkschaftsbürokrat wie andere auch

Leo Drais / Martin Suchanek, Infomail 1243, 28. Januar 2024

Der Bahn-Streik wird vorzeigt abgebrochen, verkündete GDL-Chef Weselsky zur Überraschung der Öffentlichkeit am 27. Januar. Die Bahn AG sei bei den Verhandlungen zum Verhandeln bereit, frohlockt der große Vorsitzende in der Presserklärung der Gewerkschaft: „Insbesondere die Verhandlungsbereitschaft der DB zur Arbeitszeitabsenkung für Schichtarbeiter ist zentral bedeutsam. Die Bereitschaft, auch über einen Tarifvertrag für die Infrastruktur zu verhandeln, ist nunmehr vorhanden. Im Falle einer Einigung wäre das ein starkes Signal für das gesamte Eisenbahnsystem und ein Schub hin zur Attraktivitätssteigerung der Eisenbahnberufe.“

Ist damit die Umsetzung der Forderungen der GDL gewährleistet? Wohl nicht. Ein mehr oder minder fauler Kompromiss – orientiert an den Abschlüssen bei privaten Verkehrsunternehmen und nicht an den Forderungen, für die die Mitglieder im Streik angetreten sind – zeichnet sich schon jetzt am Ende der Verhandlungen ab. Diese beginnen am 5. Februar beginnen und sollen bis zum 3. März dauern – Verlängerung möglich.

Offenkundig reicht die bloße Erklärung der Verhandlungsbereitschaft zu „allen Themen“ durch die Bahn AG – und der gestern noch als unbelehrbar, selbstherrlich, geldgierig und beratungsresistent denunzierte Bahnvorstand mutiert zum vertrauenswürdigen Sozialpartner nach Weselskys Geschmack.

Der GDL-Löwe erweist sich als zahmes Kätzchen. Für die Dauer der Verhandlungen wurde eine Friedenspflicht vereinbart, ein bisschen vom DB-Vorstand am Bauch gekrault, ein kleiner sozialpartnerschaftlicher Finger zum reinbeißen, und schon miaut der große Claus zufrieden. Die Gewerkschaft verzichtet freiwillig auf jedes gewerkschaftliche Druckmittel.

Vor allem liegt die Vermutung nahe, dass es am Ende mal wieder um die Konkurrenz der EVG geht. Deren Tarifverträge gelten dank des reaktionären Tarifeinheitsgesetzes im Zuckerstück schlechthin des deutschen Eisenbahnuniversums – der DB InfraGO (ehemals Netz) als Infrastrukturbetreiber. Hier einen Fuß in die Tür zu kriegen, allein schon das bloße Versprechen des DB – Vorstandes darüber zu sprechen, hat gereicht, um den Streik vorzeitig zu beenden. Claus Weselsky ist wieder das, was er eigentlich sein will – ein anerkannter Sozialpartner am Verhandlungstisch anstatt ein Kampfpartner der Eisenbahner:innen.  

In kleinen Kreis soll unter Ausschluss der Öffentlichkeit und „natürlich“ auch der GDL-Mitglieder verhandelt werden. „Alle Inhalte, Zwischenstand, Zwischenergebnisse etc. unterliegen der strengen Vertraulichkeit und werden nicht nach außen getragen,“ heißt es auf der Homepage der GDL.

Über jeden Winkelzug der Verhandlungen, über das Ergebnis, über das Ende des Streiks entscheidet in Gutsherrenmanier der große Vorsitzende der GDL, Herr Weselsky, samt Stab. In strenger Vertraulichkeit mit den Kapitalvertreter:innen fährt der letzte Rest von Gewerkschaftsdemokratie an die Wand. Die Mitglieder werden nach gelungener Mauschelei allenfalls von ihrem „Erfolg“ informiert.

Die GDL-Spitze agiert in dieser Tarifrunde ähnlich der Konkurrenzgewerkschaft EVG, bloß dass diese sich auch noch zur Schlichtung hinreißen ließ. Der Abschluss der GDL wird – allein, um ihn gegenüber der eigenen Mitgliedschaft besser zu verkaufen – voraussichtlich etwas besser als jener der EVG-Konkurrenz werden. Faktisch verzichtet der GDL-Vorstand mit den Geheimverhandlungen auf den Kampf um die volle Durchsetzung der Forderungen und wird sich im Rahmen der meisten anderen Abschlüsse der letzten Jahre bewegen. 

Es reicht ein bisschen besser zu sein als die EVG-Konkurrenz. Die Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts bei den Privatbahnen wurde erkauft mit einer Aufgabe des Wahlmodels 12 Tage mehr Urlaub. Und doch ist Claus Weselsky nicht komplett wie andere Gewerkschaftsbürokrat:innen – er spricht und bandelt auch offen mit der AfD, die nicht nur rassistisch, queerfeindlich und sexistisch und daher schon feindlich gegen vielen Eisenbahner:innen gegenüber ist, sondern als Autopartei schlechthin auch absolut eisenbahnfeindlich ist! Aber solange der große Claus mitreden darf, ist ihm das alles egal. Er hat Autodeutschland längst akzeptiert, ein Eisenbahndeutschland will er nicht – sonst würde er die Cargoverkleinerung bekämpfen, sonst wäre er nicht für die weitere Zerschlagung der DB. 

Die Mitglieder der GDL, die in den letzten Tagen ihre Entschlossenheit beim Streik eindrucksvoll bewiesen haben bleibt nur, den sozialpartnerschaftlichen Kuschelkurs Weselskys nicht mitzumachen. Bei Mitgliederversammlungen und in den Ortsgruppen sollten sie den neuen Kurs nicht nur besprechen, sondern ablehnen. Sie sollten einen Entscheid der GDL-Mitgliedschaft über das Abkommen mit der Bahn AG fordern, die Geheimverhandlungen und die Friedenspflicht ablehnen und die Durchführung eines Streiks zur Durchsetzung aller Forderungen verlangen. Sie müssen dafür eintreten, dass die Streikführung und die Verhandlungskommission unter Kontrolle der Mitglieder gestellt werden, dass diese von ihnen gewählt und abwählbar sein müssen. Nur so kann sichergestellt werden, dass ein Arbeitskampf nicht in der üblichen, üblen bürokratischen Manier abgebrochen wird, dass die Streikenden nicht am Katzentisch der Sozialpartner:innenschaft abgespeist werden statt bei voller Entfaltung ihrer Kampfkraft einen wirklichen Durchbruch zu erzielen.




Sieg dem GDL-Streik!

Martin Suchanek, Infomail 1243, 24. Januar 2024

Nichts oder jedenfalls fast nichts geht mehr. Der GDL-Streik steht und mit ihm der Bahnverkehr in ganz Deutschland. Sechs Tag wird der Ausstand dauern, der seit dem 22. Januar den Güterverkehr von DB Cargo und seit dem 23. Januar Personennah- und -fernverkehr lahmlegen wird.

Die Streikfront steht. Und zwar nicht, weil sich Claus Weselsky ein „Denkmal“ als besonders harter Gewerkschafter und Erzfeind des Bahnvorstandes setzen will. Wir wollen dabei keineswegs in Abrede stellen, dass er zum Abschied seiner Vorsitzendenlaufbahn noch einmal zeigen will, wo der Hammer hängt, persönliche Motive mit dem Kampf verbindet. Doch was wäre schon so schlimm daran, wenn auch alle anderen Gewerkschaftsvorsitzenden ihre Karriere mit einem harten Streik statt wachsweichem Verhandlungsgedöns ausklingen ließen.

Dass die GDL-Mitglieder Weselsky und ihrer Gewerkschaft folgen, hat schließlich vor allem leicht nachvollziehbare rationale Gründe – und diese kennen alle, die bei der Bahn arbeiten: Personalmangel, schlechte Arbeitsbedingungen, Schichtdienste, Überstunden. Hinzu kommt die Inflation angesichts von Gehältern, die auch bei der Bahn nicht üppig ausfallen, wenn man nicht gerade im Vorstand sitzt. Und schließlich müssen die Beschäftigten alle Mängel des wegen jahrzehntelanger Einsparungen ausgedünnten, ausgezehrten Systems Bahn auch noch ausbaden – sei es durch Überstunden und Stress, sei es, indem sie den berechtigten Unmut der Kund:innen stellvertretend für jene entgegennehmen müssen, die für die Misere der Bahn verantwortlich sind.

Am Scheideweg?

Die Verschärfung des Arbeitskampfes stellt zweifellos die richtige Antwort auf die Hinhaltetaktik des Bahnvorstandes dar. Die „großzügigen Verhandlungsangebote“ der Deutschen Bahn sollen vor allem in der Öffentlichkeit Entgegenkommen signalisieren. Von einer 35-Stunde-Woche und Verhandlungen für weitere Beschäftigtengruppen will sie partout nichts wissen – und ihre Ignoranz wird sie im Zweifel wahrscheinlich versuchen, vor Gerichten mit Verweis auf das Gesetz zur Tarifeinheit durchzusetzen.

Um selbst nicht als „stur“ dazustehen, hat die GDL ihrerseits noch am 22. Januar einen Kompromissvorschlag vorgelegt, den die Bahn jedoch als „Maximalforderung“ abgetan hat. Dabei geht es der GDL-Führung allem Verbalradikalismus Weselskys zum Trotz durchaus um einen Kompromiss, der sich an den Abschlüssen bei Netinera Deutschland (u. a. ODEG und vlexx; Töchter der italienischen Staatsbahn Trenitalia), metronom und Go-Ahead orientiert.

Ab 2028 kommen dort die 35-Stunden-Woche, bis dahin schrittweise Anpassung der Arbeitszeit, eine Inflationsausgleichsprämie über 3.000 Euro in zwei Schritten, eine Entgelterhöhung 2024 in zwei Schritten um brutto 420 Euro, Zuschläge +5 %. Die Entgeltlaufzeit beträgt 24 Monate, die Laufzeit der Arbeitszeit geht bis Ende 2027. Erkauft wird das Ganze wohl damit, dass das Wahlmodell mit zusätzlichem Urlaub wegfällt – die kürzere Arbeitszeit bringt unterm Strich zwar mehr Freizeit, aber eben bestimmt durch Dienstpläne und nicht nach den selbst ausgewählten Urlaubszeiträumen, wobei über diese letztlich auch die Disponent:innen und Personaleinsatzplaner:innen entscheiden.

Das zeigt, dass die GDL durchaus kompromissbereit wäre, und der Wegfall des Wahlmodells für zusätzlichen Urlaub wird sich für viele Kolleg:innen noch als echter Rückschlag entpuppen. Bei der Bahn wird der Kampf freilich heiß, weil die GDL auch in ihrem Wirkungsbereich durch das Tarifeinheitsgesetz eingeschränkt blieben soll. Während sie bei den Privatbahnen längst als „verlässliche“ und auf Geheimverhandlungen setzende Sozialpartnerin anerkannt ist, ist die EVG bei der Bahn Sozialpartnerin Nr. 1. Die GDL muss sich dort kämpferischer und militanter geben, als ihre Führung es letztlich sein will.

Doch genau deshalb birgt der Kampf Konfliktpotential, das ihn weiter treiben kann, als es beiden Seiten – Bahnvorstand und GDL-Führung – lieb ist. Nachdem beide Seiten der anderen Unversöhnlichkeit vorwerfen, lässt sich schwer vermitteln, wenn sie doch über die „Provokation“ der anderen Seite verhandeln. Ein Abschluss, den beide als „Sieg“ verkaufen können, rückt damit in die Ferne, auch wenn natürlich beide für solche „Wendungen“ jederzeit gut sind, beispielsweise durch eine „neutrale Vermittlung“, die „alles“ zum Gesprächsgegenstand erklärt.

Daher stellt sich für die GDL-Mitglieder und Streikenden, aber in Wirklichkeit für alle Beschäftigten bei der Bahn (und letztlich auch weit darüber hinaus), die Frage, wie es nach dem Streik weitergehen soll.

Die Taktik der GDL auf, wenn auch mehrtätige, so doch befristete Streiks zu setzen, wird früher oder später an eine Grenze stoßen. Ob der Bahnvorstand das ausreizen will, ist zwar ungewiss, aber nicht unmöglich. Hinzu kommt, dass sich die Führung der EVG bei der Bahn einmal mehr gegenüber den streikenden GDLer:innen extrem unsolidarisch verhält, diese bei den Kolleg:innen anschwärzt, und EVGler:innen, die sich mit dem GDL-Streik offen solidarisieren, wie die EVG-Betriebsgruppe DB Systel Frankfurt, madig macht.

