Leben gegen Profit – die Wiederhöffnung der US-Wirtschaft

Marcus Otono, Infomail 1105, 27. Mai 2020

Im Klassenkampf schärfen sich die Kampflinien unvermeidlichen. „Auf welcher Seite steht Ihr?“ wird entscheidend. Das geschieht jetzt mit der Covid-19-Krise.

Wenn es jemals eine Zeit gab, in der man eine Reaktion hätte spüren können, die größeren Schaden für die Wirtschaft und eine Krise der öffentlichen Gesundheit verhindert hätte, dann ist dieser Zeitpunkt längst vorbei, verloren in einer Unzahl von Windungen und Wendungen von der Trump-Administration, die aus einer dunklen Komödie falscher Ratschläge und gefährlicher Politikwechsel bestanden. Ein Spiel, das vor dem Hintergrund von Wahlpolitik, nacktem Opportunismus, Verschwörungstheorien und ideologischer „Reinheit“ gespielt wurde. Die beiden Bereiche öffentliche Gesundheit und Wirtschaft stehen nun im Widerspruch zueinander. Die Wiedereröffnung der Wirtschaft unter den gegenwärtigen Bedingungen wird Menschen töten – vielleicht eine Menge.

Aber die herrschende Klasse und ihre StiefelleckerInnen in der politischen Kaste haben ihre Wahl getroffen. Der rechte Todeskult, der den Kapitalismus heute beherrscht, wird die Wirtschaft wieder öffnen, egal wie viele Menschen er tötet. Und es ist zweifelhaft, dass sie, sobald wieder eröffnet, von der bürgerlichen Regierung wieder geschlossen wird, ungeachtet der negativen Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit.

Die kapitalistische Antwort ist Klassenkrieg

Man täusche sich nicht: Wir sitzen da definitiv nicht „alle in einem Boot“. Die Klassengrenzen sind streng. Während die Bosse von der Arbeit entbunden werden, wenn sie nicht arbeiten wollen, werden wir anderen wieder in die Tretmühle gezwungen, um die Profite der gleichen Bosse zu retten, die, wenn sie überhaupt „schaffen“, „zu Hause“ in ihren palastartigen Villen oder auf ihren Yachten und in Sicherheit arbeiten.

Obwohl es wahrscheinlich ist, dass dieses Virus ursprünglich von den Reichen verbreitet wurde, die aus Übersee einflogen (denn wie viele aus der ArbeiterInnenklasse sind in der Lage, irgendwo hinzufliegen, geschweige denn nach Übersee?), sind es nicht dieselben Reichen, die die Hauptlast von Ansteckung und Tod erleiden. Es sind die ArbeiterInnenklasse und die Armen und vor allem ein höherer Anteil, der schwarz, lohnabhängig und/oder arm ist. Und jetzt, wo alle Anzeichen darauf hindeuten, dass Einstellung nicht-essentieller Tätigkeiten, Quarantäne, Masken und soziale Distanzierung tatsächlich dazu beitragen, die Infektionsraten zu verlangsamen, sagen die Bosse dem Rest von uns, dass wir wieder an die Arbeit gehen sollen. Sie tun dies, auch wenn keine der Richtlinien, die signalisieren sollten, wann eine Wiedereröffnung sicher ist, in den meisten Staaten, die wiedereröffnet werden, befolgt wird, vor allem nicht bei Tests und Rückverfolgung. Sie scheinen entschieden zu haben, dass zwei Monate für eine Unterbrechung ihrer Gewinnkette genug sind, und die Wiedereröffnung wird angeordnet, unabhängig von den Beweisen und unabhängig von den potenziellen Todesraten durch eine zweite Welle von Virusinfektionen. Diese wird von fast allen erwartet, sowohl von ExpertInnen als auch von LaiInnen.

