Pakistan: Flutkatastrophe als Folge kapitalistischer Fehlentwicklung

Peral Azad, Infomail 1197, 1. September

Offiziellen Schätzungen zufolge haben die Überschwemmungen in Pakistan bereits mehr als 1.100 Todesopfer gefordert, die endgültige Zahl dürfte noch weitaus höher liegen.

Der diesjährige Monsun in Pakistan hat sich als ungewöhnlich lang und zerstörerisch erwiesen. In den Provinzen, Regionen und Territorien Sindh, Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa, Gilgit-Baltistan (Sonderterritorium, keine Provinz, Teil Kaschmirs; ehemals: Nordgebiete genannt) und Süd-Punjab wurden Millionen von Häusern zerstört und Vieh millionenfach vernichtet. Die Flutmassen schwemmten Straßen hinweg, Nah- und Fernverkehrswege waren davon betroffen. Das Stromnetz wurde massiv beschädigt.

Die Menschen in diesen Regionen haben nichts zu essen und hungern. Auch Trinkwasser ist für die Arbeiter:innen und die Armen nicht verfügbar. Verschiedene Krankheiten breiten sich aus, aber es gibt kein Behandlungssystem. Der Staat bietet der einfachen Bevölkerung keinerlei Hilfe und Unterstützung an, auch nicht denjenigen, die sich an den Hilfsaktionen beteiligen, doch nur die regionale und die zentrale Regierung können die erforderlichen Mittel, Ressourcen und technischen Geräte bereitstellen.

Die Flut und ihre Folgen sind nicht einfach eine Naturkatastrophe, als welche sie von der Regierung, den Politiker:innen und den Intellektuellen in den Medien dargestellt wird. Sie sind das Ergebnis einer kapitalistischen Entwicklung, in der der Profit des Kapitals Vorrang vor dem menschlichen Leben und der Umwelt genießt. Sie haben sich im Vergleich zu früheren Jahren und Jahrzehnten verschlimmert. Darüber hinaus gibt es im südlichen Punjab und im Sindh Berichte, dass die Flut in die Dörfer umgeleitet wurde, um den Besitz von Großgrundbesitzer:innen und Eliten zu schützen.

Die Regionen

Sindh und Belutschistan waren als Erste betroffen, aber die Katastrophe breitet sich auch in Süd-Punjab und Khyber Pakhtunkhwa aus. Millionen von Menschen sind obdachlos geworden, und viele sind gezwungen, trotz der starken Regenfälle im Freien zu leben.

Anstatt Maßnahmen zu ergreifen, um die einfache Bevölkerung vor der Bedrohung durch Überschwemmungen zu schützen, lässt der Staat jedes Jahr rund 2.700 Milliarden Rupien (etwa 12 Milliarden US-Dollar) in die Taschen von Großkapitalist:innen und Eliten fließen. Die Exporteur:innen erhielten vor einigen Wochen eine zusätzliche Subvention in Höhe von 60 Milliarden Rupien, während die Zentralregierung nur 15 Milliarden Rupien (etwa 68 Millionen US-Dollar) für ganz Sindh ankündigte. Gleichzeitig wurden Milliarden ausgegeben, um den 14. August, den pakistanischen Unabhängigkeitstag, zu feiern, ein symbolischer Tag für die herrschende Klasse.

Die Provinzregierung von Sindh hat es völlig versäumt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Bevölkerung vor den außerordentlichen Verlusten durch diese Regenfälle zu schützen, obwohl die ungewöhnlichen Regenfälle im Voraus angekündigt worden waren. Die von der Pakistanischen Volkspartei geführte Provinzregierung hat vielmehr im Interesse von Malik Riaz und anderen Kapitalist:innen und Großgrundbesitzer:innen gehandelt. Ihre Fabriken und Großplantagen wurden geschützt, anstatt einer Strategie zur Bekämpfung der bevorstehenden Katastrophe und zum Schutz der Masse der Bevölkerung Priorität einzuräumen.

In Belutschistan hat sich die Katastrophe seit mehr als einem Monat entwickelt, und wasserwirtschaftliche Praktiken haben eine wichtige Rolle bei der Verwüstung gespielt. Dämme und verschiedene andere Bauwerke und Siedlungen wurden an Stellen errichtet, die den natürlichen Fluss des Regenwassers beeinträchtigten. Infolgedessen wurden Straßen überflutet, die für jede Hilfsmaßnahme unerlässlich sind. Erst jetzt, da die Überschwemmungen die Stadt Quetta überflutet haben und auf andere Provinzen übergreifen und die Profite des Kapitals bedrohen, hat die herrschende Klasse begonnen, das Problem zur Kenntnis zu nehmen. Als die Überflutungen nur die ländlichen Gebiete und Dörfer betrafen, wurden sie ignoriert.