Der EVG-Vorstand wiederholt die Politik der GDL-Führung, die auch jede Solidarisierung ablehnte mit den EVG-Warnstreiks ablehnte und diese trotz Streikverbots als „Schmierentheater“ denunzierte. Hinsichtlich der Spaltung der Belegschaft kann sich der DB-Vorstand jedenfalls auf „seine“ Gewerkschaftsführer:innen verlassen.

Volle Kampfkraft für die Forderungen!

Für die Streikenden der GDL stellt sich als die Frage, wie sichergestellt wird, dass die volle Kampfkraft für sämtliche Forderungen – 35 Stunden Woche, 555 Euro monatlich, 3.000 Euro Einmalzahlung bei einer Laufzeit von 12 Monaten – eingesetzt werden kann. Das erfordert einen unbefristeten Streik. Und es erfordert die Kontrolle der Streikenden über den Arbeitskampf und etwaige Verhandlungen – also regelmäßige Vollversammlungen, Wahl, Abwählbarkeit und Rechenschaftspflicht der Streikleitungen und vor allem auch der Verhandlungskommission. Schließlich müssen die Beschäftigen entscheiden, ob sie ihre Forderungen erstreiken wollen oder sich zu einem Kompromiss wie bei den Privatbahnen gezwungen sehen. In jeden Fall darf das nicht von der Verhandlungskommission oder Weselsky im Alleingang entschieden werden.

Für die Beschäftigen der Bahn und vor allem für die EVG-Mitglieder muss die Parole lauten: Solidarität mit dem GDL-Streik! EVG-Mitglieder können und sollen sich auch beteiligen, sie dürfen sich in keinem Fall als Streikbrecher:innen missbrauchen lassen. Kämpferische und solidarische Gewerkschafter:innen sollten in ihren Betriebsgruppen ähnliche Beschlüsse fassen wie die EVG-Betriebsgruppe DB Systel Frankfurt und den EVG-Vorstand mit der Forderung bombardieren, sich mit der GDL zu solidarisieren. Das gilt natürlich auch für sämtliche anderen DGB-Gewerkschaften.

Bei der Bahn ist das aber besonders wichtig, weil ein GDL-Erzwingungsstreik auch die Solidarität aller Beschäftigen, aller Gewerkschafter:innen brauchen wird. In der EVG und unter den Bahnbeschäftigten braucht es Versammlungen von Abteilungen und Betriebsgruppen, um nicht nur die Solidarität mit der GDL zu erklären, sondern auch die Forderung zu erheben, selbst den Kampf um eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich für den gesamten Konzerne aufzunehmen, so also den Kampf und die Streikfront direkt auszuweiten – und letztlich auch gemeinsame, gewerkschaftsübergreifende Streikkomitees zu bilden.

Tarifauseinandersetzung zu gesellschaftlichem Kampf machen!

Eine solche Solidarisierung ist auch aus einem anderen Grund unerlässlich. Gegen den 6-tägigen Streik machen mittlerweile fast alle bürgerlichen Medien, die Vertreter:innen der Ampel wie die bürgerlichen und rechten Oppositionsparteien Stimmung. Täglich „erfahren“ wir, dass der Streik nicht nur „die Wirtschaft“ maßlos schädige, sondern auch die Mehrheit der Bevölkerung finde, dass das alles jetzt „zu weit ginge“.

Verkehrsminister Wissing macht sich für eine Schlichtung stark, so dass endlich verhandelt werden könne. Die Tagesschau fordert in einem Kommentar, „der Gesetzgeber sollte dem Treiben langsam Grenzen setzen, damit Millionen Bahnkunden nicht länger die Leidtragenden sind.“ Die CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), Gitta Connemann, macht die GDL nicht nur als eindeutig Schuldige aus, sondern fordert auch gleich eine Einschränkung des Streikrechts durch verpflichtende Schlichtung bei kritischer Infrastruktur.

Diese Forderungen und Drohungen sind nur der Vorgeschmack darauf, was kommt, wenn die GDL einen unbefristeten Streik ausrufen würde. Diesem Druck können die GDL-Mitglieder und Streikenden letztlich nur standhalten, wenn sich die Bahnbeschäftigten, aber auch alle anderen Gewerkschaften mit ihnen solidarisieren und Solidaritätskomitees aufbauen, die gegen die Stimmungsmache der Herrschenden Gegenöffentlichkeit schaffen, die Pendler:innen, Kund:innen, letztlich die gesamte Bevölkerung durch Kundgebungen, Demonstrationen, Flugblätter, Arbeit in sozialen Medien aufklären.

Das würde aber erfordern, dass der Arbeitskampf nicht nur als reiner Tarifkampf betrieben wird, sondern als gesellschaftliche Auseinandersetzung, die auch jeder Privatisierung und weiteren kapitalistischen „Bahnreform“ den Kampf ansagt, für massive Investitionen in den Betrieb und in Personal sowie kostenlosen öffentlichen Nahverkehr eintritt, finanziert aus der Besteuerung der Reichen und Gewinne der privaten Großkonzerne!




GDL-Streik: Volle Durchsetzung der Forderungen, oder?

Leo Drais, Neue Internationale 280, Februar 2023

Seit dem 10. Januar legten die Mitglieder der GDL bundesweit für drei Tage den Bahnverkehr lahm. Die Streikfront stand fest, fast nichts ging mehr bei der Bahn. Denn die Beschäftigten mussten in den letzten Jahren nicht nur Reallohneinbußen hinnehmen, sondern vor allem die Arbeitsbedingungen sind angesichts von Schichtarbeit, Überstunden Streik und Kampf der Gewerkschafter:innen verdienen die Solidarität und Unterstützung der gesamten Arbeiter:innenklasse – auch der DGB-Gewerkschaften!

Wie bei jedem Arbeitskampf bei der Bahn, also auch den Warnstreiks der EVG, hat es sich der Konzern auch diesmal nicht nehmen lassen, zu sabotieren, herauszuzögern und die GDL vors Arbeitsgericht zu zerren. Im Unterschied zum verbotenen EVG-Streik im vergangenen Sommer war die Staatsjustiz der GDL erst- wie zweitinstanzlich wohlgesonnener und erlaubte den Streik, was sicher auch an der rechtlich besseren Absicherung der GDL liegt.

Sie hatte – und darin unterscheidet sie sich bei der Bahn positiv von den Tarifrundenritualen der DGB-Gewerkschaften – die Verhandlungen schnell eskalieren lassen und eine Urabstimmung durchgeführt. Nach dem Weihnachtsfrieden wurde gestreikt – nicht unbefristet und nicht, ohne am Montag und Dienstag die An- und Abreise für die rechten Apparatschiks des deutschen Beamtenbundes (die GDL ist hier Mitgliedsgewerkschaft) zur Jahrestagung in Köln sichergestellt zu haben. Man bestreikt sich ja nicht selbst, sprich, den eigenen Apparat. So wichtig die Solidarität mit dem Streik, so wenig sollten wir freilich blauäugig sein gegenüber der Politik der GDL-Führung.

Volle Durchsetzung der Forderungen oder des Netinera-Abschlusses?!

Das Paket „Fünf für Fünf“ (fünf Forderungen für fünf Berufsgruppen), mit dem die GDL ins Rennen ging, belief sich auf 555 Euro mehr in der Tabelle, darunter deutliche Entgelterhöhung für Azubis; Zulagen + 25 %; 35-Stunden-Woche für Schichtarbeitende (inkl. Wahlrecht für Beschäftigte zwischen 40- und 35-Stundenwoche); Inflationsausgleichsprämie 3.000 Euro; 5-Schichten-Woche, 5 % Arbeit„geber“:innenanteil für die betriebliche Altersversorgung; nach 5 Schichten, spätestens nach 120 Stunden, muss der nächste Ruhetag beginnen (Mindestfrei: 48 Stunden); 12 Monate Laufzeit.

Doch wird das jetzt durch einen Erzwingungsstreik durchgesetzt? Nein. Bereits jetzt ist klar, dass die Abschlüsse bei Netinera-Deutschland (u a. ODEG und vlexx; Töchter der italienischen Staatsbahn Trenitalia), metronom und Go-Ahead als Vorbilder dienen sollen.

Was steht dort drin? Ab 2028 kommt die 35-Stunden-Woche, bis dahin schrittweise Anpassung der Arbeitszeit; eine Inflationsausgleichsprämie über 3.000 Euro in zwei Schritten; eine Entgelterhöhung 2024 in zwei Schritten um brutto 420 Euro; Zuschläge +5 %. Die Entgeltlaufzeit beträgt 24 Monate, die der Arbeitszeit geht bis Ende 2027. Erkauft wird das Ganze wohl damit, dass das Wahlmodell mit zusätzlichem Urlaub wegfällt – die kürzere Arbeitszeit bringt unterm Strich zwar mehr Freizeit, aber eben bestimmt durch Dienstpläne und nicht nach den selbst ausgewählten Urlaubszeiträumen, wobei über diese letztlich auch die Disponent:innen und Personaleinsatzplaner:innen entscheiden.

Und auch wenn das Ganze sicher kein vollendeter Verrat ist, ist es mit Sicherheit auch kein „historischer Abschluss“, wie die GDL titelt. Die Reallohnverluste der vergangenen drei Jahre werden damit nicht ausgeglichen werden. Die Streikbeteiligung bei DB, Transdev und City-Bahn dürfte trotzdem hoch sein, während bei Netinera kein:e Kolleg:in die Möglichkeit hatte, über den „historischen Abschluss“ in einer Urabstimmung zu entscheiden. Die sonst so laute GDL-Spitze rühmt sich hier damit, dass sie auch leise könne. Am Ende ist sie eben eine Sozialpartnerin wie andere Gewerkschaften auch. Netinera warb Lokführer:innen sogar damit, dass Claus Weselsky ODEG fahren würde, wäre er noch Lokführer.

Bis zum 20. Januar hat die GDL weitere ähnliche Tarifverträge mit Abellio Rail und anderen privaten Unternehmen abgeschlossen. Während Weselsky durchaus zu Recht über den Bahnvorstand herzieht, überhäuft er die privaten Bahnunternehmen mit Lob. „Alle Unternehmen haben lösungsorientiert gehandelt und so die Abschlüsse ermöglicht“, heißt es in einer Pressemitteilung vom 19. Januar. Kurzum, wird die GDL als echte Sozialpartnerin anerkannt, braucht es auch keine Streiks. Dann reicht in guter deutscher Manier ein Verhandlungsmarathon.

Nach den Warnstreiks vom Januar hat die Bahn AG ein neues Verhandlungsangebot vorgelegt, auf das bei Drucklegung noch keine Reaktion der GDL vorliegt. Deutlich ist jedoch eines: Der GDL geht es nicht um die Durchsetzung der vollen Forderungen bei der Bahn, sondern darum, dass diese die Abschlüsse der privatisierten Konkurrenz übernimmt.

Linke sollten also keine Illusionen hegen. Auch bei der GDL gibt es weder Streikdemokratie noch jederzeit wähl- und abwählbare Gremien. Gerade deshalb müssten wir fordern: volle Durchsetzung der Forderungen durch einen unbefristeten Erzwingungsstreik. Das wäre im sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftssumpf der BRD in der Tat mal historisch.

Nur Tarif?

Trotzdem muss man natürlich anerkennen, dass die Abschlüsse der GDL besser sind als die der EVG. Wie schon in der Vergangenheit erscheint Letztere als Konkurrentin, der es Mitglieder abzuluchsen gilt. Dass die DB weiterhin das schändliche Tarifeinheitsgesetz anwendet, gießt hier weiter Öl ins Feuer – war das Gesetz nicht zuletzt auch von DGB-/SPD-Spitzen durchgesetzt worden. Auch der EVG-Vorsitzende Burkert hatte dem als Bundestagsabgeordneter zugestimmt.

