COP 24: ein schlechter Witz aus Katowice

Jürgen Roth, Infomail 1037, 11. Januar 2019

Bevor
wir auf die Ergebnisse des jüngsten Klimagipfels vom Dezember 2018 eingehen,
müssen wir uns kurz mit der Geschichte der UN-Klimakonferenzen befassen.

UN-Klimakonferenz

Die
UN-Klimakonferenz, auch (Welt-)Klimagipfel oder Weltklimakonferenz genannt
(engl. Originaltitel: United Nations Climate Change Conference), ist die
jährlich tagende Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties, COP) der
UN-Klimarahmenkonvention. Seit 2005 ist sie um das Treffen der Mitglieder des
Kyoto-Protokolls ergänzt worden (Meeting of the Parties to the Protocol,
CMP/MOP).

Den
Auftakt zu diesem nahezu alljährlichen Ritual bildete der Umweltgipfel vom
3.–14. Juni 1992 in Rio de Janeiro, der den Klimawandel als ernstes Problem
bezeichnete und die Staatengemeinschaft zum Handeln verpflichtete. Seine
diesbezügliche Klimarahmenkonvention trat 1994 in Kraft.

Lange
Zeit stand im Mittelpunkt der Klimakonferenzen ein Nachfolgeprotokoll für das
bislang einzige völkerrechtlich verbindliche und 2012 auslaufende von Kyoto.
Dort waren nur geringfügige Verpflichtungen der Industrieländer zur Reduktion
ihres Ausstoßes an Treibhausgasen festgeschrieben. In Durban (Republik
Südafrika) wurde 2011 (COP 17, CMP 7) beschlossen, dieses ab 1. Januar 2013 zu
verlängern. Nach dem Scheitern des Kopenhagener Gipfels von 2009 (COP 15, CMP
5) glaubten viele nicht mehr an eine globale Regelung. Diese wurde jedoch 2015
in Paris beschlossen (COP 21, CMP 11) und trat am 4. November 2016 in Kraft. (https://de.wikipedia.org/wiki/UN-Klimakonferenz)

Erwartungen
an COP 24 im Vorfeld

So
weit zur Vorgeschichte. Nachdem beim G20-Gipfeltreffen in Buenos Aires 2017 in
punkto Klima lediglich die divergierenden Ansichten zwischen Westeuropa
einerseits und China sowie den USA andererseits festgeschrieben wurden und
keine weiteren Staaten außer den Vereinigten Staaten aus den internationalen
Vereinbarungen ausgeschert waren, erwarteten die meisten BeobachterInnen von
Katowice nicht viel. Dabei galt sie als die wichtigste Klimakonferenz seit
Paris.

Vorweg
das Wichtigste an der ganzen Prozedur: jedes Land darf selbst festlegen, zu wie
viel Treibhausgasreduktion („Klimaschutz“, Klimaziele) es bereit ist. Das
Regelbuch, das in Katowice verabschiedet werden sollte, hatte die Aufgabe, die
Details zu klären, wie diese ihre Fortschritte messen und transparent machen
müssen.

Zweitens
sollten die Grundlagen dafür gelegt werden, dass die nationalen Klimaziele in 2
Jahren erhöht werden, reichen doch die bisherigen bei weitem nicht aus, um das
Paris-Abkommen einzuhalten. Letzteres soll in einem konsensorientierten Dialog
erfolgen.

Drittens
ging es um das Versprechen der Industrieländer, ab 2020 jährlich 100 Milliarden
US-Dollar für den Kampf gegen die Erderwärmung in armen Ländern
bereitzustellen. Vor deren Auslaufen 2025 soll ein neues Finanzierungsziel
festgelegt sowie konkretisiert werden. Dabei soll ausgehandelt werden, wer das
zahlt und wie viel davon aus staatlichen bzw. privaten Mitteln fließen soll.

Viertens
wollte das Gastgeberland Polen den Strukturwandel in seinen Kohlerevieren und
dessen soziale Folgen zu einem Schwerpunktthema der Konferenz machen. Die
Großveranstaltung wurde schließlich von den Gas- und Kohlekonzernen PGE,
Tauron, JSW und PGNiG gesponsert.

