Welchen Antisexismus brauchen wir?

Jaqueline Katherina Singh, REVOLUTION, Fight, Revolutionäre Frauenzeitung, März 2019

Wir leben in unruhigen Zeiten. Rechte Populist_Innen und Reaktionär_Innen gewinnen an Popularität. Mit ihnen wird rassistische Hetze wieder salonfähig sowie neoliberale Kürzungspolitik Alltag. Emanzipation wird ersetzt durch tradierte Rollenbilder und das konservative Bild der bürgerlichen Familie. Begleitet wird dies mit einer Zunahme an internationalen Spannungen: Handelskriege, zunehmende kriegerische Auseinandersetzungen und fortschreitende Militarisierung.

Doch so düster
das Ganze aussieht, so erleben wir, wie auf der ganzen Welt Frauen für ihre
Rechte demonstrieren und streiken. So gingen am 8. März 2018 in über 177
Ländern Menschen für die Rechte der Frauen auf die Straße. Allein in Spanien
streikten 6 Millionen Frauen gegen sexuelle Gewalt, für gleiche Löhne und das
Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper. In der Türkei
demonstrierten mehrere Tausende trotz der großen Repression seitens des
Erdogan-Regimes. Darüber hinaus gab es in den letzten Jahren immer wieder große
Proteste: Ob nun im Rahmen des Women’s March in den USA, des „schwarzen“
Protests gegen das Verbot von Abtreibungen in Polen, von Ni Una Menos in
Lateinamerika – überall auf der Welt demonstrierten Millionen Frauen für ihre
Rechte.

Als
Revolutionär_Innen müssen wir uns die Frage stellen: Welche Perspektive haben
die Proteste? Wie können wir uns gegen die Angriffe der Rechten wehren? Kurzum
stellt sich die Frage: Welchen Antisexismus brauchen wir?

Ursprung der Frauenunterdrückung

Um diese Frage
gut zu beantworten, müssen wir verstehen, woher eigentlich Frauenunterdrückung
kommt. Schließlich wollen wir nicht nur gegen Auswüchse des Problems kämpfen,
sondern es gleichzeitig an seiner Wurzel packen, um es für ein alle Mal zu
beseitigen!

Als
Marxist_Innen gehen wir davon aus, dass die Unterdrückung der Frau nicht in der
Biologie oder „Natur des Menschen“ wurzelt. Weder wohnt es Frauen von „Natur aus“ inne, unterdrückt zu werden, noch
Männern, Gewalt gegenüber Frauen auszuüben.

Vielmehr müssen
die Wurzeln der Jahrtausende alten Unterdrückung der Frauen selbst in der
Geschichte, in sozialen Entwicklungen gesucht werden. In seinem Werk „Der
Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ setzt sich Friedrich
Engels nicht nur systematisch mit der Frage auseinander, er skizziert auch eine
materialistische Erklärung der Unterdrückung der Frauen, des Patriarchats und
seines Wandels in der Geschichte.

Engels weist
darauf hin, dass Frauen nicht immer unterdrückt oder das „schwache“ Geschlecht
waren, sondern – wie auch die moderne Forschung belegt – erst ab einem
bestimmen Zeitpunkt der Entwicklung der Menschheit die Unterdrückung der Frauen
beginnt und nach einer langen Periode systematische Formen annimmt.

Kurz
zusammengefasst: Frauenunterdrückung gab es nicht schon immer und ist auch
nichts Natürliches. Erst als
Menschen sesshaft wurden und anfangen, mehr zu produzieren, als sie ein
Mehrprodukt erzeugten und sich Privateigentum herauszubilden beginn, fing das
Problem an. Dies passierte zur Zeit der Jungsteinzeit. Während es vorher
Stammesgemeinschaften gab, bei denen es auch keine unterdrückerische
geschlechtsspezifische Arbeitsteilung gab, veränderten sich in dieser Zeit die
Strukturen des Zusammenlebens. Denn mit dem entstehenden
Privatbesitz an Grund und Boden setzten sich auch patriarchale
Vererbungsstruktur, systematische Ausbeutung und Unterdrückung durch
(Sklaverei, Unterdrückung der Frau).

