Massenentlassungen bei Opel Österreich: ein umfassender Streik ist nötig!

Michael Märzen, Infomail 1048, 31. März 2019

Von der Ankündigung des Stellenabbaus sei
man im Betriebsrat von Opel in Wien-Aspern nicht überrascht gewesen, nur vom
tatsächlichen Ausmaß. Am Dienstag wurde der Belegschaft des Motoren- und
Getriebe-Werks bei einer Betriebsversammlung mitgeteilt, dass bis Jahresende
350–400 Arbeitsplätze wegfallen sollen – angesichts der knapp 1.200
Beschäftigten ist das jede dritte Stelle!

Kämpfen wolle man um die Arbeitsplätze
aber nicht, immerhin gebe es noch vom Vorjahr, als damals schon 100 Jobs
gestrichen wurden, einen Sozialplan. „Jetzt beginnen erst einmal die
Detailverhandlungen mit der Geschäftsleitung“, sagt dazu die Vorsitzende des
Arbeiter*innen-Betriebsrats, Renate Blauensteiner. In diese Richtung geht neben
den Gewerkschaften PRO-GE (Produktionsgewerkschaft) GPA-djp (Gewerkschaft der
Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier) auch der Vorsitzende des
Angestellten-Betriebsrats, Franz Fallmann: „Gesucht werden Mitarbeiter, die mit
Jahresende freiwillig austreten, aus Altersgründen oder Jobwechsel.“ Das werde
aber nicht reichen.

Die Pläne der Konzernleitung bedeuten somit nicht einfach einen Haufen goldener Handschläge, sondern tatsächlich Arbeitslosigkeit sowie eine Arbeitsverdichtung für die restliche Belegschaft. Dass Betriebsrat und Gewerkschaften einen solchen heftigen Anschlag einfach hinnehmen, spricht Bände über die sozialdemokratische Gewerkschaftsfraktion FSG, deren Angehörige Blauensteier (nebenbei auch Vizepräsidentin der Arbeiterkammer Wien) ist.

Der rigorose
Sparkurs der Opel-Automobilsparte

Warum aber möchte die Konzernleitung
überhaupt so viele Arbeitsplätze abbauen? Laut der Tageszeitung „Die
Presse“
macht der deutsche Autokonzern Opel als Tochtergesellschaft von
General Motors schon seit dem Jahr 2000 jährlich Verluste. Im März 2017 wurde
das Unternehmen vom französischen Automobilhersteller PSA (Peugeot, Citroën,
DS, Vauxhall) übernommen. Noch im selben Jahr begann man im Rahmen des
sogenannten Zukunftsplans „Pace“ (zu deutsch: Tempo) mit der Umsetzung
rigoroser Sparpläne. Größere „Umstrukturierungen“ gab es dann 2018 in
Deutschland, wo bspw. 3.700 Jobs vernichtet wurden. Insgesamt konnte man so die
Fixkosten stark reduzieren, sodass man schon 2018 wieder Gewinne verbuchte.

PSA-Chef Carlos Tavares ist das aber offenbar nicht genug. Denn wie das deutsche Wochenmagazin „Stern“ berichtete, liegt es im strategischen Konzerninteresse, den operativen Gewinn bis 2026 weiter zu erhöhen. Insgesamt läuft die Strategie auf die Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit hinaus, um neue Märkte zu erobern. So sollen die Übersee-Exporte bis 2020 verdoppelt werden und bis 2022 will man 20 neue Exportmärkte erschließen, etwa in Saudi-Arabien, Taiwan und Argentinien. Mittelfristig möchte man womöglich nach China und Brasilien liefern. Es steckt also viel mehr hinter der Arbeitsplatzvernichtung als irgendwelche Wettbewerbsschwierigkeiten.Es geht um Expansion zur Gewinnsteigerung auf Kosten der ArbeiterInnen!

Die
sozialdemokratische Strategie ist gescheitert

Nachdem PSA den Opel-Konzern übernommen
hatte, mussten die Belegschaften in den verschiedenen Ländern um ihre Standorte
fürchten. So auch in Wien-Aspern, wo in diesem Jahr die Aufträge zur Produktion
von 5-Gang-Schaltgetrieben auslaufen. Damit ein neues Schaltgetriebe durch den
Mutterkonzern in Auftrag gegeben wird, hat sich die Stadt Wien im Juni letzten
Jahres zu einer „Innovationsförderung“ auf Kosten der Allgemeinheit in der Höhe
von einer Million Euro hinreißen lassen, wobei man nicht einmal eine
Arbeitsplatzgarantie erwirken konnte. Damit schrieb sich die Stadtregierung
allerdings die Rettung des Standorts auf die Fahnen. Ähnlich wie die SPÖ Wien
hat sich der Betriebsrat schon drei Jahre davor verhalten, als er mit der
Geschäftsführung einen Standortsicherungspakt mit zwei mal 2 %
Lohnverzicht unterzeichnete. Weder die Förderung der Stadt Wien noch der
Lohnverzicht der Belegschaft haben Arbeitsplätze retten können. Und es stellt
sich die Frage, was passiert, wenn die Autoproduktion angesichts der Tendenz
zum Elektroantrieb in einigen Jahren auf die neuen Schaltgetriebe verzichten
kann. Werden dann noch mehr Arbeitsplätze abgebaut? Oder wird dann doch das ganze
Werk geschlossen?

ArbeiterInnen und Gewerkschaften müssen kämpfen!

Die bisherige SPÖ-FSG-Strategie des
Klein-Beigebens ist klar gescheitert. Durch kampflose Zugeständnisse erreicht
man eben doch nichts weiter als neue Einsparungen. Die jetzige Orientierung von
Betriebsrat, PROGE und GPA-djp auf einen Sozialplan bedeutet, den Kampf schon
aufzugeben, bevor er überhaupt begonnen hat. Um die Vorstöße der
Konzernführungen heute und morgen abzuwehren, muss man aber in die Offensive
gehen, statt Schritt für Schritt zurückzuweichen!

Wenn die ArbeiterInnen von Opel Wien-Aspern den Jobabbau nicht einfach hinnehmen wollen, dann müssen sie Druck auf ihre VertreterInnen in Betriebsrat und Gewerkschaft ausüben. Sie müssen neue Betriebsversammlungen fordern und über Kampfmaßnahmen diskutiert. Sollen die Arbeitsplätze und das Werk erhalten bleiben, dann muss gestreikt werden. Mit einem Streikkomitee, gewählt aus den eigenen Reihen, jederzeitig rechenschaftspflichtig und abwählbar, kann die Führung des Streiks durch die ArbeiterInnen selbst kontrolliert werden. In einem solchen Arbeitskampf dürfen die Streikenden auch nicht den Angaben der Geschäftsführung vertrauen, sondern müssen den Einblick in die Geschäftsbücher verlangen. Kann das Unternehmen das Werk und die Arbeitsplätze nicht erhalten, dann sollte es entschädigungslos und unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten von der Allgemeinheit übernommen werden!