Dass die GDL als kämpferischer Stern am deutschen Gewerkschaftshimmel prangt, liegt zum einen an ihren in Relation zu anderen Abschlüssen betrachteten vergleichsweise guten Erfolgen. Es ist aber eben eine relative Betrachtungsweise, in der eigentliche Eisenbahnzerstörer:innen und sozialpartnerschaftliche Füße-Stillhalter:innen – nichts anderes ist auch die Spitze der GDL – als Held:innen erscheinen, weil die EVG-Spitze und ihre Vorgänger:innen bei Transnet (Stichwort Norbert Hansen) einfach noch beschissener waren.

Es gehört zu den Paradoxien des deutschen Klassenfriedens, dass CDU-Mitglied Claus Weselsky sich mit einer angehaucht klassenkämpferischen Rhetorik als glaubwürdigster Arbeiter:innenführer stilisieren konnte. Dass die CDU eine wesentliche Zerstörerin der Eisenbahn in Deutschland war, 16 Jahre die Union das Autoministerium führte, sie das Tarifeinheitsgesetz mit verabschiedet hat – all das hat ihn nie sein Parteibuch abgeben lassen.

Und das ist kein Zufall. Im Verständnis des großen Vorsitzenden Claus ist der Markt gar nicht das Problem für die Bahn, solange es Gewerkschaften gibt, die für einen „fairen“ Preis der Ware Arbeitskraft sorgen. Dass die GDL da im vergangenen Sommer mit der „Fair-Train e. G.“ eine eigene Leiharbeitsfirma gegründet hat, ist nur folgerichtig.

Auch wenn es Claus Weselsky bestreitet – die GDL ist auch eine politische Kraft. Sie ist für die weitere Zerschlagung des Eisenbahnsystems, sprich der DB. Die GDL hat kein Problem mit hunderten EVU (Eisenbahnverkehrsunternehmen), solange diese mit ihr Abschlüsse tätigen. Doch genau diese hunderte EVU sind Teil der Eisenbahnkrise in Deutschland – nicht nur die verfluchte DB. Scheiße bleibt Scheiße, auch wenn man sie noch weiter aufteilt.

Zudem verschwimmt hinter Weselskys gewerkschaftlicher Rolle sein leidenschaftlicher Konservatismus. Er beriet das AfD-Absprengsel Bündnis Deutschland und eine Distanzierung von AfD-Mitgliedern in den eigenen Reihen lehnt er ab – das sei nicht Aufgabe der Gewerkschaften.

Natürlich ist die GDL mehr als nur Claus Weselsky. Die Ortsgruppe der S-Bahn-Berlin ist vergleichsweise links und die GDL Mitglieder allgemein spiegeln wahrscheinlich einfach durchschnittliches gewerkschaftliches Bewusstsein wider, was, bedingt durch das Charisma ihres Vorsitzenden und die passablen Abschlüsse, stolz auf seine Mitgliedschaft ist. Mit dem baldigen Ruhestand Weselskys stellt sich hier die Frage, wer in seine großen Fußstapfen folgen soll. Ob es wirklich Mario Reiß wird, bleibt abzuwarten – jüngst kam heraus, dass er es war, der als GDL-Mitglied im Aufsichtsrat des sonst so verfluchten DB-Konzerns 2022 zugestimmt hatte, die Vergütung des DB-Vorstandes zu erhöhen, während die GDL sonst nicht müde wird, die Bonuszahlungen von Lutz, Seiler und Co. anzuprangern. Nicht genug damit – die Mitgliedschaft wurde obendrein belogen und die Zustimmung zu den Vorstandsgehältern den Aufsichtsratsmitgliedern der EVG in die Schuhe geschoben (die ihrerseits auch nicht den Arsch in der Hose hatten, abzulehnen, sondern sich bloß zu enthalten).

Eine Gewerkschaft, eine Eisenbahn

Natürlich verdient die GDL, verdienen die Kolleg:innen unsere Solidarität, erst recht die der EVG-Mitglieder. Eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich wäre definitiv ein Zugewinn, erst recht in einem von Wechselschichtarbeit geprägten Berufsleben. Gegen die Angriffe des DB-Konzerns, der nicht nur den Streik mit einer einstweiligen Verfügung stoppen wollte, sondern mit Verweis auf „Fair-Train e. G.“ der GDL auch generell die Tariffähigkeit richterlich absprechen lassen will, gehört jene verteidigt.

Zugleich dürfen wir nicht kritiklos in den „Claus, Claus, Claus“-Chor einstimmen. Politisch ist die GDL die rechtere der beiden Bahngewerkschaften. Strukturell undemokratisch ist sie ähnlich wie die EVG, vielleicht noch eine Spur autoritärer. Wer einfach nur das bessere Angebot für den eigenen Geldbeutel sucht, wird vielleicht zur GDL gehen, vielleicht auch nicht, je nach Tarifeinheitsgesetz und DB-Betrieb.

Wer jedoch wirklich eine funktionierende Bahn mit guten Löhnen und selbstbestimmter Organisation haben will, muss einen Kampf in GDL wie EVG für eine einzige, basisdemokratische Verkehrsgewerkschaft führen. Anstatt sich gegeneinander aufzubringen oder aufbringen zu lassen, sollten sich die Basiseinheiten beider Gewerkschaften mal zusammentun und darüber diskutieren: Was für eine Bahn, was für eine Gewerkschaft brauchen und wollen wir? Viele private EVU auf marodem Netz oder doch eine staatliche europäische Bahn ohne Profitzwang? Mit einer Gewerkschaft, die sich nicht nur auf Tarif konzentriert, sondern beginnt, in der Organisation der Eisenbahn und der Verkehrswende eine entscheidende Rolle in Planung, Bau und Betrieb zu spielen, indem sie für Arbeiter:innenkontrolle über die Bahn kämpft.

Auf dem Weg dahin liegt noch nicht mal der Schotter, geschweige denn ein befahrbares Gleis. Wir müssten es selbst bauen. Und große Vorsitzende werden uns dann im auch im Weg stehen.




GDL-Streik: Für Fünf für Fünf – oder was?

Leo Drais, Infomail 1241, 11. Januar 2024

Seit dem 10. Januar legen die Mitglieder der GDL bundesweit für drei Tage den Bahnverkehr lahm. Die Streikfront steht. Denn die Beschäftigten mussten in den letzten Jahren nicht nur Reallohneinbußen hinnehmen, sondern vor allem die Arbeitsbedingungen sind angesichts von Schichtarbeit, Überstunden und Personalmangel schier unerträglich. Der Streik und der Kampf der Gewerkschafter:innen verdient die Solidarität und Unterstützung der gesamten Arbeiter:innenklasse – auch der DGB-Gewerkschaften!

Wie bei jedem Arbeitskampf bei der Bahn, also auch den Warnstreiks der EVG, hat es sich der Konzern auch diesmal nicht nehmen lassen, zu sabotieren, herauszuzögern und die GDL vors Arbeitsgericht zu zerren. Im Unterschied zum verbotenen EVG-Streik im vergangenen Sommer war die Staatsjustiz der GDL erst- wie zweitinstanzlich wohlgesonnener und erlaubte den Streik, was sicher auch an der rechtlich besseren Absicherung der GDL liegt. Sie hatte – und darin unterscheidet sie sich bei der Bahn positiv von den Tarifrundenritualen der DGB-Gewerkschaften – die Verhandlungen schnell eskalieren lassen und eine Urabstimmung durchgeführt. Nun ist der Weihnachtsfrieden vorbei und es wird gestreikt – nicht unbefristet und nicht, ohne am Montag und Dienstag die An- und Abreise für die rechten Apparatschiks des deutschen Beamtenbundes (die GDL ist hier Mitgliedsgewerkschaft) zur Jahrestagung in Köln sichergestellt zu haben. Man bestreikt sich ja nicht selbst, sprich, den eigenen Apparat. So wichtig die Solidarität mit dem Streik, so wenig sollten wir freilich blauäugig sein gegenüber der Politik der GDL-Führung.

Volle Durchsetzung der Forderungen oder des Netinera-Abschlusses?!

Das Paket „Fünf für Fünf“ (fünf Forderungen für fünf Berufsgruppen), mit dem die GDL ins Rennen ging, belief sich auf 555 Euro mehr in der Tabelle, darunter deutliche Entgelterhöhung für Azubis; Zulagen + 25 %; 35-Stunden-Woche für Schichtarbeitende (inkl. Wahlrecht für Beschäftigte zwischen 40- und 35-Stundenwoche); Inflationsausgleichsprämie 3.000 Euro; 5-Schichten-Woche, 5 % Arbeit„geber“:innen-Anteil für die betriebliche Altersversorgung; nach 5 Schichten, spätestens nach 120 Stunden, muss der nächste Ruhetag beginnen (Mindestfrei: 48 Stunden); 12 Monate Laufzeit.

Doch wird das jetzt durch einen Erzwingungsstreik durchgesetzt? Nein. Bereits jetzt ist klar, dass die Abschlüsse bei Netinera-Deutschland (u a. ODEG und vlexx; Töchter der italienischen Staatsbahn Trenitalia), metronom und Go-Ahead als Vorbilder dienen sollen.

Was steht dort drin? Ab 2028 kommt die 35-Stunden-Woche, bis dahin schrittweise Anpassung der Arbeitszeit; eine Inflationsausgleichsprämie über 3.000 Euro in zwei Schritten; eine Entgelterhöhung 2024 in zwei Schritten um brutto 420 Euro; Zuschläge +5 %. Die Entgeltlaufzeit beträgt 24 Monate, die der Arbeitszeit geht bis Ende 2027. Erkauft wird das Ganze wohl damit, dass das Wahlmodell mit zusätzlichem Urlaub wegfällt – die kürzere Arbeitszeit bringt unterm Strich zwar mehr Freizeit, aber eben bestimmt durch Dienstpläne und nicht nach den selbst ausgewählten Urlaubszeiträumen, wobei über diese letztlich auch die Disponent:innen und Personaleinsatzplaner:innen entscheiden.

Und auch wenn das Ganze sicher kein vollendeter Verrat ist, ist es mit Sicherheit auch kein „historischer Abschluss“, wie die GDL titelt. Die Reallohnverluste der vergangenen drei Jahre werden damit nicht ausgeglichen werden. Die Streikbeteiligung bei DB, Transdev und City-Bahn dürfte trotzdem hoch sein, während bei Netinera kein:e Kolleg:in die Möglichkeit hatte, über den „historischen Abschluss“ in einer Urabstimmung abzustimmen. Die sonst so laute GDL-Spitze rühmt sich hier damit, dass sie auch leise könne. Am Ende ist sie eben eine Sozialpartnerin wie andere Gewerkschaften auch. Netinera warb Lokführer:innen sogar damit, dass Claus Weselsky ODEG fahren würde, wäre er noch Lokführer. Linke sollten hier keine Illusionen hegen. Auch bei der GDL gibt es weder Streikdemokratie noch jederzeit wähl- und abwählbare Gremien. Gerade deshalb müssten wir fordern: volle Durchsetzung der Forderungen durch einen unbefristeten Erzwingungsstreik. Das wäre im sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftssumpf in der BRD in der Tat mal historisch.

Nur Tarif?

Trotzdem muss man natürlich anerkennen, dass die Abschlüsse der GDL besser sind als die der EVG. Wie schon in der Vergangenheit erscheint sie als Konkurrentin, der es Mitglieder abzuluchsen gilt. Dass die DB weiterhin das schändliche Tarifeinheitsgesetz anwendet, gießt hier weiter Öl ins Feuer – war das Gesetz nicht zuletzt auch von DGB-/SPD-Spitzen durchgesetzt worden. Auch der EVG-Vorsitzende Burkert hatte dem als Bundestagsabgeordneter zugestimmt.

Dass die GDL als kämpferischer Stern am deutschen Gewerkschaftshimmel prangt, liegt zum einen an ihren in Relation zu anderen Abschlüssen betrachteten vergleichsweise guten Erfolgen. Es ist aber eben eine relative Betrachtungsweise, in der eigentliche Eisenbahnzerstörer:innen und sozialpartnerschaftliche Füße-Stillhalter:innen – nichts anderes ist auch die Spitze der GDL – als Held:innen erscheinen, weil die EVG-Spitze und ihre Vorgänger:innen bei Transnet (Stichwort Norbert Hansen) einfach noch beschissener waren.