Damit die Vaterschaft gesichert und das väterliche
Erbe auf die eigenen, leiblichen Kinder übergehen konnte, musste die Frau
monogam leben. Im Laufe der Zeit, also über die Sklavenhaltergesellschaften der
Antike hin zum Feudalismus verfestigten sich diese Strukturen und wurden gemäß
der jeweils vorherrschenden Produktionsweise modifiziert. So wurde
beispielsweise im feudalen Europa die Unterdrückung der Frau durch das
Christentum ideologisch unterfüttert.

Der Kapitalismus
hat das schon bestehende Unterdrückungsverhältnis den Erfordernissen der
Ausbeutung der Lohnarbeit angepasst. Die herrschende Klasse profitiert von der
Frauenunterdrückung und ihr System ist eng mit ihr verwoben. Beispielsweise ist
die Familie erhalten geblieben, auch wenn sich ihre Funktion für die arbeitende
Klasse gewandelt hat. Im bäuerlichen Haushalt der Feudalzeit war sie auch Ort
der Produktion – der notwendigen Lebensmittel für die Familien der Bauern und
Bäuerinnen wie des Überschusses, des Mehrprodukts für den Grundherrn, dessen
Familie und Hofstaat. Dies wurde aber aufgrund der Industrialisierung
überflüssig, da die LohnarbeiterInnen über keine eigenen Produktionsmittel
verfügen, sondern ihre Arbeitskraft als Ware verkaufen mussten und bis heute
müssen. Dennoch blieb die Familie bestehen, denn im Kapitalismus dient sie
dazu, die Arbeitskraft zu reproduzieren, die im Haushalt vor allem von den Frauen
ohne Entlohnung erledigt werden muss. Zugleich werden über die Familie und die
ihr zugrunde liegende Arbeitsteilung nach Generationen und Geschlechtern auch
gleich die sozialen Rollen vermittelt.

Unterschiedliche
Interessen

Insgesamt ist
wichtig herauszustreichen, dass zwar alle Frauen von Unterdrückung betroffen
sind, aber wie und wie stark das der Fall ist, hängt von ihrer Klassenzugehörigkeit
ab. So sind die Frauen der Bourgeoisie auch Angehörige der ausbeutenden Klasse
– und haben somit ein materielles Interesse an der Aufrechterhaltung des
kapitalistischen Systems und ihrer damit verbundenen Privilegien. Die Frauen
aus dem Kleinbürger_Innentum und den Mittelschichten nehmen – wie diese Klassen
selbst – eine widersprüchliche Stellung ein. Einerseits sind sie viel härterer
Unterdrückung ausgesetzt als die Frauen der herrschenden Klasse. Sie müssen –
wie die proletarischen Frauen – Beruf und Kindererziehung unter einen Hut
bringen oder werden in den halbkolonialen Ländern von ihren Männern an den Haushalt
gefesselt. Während viele dieser Frauen noch vor einigen Jahrzehnten (v. a.
in den westlichen Ländern) sozial aufsteigen konnten, Karriere machten und
einer Gleichberechtigung nahezukommen schienen, so sind sie heute oft auch
massiv von Angriffen durch Sozialabbau (Kürzungen bei Kitas, Privatisierung,
…) bedroht, die ihre Unterdrückung verschärfen.

Doch ähnlich wie
kleinbürgerliche Ideologien oder auch der Reformismus erkennen sie den engen
Zusammenhang von Kapitalismus und Privateigentum mit der Frauenunterdrückung
nicht. Sie erblicken vielmehr in deren ideologischen Ausdrucksformen
(Stereotypen, Geschlechterrollen, sexuellen Vorurteilen, Heterosexismus, …)
die Ursache der Unterdrückung. Ihre Strategie erschöpft sich in verschiedenen
Formen des radikalen oder reformistischen Feminismus, was ihre relativ
privilegierte Stellung als Kleineigentümer_Innen oder Akademiker_Innen
(Bildungsbürger_Innen) gegenüber der Masse der werktätigen Frauen
widerspiegelt.

