Tarifrunde Öffentlicher Dienst: Streik – die einzige Sprache, die sie verstehen!

Gegenwehr! Betriebs- und
Gewerkschaftsinfo der Gruppe ArbeiterInnenmacht, Februar 2019

Auch nach der zweiten
Verhandlungsrunde am 6./7. Februar lehnen die öffentlichen Arbeit„geber“Innen
die Forderungen der Gewerkschaften als überzogen und nicht finanzierbar ab. Selbst
ein eigenes Angebot haben sie bisher nicht vorgelegt.

Das zeigt: In dieser Tarifrunde
bekommen die ca. 3,3 Millionen Beschäftigten der Länder – darunter rund 2,3
Millionen BeamtInnen und VersorgungsempfängerInnen in Ländern und Kommunen –
nichts geschenkt. Dabei sind die Forderungen nach Jahren des Personalbbaus, von
Auslagerungen, Kürzungen, steigender Kosten und zurückbleibender Löhne nur
allzu berechtigt. Ver.di und GEW fordern 6 % mehr Lohn, mindestens aber
200 Euro, und für die Pflegekräfte in Krankenhaus- und Altenpflege die Anhebung
der Tabellenwerte um 300 Euro, zudem eine Verbesserung der Entgeltordnung.

Angesichts von sprudelnden
Steuereinnahmen der letzten Jahre, die sich bei ca. 3–6 Prozent bewegen, und
einem Nachholbedarf im Vergleich zur Privatwirtschaft scheint es naheliegend,
dass auch die Beschäftigten beteiligt werden sollen. Übereinstimmend weisen Betroffene
und ver.di in den sozialen und Gesundheitsberufen darauf hin, dass mehr Lohn
und eine bessere Eingruppierung dringend nötig sind, um den Personalengpass
auffangen zu können. Diese Berufe sind aufgrund der schlechten
Arbeitsbedingungen bei geringer Bezahlung nicht mehr attraktiv. Gerade ihre
Aufwertung ist mehr als dringend notwendig.

Die Misere in der Pflege oder
anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes wollen zwar auch Bundes- und
Landesregierungen angehen – nur „zu viel“ kosten darf das nicht. Als  Hauptbegründung für die Ablehnung der
berechtigten und notwendigen Forderungen der Beschäftigten müssen der
Schuldenberg und vor allem die Schuldenbremse herhalten. „Das bedeutet, dass es
Vorgaben an die Länder gibt, von ihren 750 Milliarden Schulden etwas
zurückzubezahlen“, bringt der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft der
Länder (TdL) – Berlins Innensenator Matthias Kollatz (SPD) die Haltung der
Arbeit„geber“Innen auf den Punkt (nd.de vom 6.2.19).

Wie reagieren auf die Kampfansage?

Die VertreterInnen der Länder
wollen den Sparkurs der letzten Jahre fortsetzen. Kein Wunder, denn sie
vertreten die Kapitalinteressen, nicht die der Beschäftigten. Sollen die
Forderungen durchgesetzt werden und die Runde nicht in einem faulen Kompromiss
am Verhandlungstisch enden, so kann die Antwort nur lauten: Mobilisierung der
vollen Kampfkraft!

Schon vor Beginn der
Auftaktverhandlungen am 21. Januar wurden drei Verhandlungstermine angesetzt:
die dritte und bisher letzte soll am 28. Februar und 1. März stattfinden. Angesichts
der knallharten Haltung der Arbeit„geber“seite wird am Verhandlungstisch wenig
mehr als ein Kompromiss rauszuholen sein, der hinter dem Notwendigen
zurückbleibt. Der Appell an die wirtschaftliche Vernunft der LänderdienstherrInnen
oder an die Zukunftsfähigkeit des öffentlichen Dienstes wird erst recht nicht
ausreichen.

In den bisherigen Warnstreiks
legten GewerkschafterInnen von Kiel bis München, von Köln bis Magdeburg die
Arbeit nieder und gingen zu Zehntausenden auf die Straße – darunter
Pflegekräfte aus den Unikliniken, ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen, LehrerInnen,
aber auch Beschäftigte aus den Landesverwaltungen. In einigen Bundesländern kam
es zu mehrstündigen oder ganztägigen Schließungen von Behörden, Schulen, Kitas
und anderer Einrichtungen. Der bundesweiten Aktionstage vom 26. – 28.2. werden
ein wichtiges Signal bezüglich der Kampfbereitschaft werden.

