Großbritannien: Die Auslieferung von Julian Assange stoppen!

Dave Stockton, Red Flag, Infomail 1092, 27. Februar 2020

Der
Wikileaks-Herausgeber Julian Assange steht jetzt vor dem Krongericht
in Woolwich im Südosten Londons. Der Prozess soll entscheiden, ob er
an die Vereinigten Staaten von Amerika ausgeliefert wird, wo ihm 18
Anklagen wegen Verstoßes gegen das Spionagegesetz drohen. Assange
ist weder ein US-Bürger, noch hat er seine „Verbrechen“ auf
amerikanischem Boden begangen. Doch Regierungen in aller Welt,
darunter auch seine eigene in Australien, wären nur allzu glücklich,
ihn zum Schweigen zu bringen.

Der
Grund dafür ist einfach genug. Indem er die Geheimdiplomatie und die
verdeckte mörderischen Aktionen des US-Imperialismus enthüllte,
haben er und mutige InformantInnen wie Chelsea Manning die Absprache
verschiedener Staaten, darunter Frankreich, Deutschland und
Großbritannien, offenbart, ganz zu schweigen von wichtigsten
Verbündeten des US-Imperialismus im Nahen Osten, Ägypten, Israel
und Saudi-Arabien.

Kurz gesagt, Assange steht vor Gericht, weil er Informationen über eine Reihe von US-Kriegsverbrechen aufgedeckt hat, darunter außerordentliche Überstellungen, diplomatische Verschwörungen mit diktatorischen Regimen und die umfassende Korruption von US-Verbündeten. Diese Enthüllungen spielten eine wichtige Rolle bei der Ankurbelung der Aufstände des Arabischen Frühlings.

Politischer Prozess

Wenn
es je einen gegeben hat, so ist dies ist ein rein politischer
Prozess. Dass die Richterin eine Behauptung des US-Justizministeriums
akzeptiert hat, dass Assange „nicht wegen der Offenlegung
peinlicher oder unangenehmer Informationen angeklagt ist, die die
Regierung lieber nicht offenbart hätte“, könnte direkt von der
Prozessszene am Ende von Alice im Wunderland stammen.

Die
Behandlung von Assange war schon schlimm genug, selbst während
seines Aufenthalts in der ecuadorianischen Botschaft in London von
Juni 2012 bis April 2019. Er wurde unter beengten Verhältnissen
gehalten, ohne Zugang zu natürlichem Licht oder angemessener
medizinischer Versorgung, sein Zimmer wurde verwanzt und Gespräche
mit AnwältInnen und FreundInnen wurden abgehört.

Dann,
nachdem Lenin Moreno zum Präsidenten von Ecuador gewählt worden war
und bestochen oder gezwungen wurde, die Gewähr für Assanges
Zufluchtsort zu beenden, wurde letzterer von der Polizei
weggeschleppt und unter harten Bedingungen im
Hochsicherheitsgefängnis von Belmarsh festgehalten. Er wurde 11 Mal
in Handschellen gefesselt und zweimal nackt ausgezogen, was von
medizinischen ExpertInnen als unerbittliche körperliche Misshandlung
und „psychologische Folter“ eingestuft wurde.

All
dies sollte seine Moral zu brechen. Nach dem ersten Tag vor Gericht
ließ die Justiz sogar seine Fallakten beschlagnahmen, und er wurde
von Zelle zu Zelle verfrachtet. Am nächsten Tag leugnete die
Richterin, dass sie irgendwelche Befugnis habe, die Bedingungen
seiner Haft zu bestimmen.

Diese
harte Behandlung war nicht so streng wie die, die der ehemaligen
Analystin des US-Armeegeheimdienstes, Chelsea Manning, der Quelle des
größten Wikileaks, zuteil wurde. Sie wurde verhaftet, misshandelt,
gefoltert und zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt, wobei sie sieben
Jahre in einer Zelle verbrachte, bevor ihre Strafe 2017 umgewandelt
wurde. Die meiste Zeit wurde sie in Einzelhaft gehalten und nachts im
Rahmen einer „Selbstmordwache“, die selbst ÄrztInnen der
US-Armee für unnötig hielten, entkleidet. Sie wurde jeden Tag um 5
Uhr morgens geweckt und musste bis 22 Uhr wach bleiben.

Von Barack Obama kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt im Januar 2017 begnadigt, bezeichnete Donald Trump Manning als „undankbare Verräterin“, die „niemals hätte entlassen werden dürfen“. Im März 2019 wurde sie erneut verhaftet und befindet sich immer noch im Gefängnis, weil sie sich mutig weigerte, vor einer großen Jury gegen Assange auszusagen. Ihre Behandlung ist eine Warnung davor, was Assange bevorstehen könnte, wenn die britische Justiz und Johnsons Regierung ihn ausliefern würden.