Die Arbeiter_Innenklasse als Ganze
hingegen hat ein objektives materielles Interesse daran, das
Kapitalverhältnis und damit die innerhalb der Lohnarbeit reproduzierte
geschlechtsspezifische Arbeitsteilung wirklich zu überwinden und abzuschaffen – die
proletarischen Frauen darüber hinaus auch ein brennendes, unmittelbares,
subjektives. Konsequenter Antisexismus ist daher notwendigerweise Teil
des revolutionären Klassenkampfes des Proletariats, weil er die Ausbeutung
abschafft und die Produktion um der Reproduktion des unmittelbaren Lebens der
Produzent_Innen willen umgestaltet, statt sie auf die Mehrarbeit für den
Reichtum der Ausbeuterklasse auszurichten. Eine Frauenbewegung, die an die Wurzeln
der Unterdrückung geht, kann nur eine proletarische, eine sozialistische
Frauenbewegung sein, weil nur sie für den revolutionären Sturz des
Kapitalismus, die Machtergreifung der ArbeiterInnenklasse als notwendigen
Schritt zu einer klassenlosen Gesellschaft eintritt.

Kurze Kritik der
Feminismen

Um nicht nur
gegen die Auswirkungen der Frauenunterdrückung zu kämpfen, sondern diese zu
beenden, bedarf es einer Analyse ihrer Ursachen. Diese ist besonders wichtig,
da wir aus ihr Schlüsse ziehen können, mit welchen Mitteln wir gegen Sexismus
kämpfen müssen. Deswegen haben wir als Marxist_Innen auch Kritik an Theorie und
Programm der verschiedenen feministischen Strömungen. Auch wenn der Begriff
„Feminismus“ heute im Alltagsgebrauch oft mit „Gleichberechtigung der Frauen“
gleichgesetzt wird (und in diesem Sinn alle Menschen, die für diese kämpfen als
„feministisch“ betrachtet werden könnten), so unterscheiden sich die
verschiedenen feministischen Theorie untereinander wie auch von einem
marxistischen Verständnis der Frauenunterdrückung erheblich.

Zweifellos haben
verschiedene feministische Theorien und Bewegungen zum Kampf um
Gleichberechtigung viel beigetragen und wir unterstützen diese. Aber wir halten
Teile ihrer Schlussfolgerungen
wie die Methode ihrer Analysen für politisch falsch und glauben, dass
die Kampfmittel nicht ausreichend sind, um an das gemeinsame Ziel zu kommen. Um
dies zu skizzieren, setzen wir uns kurz mit einigen feministischen Strömungen
auseinander, denn ähnlich wie z. B. beim „Antifaschismus“ gibt es viele
unterschiedliche Strömungen, die oftmals unter einem Begriff zusammengeworfen
werden.

Am deutlichsten
wird das beim bürgerlichen Feminismus. Dieser beschränkt sich heute in seinen
Forderungen meist darauf, Frauen das gleiche Recht einzuräumen wie Männern.
Dabei fokussiert er sich aber überwiegend auf die Bedürfnisse von Frauen aus
der herrschenden oder kleinbürgerlichen Klasse. Dies zeigen beispielsweise
Institutionen wie Womens20, die im Rahmen des G20-Gipfels in Hamburg tagte.
Dort sprachen Frauen wie Ivanka Trump, Angela Merkel und Vertreterinnen von
Firmen und diskutierten, wie die „Förderung von weiblichem Unternehmertum sowie Zugang zu Kapital-
und Finanzdienstleistungen für Frauen“ praktisch aussehen kann. Dass dies nur
zur Verbesserung der Lage von Frauen beträgt, die aus gehobeneren Schichten
kommen, sollte klar sein.

