Stuttgart: Gegen Entlassungen!

Frederik Haber, Neue Internationale 243, Dezember 2019/Januar 2020

Immer neue
Angriffe verkünden die ManagerInnen in der Automobil- und Zulieferindustrie.
Daimler will zusätzliche 1,5 Milliarden einsparen und fordert einen Eingriff in
die Tarife, bei Bosch wurde ebensolcher umgesetzt. Dennoch werden weitere 1.000
Arbeitsplätze in Schwäbisch Gmünd abgebaut, 500 in Reutlingen und 1.600 in
Feuerbach und Schwieberdingen. Daimler verfolgt das Ziel, insgesamt 10.000
Arbeitsplätze zu vernichten.

Die IG Metall
reagierte und mobilisierte 15.000 auf den Schlossplatz, wo der Bezirksleiter
Zitzelsberger eine kämpferische Rede hielt. Das heißt: Er sprach wortgewaltige,
aber vage Drohungen gegen die Unternehmensleitungen aus – falls diese nicht mit
den Betriebsräten und der IG Metall kooperierten und eine ebenso vage „Zukunft“
für die baden-württembergischen Betriebe in Aussicht stellten.

Das wird nicht
reichen und die Betriebsräte setzen überall schon die Abbaupläne um. Einige
Grausamkeiten aus den Katalogen des Kapitals werden dann oft abgebogen, aber
erstens stellen die ManagerInnen natürlich mehr Forderungen auf als „nötig“ und
zweitens kommen diese spätestens dann wieder auf den Tisch, wenn die
Betriebsräte bei der Konkurrenz eingeknickt sind.

Für gemeinsamen
Widerstand

Gelegentliche
Aktionstage der IG Metall werden die Offensive nicht stoppen können. Für den 5.
Dezember hatten deshalb das Zukunftsforum, eine Gruppe der Gewerkschaftslinken,
und die DIDF, eine linke MigrantInnenorganisation, zur Diskussion geladen.

Rund 25
TeilnehmerInnen aus verschiedenen Betrieben beteiligten sich, darunter viele
Beschäftigte von Mahle und die Betriebsgruppe „Mahle Solidarität“, aber auch
KollegInnen von Bosch, Mercedes Sindelfingen und Untertürkheim sowie aus zwei
Maschinenbaubetrieben. Von den politischen Gruppierungen waren außer DIDF und
ArbeiterInnenmacht noch DKP, Sol, Birkar und Arbeit-Zukunft anwesend.

Die KollegInnen,
die die Flyer von Mahle Solidarität verteilten, berichteten aber einerseits von
breiter Zustimmung für die Forderung nach einem gemeinsamen Abwehrkampf. Sie
verwiesen andererseits darauf, dass die BetriebsratschefInnen sofort auf sie
zukommen und sie auffordern, die Verteilung zu unterlassen. Offensichtlich soll
jede kritische Diskussion unterbunden werden.

Auf dieser
Versammlung war es Konsens, dass eine kontinuierliche Zusammenarbeit notwendig
ist, um gemeinsam kämpferische KollegInnen wie bei Mahle zu unterstützen. Für
diese Arbeit soll der „Metallertreff“, den es in Stuttgart als Treffpunkt
linker MetallerInnen seit Jahrzehnten gegeben hatte, wiederbelebt werden.

Ebenso machte
die Diskussion zuversichtlich. Die aufkommende kapitalistische Krise, die
Handelskriege der deutschen Autoindustrie mit USA und China, die
Digitalisierung und das Ende des Verbrennungsmotors – viele diese Themen wurden
ebenso angesprochen wie die eigentlich notwendigen Gegenmaßnahmen der IG Metall
… Dazu soll beim Treffen am 30. Januar der Entwurf einer Plattform, eines
„Manifests“ diskutiert werden.

Mahle
Solidarität

Die Existenz der
Mahle-Betriebsgruppe hat sicher Anteil an diesem Aufschwung in Stuttgart. Sie
hat bewiesen, dass es möglich ist, konkrete Kritik an der Betriebsratspolitik
zu üben, die getränkt von sozialpartnerschaftlicher Kooperation mit dem
Management unfähig ist, diesem in den Arm zu fallen. Sie hat recht gehabt mit
ihrer Prognose, dass die Vereinbarungen das Management nur zu weiteren
Angriffen ermuntern und jeden gemeinsamen überbetrieblichen Widerstand
untergraben, weil jeder Betriebsrat nur die eigene Situation im Kopf hat.

Die Gruppe
ArbeiterInnenmacht unterstützte das von Anfang an. Von Beginn an hatte Mahle
Solidarität alle Werke – einschließlich jener in anderen Ländern – im Blick und
versucht, Verbindungen aufzubauen. Ihre Beteiligung zeigte, dass sie ihren
Kampf nicht als einen rein betrieblichen begreift, sondern eine Änderung der
Politik der gesamten IG Metall notwendig ist.

Die Forderungen
von Mahle Solidarität haben sich allerdings bisher auf die Organisierung von
betrieblichem und gewerkschaftlichem Widerstand konzentriert. Es wird notwendig
sein, weiterzugehen: Die Unterwerfung der Betriebsräte unter die Diktate der
ManagerInnen hat schließlich ihre Ursache in ihrer Verteidigung des
kapitalistischen Systems.