Eckpunkte eines Programms zur Wohnungsfrage

Michael Eff/Jürgen Roth, Neue Internationale Sondernummer gegen Wohnungsnot, September 2018

Bürgerliche Wohnungs- und Bodenreformpolitik richtet sich lediglich gegen „spekulative Auswüchse“, nicht gegen das auch der Wohnungsfrage zugrunde liegende Kapitalverhältnis, nicht einmal gegen das private Grundeigentum.

Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaus in der BRD beschränkten sich auf staatliche Subventionierung der Differenz zwischen Kostenmiete, die die „Kapitalverzinsung“ deckt, und der Sozialmiete für den/die MieterIn einer Sozialwohnung. Der zunehmende Abstand zwischen beiden ist eine der Ursachen für immer weniger und immer teurer neu erstellte Sozialwohnungen. Zudem ist die Vollsubvention zugunsten befristeter Subventionen abgeschafft worden (auslaufende Sozialbindung).

Revolutionäres Wohnungsprogramm

Ein Wohnungsprogramm kann nur entwickelt werden durch Teilnahme an den Erfahrungen und Kämpfen der MieterInnenbewegung. Aber hier stehen wir erst am Anfang, deshalb wollen wir hier auch nur einige Eckpunkte benennen, die solch ein revolutionäres Programm berücksichtigen müsste:

  1. Jede Forderung auf Erleichterung und Verbesserung der Lage der MieterInnen und der Einschränkung der privaten Eigentümerverfügungsmacht über Immobilien ist zu unterstützen, auch wenn sie noch so begrenzt erscheint.
  2. Dabei ist immer klarzustellen, dass, solange die bürgerliche Staatsmacht besteht, Teilerfolge immer gefährdet sind. Es gibt keine sozialistischen Inseln im Kapitalismus.
  3. Der Wohnungssektor ist Teil des kapitalistischen Gesamtsystems. Der Kampf dort muss ausgeweitet werden zu einem Kampf gegen dieses System.
  4. Der MieterInnenkampf muss als Klassenkampf geführt werden (z. B. durch Einbeziehung der Gewerkschaften und anderer Organisationen, die sich auf die ArbeiterInnenklasse beziehen).
  5. Anzustreben ist die Organisation der Betroffenen (MieterInnen und Beschäftigte der Wohnungswirtschaft) in (räteähnlichen) Strukturen der direkten Demokratie.
  6. Forderungen, die den Kern des heutigen Wohnungsmarktes angreifen (z. B. entschädigungslose Enteignung und Vergesellschaftung von Grund und Boden, Banken, Finanz- und Baukonzernen unter Kontrolle von Organisationen der ArbeiterInnenbewegung und der NutzerInnen).

Übergangsforderungen

Wir können uns nicht mit der Besetzung und Beschlagnahme vorhandenen Wohnraums sowie einer Mietpreisbremse begnügen, sondern schlagen auch ein Programm öffentlicher, nützlicher Wohnungsbau- und Sanierungsmaßnahmen zu Tariflöhnen und bezahlt aus Unternehmerprofiten vor. Der Staat soll selbst sozialen Wohnungsbau betreiben, nicht das private Wohnungskapital subventionieren.

Das bedeutet nicht nur Kommunalisierung des Grund und Bodens, sondern Baubetrieb in Staatshand zwecks Neubau wie Altbausanierung, bezahlt aus dem beschlagnahmten Vermögen des entschädigungslos enteigneten Wohnungs- und Baukapitals bzw. einer progressiven Steuer auf alle Unternehmensprofite. Auch macht die enge Verknüpfung des Wohnungskapitals mit dem Finanzkapital es nötig, ebenso bei den Finanzierungsgesellschaften entschädigungslose Enteignungen durchzuführen.

Erst auf dieser Grundlage kann eine echte Selbstverwaltung bzw. Mitsprache der MieterInnen stattfinden, begleitet von ArbeiterInnenkontrolle über das Wohnungsbauwesen.