Der radikale Feminismus,
der in der zweiten Welle der Frauenbewegung in den 1960er und 1970er Jahren
entstand, beanspruchte hingegen ähnlich wie heute der Queer-Feminismus, die
gesellschaftlichen Verhältnisse selbst in Frage zu stellen. Für beide liegt die
Wurzel der Frauenunterdrückung allerdings nicht in der geschlechtsspezifischen
Arbeitsteilung und der Klassengesellschaft. Der Radikalfeminismus erblickt sie
in einer allenfalls neben/quer zu dieser verlaufenden, überhistorischen
Unterdrückung der Frauen durch die Männer aller Klassen. Der Queer-Feminismus
und die dekonstruktivistischen Theorien erblicken die Ursache der Unterdrückung
im Diskurs, in einer „heteronormativen Matrix“. Demzufolge bilden nicht die
materiellen Verhältnisse (geschlechtsspezifische Arbeitsteilung) die Ursache
der Frauenunterdrückung, sondern es sind vielmehr sexistische Ideologien,
Vorstellungen, Sprechweisen, Diskurse, die zu Machtverhältnissen und
Unterdrückung führen. Daher unterscheidet sich auch das Programm der Befreiung
grundlegend. Während Marxist_Innen erkennen, dass Sexismus und
Heteronormativität – wie jede reaktionäre Ideologie – nur dann endgültig
verschwinden können, wenn ihre materielle Grundlage beseitigt ist, so erblickt
der Queerfeminismus im Kampf um diskursive Deutungen den Kern der Auseinandersetzung.
Dieser unterschiedlichen strategischen Ausrichtung entsprechen verschiedene
Klassenstandpunkte. Der Queerfeminismus (und vor ihm der Radikalfeminismus)
bringt jenen des Kleinbürger_Innentums
und der Mittelschichten zum Ausdruck, der Marxismus
jenen der proletarischen Frauen wie der gesamten Arbeiter_Innenklasse.

Ein heute eher marginales
Dasein fristet der „sozialistische Feminismus“. Dieser versuchte in den 1970er
Jahren, Feminismus und Marxismus zu verbinden und stellte zweifellos die linkeste
Strömung innerhalb des Feminismus dar. Doch auch dieser war nicht in der Lage,
die Schwächen v. a. des radikalen Feminismus zu überwinden, sondern
kombinierte sie auf theoretischer Ebene nur mehr oder weniger zusammenhangslos
mit marxistischen Vorstellungen (siehe beispielhaft den Artikel zur Debatte um
„Lohn für Hausarbeit“ in dieser Ausgabe).

Aber was für einen Antisexismus brauchen wir dann?

Wir kämpfen für
eine internationale, multiethnische, proletarische Frauenbewegung, die sich
weltweit vernetzt und ihre Kämpfe mit einer antikapitalistischen Perspektive
verbindet. Dabei sagen wir klar, dass es einen gemeinsamen Kampf von
arbeitenden Frauen und Männern braucht. Das leitet sich daraus ab, dass die
Angehörigen der Arbeiter_Innenklasse ein gemeinsames historisches Interesse
haben, den Kapitalismus zu stürzen – im Gegensatz zu Frauen aus der
Bourgeoisie, aber auch aus dem Kleinbürger_Innentums und den Mittelschichten.
Daneben kann nur ein gemeinsamer Kampf, also beispielsweise Streiks,
Demonstrationen genügend Druck auf- und bestehende Spaltungsmechanismen langsam
abbauen. Dafür
einzutreten, bedeutet aber auch einen konsequenten Kampf gegen Sexismus,
Chauvinismus und Machismus in der Arbeiter_Innenklasse selbst zu führen.

