USA: Attentat auf Trump

Dave Stockton, Infomail 1260, 16. Juli 2024

Während ein Kandidat bereits in den Seilen hängt, verhinderte ein Windhauch das vorzeitige Ausscheiden des zweiten Anwärters. Die Zunahme der politischen Gewalt unter Trumps Präsidentschaft erinnert daran, dass diejenigen, die durch das Schwert leben, oft durch es sterben. Die Frage für Marxist:innen: Wer führt das Schwert?

Das gescheiterte Attentat auf Donald Trump bei seiner Kundgebung in Pennsylvania hat den ohnehin schon fiebrigen Zustand des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2024 noch verstärkt, in dem das, worauf sich die Medien konzentriert haben, in umgekehrtem Verhältnis zur Ernsthaftigkeit der von den beiden großen Parteien aufgeworfenen sozialen und wirtschaftlichen Fragen steht. Stattdessen haben die Persönlichkeiten zweier reaktionärer alter Männer die Oberhand in der Aufmerksamkeit gewonnen.

Die Schießerei in Pennsylvania folgt auf Joe Bidens verunglückte Debatte mit Trump im Juni und seine peinlichen Ausrutscher beim NATO-Gipfel, die zusammen Versuche demokratischer Politiker:innen und milliardenschwerer Geldgeber:innen ausgelöst haben, den amtierenden Präsidenten zum Rücktritt vor dem Parteitag im August zu zwingen. Nicht wegen seiner Unterstützung für Israels Verbrechen in Gaza und seiner gesamten imperialistischen Politik, sondern wegen seiner angeblichen Unfähigkeit, Trump zu schlagen.

Gegen individuellen Terrorismus

Marxist:innen haben individuellen Terrorismus immer abgelehnt. Die versuchte Ermordung stärkt weder die Arbeiter:innenklasse noch ihre Verbündeten in ihrem kollektiven Kampf, die Wiedererlangung der Präsidentschaft durch Trump zu verhindern.

Während seiner Amtszeit haben Gewerkschaftsorganisator:innen, rassistisch Unterdrückte, Frauen und trans Personen nichts als mörderische Behandlung durch die Polizei und Ungerechtigkeit durch die Gerichte erfahren. Jetzt hat die Schießerei Trump einen großen Propagandasieg beschert, mit Bildern, die ihn blutverschmiert, aber ungebeugt zeigen, wie er unter dem Sternenbanner die Faust in die Luft streckt und seine Anhänger:innen auffordert: „Kämpft! Kämpft“!

Im Vergleich zum entkräfteten Biden wirkte er wie ein Bild der Stärke. Das ist der Stoff, aus dem die moderne „demokratische“ Politik gemacht ist, in der innenpolitische Programme (Inflation) und Außenpolitik (völkermörderische Politik in Gaza) hinter dem Kult der Persönlichkeit zurücktreten.

Aber es ist nicht nur der bizarre Charakter der Politiker, die die beiden großen Parteien repräsentieren, oder ihr Wesen als Vertreter derselben kapitalistischen Klasse, der Millionär:innen, Milliardär:innen und Banker:innen, oder gar der grob undemokratische Charakter der US-Verfassung, der einzelne Menschen zu Verzweiflungstaten treibt.

Es gibt keine Anzeichen für eine Massenpartei am Horizont, die die Arbeiter:innenklasse sowie die rassistisch und geschlechtlich Unterdrückten vertritt. Trotz etwa zehn Jahren sozialer Bewegungen – MeToo, Black Lives Matter, der Bernie-Sanders-Kampagne sowie dem Wachstum der Democratic Socialists of America, der jüngste Streikwelle und der Camps für Gaza an den Universitäten – haben die progressiven Kräfte in den USA keine wirkliche politische Alternative zu bieten.

Die vielen Menschen, die in den USA für fortschrittliche Anliegen kämpfen, haben etwas Besseres verdient. Die Democratic Socialists of America und die Squad, die Gruppe von linken Abgeordneten der Demokratischen Partei im Repräsentantenhaus, haben ihnen nur eine Partei angeboten, die auf dem Friedhof der progressiven Bewegungen der Vergangenheit und Gegenwart liegt.

Unabhängig davon, ob Trump oder Biden im November gewinnt, müssen diese Aktivist:innen auf lokaler, bundesstaatlicher und nationaler Ebene zusammenkommen, um die Frage einer unabhängigen Partei der Arbeiter:innenklasse zu stellen, die gegen den US-Kapitalismus im Inland und den US-Imperialismus, einschließlich seiner schändlichen Unterstützung für Israels Völkermord, im Ausland kämpft.