Es gehört zu den Paradoxien des deutschen Klassenfriedens, dass CDU-Mitglied Claus Weselsky sich mit einer angehaucht klassenkämpferischen Rhetorik als glaubwürdigster Arbeiter:innenführer stilisieren konnte. Dass die CDU eine wesentliche Zerstörerin der Eisenbahn in Deutschland war, 16 Jahre die Union das Autoministerium führte, sie das Tarifeinheitsgesetz mit verabschiedet hat – all das hat ihn nie sein Parteibuch abgeben lassen.

Und das ist kein Zufall. Im Verständnis des großen Vorsitzenden Claus ist der Markt gar nicht das Problem für die Bahn, solange es Gewerkschaften gibt, die für einen „fairen“ Preis der Ware Arbeitskraft sorgen. Dass die GDL da im vergangenen Sommer mit der „Fair-Train e. G.“ eine eigene Leiharbeitsfirma gegründet hat, ist nur folgerichtig.

Auch wenn es Claus Weselsky bestreitet – die GDL ist auch eine politische Kraft. Sie ist für die weitere Zerschlagung des Eisenbahnsystems, sprich der DB. Die GDL hat kein Problem mit hunderten EVU, solange diese mit iht Abschlüsse tätigen. Doch genau diese hunderte EVU sind Teil der Eisenbahnkrise in Deutschland – nicht nur die verfluchte DB. Scheiße bleibt Scheiße, auch wenn man sie noch weiter aufteilt.

Zudem verschwimmt hinter Weselskys gewerkschaftlicher Rolle sein leidenschaftlicher Konservatismus. Er beriet das AfD-Absprengsel Bündnis Deutschland und eine Distanzierung von AfD-Mitgliedern in den eigenen Reihen lehnt er ab – das sei nicht Aufgabe der Gewerkschaften.

Natürlich ist die GDL mehr als nur Claus Weselsky. Die Ortgruppe der S-Bahn-Berlin ist vergleichsweise links und die GDL Mitglieder allgemein spiegeln wahrscheinlich einfach durchschnittliches gewerkschaftliches Bewusstsein wider, was durch das Charisma ihres Vorsitzenden und die passablen Abschlüsse stolz auf seine Mitgliedschaft ist. Mit dem baldigen Ruhestand Weselskys stellt sich hier die Frage, wer in seine große Fußstapfen folgen soll. Ob es wirklich Mario Reiß wird, bleibt abzuwarten – jüngst kam heraus (https://www.youtube.com/watch?v=b4DaFhOzaL0), dass er es war, der als GDL-Mitglied im Aufsichtsrat des sonst so verfluchten DB-Konzerns 2022 zugestimmt hatte, die Vergütung des DB-Vorstandes zu erhöhen, während die GDL sonst nicht müde wird, die Bonuszahlungen von Lutz, Seiler und Co. anzuprangern. Nicht genug damit – die Mitgliedschaft wurde obendrein belogen und die Zustimmung zu den Vorstandsgehältern den Aufsichtsratsmitgliedern der EVG in die Schuhe geschoben (die ihrerseits auch nicht den Arsch in der Hose hatten, abzulehnen, sondern sich bloß zu enthalten).

Eine Gewerkschaft, eine Eisenbahn

Natürlich verdient die GDL, verdienen die Kolleg:innen unsere Solidarität, erst recht die der EVG-Mitglieder. Eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich wäre definitiv ein Zugewinn, erst recht in einem von Wechselschichtarbeit geprägten Berufsleben. Gegen die Angriffe des DB-Konzerns, der nicht nur den Streik mit einer einstweiligen Verfügung stoppen wollte, sondern mit Verweis auf „Fair-Train e. G.“ der GDL auch generell die Tariffähigkeit richterlich absprechen lassen will, gehört jene verteidigt.

Zugleich dürfen wir nicht kritiklos in den „Claus, Claus, Claus“-Chor einstimmen. Politisch ist die GDL die rechtere der beiden Bahngewerkschaften. Strukturell undemokratisch ist sie ähnlich wie die EVG, vielleicht noch eine Spur autoritärer. Wer einfach nur das bessere Angebot für den eigenen Geldbeutel sucht, wird vielleicht zur GDL gehen, vielleicht auch nicht, je nach Tarifeinheitsgesetz und DB-Betrieb.

Wer jedoch wirklich eine funktionierende Bahn mit guten Löhnen und selbstbestimmter Organisation haben will, muss einen Kampf in GDL wie EVG für eine einzige, basisdemokratische Verkehrsgewerkschaft führen. Anstatt sich gegeneinander aufzubringen oder aufbringen zu lassen, sollten sich die Basiseinheiten beider Gewerkschaften mal zusammentun und darüber diskutieren: Was für eine Bahn, was für eine Gewerkschaft brauchen und wollen wir? Viele private EVU auf marodem Netz oder doch eine staatliche europäische Bahn ohne Profitzwang? Mit einer Gewerkschaft, die sich nicht nur auf Tarif konzentriert, sondern beginnt, in der Organisation der Eisenbahn und der Verkehrswende eine entscheidende Rolle in Planung, Bau und Betrieb zu spielen, indem sie für Arbeiter:innenkontrolle über die Bahn kämpft.

Auf dem Weg dahin liegt noch nicht mal der Schotter, geschweige denn ein befahrbares Gleis. Wir müssten es selbst bauen. Und große Vorsitzende werden uns dann im auch im Weg stehen.




GDL-Tarifrunde Deutsche Bahn: Fünf für Fünf und ein Claus Weselsky

Leo Drais, Neue Internationale 278, November 2023

Es wird sein großer Auftritt zum Schluss. Die anstehende Tarifrunde bei der Deutschen Bahn soll die letzte für den Vorsitzenden und Verhandlungsführer der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) sein. Danach will der frühere Lokführer in den Ruhestand gehen. Bis dahin ist eine harte Tarifauseinandersetzung zu erwarten.

Forderungen

Das Paket sieht wie folgt aus: 555 Euro mehr in der Tabelle, darunter deutliche Entgelterhöhung für Azubis; Zulagen + 25 %; 35-Stunden-Woche für Schichtarbeitende (inkl. Wahlrecht für Beschäftigte zwischen 40- und 35-Stundenwoche); Inflationsausgleichsprämie 3.000 Euro; 5-Schichten-Woche, 5 % Arbeit„geber“:innenanteil für die betriebliche Altersversorgung; nach 5 Schichten, spätestens nach 120 Stunden, muss der nächste Ruhetag beginnen (Mindestfrei: 48 Stunden); 12 Monate Laufzeit.

Die Antwort des DB-Personalvorstandes Martin Seiler, seines Zeichens früherer Betriebsrat der Deutschen Post (also einer, der sich damit auskennt), war ein erwartbares Geheul, dass die DB damit 10.000 neue Fachkräfte zusätzlich bräuchte (gut wär’s!). Er schlug dann vor, von Anfang an eine moderierte Verhandlung zu führen, was Weselsky ebenso erwartbar ablehnte.

Hinter den Kulissen stehen die Zeichen natürlich lange nicht so auf Sturm, wie sich nach außen gegeben wird. Da ist von vorneherein klar, dass das, was gefordert wurde, nicht erreicht wird und auch gar nicht erreicht werden will, auch nicht von Claus Weselsky. Dafür sind die Forderungen der Basis wie etwa der Ortsgruppe bei der S-Bahn Berlin (30 % mehr, besondere Altersteilzeit ab 50 für Schichtarbeitende sowie das tarifvertragliche Recht der Kriegsdienstverweigerung am Zug für alle Bahnbeschäftigten) geflissentlich in Schubladen verschwunden.

Streiken, verhandeln, Claus

Natürlich werden Streiks stattfinden, allein schon, weil die Vorstellungen von DB und GDL weit auseinander liegen. Zudem waren sie immer Teil des Waffenarsenals der GDL in den letzten 15 Jahren und weiterhin sind sie bereits angedroht worden, auch, um die eigenen Mitglieder einzustimmen. Entscheidend ist die Frage: Wird es einen Erzwingungsstreik geben und wenn ja, wie viele Zugeständnisse wird es der DB gegenüber am Ende trotzdem geben? Und kann so ein Streik durchgehalten werden?

Die Motivation dafür dürfte hoch sein. Die Inflation schlägt ins Kontor, die Arbeitsbedingungen entsprechen der Pünktlichkeit und dann ist da die sowieso vorhandene, grundsätzlich kämpferischere Haltung der GDL. Und dann ist da noch die Konkurrenz zur EVG. Für Claus Weselsky und die Führung der GDL ist sie ein Ziel wiederholter verbaler Angriffe und negativer Profilierung. Auch wenn an der Inflation gemessen die GDL ebenfalls eine „Einkommensverringerungsgewerkschaft“ in den letzten Jahren war (und es wird sehr schwer, dies diesmal nicht auch zu sein), so wirft der große Claus vor allem der EVG vor, dies zu sein.

Zweifellos hat die GDL viel rausgeholt, was die EVG dann nachgetragen bekommen hat. Ihre kämpferische Haltung ist glaubwürdiger und der Vorsitzende Weselsky schafft es, sich mit einer gewissen schrulligen Note mitgliedernah zu geben – gepaart mit einem gehörigen Schuss Populismus. Selbst die bürgerliche Presse, deren liebster Feind er war, beginnt nun, mit der Gewissheit, ihn bald los zu sein, ihm kleine Denkmäler zu bauen und ihn anerkennend eine Kultfigur zu nennen. Die GDL ist vor allem er. Sein wahrscheinlicher Nachfolger Mario Reiß wird es trotz sächsischen Akzents und angedeutetem Schnauzer schwer haben, es ihm gleichzutun.

Und so ist der Apparat auch auf die Spitze der GDL zugeschnitten, sowohl strukturell als auch personell. Die Sekretär:innen sind noch mehr als etwa in der EVG Weisungsempfangende von oben, was zuerst eine straffere Kontrolle bedeutet. Eine breitere Debatte über das Ergebnis der GDL-Runde wird es nicht geben. Natürlich ist Claus Weselskys Ablehnung einer moderierten Verhandlung zwar an sich richtig, aber die Begründung, nicht im Hinterzimmer verhandeln zu wollen, geheuchelt, denn in allen Tarifrunden der GDL lief es immer darauf hinaus, dass nicht nur die letzten Worte, sondern auch die ersten der Runde die Kabinette nie verließen.

Darüber hinaus schwingt natürlich die Anwendung des Tarifeinheitsgesetzes durch die DB mit, von dem Martin Seiler nicht abrückt, das zu Fall zu bringen über einen angestrebten Kündigungstarifvertrag, ein richtiges Ziel der GDL ist. Es bedeutet eine verschärfte Konkurrenz zwischen den Gewerkschaften EVG und GDL, da nur der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft gilt, die die Mitgliedermehrheit in den jeweiligen DB-Betrieben stellt. In 18 Betrieben ist das die GDL, in 282 die EVG, wobei es nicht erwiesen ist, ob diese Verteilung tatsächlich den Mehrheitsverhältnissen entspricht. Die EVG war in diesem Sinne bisher tatsächlich eher eine Hausgewerkschaft, die GDL die, die sich reingekämpft hat. Um das zu erreichen, wurden nicht nur für deutsche Verhältnisse vergleichsweise harte Streiks geführt. Der Vorstand um Claus Weselsky gebärdete sich stark und zugleich opportun. Sie ist nicht nur fein damit, Rechte unter ihren Mitgliedern zu haben, sondern stellt sogar heraus, keine Abgrenzung gegen die AfD zu wollen. Das sei nicht Aufgabe einer Gewerkschaft. Diese habe schlicht gute Arbeitsbedienungen für ihre Mitglieder zu erreichen. Hier ist die GDL eindeutig reaktionärer als die EVG. Auch wenn es schwierig war, es gegen die alte, weiß-männlich geprägte Garde durchzusetzen war, gibt es in Letzterer eine gewisse Offenheit z. B. für queere Themen.

Entsprechend ist das Verhalten zu den Zerschlagungsplänen der DB. Während die EVG als „Hausgewerkschaft“ des Staatskonzerns an der Misere DB festhält, spricht sich die GDL für die Zerschlagung aus, was zwar nicht dem Eisenbahnsystem nutzt, aber die Erwartung in sich trägt, den eigenen Einfluss auszubauen. Da passt es ins Bild, eine eigene Leiharbeitsfirma mit „fair-train“ gegründet zu haben, wie wir im Artikel „GDL – Genossenschaft Deutscher Lokführer?“ im Juni auf unserer Homepage gezeigt haben.