Fünftens
schwebte der Austritt weiterer Länder aus dem Paris-Abkommen wie ein
Damoklesschwert über der Konferenz. Brasiliens Staatspräsident Bolsonaro hatte
bereits den COP 25 für 2019 in seinem Land abgesagt. Länder wie Iran, Russland
und die Türkei haben das Klimaschutzabkommen nur unterzeichnet, aber nicht
ratifiziert.

Schon
diese fünf Punkte zeigen, dass die gesamte Konferenz im Voraus unter einem
schlechten Stern stand, der selbst die zunehmenden Differenzen in der Frage
widerspiegelt, wer in welchem Ausmaß für die Erreichung der Klimaziele
aufkommen soll. Nicht nur jene Länder, die sich von der Konferenz verabschiedet
haben, auch alle anderen wollen die Kosten des „Klimaschutzes“ auf andere
abwälzen oder alle Abkommen und Vereinbarungen so unverbindlich halten, dass
sie sie zu möglichst wenig 
konkreten Taten verpflichten.

Ergebnisse:
mager ist noch zu dick

Der
ganze Zirkus dauerte einen ganzen Tag länger als geplant. Wie immer, wenn ein
Berg kreißte, gebar er eine Maus. Im Folgenden werden wir uns nur auf das
Wesentliche beschränken:

  • Noch in Paris war davon die Rede, über das vereinbarte 2-Grad-Ziel hinaus ehrgeizigere Reduktionen anzustreben, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Davon ist jetzt nichts mehr zu finden.
  • Das „Katowicer Klimapaket“ legt die Regeln fest, wie die freiwilligen (!) Klimapläne aussehen müssen, wie die einzelnen Länder über deren Erreichen berichten und wie die „Weltgemeinschaft“ dies überprüfen kann. Dies gilt ab 2024 außer für Kleinststaaten wie Tuvalu und die 47 ärmsten Länder der Welt.
  • Das Kontrollgremium darf von sich aus tätig werden.
  • Die Industrieländer verpflichten sich, über ihre Hilfepläne für die armen Länder zu berichten (!). Ferner soll ein „Prozess“ etabliert werden, in dem darüber nachgedacht (!) werden soll, welche Mittel ihre Volkswirtschaften nach 2025 benötigen, um sich an den Pariser Zielen auszurichten. Dabei geht es nicht nur um öffentliche Gelder.
  • Die Regeln für den Handel mit Emissionszertifikaten führten zumindest nicht unmittelbar zu einer Entlastung für CO2-(Kohlendioxid)EmittentInnen. Nächstes Jahr in Chile wird neu verhandelt. Die Luftfahrtbranche hegt großes Interesse daran, sich nach Überschreitung ihrer Emissionen ab 2020 mit billigen Zertifikaten eindecken zu können.
  • Die Regeln zur globalen Bestandsaufnahme sollen erstmals auch die Verluste und Schäden durch den Klimawandel berücksichtigen; von Entschädigungen und Hilfen ist hier keine Rede!

(Vollständigere Berichte siehe unter: NEUES DEUTSCHLAND [ND], 17. Dezember 2018, Seiten 1 und 7; https://de.wikipedia.org/wiki/UN-Klimakonferenz_in_Katowice_2018)

Kein
Wunder, dass sich Umweltverbände unzufrieden gaben und mehr „Klimaschutz“ und
Solidarität mit armen Ländern anmahnten. Besonders Letzteres geißelte Sabine
Minninger von „Brot für die Welt“, einer katholischen NGO. Dagmar Enkelmann,
Vorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), sagte analytisch treffender,
Katowice sei „ein Gradmesser dafür, wie verbissen die globalen Eliten ihre
profitablen fossilen Geschäftsmodelle verteidigen“ (ND, 17.12.2018, S. 1). In
Wirklichkeit geht das Problem über „fossile Geschäftsmodelle“ weit hinaus.

