Schulen und Corona: Jugend plant Aktionstag

Lukas Resch, Neue Internationale 254, April 2021

Monate des Online-Unterrichts verdeutlichen, wie weit Deutschland in Sachen Digitalisierung zurückhängt. Das Homeschooling schwankte zwischen Extremen: Entweder wurden SchülerInnen mit Aufgaben überschüttet oder sie fehlten. Gleichzeitig wurden die Unterrichtsstunden oft nur genutzt, um neue Aufgaben zu stellen, oder sie fielen gleich ganz aus. Nie gab es eine einheitlich durchdachte Strategie zur Gestaltung des Unterrichts während der Pandemie. Was wie umgesetzt wird, müssen LehrerInnen im Alleingang und zusätzlich zum schon bestehenden Aufgabenberg entscheiden. Nun heißt die neue Hoffnung: In die Schule und testen, testen, testen (und was, wenn die Corona-Tests nicht da sind?).

SchülerInnen leiden unter diesen Zuständen. Monatelang zu Hause bei der Familie eingesperrt mit miserablen Unterrichtsmodellen. Dann zurück in die Schule mit vollkommen unzureichenden Hygienemaßnahmen und obendrein Leistungsabfragen und unter diesen Umständen kaum zu schaffende Prüfungen. Währenddessen bleibt zuhause die Stimmung oft angespannt, da auch für die Eltern die Krise noch lange nicht überwunden ist.

Schon früh regte sich Widerstand gegen das Vorgehen der Bundes- und Landesregierungen. Immer wieder kam es online zu Petitionen und Initiativen. Eine generelle Änderung der Politik wurde dabei jedoch nicht erwirkt. Das lag vor allem an drei Punkten:

  • Es wurde verpasst, die Forderungen nach Öffnungen oder Schließungen der Schulen mit der dahinter liegenden sozialen Frage zu verbinden, statt nur die jeweils akutesten Probleme anzusprechen. Das ist durchaus wichtig, aber leider nicht genug, denn die Lage von Pandemie und Politik ändert sich fast täglich.
  • Eine bundesweite Vernetzung unterblieb. Zwar ist Bildung Ländersache, aber eine der größten Schwächen ist eben das unkoordinierte Vorgehen der Länder. Der Bund greift, bis eine Obergrenze für „die Notbremse“ überschritten ist, nicht ein.
  • Die Initiativen verblieben im virtuellen Raum. Nur vereinzelt konnte lokal mediale Aufmerksamkeit erreicht werden, die in keinster Weise die eigentliche Anzahl derer repräsentiert, die sich nicht einverstanden mit der Schulpolitik erklären.

Für gerechte Bildung

Den Missständen in den Schulen hat das Bündnis „Für gerechte Bildung“ (gerechtebildung.org) den Kampf angesagt. Frei nach dem Motto „Wer 7 Mrd. für die Lufthansa hat, hat auch genug Geld für gute Bildung!“ geht es unter anderem um die Finanzierung von kostenloser Nachhilfe und digitaler Lernausstattung. Weitere Forderungen sind bessere Hygienekonzepte, Durchschnittsabschlüsse und sichere Lernräume für SchülerInnen, die diese nicht zuhause haben.

Am 23. April plant es einen zweiten bundesweiten Aktionstag gegen die menschenverachtende Corona-Politik. Es geht also endlich raus aus dem virtuellen Raum! Allerdings sind für einen erfolgreichen Kampf noch Hindernisse zu überwinden. Zwar gibt es eine bestehende bundesweite Vernetzung und Zuspruch von vielen Gruppen – darunter Internationale Jugend, Young Struggle, SDAJ, Solidaritätsnetzwerk, DIDF, Sozialistische SchülerInnengewerkschaft Deutschland und REVOLUTION.

Allerdings unterschätzen einige im Bündnis die Notwendigkeit, „Für gerechte Bildung“ zu mehr als einem Zusammenschluss kleiner, sich sozialistisch nennender Gruppen auszuweiten. Dazu muss es auch Massenorganisationen und Vertretungsstrukturen der SchülerInnen offensiv ansprechen und in die Aktion zu ziehen versuchen: Organisationen wie die Jusos, Linksjugend [’solid] zählen tausende Jugendliche in ihren Reihen. Sie sollten aufgefordert werden, für den Aktionstag zu mobilisieren und die Forderungen zu unterstützen. Selbiges gilt für die SchülerInnenvertretungen (SV). Nur wenn wir diese Kräfte gewinnen, kann eine Bewegung mit Massenanhang entstehen, die das Kräfteverhältnis wirklich verändern kann.

Im nächsten Schritt kommt es außerdem darauf an, dass alle Gruppen einen praktischen Beitrag leisten, was vor allem heißt: Mobi, Mobi und noch mal Mobi! Wenn am 24. April Tausende SchülerInnen auf die Straße gebracht sein sollen, haben alle Gruppen reichlich Möglichkeiten zur Verbreitung ihrer Politik und wir können zugleich den Druck auf größere Organisationen erhöhen, sich anzuschließen.

Schlussendlich fehlt es dem Bündnis auch an einer Perspektive für die Zusammenarbeit mit ArbeiterInnen, insbesondere jenen in Bildungs- und Erziehungssektor. Eine Chance dafür wäre die Zusammenarbeit mit der Basisinitiative der GEW. Diese erfolgte bereits in Berlin in Kooperation mit der Jungen GEW, um so die Gewerkschaft insgesamt in die Aktion zu ziehen.

„Für gerechte Bildung“ will ein Schulsystem, indem SchülerInnen mitentscheiden können. Doch wenn die Forderungen nach gerechten Lern- und besseren Hygienebedingungen Wirklichkeit werden sollen, braucht es mehr: eine demokratische Kontrolle des Bildungssystems! Maßnahmen an jeder einzelnen Schule wie auch bundesweit müssen durch Komitees aus SchülerInnen, Lehrkräften und Eltern beschlossen werden. Genau deshalb sollte das Bündnis auf die GEW, aber auch auf kämpferische ArbeiterInnen überhaupt zugehen und den gemeinsamen Kampf suchen. Immerhin sind es die Kinder und Jugendlichen aus ArbeiterInnenfamilien, die am meisten unter dem bisherigen Corona-Schulchaos leiden!

Bundesweiter Aktionstag