Kaum was nehmen sich übrigens EVG und GDL beim Thema DB Cargo. Es zeichnet sich ab, dass die DB die rote Zahlen schreibende Güterzugsparte zusammenstauchen will. 1.800 Jobs sollen wegfallen, darunter 400 Triebfahrzeugführerstellen. So klappt das natürlich mit der Verkehrswende nicht. Selbst wenn flächendeckend die Schrauben- durch automatische Kupplungen ersetzt werden würden (was sinnvoll wäre!), würde der Einzelwagenverkehr in der Konkurrenz gegen die Straße kaum mithalten können. Die privaten EVU im Gütersektor konzentrieren sich entsprechend fast ausschließlich auf das Ganzzuggeschäft.

Wo bleiben da die Gewerkschaften, nicht nur in Worten dagegen zu sein, sondern dagegen zu kämpfen? Warum machten und machen sie den Erhalt von Cargo nicht zum Teil ihrer Tarifrunde? „Keine Stellenstreichung“ müsste die Parole lauten! Der Kampf um eine einzige staatliche Bahn mit guten Arbeitsbedingungen, finanziert aus massiver Besteuerung privater Profite und unter Kontrolle der Beschäftigten, wäre die Alternative. Damit wäre ein großer Pool an Lokpersonal vorhanden, was nicht erst per Taxi nach Rotterdam gefahren werden muss, um da einen Zug zu holen, der nicht fertig vorbereitet ist. Die sinnlosen und Trassen blockierenden Leerfahrten wären somit auch Geschichte.

Durchsetzen, zusammen kämpfen!

Aber zurück zur GDL-Runde. Dass eine rasche Urabstimmung angestrebt wird, ist ein gutes Zeichen und das richtige Vorgehen angesichts der Blockade durch Martin Seiler. Es gibt der GDL-Spitze jedoch auch freies Geleit. Umso wichtiger ist es, für öffentliche Verhandlungen, tägliche Streikversammlungen und eine wähl- und abwählbare Streikdelegation einzutreten – Forderungen, die angesichts der Popularität Weselskys einer Debatte bedürfen. Was soll die Selbstermächtigung, wenn es wen gibt, der das schon alles für eine/n macht?

Die Diskussion sollte vor dem Hintergrund geführt werden, warum eigentlich von Anfang an bereits hinter den Kulissen gesagt wird, dass das Geforderte nicht erreicht werden wird.

Die Tarifrunde der GDL geht aber nicht nur diese an. Die EVG darf nicht ihrerseits die Politik der Entsolidarisierung betreiben, die die GDL-Spitze während der EVG-Tarifverhandlungen führte, sie muss vielmehr jeden Streikbruch ablehnen und den Streik der GDL unterstützen. Ein Erfolg der GDL wäre schließlich einer für alle – und Solidaritätsbekundungen durch die EVG und, falls die Führung das verweigert, durch kämpferische Kolleg:innen wären ein wirklicher Schritt, die reale Entsolidarisierung bei der Bahn zu verhindern. So könnte auch die Grundlage für gemeinsame Kämpfe für höhere Einkommen, bessere Arbeitsbedingungen und kürzere Arbeitszeiten geschaffen werden – und für den kommenden Großkonflikt, nämlich gegen die Zerschlagung der Bahn.

Schließlich ist die Tarifrunde auch eine, die alle Lohnabhängigen betrifft und die wir offensiv mit der Forderung nach einem kostenlosen Nahverkehr für alle verbinden müssen, für einen ersten Schritt zu einer realen Verkehrswende im Sinne der gesamten Arbeiter:innenklasse. Die Bildung von Solidaritätskomitees mit einem GDL-Streik wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Um eine solche Perspektive bei der Bahn, EVG und GDL gegen die Vorstände, alle Bürokrat:innen, die farblosen wie die schillernden, durchzusetzen, brauchen wir Organisierung der kämpferischen und klassenbewussten Basis.

Daher: Unterstützt die Vernetzung für kämpferische Eisenbahner:innen! Tretet mit ihr in Kontakt, beteiligt Euch an deren Aufbau!




Warum wir die Schlichtung und ihr Ergebnis ablehnen und für einen gemeinsamen Kampf von GDL und EVG sind.

Bahnvernetzung. Vernetzung klassenkämpferischer Eisenbahner:innen, Infomail 1228, 13. Juli 2023

Die Deutsche Bahn AG hat nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen mit der EVG eine Schlichtung vorgeschlagen – der BuVo folgte mehrheitlich der Empfehlung des Vorstandes darauf einzugehen. Das Ergebnis der Schlichtung soll danach urabgestimmt werden.

Wir lehnen das ab und sagen:

  • Nein zur Schlichtung! Das Verfahren ist bereits formal undemokratisch. Am Ende reichen 25 % aller abstimmenden EVG-Mitglieder um das Ergebnis anzunehmen, während es 75% ablehnen müssen, um in einen Erzwingungsstreik zu treten. Kolleg:innen, die unter den EVG-Tarifvertrag fallen, werden ausgeschlossen, wenn sie in der GDL oder in keiner Gewerkschaft sind.

  • Wir fordern den Abbruch des Verfahrens und eine Urabstimmung JETZT und schnellstmöglich über den Erzwingungsstreik – und zwar bei allen Unternehmen, für die verhandelt wurde und wird. Der Transdev-Abschluss kann nicht das Ziel sein – Keine Kompromisse und keine Verschlechterung: 12 %, mindestens 650 Euro, 1 Jahr Laufzeit! Das Schlichtungsverfahren bedeutet weitere Geheimgespräche und Intransparenz hinter verschlossenen Türen. Wir geben in so einem Verfahren nicht nur die Kontrolle an gewerkschaftliche Verhandlungsführer:innen ab, die wir auch schon nicht wählen können, sondern auch an Schlichter:innen aus der Politik, die die immer auch das „Wohl des Konzerns“ im Auge behalten werden.

  • Anstatt uns Gegeneinader aufzustacheln und spalten zu lassen treten wir für die Zusammenarbeit zwischen EVG- und GDL-Kolleg:innen ein. Es braucht den unmittelbaren gemeinsamen Streik von beiden Gewerkschaften, dass kann nur von uns Bahner:innen selbst kommen, weder Burkert, noch Weselsky wollen das.

  • Statt einem undemokratischen Schlichtungsverfahren, das immer auch die Leiden des Managements berücksichtigen muss, brauchen wir einen Streik, der unter unserer direkten Kontrolle liegt. Auch wenn es diesmal viel transparenter läuft als 2020 ist das trotzdem nicht genug. Tarifkommission und zu bildende Streikkomitees müssen direkt wähl- und abwählbar sowie rechenschaftspflichtig sein, auf Betriebsversammlungen muss abgestimmt werden, wie gekämpft wird. Annahme / Ablehnung des Ergebnisses nach einfacher Mehrheit! Volle Transparenz: Wir wollen Einsicht in aller Verträge und Verhandlungsstände mit allen Unternehmen und Gewerkschaften.

  • Binden wir Reisende und Pendler:innen besser ein! Es braucht eine Kampagne unter Fahrgästen und die Forderungen, dass nicht sie mit Fahrpreiserhöhungen die Zeche zahlen. Wir müssen klar machen, dass höhere Löhne für das Bahnpersonal eine höhere Qualität für den Bahnbetrieb bedeutet. Der DGB steht hier in der Verantwortung eine Solidaritätskampagne zu fahren, die allen klar macht, warum der Streik der Bahner:innen unterstützt werden muss! Keine Abmahnung für Kolleg:innen, die wegen bestreikten Züge nicht zur Arbeit kommen! Genauso müssen EVG und GDL Arbeitskämpfe anderer Gewerkschaften unterstützen!



GDL – Genossenschaft Deutscher Lokomotivführer?

Leo Drais, Infomail 1226, 12. Juni 2023

Die Führung der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL, Eigenschreibweise nicht gegendert) hat am 5. Juni an einem selbstverkündeten „Großen Tag“ ihre Forderungen für die Tarifrunde mit allen Unternehmen für 2023 präsentiert.

Mit viel Applaus wurden die „Fünf für Fünf“ aufgenommen: 555 Euro mehr in der Tabelle, darunter deutliche Entgelterhöhung für Azubis; Zulagen + 25 %; 35 Stunden-Woche für Schichtarbeitende (inkl. Wahlrecht für Beschäftigte zwischen 40- und 35- Stundenwoche); Inflationsausgleichsprämie 3.000 Euro; 5-Schichten-Woche, 5 % Arbeit„geber“:innenanteil für die betriebliche Altersversorgung; nach 5 Schichten, spätestens nach 120 Stunden muss der nächste Ruhetag beginnen (Mindestfrei: 48 Stunden); 12 Monate Laufzeit.

Neben diesen Forderungen gab es dann noch eine Überraschung. Die GDL hat zum Juni 2023 eine eigene Genossenschaft eintragen lassen, die als Leiharbeitsfirma zunächst Triebfahrzeugführer:innen für den Eisenbahnmarkt stellen will. Mitglied werden kann nur, wer in der GDL ist. Die Konditionen sollen dabei den Forderungen der GDL entsprechen.

Fair Train e. G.

Die Gründung der Genossenschaft Fair Train kommt nicht ungefähr. Sie ist eine versuchte doppelte Kampfansage: Sowohl an gewisse Eisenbahnunternehmen –  allen voran den „roten Riesen“ DB – aber auch in Richtung der Konkurrenzgewerkschaft EVG.

Bereits im Vorfeld sollen Gespräche über Fair Train gelaufen sein – natürlich nicht mit der Mitgliedschaft, die mehr oder weniger vor den Kopf gestoßen war, sondern mit den sogenannten Wettbewerbsbahnen, also Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), die nicht im Eigentum des Bundes sind (sog. NE-Bahnen). Man muss ja als gute, als bessere Sozialpartnerin erstmal abchecken, ob der Sozialpartner Kapital überhaupt Interesse an den verliehenen Kolleg:innen hat.

Anscheinend gibt es dieses Interesse – und warum auch nicht. Insbesondere im Güterverkehr würde über Leiharbeit für die Unternehmen ein Risiko genommen werden, nämlich wenn man z. B. im Falle einer Wirtschaftskrise und abbestellter Güterzüge das lästige Personal an der Backe hat. Neben dem rollenden Material (das auch oft genug geleast ist oder gemietet) wäre man dann einen anderen laufenden Kostenfaktor los und man könnte sich ganz aufs Kerngeschäft, also Geld Verdienen, konzentrieren.

Den begünstigenden Rahmen für Fair Train stellen dabei im Gegensatz zum Fernverkehr auf der Straße zwei Faktoren da. Erstens ist, auch wenn der Eisenbahnmarkt europaweit liberalisiert ist, das Bahngeschäft nach wie vor ein vor allem nationales Ding. Während auf deutschen Autobahnen als Folge der EU-Osterweiterung sehr viele Fahrer:innen aus osteuropäischen Ländern unterwegs sind und es einen gnadenlosen Preiskampf nach unten gibt (ausgetragen u. a. über Lohnkosten, schlechte Arbeitsbedingungen usw.), fahren auf deutschen Gleisen in den allermeisten Fällen nach wie vor deutsche Lokführer:innen. Denn während die Sprache für das Fahren eines LKW quasi egal ist und die Straßenverkehrsregeln auch weitestgehend gleich sind, ist der Bahnbetrieb etwas, das zwingend die Landessprache voraussetzt sowie eine besondere Qualifikation, im jeweiligen Land Züge bewegen zu dürfen. Das begrenzt von vornherein natürlich den Arbeitskräftemarkt enorm, der – und das ist der zweite Aspekt – weitgehend leergefegt ist.

Das führt uns zum Kalkül der GDL-Chef:innen. Wenn ausreichend viele Lokführer:innen zu Fair Train wechseln, dann könnte sich die GDL zumindest für das Lokpersonal die Tarifverhandlungen sparen, sondern dem Markt einfach die eigenen Konditionen aufdrücken. Weit davon entfernt, diese Größe zu haben, werden die nächsten ein, zwei Jahre zeigen, ob die e. G. by GDL ein Experiment oder mehr ist.

Politisch falsch und fatal ist sie schon jetzt.