Die berühmte Rettungsaktion, die wir in einem früheren Artikel erörtert haben und die den Menschen die Mittel an die Hand geben sollte, um eine erweiterte Abriegelung zu überleben und das Virus unter Kontrolle zu bringen, erwies sich als genau so, wie wir es vorhergesagt hatten: eine Rettungsaktion für Unternehmen und Wohlhabende und ein Ausverkauf für den Rest von uns. Wir haben zwei Rettungsaktionen für „kleine Unternehmen“ durchgemacht, während viele Einzelpersonen auf ihre erste warten. 9.000 Kirchen, die keine Steuern an den Staat zahlen, haben eine dieser Rettungsaktionen für „kleine Unternehmen“ erhalten, während einige in ihren Gemeinden immer noch versuchen, die versprochene Arbeitslosenunterstützung zu erhalten. Viele FriseurInnen, MusikerInnen und andere, die in der berüchtigten „Gig“ (Auftritts-/Gelegenheits-)Wirtschaft beschäftigt sind, haben seit über einem Monat versucht, Zugang zu Geldern aus der Rettungsaktion für kleine Unternehmen und/oder den neuen Regeln für die Arbeitslosenunterstützung zu erhalten und sind hieran gescheitert. Die Liste der Versäumnisse für die ArbeiterInnenklasse bei der Umsetzung von CARES (Coronavirus Aid, Relief, and Economic Security Act; Gesetz zur Hilfe und Entlastung der Folgen des Coronavirus und zum Schutz der Wirtschaft) ist endlos lang.

Und wie um ein Ausrufezeichen auf diese Ungerechtigkeit der föderalen Großzügigkeit zu setzen, ermutigen die GouverneurInnen der Bundesstaaten mit der Komplizenschaft der Trump-Administration die Unternehmen dazu, Angestellte, die nicht in ein gefährliches und vielleicht tödliches Umfeld zurückkehren wollen, zu „verpfeifen“, um einen Vorwand zu haben, ihre Arbeitslosenunterstützung zu kürzen. Dies ist eine weitere Unterdrückung derjenigen, die sich mit dieser erzwungenen Wiedereröffnung auseinandersetzen könnten.

Und das sind laut der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pew Research zwei Drittel der Bevölkerung. Es ist klar, dass egal, wie viele Menschen dagegen sind, Menschen gegen ihren Willen und unter Lebensgefahr zu früh zur Arbeit zurückzudrängen, der Staat auf Geheiß ihrer ChefInnen in der Wirtschaft sagt, dass es keine Rolle spielt. Lohnabhängige stehen vor der „Wahl“:  zu arbeiten, krank zu werden und möglicherweise an Krankheit zu sterben, oder nicht zu arbeiten, vor dem finanziellen Ruin zu stehen und zu verhungern.

Massenarbeitslosigkeit

All dies geschieht unter Bedingungen massiver Arbeitslosigkeit, die mit jener der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre vergleichbar  ist, unter Bedingungen, die die langfristige Reservearmee an Arbeitskräften sicherlich ergänzen und einen immensen Druck auf die Löhne und Beschäftigungsbedingungen der Beschäftigten ausüben, die noch arbeiten. Jüngsten Zahlen des Arbeitsministeriums zufolge haben in der ersten Maiwoche 3 Millionen Menschen Arbeitslosenunterstützung beantragt, wobei 40 % der Familien mit niedrigem Einkommen jetzt eine/n ErnährerIn verloren haben. In den letzten zwei Monaten haben 36 Millionen Menschen um Bewilligung von Arbeitslosengeld nachgesucht. Und da die AmerikanerInnen ihre Arbeit verlieren, verlieren sie damit auch ihre Gesundheitsleistungen – schätzungsweise 35 Millionen von ihnen.

ArbeiterInnen in so genannten „essentiellen“ Stellungen wie der Gastronomie und dem Transportwesen, die nie einen existenzsichernden Lohn erhielten, wurden kurzfristige „Gefahrenzulagen“ weggenommen, obwohl die Zeiten heute genauso gefährlich sind wie vor einer Woche, als sie noch die „HeldInnen“ der Gesellschaft waren.

Gegen diesen massiven staatlichen und systemischen Druck zur Wiedereröffnung auf jeden Fall gibt es nur einen Teil der Bevölkerung, der über die erforderlichen Mittel verfügt, dem standzuhalten. Das ist die ArbeiterInnenklasse.

Eine Antwort der ArbeiterInnenklasse – Streiks, Streiks und noch mal Streiks

Seit dem 1. März hat es in den USA über 200 Streiks unterschiedlicher Dauer gegeben. Bei den meisten dieser Streiks ging es darum. dass profitable Unternehmen ihre Gewinnspannen nicht über die Sicherheit ihrer Beschäftigten stellen sollten. Ein Mangel an persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und unsichere und unhygienische Arbeitsbedingungen, die die Verbreitung des Virus begünstigen, waren die Hauptgründe für die meisten dieser Streiks. Ein weiteres Merkmal der Streiks ist ihr „wilder“ Charakter. In der Regel sind sie von nicht gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten geführt worden, die von diesen Bedingungen am unmittelbarsten betroffen sind. Die organisierte ArbeiterInnenschaft hat hinter den Kulissen einige der Arbeitsniederlegungen unterstützt, aber in den meisten Fällen waren die offiziellen Gewerkschaften bisher nur an etwa 20 % der Streikaktionen beteiligt.