Dies geht in einem gemeinsamen Kampf besser. Wir wissen
aber auch, dass „die Männer“ in den Gewerkschaften, im Betrieb und nicht
zuletzt in der „Partner_Innenschaft“ nicht ohne Druck auf ihre Privilegien
verzichten werden. Ein Mittel sind dazu verpflichtende antisexistische
Reflexionsrunden, Awarenessteams auf Veranstaltungen und die Schaffung von
Strukturen, bei denen man übergriffiges Verhalten melden kann. Für Frauen
bedarf es des Rechts auf Schutzräume, in denen man sich gesondert treffen kann,
gezielter politischer Förderung und einer Entlastung von technischen Aufgaben.

Darüber hinaus
ist Aufgabe einer internationalen, multiethnischen, proletarischen Bewegung,
die unterschiedlichen Probleme, die Frauen auf der Welt
haben, zu thematisieren und eine Perspektive für alle aufzuwerfen: ob nun von
der Muslima, die das Recht hat, ihren Glauben so zu praktizieren, wie sie es
möchte, über schwarze Frauen, die nicht länger der massiven Polizeigewalt und
rassistischen Angriffen in den USA ausgesetzt sein wollen bis hin zur
pakistanischen Arbeiterin, die nicht länger für einen Hungerlohn arbeiten will.
Egal ob für geflüchtete Frauen, lesbische, bi-, trans- oder
asexuelle oder Frauen aus Halbkolonien oder Industrienationen: Aufgabe ist es,
für die unterschiedlichen Situationen die Gemeinsamkeiten in der sexistischen
Unterdrückung herauszustellen, aber auch die Unterschiede aufzuzeigen, und wie
sie mit der Unterdrückung, die man als Frau erfährt, sowie mit anderen Faktoren
zusammenhängen. Betrachtet
man dies genauer, kommt heraus, dass überall auf der Welt Frauen mit ähnlichen
Problemen konfrontiert sind.

1. Volle rechtliche Gleichstellung und Einbeziehung in den
Produktionsprozess!

Auch wenn
gefeiert worden ist, dass nun überall auf der Welt Frauen wählen dürfen (dass
dies z. B. in Saudi-Arabien nur für Kommunalwahlen gilt, wird außer Acht
gelassen), haben Frauen vielerorts nicht die gleichen Rechte. Das bedeutet
praktisch beispielsweise erschwerte Scheidungsmöglichkeit oder keine politische
Teilhabe. In der gleichen
Situation befinden sich auch alle Frauen, die sich auf der Flucht befinden und
deswegen an ihrem Aufenthaltsort nicht die Staatsbürger_Innenrechte in Anspruch
nehmen können. Insgesamt sorgt das dafür, dass Frauen als Menschen zweiter
Klasse behandelt und durch ihre Isolation entmündigt werden. Ein Verbot,
arbeiten zu gehen oder dies nur von zu Hause aus tun zu können, bedeutet
vollkommene ökonomische Abhängigkeit von dem Partner oder der Familie. Dort wo
dies nicht gegeben ist, müssen wir die Gewerkschaften dazu auffordern, eben
jene in unsere Reihen aufzunehmen. Dies ist ein wichtiger Schritt, der deutlich
macht, dass auch sie Teil der Arbeiter_Innenklasse sind, ähnlich wie
Arbeitslose.