Kampf statt Markt

Die Idee, sich durch den Zusammenschluss zu einer Genossenschaft dem Gewitter des Marktes, also dem Druck der Kapitalist:innen zu entziehen, ist nicht neu. Gewisse Überbleibsel gibt es davon bis heute, etwa in Form von Wohnungsbaugenossenschaften, Volksbanken oder der Raiffeisensparkasse. Auch Produktionsgenossenschaften oder eine Art Arbeiter:innenselbstverwaltung sind nicht neu.

Für die Arbeiter:innenklasse birgt diese Strategie, Wettbewerb durch Wettbewerb zu ersetzen, mehrere problematische Aspekte:

  • Das Geschäftsrisiko der Kapitalist:innen wird automatisch zu unserem. Haben wir als Beschäftigte z. B. der Deutschen Bahn in Krisensituationen immer noch die Möglichkeit, die Kosten der Krise dem Konzern aufzudrücken (im Endeffekt kommt unser Lohn selbst in dem maroden Cargo-Laden immer noch pünktlich), gibt es diese Möglichkeit für Beschäftigte einer Leiharbeitsgenossenschaft nicht. Der Kunde bestellt die Dienstleistung ab und fertig.
  • Sollte Fair Train keine marktrelevante Stellung einnehmen, kann es sehr schnell in einen Preiskampf mit anderen Personaldienstleister:innen geraten. Die Mitglieder der Genossenschaft werden zu Selbstausbeuter:innen. Ökonomisch exakt betrachtet, sind sie es von vorneherein. Im Endeffekt muss hier auf einen Nachfrageüberhang für Arbeitskräfte spekuliert werden.
  • Nicht zuletzt bedeutet der Schwenk von der Gewerkschaft zur Genossenschaft auch nicht, einer Arbeiter:innenselbstverwaltung näherzukommen. Im Gegenteil wird hier wie in allen Genossenschaften zwar einmal im Jahr zur regulären Mitgliederversammlung geladen werden, die wirtschaftlichen Geschicke der Firma liegen aber ganz in den Händen einer intransparenten und nicht wählbaren Führung.
  • Die Genossenschaft wird also nicht nur einem Zentralisierungs- und Bürokratisierungsprozess unterzogen, sie fungiert vor allem als Kapital. Die GDL wandelt sich, je nach Erfolg der Unternehmung, von einer Gewerkschaft zu einer weiteren Zeitarbeitsfirma. Die Genossenschafter:innen mit einem hohen Anteil entwickeln sich entweder selbst zu Leuten, die vom Gewinn ihrer Unternehmung leben wollen. Die Genossenschafter:innen mit geringen Anteilen, die weiter als Lokführer:innen ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, geraten in eine widersprüchliche Klassenposition – und das umso mehr, je höher ihr Anteil an der Genossenschaft ist.

Dass die Führung der Unternehmung intrasparent, nicht wählbar sein und gemäß dem Diktat des Marktes agieren wird müssen, bringt uns zurück zur aktuellen Situation. Einerseits befindet sich die GDL dank Tarifeinheitsgesetz z. B. bei der Deutschen Bahn AG in Konkurrenz zur Gewerkschaft EVG (über die man am „Großen Tag“ in populistischer Manier gepfeffert herzog, als sei sie die eigentliche Feindin, und wenn man sich den Eisenbahnbossen schon mit einer Leiharbeitsfirma andient, ist an dieser Vermutung vielleicht auch was dran – kampfstarke Streikgewerkschaft hin oder her), die bei der DB abgesehen vom Zugpersonal die Mitgliedermehrheiten innehat. Daher auch das Eintreten der GDL-Führung und Claus Weselskys für die Zerschlagung der DB. Für eine weitere Liberalisierung des Eisenbahnmarktes stünde die GDL dann schon mit Fair Train in den Startlöchern, ganz nach dem Motto: Egal, welches Unternehmen den Zug besitzen, mieten oder fahren lassen will: Wir stellen das Personal.

Dem was wir, auch aus Sicht einer Verkehrswende, brauchen, bringt uns das nicht näher. Anstatt einer Genossenschaft, wo sich die Eisenbahner:innen zusammenfinden sollen gegen einen durchliberalisierten Markt oder einen Managementselbstbedienungsladen DB, braucht es eine einzige staatliche Bahn, die wir als Eisenbahner:innen in Verbindung mit den lohnabhängigen Kund:innen demokratisch kontrollieren. Denn Eisenbahn können wir besser als „die da oben“ – sitzen sie im Bahntower, auf der Bühne oder uns gegenüber. Sie wollen alle nur das Beste für uns, Herr Seiler, Herr Weselsky und Herr Burkert – und doch sind sie die Fortsetzung einer eisenbahnzerstörenden Geschichte.




Deutsche Bahn: Zwischen Tarifkämpfen und Umstrukturierung

Leo Drais, Neue Internationale 274, Juni 2023

An sich kann so ein Eisenbahnsystem eine feine Sache sein, das Rückgrat einer umfassenden Verkehrswende, überall auf dem Kontinent in einem stabilen Netz mit hoher Taktung und für alle da.

Züge werden sicher auf einem Gleis geführt. Eine ganze Reihe an funktionierenden Sicherungssystemen wie Stellwerken oder Zugbeeinflussungen sorgt dafür, dass keine Kollisionen passieren und Weichen und Bahnübergänge sicher befahren werden können. Geschehen einmal menschliche Fehler, greift die Technik ein. Ein gut ausgebildetes Eisenbahnpersonal weiß mit Störungen souverän umzugehen, hat dafür ein widerspruchsfreies und anwendungsorientiertes Regelwerk zur Hand und ist für Reisende überall mit Rat und Tat da.

So faszinierend wie ausgereift.

Und dann noch der bestechende Vorteil in der Klimabilanz. Das System wird flächendeckend mit Strom aus erneuerbaren Energien durch eine Oberleitung versorgt und muss seine Energie daher nicht mitführen. Beim Bremsen wird eine große Menge Strom zurückgespeist, wobei der Energieverbrauch pro Tonne sowieso schon viel geringer als bei Straßenfahrzeugen ist. Durch die geringe Reibung zwischen Stahlrad und Schiene kann ein durchschnittlicher erwachsener Mensch eine 80 Tonnen schwere Lok im ebenen Gleis von Hand verschieben.

Die schöne Welt der Eisenbahn.

Nur, so ist sie nicht.

Sinnbildliche Entgleisung

In der deutschen Bahnwelt ist das alles höchstens teilweise vorhanden, wenn überhaupt. Verspätungen und Ausfälle kennen alle. Weniger bekannt ist, was die Ursachen dafür sind. „Gründe dafür sind Verzögerungen im Betriebsablauf“, eine euphemistische Tautologie, eine schöngerechnete Statistik, ausgefallene Züge gelten nicht als verspätet. Der Streik der EVG Ende März bedeutete für DB Fernverkehr den pünktlichsten Tag seiner Geschichte – wo kein einziger Zug fährt, kann doch im DB-Neusprech auch keiner verspätet gewesen sein?

Die Verzögerung ist doch nicht anderes als eine synonyme Verspätung, aber warum gibt es sie? Da sind die Gleise, die nicht mehr vorhanden sind oder nur noch eingeschränkt befahren werden können. Da sind die Züge, die kaputt sind, ohne Ersatz. Da ist das Personal, das es nicht gibt. Aber auch das sind ja Symptome, keine Ursachen einer privatwirtschaftlich ausgerichteten Bahn im Staatsbesitz. So bleibt man gerade auf einem durchschnittlich soeben noch erträglichen Level, dort festgehalten von Kolleg:innen, die trotz literweise Eisenbahnherzblut die Schnauze voll haben und sich sagen „So geht es nicht weiter!“, und am nächsten Tag geht es doch weiter, irgendwie, vielleicht sogar mal zufällig ganz nach Plan. Der Zusammenbruch des Bahnbetriebs droht nicht an einem Tag X in der nahen Zukunft, er findet täglich statt, mal nur punktuell, dann regional und beim nächsten Herbststurm mal wieder flächendeckend.

Dass es so nicht weitergehen darf, dieser Meinung sind auch FDP, CDU und Grüne. Sie meinen, die Fehler der ersten Bahnreform von 1994 erkannt zu haben und fordern schon länger eine Bahnreform 2.0. Was die SPD im Koalitionsvertrag noch durch Verklausulierung abtun wollte, wurde im April von der Union mit einem Reformpapier wieder in die Debatte getragen. Leider darf man nicht darauf hoffen, dass die Bestrebungen im Bundestag wie alle anderen Absichtserklärungen zu einer besseren Bahn im Tagesgeschäft von Parlament und Autoministerium untergehen. Es scheint, als würde die Bahn ab 1. Januar wirklich von allen Problemen befreit – InfraGo!

Die Ideen der Union einerseits und von FDP und Grünen in der Ampel andererseits sind nicht deckungsgleich, aber teilen eine gemeinsame Motivation: die weitere Trennung von Netz und Betrieb, eine Losung, die bereits bahntechnische Ahnungslosigkeit, dafür politischen Neoliberalismus offenbart.

Das Rad-Schiene-System ist eines, wo kurz gesagt im Zug Triebfahrzeugführer:innen sitzen und diesen fahren und vom Stellwerk aus Fahrdienstleiter:innen diesen lenken. Beide gestalten Bahnbetrieb, netz- und fahrzeugseitig. Kein anderes Transportsystem verfügt über eine innigere Verbindung zwischen Fahrweg und Fahrzeug. Allein schon deshalb ist beide voneinander zu trennen nichts anderes als eine sinnbildliche Entgleisung.

Aber aus neoliberaler Sicht macht diese seit Jahrzehnten Sinn. Denn während es (Großbritannien hat es vorgemacht) kaum möglich ist, die sehr aufwendige und komplexe Fahrweginfrastruktur gewinnbringend zu privatisieren, ohne dass sie binnen kürzester Zeit wirklich unbefahrbar wird, ist das mit Fahrzeugen eher möglich. Immerhin operieren sich gegenseitig im Weg stehend in Deutschland mittlerweile 400 sogenannte Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) auf den Gleisen der bundeseigenen DB Netz AG, wobei hinter vielen dieser EVU auch nur große Monopole oder Töchter anderer europäischer Staatsbahnen stehen.

KaputtGo

Die Ampel sieht vor, ab dem 1. Januar 2024 die Infrastruktursparten DB Netz und DB Service und Station zusammenzuführen – Name: InfraGo, „Infrastruktur gemeinwohlorientiert“, ein Ansatz der im Gegensatz zum Begriff der Gemeinnützigkeit zu nichts verpflichtet.

Das ist sicher sinnhaft, immerhin ist die Trennung zwischen Bahnsteigkante (DB Service und Station) und Gleis (DB Netz) eine Lücke, die Reisende beim Einstieg in den Zug (der dann DB Regio oder Abellio oder Transdev  oder … gehört) zwar mühelos überschreiten, aber innerbetrieblich mitunter unüberwindbar scheint. Diese Infrastruktursparte, zu der DB Energie wiederum nicht gehören soll, obwohl ein Zug so wenig ohne Strom oder Diesel fahren kann wie ohne Gleis, soll zu 100 Prozent im „integrierten DB-Konzern“ verbleiben.

Aber was steht sonst noch im Koalitionsvertrag? Man wolle die DB in öffentlicher Hand weiterführen, man wolle die Struktur und Transparenz verbessern, die Infrastruktursparte dürfe ihre Gewinne behalten, und man beabsichtige, mehr in letztere zu investieren. Außerdem würden die EVU markt- und gewinnorientiert weitergeführt.

Diese Klauseln lassen viel Spielraum. Klar ist jedoch, dass man zwischen einem „Weiter so“, einem „Irgendwie muss es besser werden“ und einem „Da lässt sich doch Geld mit verdienen“ liegt. Am grundlegenden Gedanken – der Staat pumpt Steuergeld in die Infrastruktur, die EVU fahren auf dieser, unterbieten sich und verdienen Geld, das auf Kosten der Reisenden und Beschäftigten in privater Hand (oder der anderer DB-Unternehmen oder Staatsbahnen) landet – wird nichts geändert. Letzteres ist in den vergangenen Jahren im Nahverkehr wiederholt in die Hose gegangen, Stichwort Abellio Baden-Württemberg.