Ein weiteres Merkmal ist die weite Verbreitung der Ausstände in allen als „wesentlich“ eingestuften Sektoren und in der Mehrheit der Bundesstaaten der USA. Alle Arten von Unternehmen, von Gesundheitseinrichtungen über Fleischverpackungsbetriebe und LandarbeiterInnen bis hin zu Angestellten in Lebensmittelgeschäften, haben ihre Arbeit niedergelegt, um dagegen zu protestieren, dass ihr Leben ausschließlich aus Profitgründen aufs Spiel gesetzt wurde. Auch Kommunalbeschäftigte haben sich aus den gleichen Gründen an dieser Streikwelle beteiligt. MüllwerkerInnen in Pittsburgh und New Orleans haben wegen fehlender persönlicher Schutzausrüstung ihre Arbeit niedergelegt, ebenso wie BusfahrerInnen in mehreren Ortschaften.

Auch die Gegenaktionen der EigentümerInnen haben zugenommen. KrankenpflegerInnen wurden entlassen, weil sie sich über den mangelnden Schutz bei der Arbeit und die Gefahr, die dies sowohl für das Pflegepersonal als auch für die PatientInnen darstellt, geäußert haben. Der riesige Amazon-Konzern hat mehrere Beschäftigte entlassen, weil sie einen Streik organisiert hatten. In New Orleans wurden die streikenden SanitärarbeiterInnen durch Strafgefangene ersetzt. Und damit niemand glaubt, dass die politische Klasse die Arbeiterinnen und Arbeiter retten wird, haben das National Labor Relations Board (Behörde zur Regelung von Arbeitsverhältnissen; NLRB) und die Trump-Administration in North Carolina und Colorado die Wahlen zur gewerkschaftlichen Organisierung ausgesetzt. Und offenbar im Geiste der Einheit in der „Zweiparteilichkeit“ haben demokratische FunktionärInnen in Pennsylvania, Kentucky und Nevada Schritte unternommen, um die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften sowie ihre Verhandlungsrechte zu beschneiden.

Der Kampf wird weitergehen

Doch trotz der inspirierenden Bemühungen der US-ArbeiterInnenklasse in Einzel- und Kleinaktionen wird die Wirtschaft immer noch weiter geöffnet, was unser aller Leben in Gefahr bringt. ÄrztInnen, Krankenpflegepersonal, LieferwagenfahrerInnen, FleischverpackerInnen und FließbandarbeiterInnen werden immer noch entlassen, weil sie sich weigern, unter unhygienischen und unsicheren Bedingungen zu arbeiten. Und den Gewerkschaften droht der Verlust ihres Rechts, ihre Beschäftigten landesweit zu vertreten. Dies macht das größte aller Bedürfnisse deutlich: eine ArbeiterInnenpartei, die diese Kämpfe in einer koordinierten Anstrengung vereint, um die Kontrolle über die Gesellschaft zu übernehmen und so unsere Gesundheit und unser Leben zu schützen.

Es ist offensichtlich, wie die organisierte „Todeskult“-Propaganda zeigt, die der Öffentlichkeit jeden Tag vor Augen geführt wird, dass die BesitzerInnen, sobald diese Wiedereröffnung stattfindet, nicht die Absicht haben, davon Abstand zu nehmen. Trump hat bereits von einer Verdoppelung der Zahl der Todesopfer bis zum Ende des Sommers gesprochen, aber man wird feststellen, dass er nicht davon sprach, etwas dagegen zu unternehmen, außer von freiwilliger „sozialer Distanzierung“ und Isolierung von gefährdeten demographischen Gruppen wie alten Menschen, AsthmatikerInnen, Immungeschwächten und anderen, die höhere Todesraten aufweisen. Dies war eine weitere zielgerichtete Erklärung, dass, unabhängig von den Risiken für die öffentliche Gesundheit, die Wirtschaft und die Gewinne der BesitzerInnen an Produktionsmitteln wichtiger sind als die Masse der Bevölkerung.