Die
kontinuierlich zunehmend härteren Bandagen, mit denen seit geraumer Zeit die
imperialistischen Großmächte um die Neuaufteilung der Welt kämpfen, machen auch
vor der Weltklimakonferenz nicht mehr Halt, degradieren sie zur wirkungslosen
Schwatzbude. Selbst unverbindliche, zu nichts verpflichtende Erklärungen kommen
immer schwerer zustande, was sich in der ungeplanten Verlängerung des Gipfels
sowie der Verschiebung einiger Themen ausdrückt. Ergebnis und Aufwand stehen im
bürgerlichen Weltklimazirkus in umgekehrt proportionalem Verhältnis. Die vom
Kapitalismus verursachte Klimaveränderung erfordert dabei eigentlich
zielgerichtetes, schnelles Handeln.

Klimafakten

Dazu
einige Fakten. Die weltweiten CO2-Emissionen und die CO2-Konzentration
in der Atmosphäre nehmen kontinuierlich zu. Seit 1970 haben sich erstere mehr
als verdoppelt, seit 1900 sogar mehr als verfünfzehnfacht. Die Konzentration
ist von 280 ppm (1860) auf mittlerweile 405,5 angestiegen. Fast zwei Drittel
des weltweiten Ausstoßes werden von 10 Staaten verursacht, fast ein Viertel von
China, fast ein Sechstel durch die USA (Stand 2015). Im Jahr 2018 wird der
globale CO2-Ausstoß höher sein als je zuvor (+ 2,7 % gegenüber
2017). Damit zeichnet sich nach kurzem Abflauen zwischen 2014 und 2016 nun
wieder eine Zunahme der Treibhausgas-Emissionen ab (2017: + 1,6 %
gegenüber 2016).

20
der letzten 22 Jahre haben neue Wärmerekorde gebrochen. Hauptursache ist ein
weitgehend ungebremstes Wachstum bei den fossilen Energieträgern Erdöl und
Erdgas. Auch die Kohlenutzung hat weltweit wieder zugenommen. Der
Kohleverbrauch ging seit 2005 in den USA und Kanada um jeweils 40 %
zurück, in vielen Schwellenländern Südostasiens sowie Mittel- und Südamerikas
ist jedoch die Kohlenutzung um teilweise 3 % jährlich gestiegen. Und auch
China will einen Teil der geplanten zusätzlichen Kohlekraftwerke neu bauen,
obwohl es noch vor einigen Jahren seine Pläne auf Eis gelegt hatte. In der EU
ist dank der erneuerbaren Energien (EE) zwar die Kohle- und Gasnutzung leicht
zurückgegangen, dafür wird vor allem für die Luftfahrt umso mehr Öl verbraucht.

Die
neue Emissionsbilanz zeigt, dass die kapitalistische Welt weit davon entfernt
ist, die selbst gesteckten Klimaziele zu erreichen. Der Kapitalismus erweist
sich immer mehr als Produktionsweise, die die natürlichen Lebensgrundlagen der
Menschheit zerstört. Selbst für zukünftige Arbeiterinnenstaaten wird der
Klimawandel eine ernorme Herausforderung darstellen, um z. B. den
wachsenden Energiehunger der Weltbevölkerung mit dem organisierten,
zielstrebigen Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energiequellen in Einklang
zu bringen.

Deutschland:
EE-Musterland?

Mit
dem Klimaabkommen von Paris, das außer den USA von allen Staaten der Erde
unterschrieben wurde, soll der erwartete Anstieg der Erdtemperatur auf unter 2°
C begrenzt werden. Hierzu dürfen bis zum Jahr 2050 insgesamt maximal 890
Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre geblasen werden. Rechnet man
die Gesamtmenge anhand eines Pro-Kopf-Schlüssels in nationale Budgets um, beträgt
es für die BRD 9,9 Mrd. Tonnen, entsprechend 217 Millionen Tonnen pro Jahr bis
2050. Dieser Wert war 2018 bereits am 28. März verbraucht, eine Woche früher
als 2017. Anders ausgedrückt: Um die selbst proklamierten Emissionsreduktionen
zu erreichen, müsste Deutschland diese auf ein Viertel des aktuellen Ausstoßes
absenken.

