Angriff auf LL-Demo – eine geplante Provokation

Janosch Janglo, Infomail 1134, 11. Januar 2021

Auch in diesem Jahr fand trotz Corona oder gerade wegen des 150. Geburtstags von Rosa Luxemburg die alljährliche LL-Demo zum Gedenken an die Ermordung von Karl und Rosa am 15. Januar 1919 statt. Aufgrund der Corona-Pandemie kamen diesmal weitaus weniger TeilnehmerInnen. Sicher trug dazu auch die Absage der Partei DIE LINKE bei, an der Demo teilzunehmen, um ihr Gedenken auf den 14. März zu verlegen. Trotzdem folgten ca. 2.500 Menschen dem Aufruf des Bündnisses und wollten sich es nicht nehmen lassen.

Bevor sich der Demozug aber vom Frankfurter Tor zur Gedenkstätte nach Friedrichsfelde aufmachen konnte, hatte sich die Berliner Bullerei ein ganz besonderes Jubiläumsgeschenk ausgedacht. So fiel der Polizeiführung – ob mit Wissen oder stillschweigender Duldung des rot-rot-grünen Senats – nach 30 Jahren plötzlich auf, dass die FDJ wie in jedem Jahr bei dieser Demo mitläuft und dies durch Fahnen auch offen zeigt. Nach Meinung der bürgerlichen OrdnungshüterInnen sei dies das Zeigen von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation gewesen. So bastelte man sich wieder einmal die Rechtfertigung für einen brutalen Angriff auf eine linke Demonstration. Dafür gab es als Willkommensgeschenk ordentlich Pfeffer und Schlagstöcke von der Bullerei, bis alle Fahnen der FDJ von der Demo gewaltsam entfernt, viele DemonstrantInnen verletzt oder festgenommen waren. Das stellt ganz klar ein illegales Vorgehen der Bullerei dar und kann getrost als im Vorfeld geplante Eskalation bezeichnet werden. 30 Jahre nach der Wende ist eigentlich jedem/r bekannt, dass die FDJ in Ostdeutschland per Einigungsvertrag legal ist. Zu diesem Gebiet zählt auch Ostberlin. So konnte die FDJ noch im Oktober gegen die Einheitsfeier ganz legal durch die Hauptstadt marschieren und im Juni in Zwickau eine Demo anmelden und auch durchführen.

Klar muss man die stalinistische DDR-Lobhudelei der FDJ kritisieren, aber richtigerweise solidarisierte sich die Demonstration mit dieser Organisation. Viele TeilnehmerInnen bildeten Ketten, um den Aufmarsch vor den Angriffen der Bullen zu schützen. Da konnte man natürlich auch keine Rücksicht mehr auf Abstandsauflagen einhalten, auch wenn das die Bullerei zynischerweise forderte. Insgesamt wurden rund 35 Personen festgenommen, gegen 56 wurden lt. Polizei Strafanzeigen gestellt, mindestens zehn DemonstrantInnen wurden zum Teil schwer verletzt. Bezeichnend, wenn auch nicht überraschend, war auch der Kontrast des brutalen Einsatzes zum Vorgehen der staatlichen Sicherheitskräfte gegenüber den Aktionen der Corona-LeugnerInnen. Mit einer Stunde Verspätung konnte der Demozug endlich loslaufen, auch wenn es auf dem Weg zur Gedenkstätte immer wieder zu einzelnen Festnahmen kam.

Beim Angriff am 10. Januar handelte es sich um eine gezielte Provokation. Freilich sollten wir unseren Blick dabei nicht nur auf das skandalöse Vorgehen der Polizei richten.

Dieses, das einen provokanten Bruch mit der bisherigen Rechtslage und Praxis darstellt, begründete die Polizei lt. Berliner Morgenpost damit, dass die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages nunmehr zur Einschätzung gekommen wären, dass das Verwenden von FDJ-Abzeichnen nach Paragraph 86a des Strafgesetzbuches zu ahnden sei. Dass sich die Polizei diese strittige, antidemokratische Rechtsauslegung ausgerechnet zur LL-Demo zu eigen gemacht hat, stellt eine gezielte Provokation dar.

Es wirft aber auch die Frage nach der Rolle des SPD-geführten Innensenats und der rot-rot-grünen Koalitionsregierung auf. Dass sie „ihre“ Polizei nicht im Griff hat, wenn sie das Demonstrationsrecht angreift, wollen wir nicht gänzlich ausschließen. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Innensenator Geisel betätigt sich seit Jahren als politischer und polizeilicher Scharfmacher gegen besetzte Häuser wie überhaupt gegen die Berliner Linke. Während der SPD-Innensenat den Takt vorgibt und Geisel den Mini-Noske spielt, schweigt der „Rest“ des Senats, wäscht seine Hände in Unschuld und setzt ansonsten weiter auf die bewährte „Zusammenarbeit“ und Arbeitsteilung, wenn es um Angriffe auf besetzte Häuser, linke Organisationen und demokratische Rechte geht.

  • Weg mit allen Verboten linker Organisationen!
  • Einstellung aller Ermittlungen und Verfahren!
  • Öffentliche Untersuchung der Machenschaften der Berliner Polizei, der Rolle des Innensenats und der rot-rot-grünen Koalition!