Kämpfen unter Corona-Gefahr: Aktionen im Gesundheitswesen

Anne Moll, Neue International 247, Juni 2020

Mit Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland stand die Situation der Krankenversorgung im Fokus. So wurden die vielen Einschränkungen, Schließungen und Ausgangsverbote vor allem aus dem Grund vorgenommen, weil die Regierung ein Zusammenbrechen des Gesundheitssystems befürchtete und nicht riskieren wollte, dass in einem der reichsten Länder der Welt Situationen wie in Italien Realität werden und ÄrztInnen vor der Entscheidung stehen, wer noch beatmet wird und wer sterben muss.

Diese Pandemie braucht zur Behandlung viele Intensivplätze im Krankenhaus. Deshalb erhob sich die Frage, wie diese Zahl schnellstmöglich erhöht werden kann und wie geschultes Personal für beatmete PatientInnen zu rekrutieren wäre. Um die Menschen in den systemrelevanten Berufen (besonders also alle im Krankenhaus Arbeitenden) vor einer Ansteckung zu schützen, brauchen diese viel und gute Schutzkleidung. Da tut sich eine bis heute große Lücke, ein Abgrund auf.

Worte statt Taten

Um also die Beschäftigten zu motivieren, weiter Kranke zu pflegen und vor allem so zu behandeln, dass sie auch wieder gesund werden, hat sich die Regierung einiges einfallen lassen. Allerdings keine gute Schutzkleidung, die war ja ganz schnell zu teuer. Und mehr Personal war auch nicht zu finden, da wurden für die Wenigen mal schnell die Schichtzeiten verlängert und die Pausen gekürzt.

Aber es gab jeden Abend Applaus von den Balkonen für den selbstlosen Einsatz der im Krankenhaus Beschäftigten.

Es wurde DISKUTIERT, dass es sinnvoll sein könnte, dem Personal im Krankenhaus und auch in anderen Bereichen eine Sonderzahlung zukommen zu lassen. Das wurde sehr laut und auch des Öfteren diskutiert. Es hörte sich fast so an, als würde es die Politik ernst meinen. Aber dann…. waren da plötzlich die Deutsche Bahn und Lufthansa, die ganz viel finanzielle Unterstützung brauchen, damit sie nicht einbrechen, denn sie müssen auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig bleiben. Das verstehen natürlich alle Beschäftigten, die leer ausgehen, denn auch die Interessenvertretungen, die da ver.di und Marburger Bund wären, betonen immer wieder:  „Wir müssen zusammenhalten in der Krise.“

Im Kapitalismus sieht Zusammenhalt eben so aus: Die einen schuften, die anderen sahnen ab.

Es gibt aber diese kleine Lücke im System, diese kleine Hoffnung für die schwer schuftende Klasse: denWiderstand! Widerstand gegen Unterdrückung, Ausgrenzung, Überarbeitung, gegen falsche Politik und für ein besseres Leben, für den Sozialismus.

Proteste

Und da regt sich auch was zur Situation im Gesundheitswesen. Wir melden uns auch immer wieder zu Wort und sind bei vielen Aktionen der Pflegenden, der ÄrztInnen, des Reinigungspersonals und der Logistik dabei. Bis zum 12. Mai gab es tatsächlich nicht wenige Petitionen, offene Briefe von Personal- und Betriebsräten, Unterschriftensammlungen, Mahnungen der Gewerkschaften und kleine Kundgebungen vor Krankenhäusern, um auf die Situation hinzuweisen und mehr Geld, kürzere Arbeitszeit, mehr Personal und bessere Ausstattung zu fordern.

Vor Ort, also in den Häusern, wurde die jeweilige Belegschaft aber gleichzeitig ermahnt, ja zur Arbeit zu kommen. Jetzt müssten „wir“ erstmal durch die Krise, egal wie die eigene Gesundheit leidet bei gleichzeitiger Nichterreichbarkeit von Personal- und Betriebsräten und geschlossenen Gewerkschaftshäusern.

Am 1. Mai wurde deutlich, dass es zwar eine Interessenvertretung gibt, diese aber statt kämpferische Wege auf der Straße auch in Pandemiezeiten zu finden, im Schulterschluss mit dem Kapital noch enger rückt. Daraufhin sind einige linke Gruppen, Bündnisse für mehr Personal im Krankenhaus und betroffene Beschäftigte und Patientengruppen aktiv geworden und haben Kundgebungen abgehalten, am 1. Mai und am Tag der Pflege, am 12. Mai. Der bundesweite Zusammenschluss der Bündnisse für mehr Personal im Krankenhaus hat eine Online-Pressekonferenz durchgeführt. Die VKG (Vernetzung für klassenkämpferische Gewerkschaften) bereitet eine Kampagne vor. Notwendig wäre, dass es bald eine Aktionskonferenz gibt, die einen gemeinsamen Mobilisierungsplan bis hin zu politischen Streiks diskutiert und beschließt.

Der Druck in den Krankenhäusern ist hoch, die Gewerkschaft ver.di und der Marburger Bund pressen mit aller Kraft den Deckel drauf. Das wird früher oder später zur einer explosiven Entladung führen.

Hoffentlich schaffen wir alle gemeinsam bis dahin Strukturen, die nicht nur den Dampf rauslassen, sondern eine Kampfkraft entwickeln, somit zu wirklichen Verbesserungen führen!

Wenn Ihr unsere Vorschläge genauer kennenlernen wollt, lest die zahlreichen Artikel in dieser Zeitung und auf unserer Homepage oder tretet einfach mit uns in Kontakt. Bleibt gesund und organisiert Euch!