Darüber hinaus lassen die Ideen der Ampel die Tür zu einer Teilprivatisierung anderer DB-Teile außerhalb der Infrastruktur offen, schließen dafür die, durch die von staatlicher Seite her Investitionen ins rollende Material (bspw in eine große europäische Nachtzugflotte) stattfinden sollten.

Die Pläne der Union laufen demgegenüber auf eine offenere Zerschlagung hinaus. Sie will eine Autobahn-GmbH 2.0, sprich die Schieneninfrastruktur in eine GmbH des Bundes überführen. Scheuer weiß eben, wie es geht. Begründet wird dies damit, dass bei einer AG wie der DB der Durchgriff der Eigentümerin ins Geschäft des Konzerns fehle, eine GmbH ermögliche diesen. Der DB-Konzern solle weiterhin ein international tätiger Logistikkonzern bleiben – immerhin ist DB Schenker die Profitperle von dem Laden, der außerdem „im Hinblick auf China“ stark bleiben müsse.

Weder der eine noch der andere Plan wird uns ein Eisenbahnsystem bringen, das dem beschriebenen Verkehrswendetraum aus der Einleitung näher kommt. Weder InfraGo im DB-Konzern, noch eine bundeseigene Schienen-GmbH ändern etwas an den neoliberalen strukturellen Problemen, nichts daran, dass beim gegenwärtigen Planungsrecht und Investitionsstau der Ausbau der Oberleitung noch 175 Jahre dauert, bis das gesamte Netz elektrisch fährt. Es ändert nichts daran, dass das, was 30 Jahre lang zerstört, runtergefahren und entlassen wurde, unter kapitalistischen Bedingungen nicht in ein, zwei Jahren repariert, ausgebaut, eingestellt, ausgebildet ist. Es verkleinert nicht den Managementwasserkopf auf das gesamte Bahnsystem hin betrachtet, wo jedes Unternehmen natürlich seinen eigenen hat. Es ändert nichts an der politischen Bevorzugung der Straße gegenüber der Schiene. Deutschland – Autoland, passend waren die Ex-Chefs der DB Mehdorn und Grube Zöglinge der Autoindustrie, und keiner von beiden hatte vergessen, wer ihn groß gemacht hat.

Und es bleibt vermutlich dabei, dass die Schweiz 5 – 6 mal mehr pro Kopf in die Schiene steckt als die BRD.

Und die Gewerkschaften?

Die unterschiedliche bahnpolitische Ausrichtung von Union und Ampel findet ihren Spiegel in den Gewerkschaften EVG und GDL und passt „zufälligerweise“ zum Parteibuch ihrer Vorsitzenden.

Die „Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer“ (GDL) mit ihrem großen Vorsitzenden Claus Weselsky (CDU) steht für eine Zerlegung des DB-Konzerns, die „Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft“ (EVG) mit dem ehemaligen SPD Bundestagsabgeordneten Martin Burkert an der Spitze der Bürokratie will die DB behalten.

Hinter beidem steht ein politisches Kalkül der jeweiligen und konkurrierenden Apparate. Die DGB-Gewerkschaft EVG ist historisch eng mit dem DB-Konzern verflochten. Der frühere Vorsitzende der Vorgängerin Transnet, Norbert Hansen, ist damals dann auch mir nichts, dir nichts vom Vorstand der Gewerkschaft in den des Konzerns gewechselt. Viele ihrer Mitglieder arbeiten in Büroetagen der DB AG und es ist vor allem dieser Konzern, wo die EVG insgesamt eine Mitgliedermehrheit gegenüber der GDL hat. Zudem gibt es wohl hunderte EVG-Betriebsräte, die ihr Pöstchen eben in einem der vielen DB-Wahlbetriebe besetzen, wo die GDL bisher nicht gut ihren Fuß reinbekommen hat. Logisch, dass da im Apparat die Alarmglocken schrillten, als die FDP und Grünen während der Koalitionsverhandlungen mit ihren Zerschlagungsplänen um die Ecke kamen. Es wurde eine Demo in Berlin organisiert, und die mit dem EVG-Apparat verbundene SPD setzte die oben beschriebenen Klauseln durch. Hauptsache, erstmal regieren! Jetzt machen ihre Koalitionär:innen Ernst und es hängt tatsächlich an der SPD, ob und in welcher Form InfraGo kommt.

Die GDL (Mitglied im historisch konservativen Beamtenbund) rechnet dafür darauf, dass eine Zerschlagung der DB ihren Einfluss im Eisenbahnsektor unterm Strich vergrößern würde. Sie ist in der DB vor allem in Opposition zur EVG und hierin durch härter geführte Tarifkämpfe und ein verbal lauteres Donnerwetter groß geworden. Die von der Transnet Verratenen fanden eine Alternativgewerkschaft, die seither vieles durchsetzten konnte, was die EVG dann nachgetragen bekam. Trotzdem – und hier kommt das von Burkert und SPD mit gebaute und verabschiedete Tarifeinheitsgesetz ins Spiel – hat in vielen der DB-Unternehmen die EVG die Mehrheit oder ihr wurde sie zweifelhaft zugesprochen (S-Bahn Berlin). Heißt: Der Tarifvertrag der EVG gilt, nicht der der GDL. Und es ist was dran, wenn Claus Weselsky der DB eine größere Nähe zur EVG vorwirft. Trotzdem und ganz gleich, ob darin mehr Kritik oder Neid liegt (auch die GDL-Spitze will zuerst Sozialpartnerin sein, auch ihre Führung verbringt mehr Zeit mit Vorständen und Aufsichtsräten als mit den Beschäftigten an der Basis), Weselsky musste die Kränkung erfahren, dass die EVG beim Streik aufgrund einer besseren Organisiertheit in den Stellwerken das schaffte, was der GDL bisher nicht gelang – weitgehender Stillstand auf den Schienen.

Während sich die GDL in den letzten Jahren bei Tarifverhandlungen oft als die kämpferischere Gewerkschaft präsentierte, steht sie bei der Frage der Zerschlagung der DB deutlich rechts von der EVG. Während letztere ein Bündnis mit Bahnvorstand und der SPD in dieser Frage sucht, sekundiert die GDL den Neoliberalen von CDU, FDP und Grünen und der Seite der konkurrierenden Kapitalfraktionen.

Vom GDL-Vorstand gibt es daher erst gar keine Vorbehalte gegen die weitere Bahnprivatisierung. Doch auch die EVG-Spitze spricht nicht wirklich an, was notwendig wäre, um die Eisenbahn stabil einzugleisen, so dass es heißen muss: Nein zur Zerschlagung der DB, aber auch kein weiter so als DB! Keine Kungelei mit dem DB-Vorstand in dieser Frage! Einem technisch untrennbaren System muss nicht nur eine ebensolche organisatorische Struktur entsprechen. Es kommt auch darauf an, wer diese in wessen Interesse kontrolliert und umbaut – in der eines staatlichen, gewinnorientierten Konzerns oder in dem der Beschäftigten und lohnabhängigen Nutzer:innen? Das heißt, eine verstaatlichte europäische Bahn ohne Gewinnausrichtung und unter Kontrolle der Lohnabhängigen und Nutzer:innen muss das Ziel sein!

Dies wäre ein Schritt zu einem integrierten, europäischen Verkehrssystem. Ein solches wird jedoch auf privatkapitalistischer Basis nie zu haben sein, es erfordert nicht nur technische Kompetenz, massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs und dementsprechende Neueinstellungen, sondern auch eine demokratische planwirtschaftliche Reorganisation der gesamten Produktion und Infrastruktur im Verkehrssektor.

Ansatz Tarifrunden

Spricht man diese Vorstellungen aus, treffen sie auf Zustimmung und offene Ohren unter Kolleg:innen, aber in der Folge darauf sofort auch auf Resignation und Fatalismus. Daran tragen beide – GDL wie EVG – ihren Anteil. Ihre Politik läuft darauf hinaus, der neoliberalen Realität eines zerstörten Bahnsystems nicht eine andere mögliche Realität entgegenzuhalten, sondern wesentlich den eigenen Platz in hunderten Bahnunternehmen zu finden und ihn der anderen Gewerkschaft nicht zu überlassen. Gesetzen wird sich sogar verbal gefügt, der Realität sowieso. „Es ist nun einmal so, wie es jetzt ist, die Bahnreform ist lange passiert, es gibt kein Zurück mehr.“ Visionen werden als Träumerei abgetan, nett zwar, aber eben – unrealistisch.

Es ist die Aufgabe aller linken Eisenbahner:innen klarzumachen, dass das Jetzt keine Unvermeidlichkeit darstellt, eine andere Bahn möglich ist, auch wenn sie nicht vom Himmel fällt und es viel Ausdauer dafür braucht. Ansätze dafür sind da. Wer das als Träumerei abtut, für den wird es schwerlich ein Erwachen aus dem gegenwärtigen Albtraum geben können.

Die künstliche Trennung zwischen Netz und Betrieb zu beenden, heißt die Spaltung zwischen den Eisenbahner:innen in zwei Gewerkschaften zu überwinden.

Was jetzt gerade zwar ein gewisses Feuer in die Tarifrunden bringt, ist auf lange Frist und in der täglichen Zusammenarbeit schädlich. Dass die gerade in Tarifverhandlungen stehende EVG-Spitze noch keinen schlechten Abschluss wie ver.di bei der Post oder im öffentlichen Dienst unterschrieben hat, liegt nicht nur daran, dass die Angebote der DB so beschissen waren und der Druck durch die Inflation hoch ist, sondern eben auch daran, dass im Hintergrund eine GDL lauert, die ab Herbst verhandeln und sich entsprechend auf alles konzentrieren wird, was die EVG nicht abschließt.

Darüber hinaus bringt die Spaltung zwischen EVG und GDL jedoch nur ihren Apparaten (beide existieren durch sie) und den Unternehmen was. Beide Apparate haben ein paternalistisches Verständnis ihren Mitgliedern gegenüber: Die EVG schrieb in ihrem letzten Aushang so was wie „Wir verhandeln weiter, es kann jedoch sein, dass wir Euch nochmal brauchen.“ Beide wollen die Kontrolle über die Kämpfe behalten und nicht der Basis überlassen. Beide haben kein Interesse, die der DB vorgeworfene intransparente Struktur bei sich selbst durch direkte Wählbarkeit und jederzeitige Abwählbarkeit aller Funktionär:innen zu ersetzen, führen Tarifgespräche hinter verschlossenen Türen, tätigen Abschlüsse, die unter Umständen für viel Unmut sorgen.

Die drohende Zerschlagung der Bahn – um nicht immer beim verharmlosenden Wort Umstrukturierung zu bleiben – stellt letztlich für die Beschäftigten und Nutzer:innen einen noch grundlegenderen Angriff als die Tariffragen dar. Doch genau für diese sieht das deutsche Recht keine Streikmöglichkeit vor. Das erschwert natürlich objektiv die Kampfbedingungen, zumal die EVG-Führung peinlich darauf achtet, nicht über das gesetzlich Vorgegebene hinauszugehen. Umso dringender ist es, dass klassenkämpferische Gewerkschafter:innen in EVG und GDL das Spiel ihrer eigenen Führungen nicht länger mitmachen und einen gemeinsamen Kampf gegen die sog. Bahnreformen fordern, ein klares NEIN zu jeder Zerschlagung und weiteren Privatisierung. Um diesem Angriff entgegenzutreten, braucht es gemeinsame Belegschaftsversammlungen und die Vorbereitung von Arbeitskampfmaßnahmen bis hin zu unbefristeten politischen Streiks. Eine solche Bewegung bedarf zugleich der Unterstützung der gesamten Arbeiter:innenklasse, aller Gewerkschaften.

Das alles sind Punkte, um eine Opposition gegen festgefahrene und undemokratische gewerkschaftliche Strukturen, aber auch gegen die der Eisenbahn selbst aufzubauen, um überhaupt erstmal wieder die Diskussion darüber zu führen, wie alles anders sein könnte und wie wir konkret – per Bahn – dahin kommen.




Unsere strategische Position ist nicht zu unterschätzen

Interview mit einem Bahnbeschäftigten, ursprünglich veröffentlicht auf klassegegenklasse.org, Infomail 1188, 12. Mai 2022

Frage: Lieber Genosse, danke, dass du uns ein Interview gibst. Magst du dich zu Beginn kurz vorstellen und erzählen, welchen Beruf du ausübst?