Die
„Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, kurz:
Kohlekommission, soll einen Fahrplan für den Ausstieg der Bundesrepublik aus
der Kohleverstromung erstellen und ein Zukunftsszenario für die Kohleregionen
liefern. Das von der Bundesregierung eingesetzte Gremium sollte schon im
November einen Abschlussbericht vorlegen. In Katowice sollte dieser zeigen, wie
die „Energiewende“ funktioniert, Deutschland wollte sich als „Vorreiter“
präsentieren. Daraus wurde nichts. Die Ministerpräsidenten Brandenburgs,
Sachsens und Sachsen-Anhalts forderten Mitte November deutlich mehr Geld für
den Strukturwandel in ihren Bundesländern. Die Vorlage des Abschlussberichts
der Kohlekommission wurde daraufhin auf den 1. Februar 2019 vertagt.

Es
hakt jedoch nicht nur bei der Geldverteilung. Während Umweltverbände den
Ausstieg aus der Braunkohle – die beiden letzten Steinkohlezechen schlossen ja
Ende 2018 – bis 2030 und sofortige, ernsthafte Schritte verlangen, kann sich
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) eine Kohleverstromung bis
2038 und noch darüber hinaus vorstellen. „Salomonisch“ kommen die Industrie-
und Handelskammern aus dem rheinischen Braunkohlegebiet (Aachen, Köln und
Niederrhein) daher. Sie stimmen der „Energiewende“ grundsätzlich zu.
Schließlich sei es unerheblich, aus welcher Quelle Strom stamme. Ihre „Chancen
für den Wirtschaftsstandort Deutschland“ müssen allerdings
„Versorgungssicherheit zu wettbewerbsfähigen Preisen“ garantieren.

Erstmals
hat 2018 der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch mit dem der
Kohle gleichgezogen (jeweils ca. 35 %). Grund ist allerdings nicht der
Ausbau von „Ökostrom“ gewesen, sondern der Rückgang der Steinkohlenutzung. Bei
der klimaschädlicheren Braunkohle gab es nur eine vernachlässigbare Minderung.

Wer
zahlt?

Zum
Jahreswechsel haben 52 % aller örtlichen Stromversorger ihre Preise
erhöht. Auslöser ist diesmal nicht die EEG-Umlage (Subvention gemäß Gesetz über
erneuerbare Energien). Diese ist um 0,4 Cent/KWh gesunken. Die Preiserhöhungen
basieren vielmehr auf dem deutlich gestiegenen Strompreis im Großhandel. Die
Notierungen für Grundlast (Rund-um-die-Uhr-Versorgung) an der Strombörse
stiegen binnen Jahresfrist von 35 Euro/MWh auf 50–55 (ca. 2 Cent/KWh). Über
mehrere Jahre hinweg waren die Strompreise langsamer gestiegen als die Löhne.
Manche Anbieter hatten sogar 5 Jahre den Preis konstant gehalten. Getrieben
wurden die Börsenpreise 2018 – und damit dürfte eine Trendwende eingeleitet
worden sein – einerseits durch Kraftwerksausfälle speziell in Belgien, wo es
technische Probleme mit den alten Atomkraftwerken gab, andererseits durch die –
politisch gewollt – deutlich teurer gewordenen CO2-Emissionszertifikate.
Deren Preis fließt in den Börsenstrompreis ein, weil die Betreiber von Kohle-
und Gaskraftwerken die Papiere für jede erzeugte Tonne CO2 vorweisen
müssen.

