Offene Grenzen statt Hölle von Moria!

Korrespondent REVOLUTION, Infomail 1071, 5. Oktober 2019

Am Sonntag, den 29. September  brach im Geflüchtetencamp Moria auf der griechischen Insel
Lesbos ein gewaltiges Feuer aus. Zwei Wohncontainer standen in Flammen und
rissen mindestens zwei Menschen – eine Mutter mit ihrem Kind – in den Tod. Die
BewohnerInnen des für 3.000 Menschen ausgelegten und aktuell von ca. 13.000
Menschen bewohnten Camps reagierten mit Protest und Ausschreitungen. Die
Repression ließ nicht auf sich warten: Während also das Feuer wütete, griff die
griechische Polizei die Menschen zusätzlich mit Tränengas an. Auf weiterhin
täglich stattfindende Proteste reagierte Griechenlands neue konservative
Regierung mit einer massiven Verstärkung der auf der Insel stationierten
Polizeieinheiten.

Das Camp Moria wurde aufgrund der unmittelbaren Nähe der Insel Lesbos zur Türkei seit 2015 schnell zum „Hotspot“. Seinen berüchtigten Ruf erhielt die „Hölle von Moria“ aufgrund der unhaltbaren Überbelegung und der unmenschlichen Zustände im Inneren. BewohnerInnen berichteten mehrfach von stundenlangen Warteschlangen für Mahlzeiten, miserablen hygienischen Zuständen und brutaler Gewalt. Frauen, Kinder und Angehörige unterdrückter Minderheiten, wie zum Beispiel KurdInnen, leiden besonders unter den katastrophalen Zuständen.

Die seit der Etablierung des sogenannten EU-Türkei-Deals
zurückgegangene Anzahl von Neuankünften schoss in den letzten Monaten erneut in
die Höhe und erreichte Ausmaße, wie sie zuletzt 2015 verzeichnet wurden. Allein
im September schafften es ca. 4.800 Menschen von der Türkei auf die Insel
Lesbos. Daneben existieren jedoch auch viele weitere griechische Inseln in der
Umgebung, an deren Küsten täglich Boote ankommen. Wir vermuten, dass die vielen
Neuankünfte ihren Ursprung in den angespannten Beziehungen zwischen der Türkei
und der EU haben. So könnte Erdogan mit einer Lockerung des EU-Türkei-Deals
drohen, also bewusst mehr Menschen aus der Türkei nach Griechenland
durchlassen, um die EU unter Druck zu setzen, ihm bei seinen Invasionsplänen in
Syrien nicht in die Suppe zu spucken.

Weiterhin werden täglich Menschen in das ohnehin überfüllte
Moria-Camp deportiert. Die Lage vor Ort spitzt sich deshalb weiter zu und die
Protestierenden fordern eine Überführung auf das Festland. Griechenlands
Regierungspartei „Nea Dimokratia“ reagiert mit Repression und
Asylrechtsverschärfungen, so wie sie es auch in ihrem rassistischen Wahlkampf
angekündigt hatte. Eine Krisensitzung des Ministerkabinetts beschloss, 10.000
Menschen wieder in die Türkei abzuschieben und geschlossene Gefängnisse für
abgelehnte Asylsuchende zu errichten. Anstatt sich der unmenschlichen Zustände
in Moria anzunehmen und den Leuten Schutz vor Verfolgung, Krieg und Armut zu
gewähren, setzt Ministerpräsident Mitsotakis auf den Ausbau der Festung Europa
und schnelle Abschiebungen. Rückendeckung erhält er dabei von PolitikerInnen
der EU, wie z. B. auch vom deutschen „Heimatminister“ Horst Seehofer.

Linke, AntifaschistInnen, soziale Bewegungen und vor allem
die Gewerkschaften müssen den Protesten in Moria nun zur Seite stehen und
gemeinsam Widerstand gegen die „Nea Diktatura“ aufbauen. Gründe dafür gibt es
viele: So ließ Mitsotakis in seiner kurzen Amtszeit bereits mehrere besetzte
Häuser in Athen räumen und schaffte das nach der Militärdiktatur 1982
etablierte „Universitäts-Asyl“ ab. Seine Politik ist es, die bereits von der
Syriza-Vorgängerregierung eingeführten Repressionsmaßnahmen zu verschärfen. Auf
gemeinsame Großdemos müssen deshalb Streiks in Betrieben, Unis und Schulen
folgen, um die von Mitsotakis und EU-MinisterInnen geplanten Abschottungs-,
Abschiebe- und Sparmaßnahmen zu stoppen.

Wir fordern:

  • Schluss mit der „Hölle von Moria“! Wohnungen statt überfüllter Container! Für sofortige dezentrale Unterbringungsmaßnahmen!
  • Volle StaatsbürgerInnenrechte für alle! Für die Aufnahme aller Geflüchteten in die Organisationen unserer Klasse statt nationalistische Spaltung!
  • Für die Rücknahme aller rassistischen und repressiven Maßnahmen der Nea-Dimokratia-Regierung und den sofortigen Stopp des EU-Türkei-Deals!
  • Fähren statt Frontex, offene Grenzen statt Festung Europa!