Kommunal- und Europawahlen in Sachsen: Eine letzte Warnung

REVOLUTION Sachsen, Neue Internationale 238, Juni 2019

Am 26. Mai waren auch in
Sachsen rund 3,3 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, nicht nur für das
EU-Parlament, sondern auch für die Kommunalwahlen ihre Stimmen abzugeben. Im vorläufigen
Endergebnis wird unmissverständlich deutlich, wovor wir schon lange warnen: Es
gibt einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Rechtsruck! Dieser äußert sich
nicht nur im Wahlsieg der RechtspopulistInnen in Ländern wie Frankreich,
Großbritannien und Italien, sondern schlägt sich auch im Ergebnis der „Alternative
für Deutschland“ (AfD) nieder und tritt am heftigsten in Sachsen zum Vorschein:
Die AfD ist in fast allen Landkreisen, in Chemnitz und fast auch in Dresden als
stärkste Kraft aus den Wahlen hervorgegangen. Lediglich im Vogtland und in
Zwickau schaffte es die CDU, den ersten Platz zu verteidigen. In Leipzig
konnten die Grünen die meisten Stimmen holen. In allen anderen Städten und
Gemeinden erhielt die AfD die meisten Stimmen und ließ die CDU erstmals hinter
sich.

Nach dem derzeitigen
Stand kommt die AfD bei der EU-Wahl insgesamt auf 25,3 % der Stimmen in
Sachsen und konnte somit ihr Ergebnis im Vergleich zu 2014 (10,1 %) mehr
als verdoppeln. Die CDU hingegen hat seit der letzten Europawahl 11,5 %
einbüßen müssen und kam damit gerade mal auf 23 %. Dahinter landete DIE
LINKE mit 11,7 % (-6,6 %). Die Grünen kamen auf 8,6 % und die
FDP konnte 4,7 % der Stimmen erreichen. Die SPD wurde ebenfalls abgestraft
und hat mit aktuell 8,6 % fast die Hälfte ihrer WählerInnen verloren (2014:
15,6 %). Die Satirepartei „Die Partei“ schaffte es auch in Sachsen, vor
allem von der Schwäche der Linken zu profitieren, und erzielte hier
bemerkenswerte 2,9 %.

Falls die AfD es schafft,
ihr derzeitiges Ergebnis zur Landtagswahl im September zu verteidigen, oder
schlimmstenfalls sogar noch zulegt, lässt sich eine Regierungsbildung durch CDU
und AfD nicht ausschließen. Um dies zu verhindern, müsste die CDU gemeinsam mit
den Grünen, der SPD und FDP eine Koalition eingehen, die jedoch knapp um die
Regierungsmehrheit bangen müsste. Unter Umständen würde notfalls DIE LINKE für
die nötige Mehrheit sorgen oder sogar eine Regierungsbeteiligung anbieten, um
sozusagen eine „Demokratische Allianz“ gegen die AfD zu bilden. Eine solche Koalition
würde zweifellos dem Image der AfD als einziger Anti-Establishment-Partei in
die Hände spielen und SPD und DIE LINKE durch den Ausverkauf der eigenen
sozialen Basis schaden. Ob die CDU sich überhaupt darauf einlassen würde, ist
allerdings ebenfalls fraglich. Es wäre auch denkbar, dass die CDU ihren
derzeitigen Kurs ändert und sich doch auf Gespräche mit der AfD einlässt,
welche zusammen eine stabilere Mehrheit im Landtag stellen könnten als die
erstgenannte Regierungsoption. Die Folgen einer CDU-AfD Koalition in Sachsen
wären schwerwiegend, gerade für uns Jugendliche und Menschen mit
Migrationshintergrund. Es ist nicht nur so, dass dann eine rechtspopulistische,
rassistische Partei mit in der Regierung säße und als stärkste Kraft womöglich sogar
den Ministerpräsidenten stellen würde. Die AfD leugnet außerdem offen den
Klimawandel, ist gerade in Sachsen eng mit faschistischen Strukturen und
militanten Neonazis vernetzt. Zudem gilt als Sachsen als einer ihrer rechtesten
Landesverbände. Neben einer Verschärfung der asylfeindlichen Politik und einer
zunehmend rassistisch aufgeheizten Stimmung können wir uns im Falle einer
CDU-AfD Koalition nach den Landtagswahlen auch auf Sozialkürzungen, den
weiteren Ausbau des Polizei- und Überwachungsstaates, die zunehmende
Einschränkung von Grundrechten und Kriminalisierung von Linken und der Fridays-for-Future-Bewegung
einstellen. Mit dem am 1. Januar 2020 in Kraft tretenden neuen Polizeigesetz
hätte eine solche Regierung auf alle Fälle ein großes Repertoire an Unterdrückungswerkzeugen
zur Hand. Es ist nicht übertrieben, davor zu warnen, dass gerade die
klimafeindliche und zu Teilen ultrarechte sächsische AfD insbesondere
antirassistische AktivistInnen, streikende SchülerInnen und linke Gruppen mit
harter Repression überziehen würde.

Daher ist es jetzt um so
wichtiger, Widerstand gegen die AfD zu organisieren und eine antirassistische
und soziale Bewegung gegen den Rechtsruck aufzubauen. Hierbei könnte die
aktuelle Fridays-for-Future-Bewegung einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie
auch offen gegen Rassismus und die AfD Stellung bezieht. Denn Umweltschutz
bedeutet Kampf dem Rechtsruck! Deshalb organisieren wir zum 28. Juni einen
antirassistischen Schul- und Unistreik. Unter dem Motto #FridayAgainstRacism
rufen wir vor allem die SchülerInnen, die sonst freitags gegen den Klimawandel
auf die Straße gehen, aber auch die Studierenden und Auszubildenden dazu auf,
an diesem Tag ein deutliches Signal gegen Rassismus, Neoliberalismus, Sexismus
und eine klimafeindliche Politik zu setzen. Wenn wir, statt im Unterricht oder
in den Hörsälen zu sitzen, vor der Landtagswahl unsere eigenen Positionen auf
die Straße tragen, können wir uns als Jugendliche Gehör verschaffen und ein
deutliches Zeichen gegen den Rechtsruck setzen. Hierzu müssen wir uns weiter
organisieren und vernetzen! Deshalb schreibt uns an, kommt zu unseren Treffen,
beteiligt euch an den Vorbereitungen, gründet an euren Schulen, in den
Betrieben und an den Unis Streikkomitees und lasst uns unmissverständlich klarmachen,
was wir Jugendlichen für eine Zukunft haben wollen: nämlich eine lebenswerte
ohne Rassismus, Abschiebungen und Sozialabbau. Eine Zukunft, in der
NS-Rhetorik, der Klimawandel und ein autoritärer Polizei- und Überwachungsstaat
der Vergangenheit angehören. Also eine Zukunft ohne Rechtspopulismus, eine
Zukunft ohne die AfD!

Get organized

  • 19. Juni, 17.00 Uhr, Dresden im Zentralwerk, Riesaer Str. 32, Seminarraum (1. Stock links): Diskussion „Umweltzerstörung & Rassismus“/ Streikvorbereitung
  • 28. Juni, 12.00 Uhr, am Goldenen Reiter: #FridayAgainstRacism – Schulstreik