2. Gleiche Arbeit, gleicher Lohn!

Während
Reaktionär_Innen versuchen, den Lohnunterschied damit zu erklären, dass Frauen
einfach in weniger gut bezahlten Berufen arbeiten, weil sie angeblich
körperlich „nicht so hart arbeiten können“ wie Männer, ist für uns klar: Der
Unterschied in der Lohnhöhe folgt aus der geschlechtsspezifischen
Arbeitsteilung, die der Kapitalismus reproduziert. Der Lohn der Frau erscheint
bis heute in den meisten Ländern als „Zuverdienst“ zum Mann. Der
Lohnunterschied manifestiert a) die Rolle der Frau in der Familie, denn wenn
sie weniger verdient, ist sie es, die „natürlich“ zu Hause bleibt, um auf
Kinder oder pflegebedürftige Personen aufzupassen; b) die Abhängigkeit vom
Partner. Dadurch werden Frauen auch „leichter“ aus der Arbeit gedrängt oder
noch stärker in prekäre, schlecht bezahlte Arbeit oder Teilzeitjobs. Deswegen
müssen wir gemeinsam dafür kämpfen, dass es keine Spaltung innerhalb der
Arbeiter_Innenklasse durch Geschlecht oder Nationalität gibt. Denn diese
fördert die Konkurrenz und Abstiegsängste untereinander und schwächt somit auch
die gemeinsame Kampfkraft. Daher treten wir für gleiche Löhne, Arbeitszeiten
und Arbeitsbedingungen ein, um die Auswirkungen der Konkurrenz wenigstens
zurückzudrängen!

3. Selbstbestimmung über den eigenen Körper!

Ob durch
religiöse Vorschriften, rassistische Hetze oder Abtreibungsgegner_Innen:
Überall auf der Welt sind Frauen damit konfrontiert, dass man versucht, über
ihre Körper zu bestimmen. Deswegen treten wir dafür ein, dass Frauen
selbstständig entscheiden können, was sie tragen oder ob sie schwanger
werden/bleiben wollen.

4. Recht auf körperliche Unversehrtheit!

Ob nun sexuelle
Grenzüberschreitungen, Vergewaltigungen oder reine Gewalt aufgrund des
Geschlechtes wie bei Femiziden: Gewalt gegen Frauen ist allgegenwärtig!

Dabei ist
herauszustellen, dass dies ein internationales Problem ist und nicht auf
bestimmte Regionen bzw. Religionen beschränkt ist, wie manche Reaktionär_Innen
behaupten. Für uns ist klar: Es gibt keine Religion, die mehr oder weniger
böse ist als andere Religionen. Es ist vielmehr
eine Frage der gesellschaftlichen Basis und politischen Bedingungen, wo und wie
stark religiöse Vorstellungen zur Ideologie rückschrittlicher Bewegungen werden
und Einfluss gewinnen.

Doch essentiell
ist es, die Forderung nach Selbstverteidigungskomitees im Schulterschluss mit
anderen Unterdrückten aufzuwerfen ähnlich wie die Gulabi-Gang, nur demokratisch
organisiert, also mit direkter Wähl- und Abwählbarkeit und in Verbindung mit
der Arbeiter_Innenbewegung. Der Vorteil solcher Strukturen besteht darin, dass
man Frauen nicht als passive Opfer darstellt, sondern ihnen auch die
Möglichkeit gibt, sich aktiv gegen Unterdrückung zu wehren. Daneben ist die
Forderung nach Selbstverteidigungskomittees für Marxist_Innen wichtig, denn es
bedeutet, keine Hoffnung in Polizei oder Militär zu setzen und ein Gegengewicht
gegen ihr Gewaltmonopol bzw. gegenüber dem des
bürgerlichen Staates allgemein zu schaffen.

5. Vergesellschaftung der Hausarbeit

Dies ist eine
essentielle Forderung, um die Doppelbelastung von Frauen zu beenden und letzten
Endes auch einer der Schritte, die die geschlechtliche Arbeitsteilung -und mit
ihr die Stereotype beenden. Grundgedanke ist es, die Arbeit, die wir tagtäglich
verrichten, um uns zu reproduzieren (essen, Wäsche waschen, Kindererziehung),
nicht länger im stillen Kämmerlein alleine zu absolvieren, sondern sie
kollektiv zu organisieren und auf alle Hände zu verteilen. Dies kann dann
beispielsweise in Form von Kantinen oder Waschküchen ablaufen, an denen sich
beispielsweise alle aus dem Bezirk beteiligen. Dadurch muss man dann nicht jeden
Tag kochen oder jede Woche Wäsche waschen und es wird klar, dass eben diese
Aufgaben nicht nur reine „Frauensachen“ sind.