Hieran
sehen wir den ganzen Unsinn des „grünen“ Kapitalismus am Beispiel des EEG. Über
die EEG-Umlage wurden Windkraft, Photovoltaik (Solarzellen) und Strom aus
Biomasse (meistens aus Mais-Monokultur) gefördert. Diese keynesianische
Wirtschaftspolitik bezahlten nicht die großen Industriestromverbraucher,
sondern die Privathaushalte der Lohnabhängigen und Mittelklassen sowie
Unternehmen mit geringem Verbrauch. Die neoliberale „grüne“ Variante setzte auf
Emissionszertifikate für den Treibhausgasausstoß. Dass diese künstlichen –
alles andere als Marktpreise im Sinn der neoklassischen Wirtschaftslehre und
damit eigentlich das Gegenteil des neoliberalen Credos – Preise nun ebenfalls
von der Masse der Bevölkerung bezahlt werden, statt, wie vorgegaukelt, die
„Energiewende“ zu forcieren –, spricht Bände über das vermeintlich ökologische
Musterland BRD.

(Diese
und weitere Details in den Quellen: Strompreise, ND, 2.1.2019, S. 15;
Kohlekommission, ND, 7.1.2019, S. 1; Frankreichs Klimawandel„anstrengungen“, ND,
7.1.2019, S. 7; Deutschlands CO2-Budget 2018, https://www.tagesschau.de/inland/kohlendioxid-budget-klimaschutz-101.html)

Neuer
Kalter Krieg – um Energieressourcen

Bisher
erhielt die zwischen Polen und Litauen gelegene, vom Kernland abgeschnittene
russische Exklave Oblast Kaliningrad ihr Erdgas über die Pipeline
Minsk-Vilnius-Kaunas-Kaliningrad. Am 8. Januar ging in Kaliningrad Russlands
erste Importanlage für Flüssigerdgas (LNG) in Betrieb, obwohl der
Pipelinetransport billiger ist. Dahinter steckt die zunehmende Konfrontation
zwischen der NATO in den baltischen Staaten und Polen mit Putins Reich. Dieser
will die Energieversorgung deshalb von der Durchleitung durch jene Länder
unabhängig machen. Kaliningrad ist Hauptquartier der russischen baltischen
Marineflotte, einziger ganzjährig eisfreier Ostseehafen und Standort atomar
bestückbarer Iskander-M-Raketen. Polen und Litauen haben mit den USA ein
Abkommen über den Import von LNG unterzeichnet, doppelt so teuer wie das Erdgas
über den bisherigen Weg aus der o. a. Leitung. Polen will dessen Abnahme
ab 2022 einstellen.

Seit
2001 beziehen die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen gemäß dem
BRELL-Abkommen mit Weißrussland und Russland (Belarus, Russland, Estland,
Lettland, Litauen) Strom. Davon wollen sie sich laut „Baltic
Energy Market Interconnection Plan“ der EU bis 2025 verabschieden und über
einen einzigen Zugang aus Polen mit dem EU-Verbundnetz synchronisieren. Brüssel
leistet milliardenschwere Zuschüsse im Rahmen des Programms „Connecting
Europe“. Doch das EU-Stromnetz hat seine eigenen Probleme dank der
„Energiewende“ ohne Speicherkapazitäten für den unstetig anfallenden Ökostrom.
Die aufwendige Installation von Phasenschiebertransformatoren soll den Zufluss
aus Deutschland besser regulieren. Mit Stromstörungen im Baltikum ist zu
rechnen. Doch auch Russland und Weißrussland müssen ihre Netze neu verknoten.
Das gilt insbesondere für die Exklave Kaliningrad. Testweise soll 2019 die
Verbindung zwischen ihr und Litauen abgeschaltet werden.

Im
neuen Kalten Krieg ist wohl nichts zu teuer. Wir warten nur noch auf den Tag,
an dem EU-Kommission und Bundesregierung dem neuen Konfrontationskurs ein
grünes Mäntelchen zur „Begründung“ verpasst. (ND, 10.1.2019, S. 7)

Für
eine wirkliche Energiewende!

Angesichts
des ökologischen Desasters und der kompletten Unfähigkeit der herrschenden
Klassen inklusive des sogenannten „grünen“ Kapitalismus wird die Forderung nach
einer weltweiten, echten Energiewende immer dringender.

