Tarifrunde 2021: Arbeitskampf und Widerstand sind angesagt!

Flugblatt der Vernetzung kämpferischer Gewerkschaften und des Zukunftsforum Stuttgarter Gewerkschaften Metallertreff, Infomail 1140, 3. März 2021

Wir Metallerinnen und Metaller sehen uns einem doppelten Angriff ausgesetzt: Hunderttausende Arbeitsplätze sind von Streichung und Verlagerung bedroht. Ganze Werke sollen geschlossen werden. Mit betrieblichen Vereinbarungen wurden betriebliche und tarifliche Errungenschaften kassiert und Krisenkosten auf die KollegInnen abgewälzt. Dazu fordert Südwestmetall (SWM) auch noch Eingriffe in die bestehenden Tarifverträge zu unseren Lasten. Das ganze nach drei Jahren ohne Lohnerhöhung. Die IG Metall steht vor der Aufgabe, gegen all diese Angriffe zugleich zu kämpfen. Das ist aber auch eine Chance, weil in der Tarifrunde alle gemeinsam für die gleichen Ziele kämpfen können, egal wie die wirtschaftliche Lage des einzelnen Betriebes ist und wir die Mittel von Warnstreik und Streik nützen können.

Die Angriffe der Metallkapitalisten gemeinsam zurückweisen

Letztes Jahr (2020) schon gab es eine Nullrunde. Noch vor Corona beschloss der IGM-Vorstand, ohne eine konkrete Entgeltforderung und ohne Arbeitskämpfe (mit einem Moratorium) die Tarifrunde durchzuführen. Die Durchführung wie auch der Abschluss war ein Schlag ins Gesicht der KollegInnen und eine Steilvorlage für die Metallkapitalisten, ihre Angriffe auf tarifliche und betriebliche Errungenschaften zu verschärfen. Und so kam es denn auch. Das Kapital nahm das Geschenk sehr gern an. Aber hielt es deswegen irgendwie still? Nein! Stattdessen tischen sie immer neue Forderungen, Streichkonzepte und Angriffe auf. Aktuell für die neue Tarifrunde:

  • Kürzung von Zuschlägen (z.B. Spätschichtzuschläge)
  • Angriff auf die Alterssicherung (Kündigungsschutz und Verdienstsicherung)
  • Verschlechterung von Pausenregelungen
  • Eine weitere Nullrunde dieses Jahr!
  • Eine Anhebung der Entgelte erst wieder, wenn das „Vorkrisenniveau“ erreicht ist, aber nicht vor 2022 – gerne auch nur per Einmalzahlung und nicht tabellenwirksam!
  • Das Metallkapital will darüber hinaus „automatische Differenzierungen“ zur Kostenentlastung für Betriebe in der Krise vereinbaren. Das Geschwurbel bedeutet nichts anderes, als dass ohne weitere Verhandlungen („automatisch“) in bestimmten Unternehmen Entgeltkürzungen in Kraft treten können, wenn die Unternehmen wirtschaftliche Probleme beklagen.

Und das nach einem Geschäftsjahr 2020, in dem z. B. Daimler seinen Profit trotz Pandemie massiv steigern konnte (von 4,3 Mrd. € 2019 auf 6,6, Mrd. € in 2020). Auch wird an die Aktionäre eine deutlich höhere Dividende ausgeschüttet (2019: 90 Cent, 2020: 1,15 €) – auf Kosten der KollegInnen! Sie haben über Kurzarbeit sowie Arbeitszeitabsenkungen ohne Verdienstausgleich einiges verloren. Insgesamt sind die Einkommen aller abhängig Beschäftigten in 2020 um 0,6% gesunken (lt. Statistischem Bundesamt)!

Weisen wir gemeinsam diese Angriffe zurück!

Wir haben es verdient! Mindestens 4 Prozent tabellenwirksam!

Unsere tariflichen und betrieblichen Standards für Kurzarbeit und für Krisenlagen, vor allem aber unser voller Einsatz sorgten dafür, dass Porsche, Daimler, VW, Bosch usw. gut, mit überraschend hohen Profiten aus dem Krisenjahr 2020 hervorgingen. Bei Daimler z. B. ging es in 2020 vom Shutdown über Kurzarbeit in den vollen Wiederanlauf, dann zur Mehrarbeit und Einstellung von Leiharbeitern. Eine ähnliche Entwicklung bei MAHLE. Dort wechselten in Mühlacker beispielsweise die KollegInnen direkt von der Kurzarbeit in die Mehrarbeit. In einigen Produktionsbereichen wurden sogar zusätzliche MitarbeiterInnen eingestellt, selbstredend nur prekär befristet! Alles ermöglicht durch Tarifvertrag bzw. Betriebsrat.

Viele Angestellte arbeiten seit fast einem Jahr im „Home-office“. Sie müssen dafür ihren Alltag vollkommen umbauen. Home-office lohnt sich – für das Kapital! Längst ist bewiesen: Es ist sehr produktiv – für die Firmen. Für betroffene Familien dagegen wächst der Stress! In der Produktion dagegen müssen viele KollegInnen weiter acht Stunden pro Tag, Schulter an Schulter, arbeiten, nur jetzt – unter erschwerten Bedingungen – mit Maske.

