Der Fehlschlag von Madrid

Warum die
Weltklimakonferenz gescheitert ist und was wir daraus lernen können

REVOLUTION, Kommunistische Jugendorganisation, Infomail 1081, 19. Dezember 2019

Die
Weltklimakonferenz in Madrid ist auf ganzer Linie gescheitert. Das
Abschlussdokument ist dementsprechend mehr als lächerlich. Nahezu alle
wichtigen Fragen wie der Umgang mit den Emissionszertifikaten oder die
Entschädigung der ärmeren, vom Klimawandel umso stärker betroffenen Länder
wurden auf die nächste Konferenz im November 2020 in Glasgow verschoben. Was übrig
bleibt, sind vage nationale Klimaschutz-„Zusagen“. Da findet selbst die
Bundesregierung kaum noch etwas, was man schönreden könnte. Eine zeitliche
Verlängerung der Verhandlungsdauer um ganze 40 Stunden hat da auch nicht mehr
viel gebracht.

Und wenn eine
solche Konferenz um noch so viele Stunden mehr verlängert werden würde: Das
Problem ist nicht zu wenig Zeit oder zu wenig Engagement, sondern die im Zuge
der Krise des Kapitalismus sich international zuspitzende Konkurrenz zwischen
den Nationalstaaten. Seit der großen Weltwirtschaftskrise 2007/2008 gibt es auf
dem Weltmarkt weniger zu holen, sodass sich der Kampf um den verbliebenen Rest
vom Kuchen zwischen den einzelnen AkteurInnen massiv verstärkt hat. Da sich
Klimaschutz und wirtschaftliche Profite entgegenstehen, traut sich keiner der
global player, einen Schritt „zu weit“ in Richtung Nachhaltigkeit zu machen, da
man dann in der internationalen Konkurrenz einen Nachteil fürchtet. Aus diesem
Grund sind die USA bereits vor einiger Zeit aus dem Pariser Abkommen
ausgetreten und ihr Hauptkonkurrent China traute sich nun auf der
Weltklimakonkurrenz kaum noch, Zugeständnisse zu machen. Die EU hat noch einmal
versucht, ihren politischen Anspruch, ebenfalls eine globale Führungsmacht zu
sein, deutlich zu machen, indem sie sich (allen voran Ursula von der Leyen) als
„Zugpferd für mehr Klimaschutz“ inszenierte. Wirklich was geliefert hat sie
jedoch nicht.

Madrid ist nur
ein weiteres Beispiel dafür, wie die nette Idee von der „Weltdemokratie“ der
UNO und anderen ähnlichen Institutionen radikal in Frage gestellt wird, sobald
der Ton in der Weltwirtschaft rauer wird und die Wachstumsraten sinken. Madrid
steht dabei auch im Schatten des Scheiterns des internationalen Atomabkommens
oder des aktuellen Handelskriegs. Wir schließen daraus, dass es keine „Weltdemokratie“
geben kann, solange die Welt aus Nationalstaaten besteht, die in Konkurrenz
zueinander stehen. Vielmehr handelt es sich bei der UNO ebenso wie beim IWF und
ähnlichen Agenturen um Organe zur Durchsetzung imperialistischer
Machtinteressen, die in Zeiten zugespitzter Konkurrenz zum Stillstand kommen.
Dass diese nie Arenen freier Aushandlung waren, zeigen allein schon die fünf
Veto-Mächte. Da aber das kapitalistische System den Motor der Konkurrenz und die
Säule der nationalstaatlichen Form darstellt, müssen wir eine internationale
antikapitalistische Klimabewegung aufbauen, um diesen Widerspruch auflösen und
den Planeten noch irgendwie retten zu können. Zulange haben wir den
kapitalistischen Institutionen und den bürgerlichen PolitikerInnen vertraut,
dass sie schon eine gute Lösung fürs Klima finden werden. Der letzte Aktionstag
von Fridays for Future war zwar immer noch groß, aber hat auch eher auf die UN
gehofft als selber etwas gemacht. Die (nicht vorhandenen) Ergebnisse aus Madrid
sollten deshalb in Fridyas for Future neue Diskussionen anstoßen, wo wir
eigentlich hinwollen und wer diese Veränderung umsetzen kann. Spätestens nach
diesem Wochenende sollte nämlich allen klar sein: Klimaschutz bleibt Handarbeit.
Was wir brauchen, sind Basisstrukturen an Schulen, Unis und in Betrieben, die
demokratisch diskutieren und Konzepte erarbeiten, begleitet von großen
internationalen Aktionskonferenzen, auf denen wir gemeinsame Forderungen
erarbeiten und deren Umsetzung kontrollieren können. Kein Vertrauen mehr in die
kapitalistischen Institutionen, Verbände und Parteien!

Das Gerede von
„neuer umweltfreundlicher Technologie“ und dem „Green Deal“ können wir nicht
mehr hören, denn klar ist: Wenn sich Natur und Profit sowie
Nationalstaatlichkeit und internationaler Klimawandel widersprechen, kann es
auch keinen „grünen Kapitalismus“ geben. Der Klimawandel ist für uns in erster
Linie keine Frage der Technologie, sondern des gesellschaftlichen Umgangs mit
Natur. Es ist also nicht die Natur die gestört ist, sondern das Verhältnis, das
unser Wirtschaftssystem zu ihr hat. Genau deshalb bedeutet Kampf fürs Klima
auch Kampf für eine andere Gesellschaft. Ansätze für diesen Kampf kommen auf
der ganze Welt gerade nicht nur aus der Klimabewegung, sondern auch in Chile,
Irak und Libanon gegen den Neoliberalismus, in Rojava und Chile gegen das
Patriarchat oder in sehr vielen Ländern gegen den internationalen Rechtsruck.
Dass insbesondere die Rechtspopulisten Trump und Bolsonaro die größte
Blockadehaltung auf der Weltklimakonferenz eingenommen haben, zeigt uns nur
wieder einmal deutlich, dass sich unsere Klimabewegung klar gegen Rechts
positionieren muss. Lasst uns also aus Madrid lernen und ausgehend von Fridays
for Future und allen anderen fortschrittlichen Bewegungen auf der Welt eine
internationale antikapitalistische Bewegung zur Rettung dieses Planeten
aufbauen. Spätestens jetzt heißt es: Handeln statt Hoffen!