Geheimdiplomatie und Imperialismus

Nach
der Veröffentlichung von Hunderten von Akten über Häftlinge im
Gefängnis von Guantanamo Bay auf Kuba im Jahr 2010 legte Wikileaks
mit der Enthüllung von über einer Million vertraulicher Dokumente
der US-Regierung, darunter bis zu 250.000 geheime diplomatische
Mitteilungen, in den Jahren 2010/11 zusammen mit mehreren
hunderttausend offiziellen Dokumenten im Zusammenhang mit den Kriegen
in Afghanistan und Irak aus dem Jahr 2007 die dunkle Welt hinter dem
demokratischen Rauchvorhang der US-Propaganda offen.

Sie
deckten die US-Verletzungen der Menschenrechte an den in Guantanamo
Bay festgehaltenen Häftlingen auf und beleuchteten die Haltung der
US-Regierung gegenüber den Handlungen der nationalen
Sicherheitsinstitutionen, die in fremden Staaten auf der ganzen Welt
ständig geheime (und illegale) Aktivitäten durchführen. Sie
zeigten, dass die USA trotz ihres Leugnens mit Sicherheit an
gezielten Drohnenmorden beteiligt waren. Trump jedoch verherrlicht
diese Verbrechen.

Die
geheimen Mitteilungen und Mails vermittelten ein klares Bild einer
Macht, die sich das Recht zuschreibt, sich nach Belieben in die
Innenpolitik anderer Staaten einzumischen. Die heuchlerischen Klagen,
dass Putin und Russland sich in die US-Politik einmischen, sollten
mit höhnischem Gelächter quittiert werden.

Die
Mitteilungen verraten, wie die US-Sicherheitschefs den „Krieg gegen
den Terror“ nutzten, um das Bild einer Welt jahrzehntelang
andauernder feindlicher Aufstände und „unregierte Räume“ zu
vermitteln, deren Bekämpfung enorme Ressourcen benötigt. Eine Welt,
in der, wie die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright
sagte, Amerika die „unverzichtbare Nation“ ist, die „weiter
sieht“ als jede andere Macht.

Was
die USA sieht, und wie sie damit umgeht, muss geheim bleiben, damit
sie weiterhin als menschenrechtsfördernde, konfliktlösende und
friedenssuchende Macht auftreten kann. Auch wenn Präsident Trump
angesichts der Bedrohung durch ein dynamisches China und ein
wiedererstarkendes Russland einen Großteil dieser Ideologie abgelegt
hat, wird er das Netz der Spionage, der schmutzigen Tricks oder die
mörderischen Aktionen des US-Militärs mit Sicherheit nicht
offengelegt.

Ohne
Wikileaks hätten wir keine positiven Beweise für die große Zahl
von ZivilistInnen, die bei den US-Drohnenangriffen in Afghanistan, im
Irak und im Jemen getötet wurden.

Obwohl
die Regierung von Barack Obama verschiedene illegale Aktionen von
George W. Bush verurteilte und versprach, Amerikas guten Ruf
wiederherzustellen, erklärte sie die undichten Stellen zu einem
„Angriff auf die gesamte internationale Gemeinschaft“.
Diejenigen, die hofften, dass Obama den Trend umkehren würde,
sollten enttäuscht werden. Während seiner Präsidentschaft
beaufsichtigte er die Versechsfachung der Drohnenangriffe und dehnte
deren Einsatz vom Nahen und Mittleren Osten auf Afrika aus.

Politisch
gesehen sind InformantInnen wie Julian Assange, Chelsea Manning und
Edward Snowden aufrichtige Liberale, die glauben, dass durch die
Enthüllung der schmutzigen Geheimnisse unserer HerrscherInnen
irgendwie eine perfektere Demokratie geschaffen werden kann. Dennoch
leisten sie eine unschätzbare Arbeit, indem sie den Beweis
erbringen, dass die Großmächte und ihre untergeordneten Staaten ein
System bilden, für dessen Herrschaftssicherung Geheimdiplomatie und
Täuschung der eigenen Bevölkerungen unverzichtbare Mittel
darstellen. Dieses System ist das, was Lenin als Imperialismus
bezeichnete, das höchste Stadium des Kapitalismus, und wir müssen
unermüdlich für seine Zerstörung arbeiten, bevor es die Welt
zerstört, entweder durch einen dritten Weltkrieg oder durch eine
Klimakatastrophe oder durch beides.

Heute
müssen wir alles tun, was wir können, um die Gewerkschaften, die
Labour Party in Großbritannien und Parteien der ArbeiterInnenklasse
weltweit zu mobilisieren, damit sie sich gegen die Hetze und
Verfolgung der InformantInnen, die die Wahrheit ans Licht gebracht
haben, aussprechen.

  • Keine Auslieferung von Julian Assange!
  • Freiheit für Chelsea Manning!