Antwort: Hi, freut mich auch. Ich bin A. und arbeite als Fahrdienstleiter bei der Deutschen Bahn. Wir machen so etwas Ähnliches wie Fluglotse:innen, nur eben mit Zügen. Wir überwachen und steuern den Bahnbetrieb in unseren Bahnhöfen und auf den Strecken, stellen Weichen und Signale und ohne unsere Zustimmung findet keine Zugfahrt statt.

Politisch bin ich Unterstützer der Gruppe Arbeiter:innenmacht. Außerdem bin ich aktiv beim Aufbau der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) und versuche, mich mit Kolleg:innen bei der Bahn zu vernetzen (bei Interesse können sich Eisenbahner:innen und andere Beschäftigte im ÖPNV an info@bahnvernetzung.de wenden). Soweit zu mir. Wichtig ist vielleicht noch, dass ich hier nur sehr begrenzt für meine Kolleg:innen von der VKG oder der Bahnvernetzung sprechen kann. Deswegen bitte ich die Leser:innen, das Interview vor allem als meine eigene Meinung zu verstehen.

Frage: In Belarus, Italien und Griechenland haben Beschäftigte im Transportsektor Waffenlieferungen sabotiert bzw. blockiert. Welche Rolle können Eisenbahner:innen im Kampf gegen den Militarismus strategisch einnehmen?

Ich denke, dass unsere strategische Position im Krieg nicht zu unterschätzen ist. Osteuropa ist durch die NATO seit Jahren hochgerüstet worden, was ohne den Schienenweg so kaum möglich gewesen wäre. Gerade wenn es um den groß angelegten Transport schwerer Waffen wie Panzer geht, bleibt auf dem Landweg fast nur die Schiene. Genauso hat Russland seine Panzer in Richtung der Ukraine geschickt, was die Kolleg:innen in Belarus ja zumindest etwas sabotieren konnten.

Sie und die Kolleg:innen in Pisa und bei der OSE haben gezeigt, dass Krieg keine Katastrophe ist, der wir uns einfach ergeben müssen. Der Krieg kann gestoppt, Kriegsgerät und Truppentransporte können aufgehalten werden – in Russland und in der NATO. Das setzt aber ein hohes Bewusstsein bei den Beschäftigten voraus und vor allem eine gute, militante Organisierung, sei es gewerkschaftlicher oder politischer Art.

Gleichzeitig bin ich natürlich dagegen, einfach jeden Zug in die Ukraine zu stoppen. Hilfsgüter und Geflüchtete – egal woher – müssen transportiert werden.

Frage: Warum sollten sich auch Eisenbahner:innen in Deutschland gegen den Krieg positionieren? Warum, denkst du, fällt es vielen Kolleg:innen so schwer, den internationalen Beispielen zu folgen?

Antwort: Egal ist der Krieg wahrscheinlich kaum wem und gegen den Krieg an sich sind sicher die meisten. Aber was heißt das schon, gegen den Krieg zu sein? Für viele bedeutet es, auf der Seite der Ukraine zu stehen. Die Deutsche Bahn und die Gewerkschaften EVG und GDL verbreiten das auch mehr oder weniger genauso. Das ist auf den ersten Blick auch irgendwo ziemlich gut zu verstehen, weil Russland eben den Überfall gestartet hat, Millionen in die Flucht treibt und die russische Armee Massaker wie in Butscha verübt hat.

Aber diese Idee, dass die Unterstützung der Ukraine und ein Sieg Selenskyjs Frieden bedeuten, die halte ich für brandgefährlich – zumal die Regierung in Kiew seit acht Jahren Krieg im Donbass führt, auch gegen die Zivilbevölkerung dort.  Und versteh‘ mich nicht falsch: Natürlich hat jede:r meine:r ukrainischen Kolleg:innen das Recht, sich zu verteidigen, und ich rufe hier nicht zur Kapitulation auf. Gleichzeitig ist es jedoch so, dass uns jede Waffenlieferung an Kiew dem Abgrund eines Dritten Weltkrieges näher bringt.

Das Ganze eskaliert deshalb so, weil die Politik des Westens hier alles andere als selbstlos ist. Im Gegenteil. Es geht der BRD, der EU, den USA und der NATO überhaupt um die Neuaufteilung der Ukraine. Gewinnt sie in deren Interesse gegen Russland, hätte sie sich auch die noch krassere Abhängigkeit von Berlin, Brüssel und Washington erkämpft. Davon kann vielleicht ein Selenskyj sehr gut leben, aber eine nationale Selbstbestimmung im Interesse der breiten Bevölkerung sieht für mich anders aus. So weit mal zur Position gegen den Krieg, die eigentlich bedeutet müsste, gegen die NATO oder eben Scholz sein zu müssen – so wie die Arbeiter:innen in Russland in Putin ihren Hauptfeind erkennen müssen.

Was meine Kolleg:innen hier angeht, ist es jetzt auch nicht so, dass alle stramm hinter der westlichen Politik stehen. Natürlich dominiert die Angst und die Einbindung in die westliche Ideologie. Deshalb gibt es auch Kolleg:innen, die stolz posten, dass sie Waffen Richtung Osten transportiert haben, oder Leute, die mehr Aufrüstung fordern – ganz klar. Aber es gibt schon auch viel Skepsis gegenüber der Regierungspolitik, die sich jetzt auch mit der Sorge über die horrenden Preise vermischt. Viele sehen zum Beispiel auch die NATO-Osterweiterung kritisch.

Unterm Strich und definitiv sind wir zur Zeit aber leider weit davon entfernt, dass meine Kolleg:innen und ich Waffentransporte stehenlassen.

Die internationalen Beispiele zeigen da, denke ich, auch ein bisschen, was hier fehlt. In Belarus stehen die Menschen unter dem Eindruck von Massenaufständen in den letzten Jahren. Das Regime dort ist alles andere als stabil und ziemlich verhasst. Auf irgendeine Weise muss das für meine Kolleg:innen dort auch eine Rolle gespielt haben, sonst wären sie Putin und seinem Freund Lukaschenko nicht in den Rücken gefallen. Am Flughafen von Pisa wurde die Blockade von militärischen Gütern möglich, weil dort mit der Unione Sindacale di Base eine Gewerkschaft existiert, die sich in einer gewissen kommunistischen Tradition sieht. In Griechenland sah das ähnlich aus. Den Kolleg:innen dort ist die Rolle der NATO einfach klarer und sie sind militanter organisiert. Die deutschen Gewerkschaften EVG und GDL betreiben das Gegenteil: Sie sorgen für eine ideologische Einbindung in den NATO-Imperialismus und seinen angeblichen demokratischen Werten – über die viele aus Afghanistan, Palästina und dem Irak wahrscheinlich nur wütend lachen können.

Frage: Du hast gerade die deutschen Gewerkschaftsführungen erwähnt. Kannst du noch mal genauer auf ihre Rolle zur Zeit eingehen?

Antwort: Die Führung des DGB, aber auch die Spitze der GDL sind für den deutschen Kapitalismus systemrelevant, und zwar weil sie entscheidend sind, wenn es darum geht, die Arbeiter:innenklasse ruhig zu halten, beziehungsweise sie in die nationalen Interessen der Bosse oder der Ampel-Regierung einzubinden. Bei der GDL passiert das mehr durch passive Zustimmung zur Kriegspolitik der BRD: Erst hat sie wochenlang überhaupt nichts von sich hören lassen. Dann gab es ein Statement, das im Grunde auch vom DGB hätte stammen können.

Der DGB, worin die EVG eine Mitgliedsgewerkschaft ist, hat wiederum viele seiner sowieso bescheidenen Grundsätze über Bord geworfen. Eigentlich stimmt er der Regierung im Großen und Ganzen zu, solange noch ein kleines bisschen Geld für soziale Angelegenheiten übrig bleibt.

Der Erste Mai hat das auch nochmal unterstrichen. In Düsseldorf hatte der DGB gleich Kanzler Scholz eingeladen, um seine Kriegspropaganda zu verbreiten. In Berlin hat der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann satte zwanzig Minuten lang gelabert und wären aus der Versammlung nicht Pfiffe und Buhrufe gekommen, hätte er wahrscheinlich noch mehr über „europäische Sicherheit und Werte“ geschwatzt. So warf er ein paar mehr soziale Floskeln als gewollt ein.

Dabei ist wichtig zu verstehen, dass die Gewerkschaftsspitzen – die Gewerkschaftsbürokratie – nicht einfach nur eine falsche Politik machen, die nur korrigiert werden müsste. Das Ganze hat System. Hoffmann, Weselsky, Hommel und die ganzen anderen sind ziemlich privilegiert und stehen den Konzernspitzen, dem Staat und den Berufspolitiker:innen sehr nah – auch gehaltstechnisch.

Sie haben von ihrer gesellschaftlichen Position aus überhaupt kein Interesse daran, der deutschen Kriegspolitik in den Rücken zu fallen, weil sie – nennen wir‘s beim Namen – im Imperialismus der BRD einfach sehr gut leben können und selbst an dessen Werte usw. glauben. Von den EVG- und GDL-Spitzen ist nicht zu erwarten, dass wir dazu aufgerufen werden, Panzerzüge stehenzulassen. Im Gegenteil. Sie halten die Gewerkschaftsmitglieder passiv und die Panzerzüge für Teil einer gerechten Sache, den Kampf für Demokratie und zur Verteidigung der überfallenen Ukraine, obwohl es doch eigentlich der extrem gefährliche Kampf um die Neuaufteilung der Welt ist.

Frage: Was können Beschäftigte konkret im Kampf gegen Krieg und die Gewerkschaftsbürokratie tun?

Antwort: Allgemein gesprochen braucht es, denke ich, einen politischen Kampf für eine klassenkämpferische Opposition in den Gewerkschaften, die zum Beispiel die Tarifrundenrituale kritisiert und fordert, dass der Lohn  der Inflation entsprechend steigen muss oder dass wir Gewerkschaften wollen, die direkt und demokratisch von der Basis kontrolliert werden und wo ein/e Vorsitzende/r nur den Durchschnittslohn kriegt und über die eigene Politik rechenschaftspflichtig ist. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist, die Preissteigerung und Lohnverluste mit den Kriegsausgaben der Regierung, den Sanktionen und der direkten Aufrüstung zu verbinden.

Ein kleiner –  sehr kleiner – Startpunkt, aber immerhin ein Anfang für so etwas wie eine organisierte Opposition ist die eben erwähnte VKG, an die sich Kolleg:innen wenden können, die keinen Bock mehr auf die offizielle Gewerkschaftspolitik haben und in ihren Gewerkschaften etwas verändern wollen.

Das ist zugegeben etwas abstrakt.

Konkrete Ideen habe ich aber auch. Als Bahnvernetzung haben wir zum Beispiel vor einigen Wochen vor dem Berliner Hauptbahnhof eine Kundgebung gegen den Krieg veranstaltet, die zwar nicht groß, aber dafür sehr sichtbar war. Dabei solidarisierten wir uns auch mit den Kolleg:innen in Belarus oder forderten unsere Gewerkschaften auf, dass sie für das Recht einstehen, keine Militärgüter transportieren zu müssen – sprich keine Abmahnung und keine Kündigung weil z. B. ein/e Lokführer:in sich weigert, einen Panzerzug zu fahren. Wichtig ist in dem Zusammenhang auch das  Recht, überhaupt in die Ladung schauen zu dürfen, um zu überprüfen, was wir da eigentlich bewegen sollen.

So eine kleine Kundgebung können Kolleg:innen schon mit wenigen Kräften starten und vielleicht mehr werden.

Als Bahnvernetzung treffen wir uns außerdem einmal im Monat, um uns über betriebliche Fragen auszutauschen, wobei wir offen sind für Kolleg:innen aus dem gesamten Bundesgebiet. Es gibt ja Internet. Es ist egal, welches Eisenbahnunternehmen oder welche Gewerkschaft – wir wollen ja die Spaltung zwischen EVG und GDL überwinden.

Wenn du keinen Bock darauf hast, was Weselsky und Hommel treiben, und eine linke Perspektive in die Gewerkschaften tragen willst, musst du nicht alleine anfangen, sondern kannst uns anschreiben. 🙂

Frage: Danke für das Interview.

Antwort: Gerne!