Weder die Gesundheitsrisiken noch die Angriffe auf die Rechte der ArbeiterInnen sind zu diesem Zeitpunkt vollständig bekannt. Das Virus wird aus einem Grund als „neuartig“ bezeichnet, weil es neu ist. Es scheint so, als würden wir täglich über neue Wege lesen, auf denen es den Körper angreift. Das Herz, die Nieren, das Gefäßsystem und sogar das Gehirn haben Anzeichen dafür gezeigt, dass sie anfällig für Coronavirus-Angriffe sind, ebenso wie die Lungen und das Atmungssystem. Wir können auch nicht berücksichtigen, welche mittel- und langfristigen Auswirkungen die Infektion haben wird, weil es noch zu früh ist, dies zu sagen. Wenn gesunde junge Erwachsene ohne Grunderkrankungen an einem Schlaganfall sterben, der darauf zurückzuführen ist, dass das Coronavirus angreift und Gerinnsel im Blutkreislauf verursacht, ist klar, dass niemand wirklich vor seinen tödlichen Auswirkungen sicher ist. Und die Liste der „gefährdeten“ demographischen Gruppen wird immer länger, wobei Kinder die jüngsten Opfer sind, die nachweislich durch eine Art „toxisches Schocksyndrom“ gefährdet sind, das durch die Krankheit verursacht wird.

Es ist unglaublich, dass inmitten einer Pandemie, die gezeigt hat, dass unser Gesundheitssystem nicht in der Lage ist, die landesweite, allgemeine Versorgung, die zur Bekämpfung der Pandemie erforderlich ist, zu gewährleisten – zu testen, PSA-Beatmungsgeräte, Intensivbetten zur Verfügung zu stellen –, aber „Amerika zuerst“ an die Spitze der Zahl der Opfer zu hieven, der Kandidat, der sich für Gesundheitsversorgung für alle einsetzt, zugunsten eines anderen beiseitetrat. Dies sollte der Zeitpunkt sein, um eine Mehrheit der AmerikanerInnen davon zu überzeugen, dass ihre Gesundheitsversorgung ein Recht sein sollte, das allen Menschen, Arbeitslosen, solchen mit geringem Einkommen, „Illegalen“ usw. gleichermaßen zur Verfügung steht. Dies sollte eine zentrale Forderung eines jeden Programms der ArbeiterInnenklasse sein, die von einer Partei der ArbeiterInnenklasse erkämpft wird und nicht im Rennen um die Kandidatur für die zweite Partei der MilliardärInnen eingetauscht werden sollte.

Was die Angriffe auf demokratische und ArbeiterInnenrechte betrifft, so haben wir bereits die nächsten Schritte in den vorbereitenden Maßnahmen gesehen. Die jüngsten Demonstrationen, die von ruchlosen rechten Interessen unterstützt werden und bei denen vor allem weiße NationalistInnen und FaschistInnen Waffen tragen, um die Versuche der Bosse zur „Wiedereröffnung“ in Städten und Staaten zu unterstützen, die versuchen, eine vernünftigere Haltung zu diesem Thema einzunehmen, sind nur die erste Taktik. Wir sehen bereits die Anfänge bewaffneter Milizen, die offene Geschäfte in hart getroffenen Staaten und Städten „bewachen“. Diese „WächterInnen“ werden die StreikbrecherInnen von morgen sein. Und dabei ist die Unterdrückung der marginalisierten und unterdrückten Bevölkerungsgruppen durch staatliche Aktionen der Polizei und anderer bewaffneter VertreterInnen der kapitalistischen Ordnung noch nicht einmal eingerechnet.

Dies ist kein Kampf, der ein schnelles Ende haben wird, und wir können es uns nicht leisten, diesen Kampf zu verlieren.

Vereinigt die Kämpfe!

Solange wir keine ArbeiterInnenpartei haben, müssen wir mittels der Organisationen kämpfen, die wir besitzen, und mittels derjenigen, die wir an unseren Arbeitsplätzen, in unseren Ortschaften und auf Stadt- und Staatsebene aufbauen können. Die Streikwelle, die wir bisher erlebt haben, muss weitergehen, und sie muss sich im Laufe der Zeit ausweiten, sich besser organisieren und disziplinierter werden. Die Gewerkschaften müssen sich stärker als führende Kraft innerhalb der Klasse als Ganzes engagieren, mit gutem Beispiel vorangehen und ihre organisatorische und finanzielle Schlagkraft nutzen, um alle Arbeiterinnen und Arbeiter zu unterstützen, nicht nur ihre Mitglieder. Einzelne Arbeiterinnen und Arbeiter müssen, wenn sie durch finanzielle Notwendigkeit oder staatlichen Druck zur Rückkehr gezwungen werden, daran beteiligt werden, zu Maßnahmen gegen Betriebe aufzurufen, die sich nicht um Sicherheit und Abstandsbeschränkungen kümmern. Informationsstreikposten müssen regelmäßig vor diesen nicht konformen Firmen aufgestellt werden, um die Öffentlichkeit über ihre Verstöße zu informieren.