Im Kapitalismus
findet so was nicht statt (oder nur in Ausnahmesituationen wie Kriegen), da
kein Interesse herrscht, die Kosten für die Reproduktion staatlich zu
organisieren.

Wie kommen wir zu so einer Bewegung?

Wie bereits
geschrieben, erleben wir in der aktuellen Situation international viele Kämpfe.
Ein Weg, bestehende Kämpfe zusammenzuführen, bedeutet, Solidarität zu zeigen.
Dabei hat diese viele Ebenen: So ist es beispielsweise positiv, dass das
Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung in Berlin immer Redner_Innen aus anderen
Ländern wie Polen oder Irland die Möglichkeit gibt, zu reden und darüber hinaus
die Proteste sichtbar zu machen durch beispielsweise eigene Demoblöcke. Das ist
ein guter Schritt in die richtige Richtung. Doch dabei dürfen wir es nicht
belassen. Solidaritätsbekundungen sind gut, Solidaritätsaktionen sind besser!
Diese sorgen nämlich dafür, dass das Bewusstsein, dass wir zusammen kämpfen
müssen, um erfolgreich zu sein, steigt.

Damit diese
nicht nur den Kreis an Menschen erreichen, der sich eh schon für die Thematik
interessiert, ist es wichtig, Antisexismus auch an den Orten, an denen wir uns
tagtäglich bewegen müssen, zu thematisieren: also den Schulen, Universitäten
und Betrieben. Dies kann durch Veranstaltungen oder Vollversammlungen
passieren. Geschieht das Ganze im Zuge einer Aktion, so ist es wichtig, im Zuge
deren Aktions- und Streikkomitees zu gründen, damit jene, die aktiv bleiben
wollen, sich koordinieren und ihren Protest demokratisch organisieren können.
Daneben macht es Sinn aufzuzeigen, wo gemeinsame Berührungspunkte bestehen, und
Kämpfe miteinander zu verbinden. Denn der Kampf gegen repressive Abtreibungsgesetze
in Argentinien hat die gleichen Ursachen wie die in Polen, El Savador, Irland
oder Deutschland. Damit mehr Berührungspunkte aufkommen, macht es auch Sinn,
solche Diskussionen mit Problemen, die vor Ort existieren, zu diskutieren wie
beispielsweise sexistische Übergriffe oder Bemerkungen oder mangelnde Debatte
über Abtreibungsaufkärung. Doch damit eine Bewegung erfolgreich wird, ist es
wichtig, bereits existierende Organisationen zu beteiligen. In Deutschland
wären das Gewerkschaften, die SPD oder Linkspartei, also Organisationen, die
eine Anbindung zur Arbeiter_Innenklasse haben. Dabei bedeutet Beteiligung nicht
nur, dass man unter einem Demoaufruf steht, sondern offen die eigene
Mitgliedschaft zu Aktionen mobilisiert und diese motiviert, Aktions- und
Streikkomitees aufzubauen. Alles andere ist halbherzig. Damit das passiert,
müssen wir Druck ausüben und Organisationen offen dazu auffordern. Um den
Protest international zu verbinden, braucht es darüber hinaus
Aktionskonferenzen, ähnlich der Weltsozialforen, wo Organisationen
zusammenkommen und gemeinsam über die Programmatik, Forderungen und gemeinsame
Aktionen diskutieren. Denn nur wenn wir eine Bewegung sind, die ihre Basis auf
der Straße hat und nicht nach einem Tag verschwunden ist, können wir unsere
Forderungen durchsetzen. Schließlich und nicht zuletzt braucht es eine
revolutionär-kommunistische Frauenbewegung als Sammlung der Arbeiter_Innenavantgarde,
als Struktur der und in Verbindung mit einer neuen revolutionären Weltpartei
der Arbeiter_Innenklasse – der (aufzubauenden) Fünften Internationale!