Die Forderungen sollen voll
durchgesetzt und nicht wieder Kompromisse vereinbart werden, die die
Haushaltskassen nicht zu sehr belasten. Dazu braucht es aber einen
Durchsetzungsstreik, um die gesamte Kampfkraft der KollegInnen in den Ländern
zu mobilisieren.

Damit dieser unbefristete
Vollstreik aller Beschäftigten Wirklichkeit wird, ist es notwendig, dass die
KollegInnen Basisorgane, Streik- und Aktionskomitees aufbauen, mit Hilfe derer
sie jeden Kampfschritt, jede Verhandlung anführen und kontrollieren und
möglichst viele weitere ArbeitskollegInnen in die Aktion einbezogen werden
können

  • Kein Abschluss bei der nächsten Runde der Tarifverhandlungen ohne Diskussion und Abstimmung durch die Mitglieder der Gewerkschaften! Gläserne, öffentliche Tarifverhandlungen – keine Mauscheleien hinter verschlossenen Türen!
  • SPD und Linkspartei geben vor, die Beschäftigten zu unterstützen. Wir brauchen keine Worte, sondern Taten! Wenn sie glaubwürdig sein wollen, müssen SPD und Linkspartei in den Landesregierungen die Forderungen der Gewerkschaften ohne Wenn und Aber unterstützen!
  • Organisiert Euch in lokalen Streikkomitees, die bundesweit koordiniert werden müssen, damit der Kampf unter Kontrolle der Masse der einfachen Mitglieder geführt werden kann!
  • Baut Solidaritätskomitees in den Stadtteilen auf! Der Kampf der Beschäftigen im öffentlichen Dienst verdient die Solidarität aller Lohnabhängigen, aller GewerkschafterInnen in allen Branchen!
  • Die Vorstände von ver.di und GEW müssen die Urabstimmung über den Beginn eines Durchsetzungsstreiks jetzt sofort einleiten!
  • Keine Laufzeit über ein Jahr hinaus, damit 2020 ein gemeinsamer Kampf aller Beschäftigten des öffentlichen Dienstes möglich wird! 2020 endet die Friedenspflicht für die Bundes- und Gemeindebediensteten.

Wo Organisationsgrad und damit
Kampfkraft der Länderbeschäftigten nicht sehr hoch sind, muss und kann die
Runde zur Gewinnung neuer Mitglieder genutzt werden. Der Kampf der
Beschäftigten im öffentlichen Dienst braucht aber auch die Solidarität anderer
Lohnabhängiger. Es drängt sich geradezu auf, den Konflikt zum Ausgangspunkt zu
nehmen, um auch andere mit in die Auseinandersetzungen einzubeziehen: So stehen
z. B. die KollegInnen aus der Druckbranche vor einem Generalangriff ihrer
Unternehmerverbände, die versuchen, jahrzehntelang erkämpfte Errungenschaften
anzugreifen. So findet zur Zeit auch die Tarifrunde der Beschäftigten bei der
Nahverkehrsgesellschaft BVG Berlin statt.

Die Tarifrunde muss politisch
geführt werden. Uns Beschäftigten muss klar sein: Es geht um einen Kampf Klasse
gegen Klasse. Die Haushalte stehen – auch wenn derzeit (noch) die Steuereinnahmen
sprudeln – immer in der Gefahr, finanziell ausgeblutet zu werden aufgrund der
jahrzehntelangen Umverteilungspolitik zugunsten der Unternehmen. Deswegen
müssen folgende Forderungen über die rein gewerkschaftlichen hinaus aufgestellt
werden:

  • Abschaffung der gesetzlichen Schuldenbremse!
  • Wiedereinführung der Vermögenssteuer, massive Besteuerung von Unternehmensgewinnen und großen Vermögen!
  • Stopp aller Privatisierungen und Auslagerungen in Servicetochtergesellschaften und Rücknahme dieser wie Wiedereingliederung in den Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge unter Kontrolle der Beschäftigten!