Die unvermeidlichen Vergeltungsmaßnahmen für die Ergreifung dieser Maßnahmen werden in vielen Fällen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein, und dies muss von den verbleibenden MitarbeiterInnen und interessierten AnhängerInnen mit weiteren Maßnahmen bewältigt werden: wörtlichen und bildlichen „Krankmeldungen“ und dem öffentlichen Druck, sie wieder einzustellen und Entlassungen mit Boykotten zu beantworten, bis sie einlenken. Solidarität muss in diesen Fällen mehr als nur ein Schlagwort werden. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist besser als die Beendigung des Lebens, aber beides darf nicht zur „neuen Normalität“ werden.

Da die überwiegende Mehrheit der US-Arbeitskräfte derzeit nicht in offiziellen Gewerkschaften organisiert ist, müssen die ArbeiterInnenzentren, deren früherer Schwerpunkt möglicherweise auf eng gefassten Themen wie Lohndiebstahl oder den schlimmsten unsicheren Arbeitsbedingungen lag, diesen Schwerpunkt erweitern und sich um die allgemeine Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten kümmern, auf die sie Einfluss haben. Restaurantbeschäftigte und alternative Arbeitsorganisationen (ALOs) für Zugewanderte müssen zusammenkommen, wie sie es in Nashville, Tennessee, getan haben, um Strategien und Taktiken zur Durchsetzung von Forderungen der öffentlichen Gesundheit gegenüber UnternehmerInnen zu entwickeln. Dies allein reicht jedoch nicht aus. Andere Gemeinschaftsgruppen wie die AFL-CIO Labor Councils (örtliche und regionale Gewerkschaftszusammenschlüsse) und die Demokratischen SozialistInnen Amerikas (DSA) müssen sich an diesen Strategieberatungen beteiligen, und zwar nicht nur mit einzelnen Mitgliedern, sondern als offiziell teilnehmende Organisationen.

Dies sind nur einige der ersten Schritte, die wir als notwendig erachten können, um die Macht weg von der Gier, die den Regeln des Kapitalismus innewohnt, in die demokratischen Hände des Volkes zu bringen. Schließlich ist es der große Rest der Bevölkerung, der den Preis dafür bezahlen wird, wenn „business as usual“ zu Infektionen und Todesfällen für uns und unsere Lieben führt. Es werden sicherlich nicht die Bosse und ihre Mietlinge in der politischen Klasse sein.

Selbst in einem Wahljahr werden es nicht die Wahlen sein, die diese Krise der öffentlichen Gesundheit lösen. Die Krise findet jetzt in Echtzeit statt, und die Wahlen sind noch Monate entfernt. Die PolitikerInnen der beiden kapitalistischen Parteien sind mehr oder weniger und früher oder später entschlossen, die Dinge wieder so zu gestalten, wie sie waren, auch wenn Menschen deswegen sterben werden.

Diese Krise sowohl der öffentlichen Gesundheit als auch der Wirtschaft wurde und wird weiter genutzt und politisiert werden. Lokale Aktionen, wie oben skizziert, können ein Anfang sein, aber nicht das Ende. Die PolitikerInnen, die den Kapitalismus unterstützen, und das sind derzeit alle, werden diese Krise der öffentlichen Gesundheit nutzen, um die Zerstörung des Gesellschaftskonzepts als Ganzes zu vollenden und uns zu kämpfenden Individuen zu machen, die keine Macht haben, die notwendigen Veränderungen auf Mikro- und Makroebene zu bewirken.

Es heißt, Übung macht den/die MeisterIn, und da unser Leben auf dem Spiel steht, wird uns die Übung, die wir brauchen, um die Macht in der Gesellschaft gegen diese verfrühte und tödliche Wiedereröffnung der Wirtschaft zu ergreifen und auszuüben, in den kommenden Kämpfen einen guten Dienst erweisen.  Es ist sicher, dass weder die Regierung noch die „oppositionelle“ Demokratische Partei die Wirtschaft  wieder schließen werden, egal wie sehr es nötig sein mag, um unser Leben zu retten. Wenn wir eine weitere Schließung brauchen, wird uns diese Aufgabe überlassen bleiben. Mit allen erforderlichen Mitteln!