Auch in Pakhtunkhwa im Norden des Landes hat sich die Lage in den letzten Tagen dramatisch verschlechtert. Wolkenbruchartige Regenfälle haben dazu geführt, dass große Flüsse wie der Swat, der Kabul und der Panjkora über die Ufer getreten sind und Tausende von Häusern sowie Straßen und Brücken weggespült haben. Tausende von Reisenden sind durch Erdrutsche eingeschlossen worden.

Der Monsun bringt jedes Jahr die Gefahr von Überschwemmungen mit sich, aber die Bundes- und Provinzregierungen Pakistans haben keine Strategie entwickelt, weil sie sich nicht um die Werktätigen und die Armen in Stadt und Land kümmern. Die Flutkatastrophen von 2010 waren besonders schlimm, doch in 12 Jahren wurden keine Lehren daraus gezogen.

Schlimmer noch: Politiker:innen und Eigentümer:innen, die der Verwaltung angehören, haben illegal Hotels und Märkte an den Ufern der Flüsse gebaut. Deren Besitzer:innen pflegen Verbindungen zu verschiedenen politischen Parteien und spenden riesige Geldbeträge, die den Mitgliedern der Versammlung und sogar den Minister:innen zugutekommen. Indem sie den Flusslauf behindern, tragen sie dazu bei, dass die Überschwemmungen noch verheerender werden und die Menschen noch mehr Schaden nehmen. Im Swat-Tal sind in den sozialen Medien Videos von verschiedenen Hotels zu sehen, die bei Überschwemmungen zusammengebrochen sind. Die meisten dieser Hotels und Gebäude wurden an den Ufern des Flusses gebaut.

Was tun?

In dieser Situation bildeten die Bemühungen der örtlichen Bevölkerung und einiger Nichtregierungsorganisationen die einzigen Kräfte, die versucht haben, die Menschen zu schützen und Hilfe, Unterkünfte und Nahrungsmittel bereitzustellen. Natürlich ist die Beteiligung an den Hilfsmaßnahmen eine sehr wichtige Aufgabe für alle, aber damit kann nicht einmal der dringendste Bedarf gedeckt werden. Darüber hinaus sind umfangreiche Mittel und Ressourcen erforderlich, um zerstörte Häuser wiederaufzubauen, diejenigen zu entschädigen, die ihr Hab und Gut verloren haben, und Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine Wiederholung der Katastrophe in den kommenden Jahren verhindern können.

Die Masse der Menschen ist erschüttert vor Verzweiflung, Wut und Hass auf die Regierung und die Reichen, die sie wieder einmal durch Ignoranz und Profitgier im Stich gelassen haben. An vielen Orten haben Proteste stattgefunden, und weitere werden folgen. Sozialist:innen, die ganze Arbeiter:innenbewegung und alle fortschrittlichen Kräfte sollten sie unterstützen und sich einmischen.

Sie müssen auf die Bereitstellung sofortiger und kostenloser Hilfsgüter für die betroffenen Regionen, für die Städte und das Land drängen. Es sollten mehr Proteste organisiert werden, um zu fordern, dass alle staatlichen Mittel sofort für Hilfsarbeiten zur Verfügung gestellt werden, die von den Kapitalist:innen und den Reichen bezahlt werden. Von Großgrundbesitzer:innen, Export- und Bauunternehmen sollten massive Steuern erhoben werden, um den Flutopfern zu helfen.

Wir brauchen einen Plan zum Wiederaufbau der zerstörten Häuser und Infrastrukturen und zur Entschädigung der Opfer der Überschwemmungen. Angesichts des Versagens des Staates, wirksame Unterstützung zu organisieren, müssen die Arbeiter:innen, Bauern, Bäuerinnen und Armen für die Kontrolle über alle Hilfsprogramme kämpfen. Sie sollten lokale Räte in den Städten und auf dem Land bilden, um sicherzustellen, dass die Hilfe an die Bedürftigen gelangt und der Wiederaufbau von Häusern und Infrastruktur entsprechend den Sicherheitsanforderungen und Bedürfnissen der vielen und nicht der wenigen erfolgt.