Ein
Programm von unmittelbaren und Übergangsforderungen kann freilich nur im Kampf
gegen die Profitinteressen von der ArbeiterInnenbewegung im Bündnis mit der
Bauern-/Bäuerinnenschaft durchgesetzt werden werden. Letztlich bedarf eine
ökologisch nachhaltige, an den Bedürfnissen von Mensch und Natur ausgerichtete
Planwirtschaft einer globalen, sozialistischen Umwälzung, Das bedeutet jedoch
nicht, dass Kämpfe für Verbesserungen, Maßnahmen auf nationaler Ebene sinnlos
sind. Im Gegenteil, diese können und müssen als Schritt zu einer Veränderung
des Gesamtsystems verstanden werden. Achsen eines solchen Programms sollten
sein:

  • Entschädigungslose Enteignung und Verstaatlichung der Energiekonzerne und ihrer Netze!
  • ArbeiterInnenkontrolle über Betrieb, Planung und Forschung unter Hinzuziehung von ExpertInnen, die das Vertrauen der Klasse genießen!
  • Offenlegung der Geschäftsgeheimnisse, nicht nur der wirtschaftlichen, sondern auch der technischen (Patente…) und damit Aufhebung der Konkurrenz darum!
  • Weg mit den Rezepten des „grünen“ Kapitalismus und dem EEG-Flickwerk (Zertifikate, Ökosteuer, EEG-Umlage, Stromsteuer)! Planwirtschaft und Kollektiveigentum statt neoliberaler und keynesianischer „Lenkung“! Finanzierung des „grünen“ Plans durch progressive Steuern auf Einkommen, Vermögen und Gewinne statt indirekter Massensteuern wie z. B. Mehrwert- und Treibstoffsteuer!
  • Für einen organisierten Ausstieg aus der Stromerzeugung mittels hergebrachter atomarer Kernspaltung und Verbrennung von fossilen Energieträgern!
  • Energiewende heißt: integrierter Plan, der auch Verkehr, Landwirtschaft und Industrie umfasst, nicht nur den Stromsektor!
  • Für ein Forschungsprogramm, bezahlt aus Unternehmensprofiten zur Lösung der EE-Speicherproblematik in Form von Strom und/oder Wärme, mechanischer Energie (z. B. Druckspeicher) bzw. brennbarer Energieträger (synthetischer Wasserstoff, Methan, Methanol…)!
  • Öffnung und einheitliche Eignung der vorhandenen Lagerstätten und Leitungen für diese Synthesegase bzw. -flüssigkeiten und/oder Warmwasserspeicher bzw. Druckluftspeicherkraftwerke o. ä.!
  • Keine Konkurrenz zwischen Bioenergie und Nahrungsmittelerzeugung: Biogassynthese nur aus (Biomassen-) Abfall! Weg mit dem Anbau von „Energiepflanzen“ (Mais, Raps…)!
  • Für einen rationalen Verkehrsplan! Ausbau des ÖPNV statt der Sackgasse E-Auto! Güter und Menschen bevorzugt auf die Schiene! Verbot des Inlandsluftverkehrs bzw. von Luftlinien von unter 1000 km! Forschung und Erprobung für alternative Verkehrsmittel (Schwebebahn, Transrapid…)! Für den Restverkehr auf der Straße: Straßenbahn/Tram und Oberleitungs-/Trolleybusse statt Dieselstinker! PKW möglichst durch Taxis ersetzen mit Anschlussmöglichkeit an Ladestationen bzw. kontinuierliche Stromaufnahme der Elektromotoren aus Leitungen im/am Straßennetz!
  • Kontinentale und weltweit vereinheitliche Stromnetze!
  • Für Forschung nach neuen Energiequellen wie z. B. Kernfusion und zur Beseitigung/Minderung der Radioaktivität des atomaren Mülls bzw. möglichst sicheren Zwischenlagerung der verstrahlten Materie bis dahin!
  • Weltweiter Plan zur Reparatur der Umweltschäden und Angleichung der Lebensverhältnisse auf ein höheres Standardniveau im Rahmen einer internationalen Föderation von Arbeiterinnenstaaten!