Alle Beschäftigten aber haben dazu beigetragen, wenn jetzt die Metallindustrie trotz Pandemie weiterläuft wie geschmiert. Es ist deshalb mehr als gerechtfertigt, dass die Beschäftigten ihre Forderung von 4 % mehr Lohn durchsetzen wollen! Nehmen wir es nicht hin, dass das Kapital ungerührt die Profite einstreicht, sie sogar aus Steuer- und Sozialversicherungsmitteln aufstockt (z.B. bei Kurzarbeit), und dass uns dann der neue Südwest-Metall-Chef und Daimler-Personalvorstand Porth uns in der Presse zurechtweist, vor 2022 gäbe es keine Lohnerhöhungen – frühestens.

Der Tarifrundenauftakt demonstrierte Kampfbereitschaft!

Gut war es, dass am 11. Februar vor Daimler Untertürkheim, in Feuerbach vor Coperion und in zahlreichen anderen Orten die KollegInnen ihren Kampfeswillen demonstrierten. Wenn unter altbekanntem Wehklagen Porth und andere Kapitalisten die nächsten Opfer von den Beschäftigten fordern, beeindruckt das niemanden mehr. Bei den Aktionen kam in vielen Reden klar heraus: Es geht vielen Unternehmen gut, sie machen (zum Teil erstaunlich hohe!) Profite, während wir, die arbeitenden KollegInnen, zunehmend in Not geraten. „Corona“ – das dient nur als willkommener Vorwand, um uns weiter, immer mehr unter Druck zu setzen. Fallen wir nicht auf die altbekannten Bluffs herein, sondern nehmen wir den Kampf auf!

Lassen wir den Auftaktaktionen einen entschlossenen und solidarischen Kampf folgen für unsere Forderungen:

  • für eine tabellenwirksame Erhöhung der Entgelte und der Ausbildungsvergütungen um 4 % ab Januar 2021 und eine Laufzeit von 12 Monaten
  • für die volle Aufnahme der Dualen StudentInnen in die tariflichen Regelungen
  • für die Angleichung der Arbeitszeiten in den östlichen Bundesländern an die westlichen

Arbeitszeitverkürzung Ja – aber vom Kapital bezahlt!

Wir befürworten auch Arbeitszeitverkürzungen auf die Viertagewoche. Aber wir finden es nicht okay, wenn die KollegInnen das durch Abzug von der Lohnerhöhung („Volumen 4%“) bezahlen sollen, auch wenn die Führung der IG Metall betont, das sei wenigstens ein Teil-Ausgleich. Wir befürworten Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Menschen brauchen gute Arbeitsplätze, um im Kapitalismus sich und ihre Familien durchzubringen, sie brauchen auch das Einkommen. Deswegen sagen wir vom Metallertreff und der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften VKG:

  • Wir brauchen die 30-Stundenwoche für alle und überall – bei vollem Entgelt- und Personalausgleich!

Lassen wir die Kapitalvertreter/innen jammern, „wir“ hier in Deutschland hätten die höchsten Lohnkosten. Bei jedem Zugeständnis klagen sie, die Wirtschaftswelt – ihr Profit – sei vom Untergang bedroht. Wir halten dagegen: Wir liefern höchste Qualität, Leistung und Produktivität! Dafür brauchen wir gute Bedingungen und eine Zukunftsperspektive, auch für die Kinder und Jugendlichen!

Nehmen wir den Kampf auf! Urabstimmung und Streik – der richtige Weg!

Lassen wir uns nicht beeindrucken von der Propaganda der Herren Porth (Südwestmetall und Daimler) oder Wolf (Gesamtmetall-Boss). Lassen wir uns auch nicht von den spalterischen Reden von Rechten und Nazis verwirren, die uns Metallerinnen und Metallern die Schuld für die Krise in die Schuhe schieben. Bereiten wir uns entschlossen und solidarisch auf den Arbeitskampf, auf Urabstimmung und Streik vor. Wir finden es ermutigend, dass die Mettinger Daimler-Kollegen am 11. Februar kämpferisch ankündigten, wieder auf die Straße („fängt mit B an und hört mit 10 auf!“) zu gehen, aber auch dorthin, wo die Chefs residieren. Wir finden es gut, wenn sich niemand von der „Corona-Krise“ bremsen lässt. Vor dem Daimlertor hieß die Losung: „Abstand – Maske – Arbeitskampf!

Verbinden wir den Tarifkampf mit dem Kampf für unsere Arbeitsplätze

Die Gewerkschaften brauchen ein Konzept zur Verteidigung der Arbeitsplätze, das auch Forderungen wie Enteignung der Bosse, Überführung in Gemeineigentum (IGM-Satzung), Konversion der Produktion, demokratische Kontrolle und Verwaltung durch Belegschaften mit beinhaltet. Wenn ein Betrieb geschlossen werden soll, geht es um Streiks, um die Besetzung von Betriebstoren oder Werkhallen, um den Abtransport von Maschinen und Produktionsanlagen zu verhindern, um Mobilisierung von Solidarität anderer Betrieben und Branchen. Über Solidaritätskomitees kann dies gut organisiert werden.

Kontakt:

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